Protocol of the Session on May 28, 2020

„Im Landesdurchschnitt sind die Mieten auch 2017 und 2018 weiter gestiegen.

Im Landesdurchschnitt steigen Erst- und Wiedervermietungsmieten nach wie vor stärker als die Inflation und die mittleren Einkommen.

Seit 2014 steigen auch die Wiedervermietungsmieten deutlich stärker als das mittlere Einkommen – seither macht jeder Mieterwechsel eine Wohnung im Grunde genommen im Durchschnitt weniger erschwinglich.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die NRW.BANK selbst beschreibt die Lage. Sie hat sich in den letzten drei Monaten nicht verbessert. Deshalb ist es schon eine spannende Geschichte, wenn Sie sich, wenn Kritik vom Kollegen Becker, von anderen, vom Kollegen Klocke geäußert wird, hier hinstellen, Herr Kollege Paul, und was vom Aluhut erzählen. Ich kann nach dieser Debatte festhalten: Die FDP in Nordrhein-Westfalen scheint der Meinung zu sein,

dass die kommunalen Spitzenverbände einen Aluhut aufhaben und nicht über Fakten reden.

(Fabian Schrumpf [CDU]: Da müssen wir fest- stellen, dass Sie nicht zugehört haben!)

Das haben Sie hier gesagt. Ich kann das nicht anders interpretieren. Es sind ja nicht wir alleine, die diese These vertreten, sondern die kommunalen Spitzenverbände gemeinsam.

Mit Erlaubnis des Präsidenten will ich aus der Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände zitieren. Zum einen sagen sie – ich zitiere –:

„Zur Bestimmung der Gebietskulisse der neuen Mieterschutzverordnung … wurden lediglich zwei der vier vom Bundesgesetzgeber … als vorrangig vorgegebenen Indikatoren verwendet. … Warum aber die Beantwortung einer so komplexen Fragestellung mit entsprechend weitreichenden Folgen lediglich auf so geringe Evidenz gestützt wird, ist nicht nachvollziehbar.“

Außerdem äußern die kommunalen Spitzenverbände – Zitat –:

„Nicht nachvollziehbar ist auch die Entscheidung, keinerlei Entwicklungsindikatoren für die Beurteilung der Anspannung auf Wohnungsmärkten einfließen zu lassen.“

Etwas weiter unten heißt es – ich zitiere –:

„Die Entwicklung von Bevölkerungs- und Haushaltszahlen wird weder rückblickend noch zukünftig (Prognosen) und auch nicht im Zusammenhang mit der Entwicklung des Angebotes (Woh- nungsbestand oder Neubau) in die Begründung einbezogen …“

Ich zitiere weiter:

„In einer Gesamtbetrachtung hätte es sich angeboten, die beiden verwendeten Indikatoren ‚Leerstand‘ und ‚Mietbelastung‘, die den aktuellen Zustand abbilden, um den Aspekt ‚Dynamik‘ zu ergänzen.“

Weiter spricht der kommunale Spitzenverband davon, dass im Gutachten von einem passgenauen Neubau die Rede sei. Aber über die Frage der Zielgruppen am Wohnungsmarkt wird gar nicht gesprochen.

Wir diskutieren hier mit dem Kollegen Laumann über die Frage: Was ist mit Menschen mit Behinderung, mit älteren Menschen? Wir reden über die Fragen: Was ist mit Familien mit vielen Kindern? Was ist mit unteren Einkommensgruppen? Was ist mit Obdachlosigkeit? Das wird hier alles diskutiert. Und wenn es um die Frage geht, ob die sich am Wohnungsmarkt versorgen können, dann reden Sie in diesem Gutachten gar nicht darüber. Das interessiert überhaupt keinen Menschen.

Das Beste daran ist noch – ich zitiere noch einmal den Städtetag, den Städte- und Gemeindebund und den Landkreistag –:

„Die als einer der Hauptindikatoren verwendeten Leerstandsdaten werden im Gutachten als teilweise fehlerhaft beschrieben und basieren auf Zensusdaten aus 2011.“

Wenn man das zusammenpackt und dann noch sieht, dass die Mietbelastung im Medianeinkommen gerechnet wird, was in unserem Bundesland nur auf der Landkreisebene berechnet werden kann, dann muss man feststellen, dass Städte wie Paderborn, Neuss und Aachen am Ende einfach hinten rausfallen und die Belastungen der Menschen nicht gesehen werden.

Ich finde es schon bemerkenswert – ich bin jetzt zehn Jahre in diesem Parlament –, dass die kommunalen Spitzenverbände so eine eindeutige vernichtende Stellungnahme abgegeben haben und Sie auffordern, mit Ihnen darüber zu reden, und Sie sich verweigern, in einer Anhörung geschweige denn in einem Gespräch darüber zu reden. Das ist unhaltbar, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Zum Thema „Umwandlungsverordnung“: Sie wissen ganz genau, dass es in Düsseldorf ein Bürgerbegehren gibt, mit dem in vielen Stadtteilen diese eingeführt werden soll. Sie wissen genau, dass der Stadtrat von Münster im März die Einführung auf der Tagesordnung hatte. Wir haben immer gesagt: Die Umwandlungsverordnung ist ein Instrument, dass die Kommunen nutzen können sollen, wenn sie das möchten. Das kann man nicht landesweit vorgeben. Aber wir sind dafür da, das zu ermöglichen.

Fakt ist eines: Im Ausschuss hat die CDU wie so oft gesagt: Evidenz. Wir machen – Zitat Kollege Schrumpf – „evidenzbasierte Politik“.

(Beifall von Fabian Schrumpf [CDU])

Sollte, Herr Kollege Schrumpf, sollte es etwa so sein, dass die Heinsberg-Studie dem politischen Willen eine wissenschaftliche Untermauerung bieten sollte? Sollte es etwa so sein, dass das empirica-Gutachten ebenso eine politische Möglichkeit geben sollte, den Mieterschutz noch irgendwie so gerade eben hinzukriegen, damit es der Koalition passt?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was Sie hier machen, ist: Sie zerstören das Vertrauen in Wissenschaft und Expertise,

(Fabian Schrumpf [CDU]: Das machen Sie doch dadurch, dass Sie alles besser wissen!)

anscheinend systematisch. Sie schaden damit auch Dornieden und Richter mit ihren Verbänden. Die Menschen geraten immer mehr unter Druck. Sie spüren, dass es nicht funktioniert. Meine große Sorge ist:

Wenn die Wirklichkeit in der Politik von CDU und FDP so ausgeblendet wird, dann wird das dazu führen, dass diejenigen Zuspruch erfahren, die wie in Berlin mit dem Volksbegehren unterwegs sind und an vielen Stellen für Lösungen plädieren, die wir auch ausdrücklich ablehnen.

Aber Sie radikalisieren die Menschen damit. Deshalb sind Sie mitverantwortlich dafür, dass ein Stück soziale Marktwirtschaft in unserem Bundesland von Ihnen abgeräumt wird. Das ist völlig falsche Politik für unser Land.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die CDU-Fraktion hat nun der Abgeordnete Herr Hausmann das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe SPD, was haben wir nicht alles in der jüngsten Vergangenheit erlebt, mit welchen bemühten Bezügen Sie immer wieder versuchen, das Thema „Wohnungsmarkt“ rhetorisch in den Krisenmodus zu versetzen. In der Reihe der Anträge, mit denen Sie Ihren Wunsch-Wahlkampfschlager aufwärmen wollen, fehlte bislang noch die Coronavariante, und die liefern Sie heute nach.

Bei all den Versuchen, ein Wahlkampfthema daraus zu machen, fehlt Ihnen aber leider der Hauptdarsteller, die Krise. Vielmehr ist zu beobachten, dass sich die Märkte aufgrund richtiger Maßnahmen der Regierung entspannen und somit schon krisenfester wurden, als das zu Ihrer Regierungszeit der Fall war.

Zum anderen ist seit der Zeit der NRW-Koalition das Vertrauen in eine Wohnungspolitik mit Maß und Mitte gewachsen, wodurch die Veranlassung, Druck auf die Mieter auszuüben, gesunken ist. Weder gibt es Massenkündigungen noch Massenmieterhöhungen. Alle Marktteilnehmer verhalten sich verantwortungsvoll. Dies soll noch einmal mit großem Dank an dieser Stelle deutlich ausgesprochen werden.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Lassen Sie sich gesagt sein: Wenn das Pferd, das man reitet, tot ist, muss man absteigen. – Ihr Thema ist totgeritten. Ihnen fehlen neue Ideen und inhaltliche Impulse, es wiederzubeleben.

Neben der Beschwörung der Krise bringen Sie auch diesmal wieder keinen Lösungsansatz. Das Einzige, was bei Ihnen gebaut wird, ist Ihre persönliche Klagemauer, mit der Sie sich vom tatsächlichen Geschehen abgrenzen.

Ich erinnere mich an Ihren Bauminister, der von Bauen, Bauen und abermals Bauen sprach, um dem Wohnungsmarkt zu helfen, aber außer der Bewe

gung der Gesichtsmuskeln passierte in Ihrer Regierungszeit nichts.

(Jochen Ott [SPD]: Das sieht man an den Zah- len für den geförderten Wohnungsbau! Die sind bei Ihnen ja legendär!)

Die Wohnungsmarktförderung verharrte auf der Fixierung auf dem sozialen Wohnungsbau, bei dem Sie aber auch nicht weiterkamen. Eine Landesbauverhinderungsverordnung konnten wir gerade noch stoppen und durch eine moderne Bauordnung ersetzen, die vereinfacht und digitalisiert eine dichtere Bebauung und bessere Grundstücksausnutzung in den Städten erlaubt.

Sehen Sie es ein: Ohne eigene neue Ideen sind Sie aus der Diskussion raus. Das Thema „Wohnungsmarkt“ eignet sich nicht zum Wahlkampfvehikel.

Lieber Kollege Ott, die Vokabeln, die Sie hier bemüht haben – Missbrauch, Mieterschutz in der Krise abbauen, Trickserei –, teilt niemand mit Ihnen; sie sind auch überhaupt nicht angemessen, wenn Sie seriös an dieses Thema …

(Jochen Ott [SPD]: Außer den kommunalen Spitzenverbänden und allen Wohlfahrtsver- bänden!)

Ich glaube nicht, dass die kommunalen Spitzenverbände diese Vokabeln, die Sie eingeführt haben, gebraucht haben.

(Andreas Becker [SPD]: Ja, weil Sie die nicht lesen!)

Sie haben uns mit einer Vielzahl von Zitaten zugeschüttet; ich will auf eines eingehen. Sie haben nämlich die NRW.BANK zitiert, nach der Mieten seit 2014 steigen.

2014, 2015 und 2016 haben wir nicht regiert, 2017 auch noch nicht, und selbst wenn Sie 2018 dazuzählen, klagen Sie sich mit diesen Zitaten selbst an. Mit Ihren Zitaten werden die Auswirkungen Ihrer Regierungszeit beschrieben und nicht die deutlich anderen Ergebnisse der jetzigen Landesregierung.

(Jochen Ott [SPD]: Aus 2014? Haben Sie auch zugehört?)