Protocol of the Session on May 28, 2020

im Landtag, das ist ein Erfolg von vielen Veranstaltungen und Demonstrationen. Deswegen können wir feststellen, dass ursprünglich geplante Dinge so nicht umgesetzt werden.

Trotzdem soll die Umwandlungsverordnung auslaufen. Die Gebietskulissen sollen entsprechend geschrumpft werden, die Mieterschutzverordnung soll nur noch in 18 statt in 37 Gebieten gelten. Dafür sehen wir keinen Anlass. Die Lage auf dem nordrheinwestfälischen Wohnungsmarkt, insbesondere in den Schwarmstädten, hat sich in den letzten Monaten und Jahren nicht verändert.

Mieterinnen und Mieter brauchen gerade in der Situation der Pandemie, des großen Drucks durch die großen sozialen Problemlagen Rückhalt und Sicherheit. Wenn Einkommensverluste, Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit drohen, dann braucht es eine starke Stimme für den Mieterschutz.

Wir bitten die Landesregierung und fordern Sie auf: Seien Sie diese Stimme! Schleifen Sie nicht weiter Verordnungen! Geben Sie den Mieterinnen und Mietern den Rückhalt, den sie in der jetzigen Situation brauchen! Machen Sie Druck beim Bund, dass entsprechende Bestimmungen hier auch über den Tag hinaus gelten!

(Beifall von den GRÜNEN)

Die Studie des Sachverständigenrats für Verbraucherfragen führt sehr anschaulich vor Augen, wie prekär viele Haushalte aufgestellt sind. Es trifft vor allen Dingen auch die systemrelevanten Berufsgruppen wie Altenpflegerinnen und Altenpfleger, wie die Reinigungskräfte, die sich heutzutage in den Schwarmstädten hohe Mieten gar nicht mehr leisten können. Dies führt insbesondere zur Abwanderung und zum Fachkräftemangel.

Die Menschen, für die wir uns jeden Abend um 21 Uhr ans Fenster gestellt und geklatscht haben, sind diejenigen, die unter hohen Mieten und unter dem Druck in den Schwarmstädten leiden. Deswegen muss es verstärkte Anstrengungen der Landesregierung geben, diesen Druck auf den Wohnungsmärkten insbesondere in den Großstädten Köln, Düsseldorf, auf der Ruhrgebietsschiene, in Münster, Bielefeld, Aachen zu mindern und den Menschen gerade aus diesen Berufsgruppen bezahlbare Wohnungen in den Städten zu ermöglichen.

Das sind wir den Menschen schuldig. Klatschen um 21 Uhr ist gut, das habe ich auch gemacht. Aber jetzt kommt es darauf an, dass wir diesen Menschen bezahlbare Mieten ermöglichen. Das ist klare und vernünftige Hilfe. Hier muss die Landesregierung stärker handeln als bisher.

(Beifall von den GRÜNEN)

Alle anderen Ausblicke, die den Wohnungsbau angehen, und was wir Grüne uns wünschen, was die

Landesregierung machen sollte, trage ich Ihnen in der zweiten Runde vor. – Ich danke erst einmal für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Herr Paul das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut, dass unser Landesparlament über Corona und den Wohnungsmarkt in Nordrhein-Westfalen spricht. Denn das Wohnen und dass man sich in den eigenen vier Wänden, wo man zu Hause ist, sicher fühlt, ist ein Grundbedürfnis wie das Essen, das Arbeiten und dass man sein Auskommen hat.

Aber da hört die Gemeinsamkeit offenbar schon auf. Ich möchte dieser Stimmungsmache, die hier sowohl beim sozialdemokratischen Antrag wie auch bei der Wortmeldung des Kollegen Becker mitschwingt, einmal Fakten entgegensetzen, wie es denn in Coronazeiten in Nordrhein-Westfalen aussieht.

Wir müssen uns da gar nicht auf bundesweite Untersuchungen stützen, sondern können auch auf eigene Erkenntnisse in Nordrhein-Westfalen bauen, beispiels- und dankenswerterweise von der NRW.BANK und dem Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen. Zusammen erheben die beiden das monatliche Corona-Barometer, eine Umfrage bei 480 Mitgliedsunternehmen des VdW. Mitte Mai gab es die ersten Ergebnisse, Mitte Juni und Mitte Juli wird es weitere Ergebnisse geben.

Dieses Corona-Barometer zeigt, dass sich die Mietausfälle bei den meisten Wohnungsunternehmen im für die Unternehmen üblichen Bereich von 1 bis 2 % bewegen. Ein Viertel meldet, dass Mietausfälle von bis zu 5 % zu verzeichnen sind. Haus & Grund teilt uns mit, dass sich die Mietausfälle in den letzten Wochen wohl verdreifacht hätten, dass es also bis zu 7 % Störungen beim Zahlungsfluss zwischen Mieterinnen und Mietern auf der einen und Vermietern auf der anderen Seite gebe.

Die Wohnungsunternehmen im Corona-Barometer NRW melden ganz andere Probleme auf dem Wohnungsmarkt, auch auf dem Baumarkt, nämlich zunehmenden Personalmangel in der Bauwirtschaft, teilweise Stillstand oder Verzögerungen auf den Baustellen, wenn es um Neubau bzw. Modernisierung in den Immobilienbeständen in unserem Land geht. Sie beklagen Verzögerungen bei den Bauantrags- und Baugenehmigungsverfahren in den Kommunen.

Deswegen ist es gut, dass unsere Landesregierung mit der Landesinitiative „Bau.Land.Leben“ und jetzt ganz neu mit der Landesinitiative zur schnelleren und einfacheren Bauleitplanung an der Seite der Kom

munen steht. Denn Bauland und Baugenehmigungen bleiben ein Nadelöhr.

Wie gesagt, wir erwarten Mitte Juni und Mitte Juli nächste Ergebnisse.

Wenn ich die Zahlen erst mal weiter sprechen lasse – Fakten statt Stimmungsmache, Herr Becker –, dann können wir auch feststellen, dass in Nordrhein-Westfalen noch vor wenigen Monaten über 48.000 Wohneinheiten fertiggestellt worden sind und im vergangenen Jahr sogar eine höhere Anzahl, nämlich 57.300, bewilligt wurde. Da ist also noch viel in der Pipeline, und es sind neue Rekordzahlen, die man zu sozialdemokratischen Regierungszeiten in den letzten Jahren nicht gesehen hat.

Und was macht jetzt die SPD? Das ist wirklich erstaunlich, was wir heute in der Debatte erlebt haben; aber auch da, wo Sie in Regierungsverantwortung sind, in Berlin, reibt man sich die Augen. Heute setzt sich Herr Becker gewissermaßen den Aluhut auf und reiht sich in die Reihe von Verschwörungstheoretikern ein,

(Andreas Becker [SPD]: Oh, die kommunalen Spitzenverbände sind also Verschwörungs- theoretiker!)

die sonst mit weniger als 1,5 m Abstand irgendwo auf den Straßen herumlaufen und davon faseln, dass die Demokratie in unserem Land abgeschafft würde.

Also, diese Unterstellungen und Verdächtigungen, hier würde in der Krisenzeit etwas durchgepeitscht, ist allein schon mit Blick auf den langen Beratungsgang, die vielen Gespräche und Anhörungen dazu wirklich abenteuerlich. Das hätte ich von der sozialdemokratischen Fraktion hier im Landtag NordrheinWestfalen nicht erwartet.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Zu den Maßnahmen, die Sie in Berlin treffen! Ihre sozialdemokratische Justizministerin Frau Lambrecht war ja die, liebe Kolleginnen und Kollegen, die sich im letzten Sommer als Justizministerin unserer Bundesrepublik Deutschland noch eingelassen hat, zu sagen, Enteignungen seien eine legitime Option in der Wohnungspolitik. Das nur noch mal zur Erinnerung.

Dieser Justizministerin fällt jetzt nichts Besseres ein – das ist der einzige Beitrag des Bundes weit und breit –, als dieses COVID-19-Wohnen-Gesetz zu erlassen, mit dem man sagt: Liebe Vermieterinnen und Vermieter, im Zweifel müsst ihr jetzt ein paar Monate lang auf die Miete verzichten. Eure Mieterinnen und Mieter zahlen das dann innerhalb von zwei Jahren nach. – Die schlechte Nachricht für die Mieterinnen und Mieter, dass sie darauf Zinsen zahlen müssen, wird auch unterschlagen.

Dass man praktisch die Vermieter zur Bad Bank des Bundes macht, ist der einzige Beitrag von Sozialdemokraten in Regierungsverantwortung. Das ist wirklich ärmlich. Da ist von kreativer Politik in der Krise nichts zu spüren.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Das Ganze atmet allerdings einen Geist, den wir schon seit Längerem von den Sozialdemokraten kennen, einen Geist, der gerichtet ist gegen die Mehrheit der Vermieterinnen und Vermieter, und das waren gerade in Nordrhein-Westfalen früher oft Wählerinnen und Wähler der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands: der Lehrer in Gelsenkirchen, der sich eine Wohnung zusammengespart hat und diese vermietet, der Handwerker in Köln, der zwei Mietwohnungen auf den Markt gebracht hat, oder der kommunale Verwaltungsangestellte in Bielefeld, der eine Mietwohnung in Bielefeld anbietet.

Das sind nämlich die Fakten: Die Mehrheit der Vermieterinnen und Vermieter sind private Kleinvermieter. Die Mehrheit hat eine Mietwohnung am Markt, und fast die Hälfte dieser privaten Kleinvermieter sind auch noch Menschen, die sich das für die private Altersvorsorge eingerichtet haben. Gegen diese Leute machen die Sozialdemokraten Stimmung und da, wo sie in Regierungsverantwortung sind, auch Politik.

Fortsetzung folgt im nächsten Redebeitrag.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Herr Beckamp das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nun zum wiederholten Male der Wohnungsmarkt, diesmal durch die Coronabrille der SPD: Die SPD meint, es gebe dadurch große Verwerfungen am Wohnungsmarkt und wir brauchten mehr Mieterschutz.

Herr Becker, wie soll ich es Ihnen sagen? Zunächst ist die Studie, die Sie anführen, keine Studie, sondern ein Papier – ein Papier von 14 Seiten mit vielen bunten Bildern und ein Papier mit Modellrechnungen zu möglichen Einkommensverlusten und ihren Auswirkungen auf die Wohnkostenbelastung.

Das ist erst einmal nicht das, was ist, sondern das, was sein könnte. Sie schreiben – Zitat –:

„Das Ergebnis dieser Studie lässt keinen Zweifel aufkommen: Aufgrund der deutlichen Zunahme von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit können Mieter und Eigentümer von Wohnimmobilien schnell in eine finanzielle Schieflage geraten.“

Ja, das stimmt. Das könnte sein, könnte aber auch nicht sein. Sie machen aus dem Konjunktiv in dem Papier ein reales Ergebnis. In dem Papier selbst heißt es aber, dass Daten zu Zahlungsausfällen kaum verfügbar seien und die wenigen verfügbaren Zahlen stark variieren würden. Als Zwischenergebnis lässt sich daher kurz sagen: Nichts Genaues weiß man nicht.

Dann schreiben Sie, dass rund 10 Millionen Haushalte in Deutschland über keine finanziellen Rücklagen verfügen und besonders unter den Folgen von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit leiden würden.

Das ist falsch. Das steht auch nicht in dem Papier. In dem Papier wird vielmehr gesagt, dass 10 Millionen Haushalte keine finanziellen Rücklagen hätten. Ja, das stimmt. An anderer Stelle heißt es, dass in ungefähr gleicher Höhe Menschen für Kurzarbeit angemeldet worden seien. Ja, das stimmt. Sie machen in Ihrem Antrag daraus, dass genau diese 10 Millionen Haushalte, die keine Rücklagen haben, unter Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit leiden.

Der Zusammenhang besteht nicht, und das wird in dem Papier auch nicht behauptet. Das sind nämlich nicht die gleichen Betroffenen. Die Zahl ist nur zufällig dieselbe. Das ist auch nicht plausibel. Denn ein Großteil derjenigen ohne Rücklagen bezieht mutmaßlich bereits Sozialleistungen, und solche Menschen sind von weiterer Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit gar nicht betroffen. Denkfehler!

Insofern ist auch das wieder ein Zeichen dafür, mit Verlaub, wie nachlässig Sie mit dem Papier umgegangen sind. Sie und auch die CDU – anders die Grünen – haben ständig vom Sachverständigenrat für Verbraucherschutz gesprochen, von dem das Papier sei. Es ist aber der Rat für Verbraucherfragen. Nur die Grünen haben das richtig gesagt.

Dann behaupten Sie, die Studie betreffe vor allem Nordrhein-Westfalen. Nein, es geht nicht um NRW, es geht ganz allgemein um verringerte Einkommen und Wohnkosten während Corona in Deutschland. Der Aufhänger NRW ist Unfug und etwas bemüht, um hier eine Aktuelle Stunde zu fabrizieren.

Noch einmal zur Datenlage in dem Papier. Es werden beispielhaft zwei Zahlen genannt: zum einen die Zahl von Haus & Grund, wonach knapp 7 % der Befragten gesagt haben, dass sie die Miete nicht mehr zahlen könnten, und die Zahl des Wohnungskonzerns Vonovia, einer der ganz großen Spieler in NRW, wonach 1 % von 350.000 Mietern bisher tatsächlich beantragt haben, die Miete stunden zu dürfen. Andere Untersuchungen aus Bayern, Niedersachsen und Bremen erbringen ähnliche Zahlen.

Was lernen wir aus dem Papier? Zunächst einmal ergeben sich daraus mehr offene Fragen als Antworten. Bislang ist viel Vermutung und Befürchtung. Man weiß es eben schlichtweg noch nicht. Eine wichtige

Erkenntnis dabei ist aber: Wer weniger Einkommen erzielt, hat möglicherweise Probleme, seine Miete oder Hypothek zu zahlen. Aber dafür braucht es nicht unbedingt ein Papier oder eine Studie. Dazu stellen wir uns ganz dumm und kommen nach einer Weile selber drauf. Das ist unproblematisch.

Ob es sich um langfristige Einkommensprobleme handelt oder ob es gelingt, möglichst viele Menschen bald wieder in Arbeit zu bringen, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Sind die Menschen länger betroffen, haben wir ein Instrument dafür: das Wohngeld.

Ihre Lösung hingegen lautet – und das haben Sie hier die ganze Zeit erzählt; deswegen war das auch nur das Coronamäntelchen, das Sie hier hingeworfen haben –: mehr Mieterschutz, also die Mietpreisbremse usw. Darüber sprechen wir seit Monaten, aber zumindest nach Meinung der Experten hat sich dieser Lösungsansatz als Trugschluss erwiesen und wird sich auch weiterhin als solcher erwiesen, weil es Unfug ist und an der Stelle selbst nach Ihren Darlegungen wirklich nicht schlüssig ist. Denn die Mietpreisbremse hat an der Stelle gar nichts verloren. Selbst nach Ihren Darlegungen hilft sie den Menschen an der Stelle nicht.