Protocol of the Session on April 14, 2020

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich heiße Sie zu unserer heutigen, 88. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen, die eine Sondersitzung ist, herzlich willkommen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen an den Bildschirmen sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Ich rufe auf:

1 Gesetz zur konsequenten und solidarischen

Bewältigung der COVID-19-Pandemie in Nordrhein-Westfalen und zur Anpassung des Landesrechts im Hinblick auf die Auswirkungen einer Pandemie

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 17/8920

dritte Lesung

Änderungsantrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/8983

Änderungsantrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/8984

Änderungsantrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/8985

Änderungsantrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion der FDP und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/8986

Änderungsantrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/8988

Dazu erteile ich für die Fraktion der CDU dem Abgeordneten Herrn Preuß das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der intensiven Woche vor Ostern wünsche ich Ihnen heute nachträglich frohe Ostern. Ich hoffe, dass Sie ein gesegnetes und geruhsames Osterfest hatten.

Das Osterwochenende hat uns allen Gelegenheit gegeben, noch einmal darüber nachzudenken, wie sich das Verhalten der Menschen im Umgang miteinander verändert hat und wie wir uns generell auf Krisensituationen, wie wir sie derzeit hautnah erleben,

einstellen wollen, um wieder in ein normales Leben zurückkehren zu können.

Vieles an neuem Verhalten ergibt sich, von Vernunft getragen, von selbst. Es ist daher ein gutes Gefühl der Solidarität und des Zusammenhalts unserer Gesellschaft, zu sehen, dass die sehr große Mehrheit der Bevölkerung in unserem Land so handelt und sich so verhält, wie es vernünftig und der Situation angemessen ist, um Infektionen zu vermeiden.

Das vorliegende Gesetz mit den schon in zweiter Lesung beschlossenen Änderungen will genau zu dieser Solidarität und Vernunft beitragen. Die Menschen erwarten, dass wir, die gewählten Vertreter des Volkes, den Staat in die Lage versetzen, dort, wo es über die individuellen und eigenverantwortlichen Möglichkeiten hinaus notwendig ist, zu handeln.

Das vorliegende Gesetz gibt hierzu den Handlungsrahmen vor. Dieser Handlungsrahmen ist durch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von Parlament und Regierung im Sinne von gegenseitiger Beachtung der jeweiligen Aufgaben bestimmt. Anders würde ein solches Gesetz, das nur im Falle einer Notlage greift, nicht funktionieren und keine Akzeptanz finden.

Sinn und Zweck des Gesetzes ist es nicht, irgendwelche Zwangsmaßnahmen zu legitimieren. Vielmehr geht es um den Schutz der Gesundheit. Deshalb sind der Landesregierung die Möglichkeiten zu geben, die notfalls erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.

Dazu zählt schlicht die Nutzung der Kapazitäten unseres Gesundheitssystems, um insbesondere Unter- und Überversorgung unterschiedlich betroffener Gebiete auszugleichen, die Kapazitäten der Krankenhäuser sinnvoll zu nutzen und die zusätzliche Beschaffung von Schutzmaterial und den Einsatz von medizinischem Personal auf freiwilliger Basis landesweit zu steuern.

Ich verzichte darauf, die vielen Diskussionspunkte noch einmal zu debattieren.

Hervorzuheben ist, dass das Parlament im Interesse einer guten, aber auch eiligen Regelung die Rechte des Parlaments, die Grundrechte Einzelner, aber auch das in der Sache tatsächlich Notwendige in Einklang gebracht hat.

Für diese intensive Arbeit in der vergangenen Woche gebührt allen, die daran mitgewirkt haben, Dank. Der Dank gilt auch der Landtagsverwaltung, die innerhalb kürzester Zeit die Drucksachen und Protokolle zur Verfügung gestellt hat, und natürlich allen, die in unserem Gesundheitssystem ihren außerordentlichen Dienst tun.

(Beifall von allen Fraktionen)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die SPD-Fraktion hat nun der Abgeordnete Herr Neumann das Wort.

Landtag

14.04.2020

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich erinnere mich noch sehr genau an den 11. März 2020. Da habe ich nämlich das letzte Mal an diesem Pult gestanden, als es um die Unterrichtung durch die Landesregierung zum aktuellen Stand der Ausbreitung des Coronavirus ging. Ich erinnere mich, dass der Kollege Kutschaty damals auf das Thema „Schulen und Hygiene“ eingegangen ist und ich auf ein schnelles Handeln und eine konsequente Umsetzung hingewiesen habe.

An diesem Tag – ich erinnere mich noch sehr genau – standen wir hier als Fraktion ziemlich alleine da, weil alle anderen die Meinung vertraten, dass wir viel Panikmache betreiben würden.

Drei Tage darauf wurden in Nordrhein-Westfalen die Schulen und die Kitas geschlossen. Noch ein paar Tage später wurde der heute von uns zu verabschiedende Gesetzentwurf zur Pandemie eingebracht.

Als ich mich das erste Mal mit diesem Gesetzentwurf befasst habe, lag es mir schwer im Magen, als ich Begrifflichkeiten wie „Beschlagnahme“, „Entschädigung“ und „Arbeitspflicht“ gelesen habe. Ich bin überzeugt: Hätte zu diesem Zeitpunkt eine sozialdemokratische Landesregierung einen Gesetzentwurf mit diesem Inhalt eingebracht, hätte man uns wahrscheinlich sozialistische Umtriebe oder sonst etwas vorgeworfen. Viele Abgeordnete hätten auf Bänken und Tischen gestanden und uns Ostblockmethoden angedichtet.

Aber dieses Parlament hat sich relativ zügig die Kritik an diesem Gesetzentwurf zu eigen gemacht. Die Fraktionen haben relativ schnell beschlossen, eine Anhörung durchzuführen. Diese Anhörung von Expertinnen und Experten hat – zum Teil digital – hier im Hause stattgefunden.

Relativ schnell ist dieser Gesetzentwurf von den vier demokratischen Fraktionen dieses Hauses in eine neue Fassung gegossen worden, die wir gleich gemeinsam beschließen werden.

Es gibt einen Änderungsantrag der vier Fraktionen, der noch beschlossen werden muss, und drei andere Anträge, die keine Alternative darstellen und abgelehnt werden können.

Ich bin davon überzeugt, dass wir im Anschluss gemeinsam die landesweite Pandemielage feststellen und beschließen werden.

Kolleginnen und Kollegen, aktuell wird im Lande viel über Exit, Lockdown oder Lockerungen diskutiert. Lassen Sie mich hier einfügen: Einer der wichtigsten Orte in der Demokratie, im Parlamentarismus, wenn es darum geht, über solche weitreichenden Entscheidungen für die Menschen in Nordrhein-Westfalen zu sprechen, ist dieses Parlament. Ich finde es wichtig, dass wir uns nicht nur in Talkshows, Expertenrunden oder Kommentaren damit auseinandersetzen. Wenn solche weitreichenden Entscheidungen für Millionen

von Menschen in unserem Lande getroffen werden, muss die Diskussion darüber auch in diesem Parlament erfolgen. Das sind wir der Demokratie und den Menschen in unserem Lande schuldig.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Herr Ministerpräsident, deshalb fände ich es sehr gut, wenn wir diese wichtigen Fragen für unser Land, die die Menschen in unserem Land unmittelbar betreffen, in diesem Parlament diskutieren würden und Sie dieses Thema hier rechtzeitig einbringen würden. Das sind wir den Menschen schuldig, glaube ich. Denn alles das, was wir aktuell den Menschen zumuten, ist auf der anderen Seite ein Pfund, mit dem wir arbeiten können, wenn es darum geht, hier demokratisch zu diskutieren, wie wir aus der Krise herauskommen.

Meine Fraktion und ich sind überzeugt: NordrheinWestfalen ist ein solidarisches Land. NordrheinWestfalen hält zusammen. Wir halten auch in der Krise gemeinsam zusammen.

Wir werden dieses Epidemiegesetz mit breiter Mehrheit hier beschließen und auch die Pandemielage gemeinsam feststellen. Wichtig ist aber, dass aus diesem Hause das Signal nach außen gesendet wird, dass auch in schwieriger Zeit die weiteren Schritte, die das Land betreffen, hier im Parlament besprochen, diskutiert und beschlossen werden. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion der FDP spricht nun der Abgeordnete Herr Höne.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist in der Tat nicht alltäglich, dass wir ein Gesetz debattieren und beschließen, von dem wir uns wünschen, wir bräuchten es nicht und müssten es niemals anwenden. Aber es ist in dieser außergewöhnlichen Situation notwendig.

Ebenso ist es in außergewöhnlichen Situationen notwendig, einerseits entschieden, klar und zügig und andererseits besonnen und verhältnismäßig zu handeln. Das Gesetz in der hier vorliegenden Fassung, das wir heute abschließend beraten, schafft nach meiner festen Überzeugung die Verbindung dieser beiden Aspekte.

Meine Damen und Herren, es mag dem einen oder anderen wie ein gewisser Widerspruch vorkommen, dass wir einerseits zum Glück sehen, dass sich die Zahlen verbessern, dass sich die Kurve ein Stück weit abflacht und dass die ergriffenen Maßnahmen wirken, und andererseits – trotzdem, mag der eine

14.04.2020

oder andere denken – dieses Gesetz verabschieden und – der Kollege Neumann hat es angesprochen – gleich auch die epidemische Lage von landesweiter Tragweite feststellen werden.

Darum will ich noch einmal ganz deutlich sagen: Es gibt kein Vertun. Die Zahlen verbessern sich zwar; ja, zum Glück. Aber die Lage ist weiterhin außerordentlich ernst und angespannt. Darum müssen wir vorbereitet sein – und vorbereitet sind wir mit diesem Gesetz.

Gleichzeitig ist die Diskussion über Schritte in Richtung Normalität ganz wichtig – Normalität nicht im Sinne dessen, was wir bis zum Februar dieses Jahres kannten. Es wird sicherlich eine neue Art der Normalität sein. Aber diese Diskussion ist enorm wichtig. Sie ist wichtig für unsere Gesellschaft. Denn die einschränkenden Maßnahmen schaffen Probleme. Sie schaffen auch Leid – persönlich, sozial und auch wirtschaftlich. Diese Diskussion ist ebenfalls wichtig für die Akzeptanz der Maßnahmen bei den Menschen, damit eine Perspektive aufgezeigt werden kann.