Aber Sie können davon ausgehen, dass wir die Dinge konsequent anpacken wollen und dass wir das Problem auch lösen werden. Wir werden es nicht so lösen, dass wir alles auf Berlin schieben. Vielmehr müssen wir das, was wir in NordrheinWestfalen zu verantworten haben, auch in Nordrhein-Westfalen lösen. Dann kann man immer noch über die Punkte reden, die wir mit der Bundespolitik besprechen müssen. – Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Minister Laumann hat die Redezeit der Landesregierung um 3 Minuten und 12 Sekunden überzogen. Gibt es bei den Fraktionen den Wunsch nach zusätzlichen Rednerinnen und Rednern?
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 17/535 an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales in der Federführung. Die Mitberatung geht an den Ausschuss für Gleichstellung und Frauen. Die abschließende Abstimmung soll dann im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen.
Der Entschließungsantrag Drucksache 17/614 soll ebenfalls entsprechend überwiesen werden. Möchte jemand gegen die Überweisung stimmen? –Sich enthalten? – Beides ist nicht der Fall. Dann haben wir so überwiesen.
Diesel-Garantie bis 2050 – Vertrauen in Verbrennungsmotoren wiederherstellen und Unsicherheiten aus der öffentlichen Debatte herausnehmen
Als erster Redner hat für die SPD-Fraktion Herr Kollege Löcker, der hier schon wartet, das Wort. Bitte schön.
Frau Präsidentin, herzlichen Dank für die Worterteilung. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Nie zuvor ging es bei deutschen Autokonzernen derart hoch her. Auf der einen Seite tüfteln Ingenieure und Strategen an Elektroautos, selbstfahrenden Pkws und neuen Mobilitätsdiensten, auf der anderen Seite steckt die Branche aber in der größten Glaubwürdigkeitskrise ihrer Geschichte.
In dieser Woche findet die Internationale Automobilausstellung in Frankfurt statt. Es ist zu hören, die Angst säße den Mitarbeitern und den Unternehmensführern der Konzerne im Nacken. Der Abgasskandal, der Verdacht unerlaubter Absprachen und drohende Fahrverbote für Dieselautos – eine lange Kette selbstverursachter Probleme und sicher auch Versäumnisse.
Nun habe ich Anfang dieser Woche den Änderungsantrag der schwarz-gelben Koalition zu unserem Antrag in die Hände bekommen und habe mir nach Durchsicht die Frage gestellt: Sind Sie eigentlich nur feige, meine Damen und Herren, oder haben Sie nichts verstanden? – Der alten rot-grünen Landesregierung in diesem Zusammenhang Versäumnisse vorzuwerfen, ist schon eher als Pfeifen im Walde zu werten. Das gilt auch für den Änderungsantrag, den Sie gestellt haben. Wie kommen Sie eigentlich dazu, uns vorzuwerfen, wir hätten in den letzten sieben Jahren versäumt, in den Umweltverbund zu investieren? – Viele Projekte wären in diesem Zusammenhang aufzuzeigen.
Es ist abwegig was Sie da versuchen. Da stellt sich die Frage: Wieso machen Sie das eigentlich? – Ich sage Ihnen was: Ihr Änderungsantrag ist die pure Hilflosigkeit. Er ist ein billiges Ablenkungsmanöver. Sie selber haben nichts in der Tasche. Davon war in den letzten zwei Tagen hier auch die Rede.
Welche Handlungen notwendig sind, ist selbsterklärend. Da braucht man nicht groß herumzulamentieren. Das müsste alles in unserem Bewusstsein bereits eingesickert sein. Hier geht es ja nicht um Details, sondern um das Fundament und die Basis unserer Autoindustrie. „Made in Germany“, gerade bei Autos, steht seit über 100 Jahren für Zuverlässigkeit, für Vertrauen und Sicherheit in unserer Gesellschaft – „Manipulated in Germany“ dagegen sicher nicht.
Ich finde, dass der Oberbürgermeister aus Gelsenkirchen Frank Baranowski recht hatte, als er nach dem Treffen vor mehr als 30 Oberbürgermeistern mit Teilen der Bundesregierung erklärt hatte, dass der selbstauferlegte Maulkorb von Frau Merkel gegenüber der Automobilindustrie endlich abgelegt werden müsse.
Mit Frau Merkel – wie will man das ausdrücken – als „Schutzheilige der Automobilindustrie“ – das konnte man gestern wieder aus der Ferne betrachten –, ist es doch so, dass es eher die hochbezahlten deutschen Manager der Konzerne gewesen sind, und nicht die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bei den Abgasgrenzwerten systematisch geschummelt haben. Damit wurden Millionen Kunden betrogen, und damit wurde auch die Gesundheit der Bevölkerung in unserem Land aufs Spiel gesetzt. Deshalb darf man auch mal fragen: Kennen Sie einen Ingenieur, der ein dreckiges Auto bauen will?
Ich nicht. Kennen Sie einen Autohändler, der ein dreckiges Auto auf seinem Hof feilbieten will? Oder kennen Sie einen Käufer, der ein dreckiges Auto kaufen oder fahren will? – Ich kenne keinen.
Schauen Sie sich einmal auf den Autohöfen der Unternehmen um, was sich da in den letzten Tagen abgespielt hat. Es war doch ein ungeschriebenes Gesetz: Wer ein deutsches Auto kauft, kauft mit dem Gefühl, gute Qualität zu erhalten. Heute scheint das wohl nicht mehr zu gelten. Das zeigen die vielen Rückgaben an Dieselautos in den letzten Wochen sowie die deutlich gesunkenen Zulassungszahlen.
Man kann auch sagen: Der gut organisierte und funktionierende Kreislauf, den wir einst hatten, ist mächtig gestört.
Deshalb an die Kollegen der AfD die deutliche Ansage: Wer die Vertrauenskrise damit beantworten will, eine Garantie für den Dieselmotor bis zum Jahr 2050 auszusprechen, so wie Sie das hier vorschlagen, der hat überhaupt nichts verstanden. Damit muss man sich nicht lange aufhalten. Diese Krise muss dafür genutzt werden – das ist meines Erachtens die einzige klare Ansage, die wir alle teilen –, einen Weg in die Moderne zu finden. Das muss doch unser Ziel sein! Und da hilft es auch nicht weiter, auf entsprechende Motoren zu setzen, die derzeit Probleme haben.
Wir brauchen den fortlaufenden Eintritt in ein verbrennungsmotorfreies Zeitalter. Die Überganslösung bestand bisher in gut funktionierenden Motoren im Benzin- und im Dieselbereich. Die Basis, die wir hatten, ist jetzt gestört. Das hat nicht irgendwer herbeigeführt, sondern das waren die Unternehmen – und zwar aus Gier, das muss man einmal deutlich sagen. Aus anderen Gründen kann das gar nicht geschehen sein, sonst hätte man sich nicht so dilettantisch verhalten.
Wir brauchen also keine Garantien, sondern einen nachhaltigen Masterplan. Diese Notwendigkeit – das sage ich ausdrücklich; das muss man auch wissen in dem Zusammenhang – zeigt bereits die Tatsache, dass die Einhaltung der CO2-Emissionen im Flottenverbrauch von 95 g je Kilometer schon ab 2020 einzuhalten ist. Nur durch den CO2-emissionsärmeren Diesel ist das überhaupt möglich. Insofern ist die Dimension ziemlich klar.
Es darf auch mal gesagt werden: Die angedrohte Strafzahlung in Höhe von 1 Milliarde €, die die EU für die Hersteller angekündigt hat, die dieses Ziel nicht erreichen, können wir nicht alle wollen. Das ist aus meiner Sicht auch eine Zumutung. Deshalb: Wir haben kein Problem mit Dieselmotoren, sondern mit einer ungenügenden, von Gier getriebenen Abgasnachregelung.
Der Tenor des zweiten Feinstaubgipfels war, Fahrverbote zu verhindern. Da sind wir uns alle einig. Alle Ergebnisse dieses Tages – das muss man klar und deutlich formulieren – haben eine Bemessungsgrundlage. Es muss verhindert werden, dass diese Fahrverbote kommen. Das liegt auf der Hand. Wir brauchen deutliche Impulse, damit die Transformation in Richtung emissionsfreie Antriebe überhaupt erreicht wird. Die Aufsichtsbehörde, der Bundesverkehrsminister, hat über Jahre hinweg den kritischen Kontrollblick auf die Automobilindustrie vernachlässigt. So viel Kritik ist notwendig. Das sage ich wohldosiert, aber auch ganz klar.
Heute müssen wir konstatieren, dass ein Mobilitätsleitfaden zum Erreichen der Zukunftsfähigkeit unserer Automobilindustrie fehlt. Die Konzernlenker haben den wichtigsten Industriezweig Deutschlands, unsere wirtschaftliche Basis, weltweit beschädigt. Auch das ist überall nachzulesen.
Damit muss jetzt endlich Schluss sein. Schauen wir also auf die Aktivitäten dieser Tage in Berlin. Was ist bisher erreicht, was haben wir geschafft? Die jetzt versprochenen 500 Millionen € Soforthilfe für den Diesel sind nun auf 1 Milliarde € aufgestockt worden. Ich füge hinzu: Nur läppische – ich wiederhole das gern noch einmal: läppische – 250 Millionen € kommen von den Verursachern, den Autokonzernen – aber das wird nicht reichen.
Alle wissen es: Die 1 Milliarde € Hilfe für die von der Grenzwertüberschreitung betroffenen Kommunen – das sagen alle – werden überhaupt nicht ausreichen. Das sage nicht nur ich, sondern das sagen auch die Teilnehmer. Von einem großen Durchbruch – so liest man in der Stellungnahme des CDU-Oberbürgermeisters der Stadt Aachen – kann überhaupt keine Rede sein. Es wurde noch nicht einmal eine Definition über die Verwendung der in Aussicht gestellten Soforthilfe vereinbart. Das kann uns doch nicht reichen. Auch deshalb haben wir diesen Antrag gestellt.
Nun hören wir, dass eine Koordinierungsstelle von Bund, Ländern und Städten eingerichtet werden soll, die über die Verwendung und Aufteilung der bereitgestellten Soforthilfe Einigkeit herstellen soll. Da darf man doch mit Blick auf die Anforderungen schon mal die Frage stellen: Wie lange soll das denn dauern?
Nein, wir sagen ganz klar: Dobrindt muss jetzt liefern und diesem unsäglichen Treiben ein Ende bereiten. Wir erwarten, dass auch Frau Merkel am nächsten Diesel-Gipfel teilnimmt. Das wäre doch mal schön! Ich sage Ihnen auch, warum wir das brauchen. Viel Zeit bleibt uns nämlich bis April 2018 sowieso nicht mehr. – Herr Rehbaum, Sie schauen so erstaunt. –
Denn es ist angekündigt, dass dann die entsprechenden Fahrverbote durch Gerichte verhängt werden, sollte sich in dieser Zeit nicht signifikant etwas bewegt haben.
Ich will gerne hinzufügen: Wir wollen lieber auf Nummer sicher gehen und konkrete, definierte, unterstützende Maßnahmen zur Luftreinhaltung – und zwar über den Mobilitätsfonds, über die 1 Milliarde € hinaus –, auskömmlich von Bund und Land und Industrie finanziert, etablieren. Ich sage Ihnen auch warum: Damit uns der schlimmstanzunehmende Fall, die drohenden Fahrverbote, erspart bleibt. Es wird gerade so getan, als würde das, was alles entschieden worden ist, dazu beitragen, dass wir uns hier in Sicherheit wiegen können.
Ich glaube das nicht, das sage ich Ihnen ganz offen. Ich werde Ihnen gleich auch noch erklären, warum ich das so sehe. Ich fordere dazu auf, den Kuschelkurs der kooperativen Politik, die der Autoindustrie bequeme Massagesessel hinstellt, endlich zu beenden.
Wenn die Experten nämlich Recht behalten, dass die Software-Updates nicht zu den gewünschten Ergebnissen führen, dann führt an dem Weg der HardwareUmrüstung überhaupt kein Weg vorbei, wenn wir nicht scheitern wollen.
Deshalb werden wir unsere Forderung weiter aufrechterhalten, dass die Konzerne dafür sorgen müssen, dass diese Hardware-Updates möglich sind, und zwar kostenlos und kundenfreundlich für alle diejenigen, die davon betroffen sind. Das ist mehr als das, was bisher in Berlin vereinbart worden ist.
Da sich der Dieselmotor bewährt hat, ist das auch eine sinnvolle Investition. Der Dieselmotor ist nämlich effizient. Wenn alle technischen Möglichkeiten ausgelotet und genutzt werden – das ist gar nicht so schwer –, dann können wir auch sicher sein, dass wir die Brücke in Ruhe bauen können, über die wir in das kommende Zeitalter übertreten können. Dies einzufordern, wird ja wohl erlaubt sein.
Gestatten Sie mir zum Schluss, ein Schlaglicht auf die im Rahmen dieser Problematik in Aussicht gestellten Förderungen für den ÖPNV zu werfen. Die begrüßen wir natürlich, auch wenn sie unter diesen Umständen zustande gekommen ist. Alle Teilnehmer haben betont, dass der kommunale und öffentliche Nahverkehr stärker von Bund und Ländern gefördert werden müsse.