Wenn etwas negativ läuft – wenn die Arbeitslosigkeit plötzlich nicht mehr so schnell sinkt und die Steuern nicht mehr so schnell steigen –, dann ist es das Werk böser Mächte von außen. Das glaubt Ihnen doch kein Mensch, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wenn Sie das Positive in Anspruch nehmen, müssen Sie sich auch sagen lassen, dass Sie jetzt schuld sind, dass die Steuereinnahmen nicht mehr so stark steigen.
Lieber Kollege Moritz, ich habe es Ihnen schon gesagt – Sie reden sich Ihre Welt ja besonders schön –: Übernehmen Sie mal Verantwortung!
Klar ist, dass die neuen Steuerprognosen kein Grund sind, um zu jammern oder in Panik zu verfallen. Aber es ist nun an der Zeit, dass die Landesregierung endlich handelt. Herr Laschet, ich empfehle Ihnen, sich mehr mit den Haushaltsplänen – ich weiß nicht, ob Sie diese kennen – zu beschäftigen. Darin stehen die Geldbeträge und Zahlen, mit denen Sie Politik gestalten sollten, es aber nicht tun. Sie beschäftigen sich lieber mit Bildbänden und zeigen Fotos von sich.
Wir erwarten von Ihnen, dass Sie jetzt das machen, was Sie angesichts der neuen Zahlen tun müssten: Sie müssen endlich einmal Prioritäten setzen, Sie müssen Entscheidungen treffen. Herr Laschet, fangen Sie endlich an zu regieren! Das haben Sie bisher nicht getan.
Sie sind bisher nur mit der Gießkanne durchs Land gelaufen und haben Geld verteilt, aber das ist doch kein Regieren.
Es hieß angesichts der hervorragenden Rahmenbedingungen, die ich am Anfang erwähnt habe, in der Presse, dass der Finanzminister in Kabinettskreisen den Namen „Lucky Lutz“ trägt. Ich denke, diesen Namen verdient er jetzt sogar noch mehr. Denn ich glaube, ihm passen diese leicht abgesenkten hohen Steuereinnahmen gar nicht so schlecht. Er findet das, glaube ich, gut.
Warum findet er es gut? – Ich werde Ihnen sagen, was in den nächsten Jahren passieren wird: Sie werden weiter Ihre Wahlversprechen brechen. Sie werden weiterhin nicht das halten, was Sie den Bürgerinnen und Bürgern angekündigt haben.
Und dann wird der Finanzminister sagen: Dafür kann ich ja gar nichts; das liegt daran, dass die Steuern nicht mehr so stark steigen.
Ich sage Ihnen eine zweite Sache, die passieren wird: Sie werden die Privatisierungen in diesem Land vorantreiben. Sie werden öffentliches Eigentum verkaufen und dies auch damit begründen, dass die Steuereinnahmen nicht mehr so stark steigen.
Insofern kommt Ihnen das gar nicht so ungelegen, und es bleibt bei Lucky Lutz, der weiterhin alle Probleme in diesem Land mit viel Geld lösen will und zugleich meint, eine Begründung zu haben, dass er seine Wahlversprechen nicht einhalten muss.
Wo würden Sie eigentlich stehen, wenn es in der Bundesregierung nicht so viele sozialdemokratische Ministerinnen und Minister gäbe, die dafür sorgen, dass viel Geld ins Land fließt?
Sie investieren nicht genug in Bildung, Sie nehmen das Geld vom Bund für die Kitas, Sie nehmen das Geld vom Bund für digitalen Aufbau, weil Sie selbst nicht in der Lage sind, die nötigen Strukturreformen in Nordrhein-Westfalen voranzubringen.
Dieser Ministerpräsident hat am Anfang einmal gesagt, wir dürften nicht immer nur auf die Gelder des Bundes warten, um zu handeln. Aber genau das tut er, und dies wird sich jetzt mit dieser neuen Steuerschätzung weiter verschärfen. – Schönen Dank.
(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU] – Zuruf von Michael Hübner [SPD])
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema der Aktuellen Stunde ist zweifellos ein ernstes. Nach Jahren guter Konjunktur, niedriger Arbeitslosigkeit und wachsender Steuereinnahmen wird von Experten in ganz Deutschland und seinen Bundesländern, also für alle Gebietskörperschaftsebenen, in den kommenden Jahren ein deutlicher Rückgang bei der Einnahmendynamik erwartet.
Für unser Land Nordrhein-Westfalen kommt steuerlich betrachtet erschwerend hinzu: Nach den schwarz-gelben Entfesselungspaketen hat sich die Wirtschaft hier besser als anderswo entwickelt. Diese eigene neue Stärke führt dazu, dass Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich und den Transfers der Bundesergänzungszuweisungen in den nächsten Jahren geringer ausfallen werden, als bislang angenommen. Im Vergleich zu den bisherigen Annahmen fehlen allein für das laufende Jahr 2019 und das kommende Jahr 2020 zusammen rund 1,7 Milliarden Euro.
Die FDP-Landtagsfraktion steht auch angesichts der neuen Realitäten weiter zu ihrer Grundüberzeugung der Notwendigkeit einer soliden Finanzpolitik. Eine Politik kann nämlich nur dann generationengerecht sein, wenn sie der jungen Generation nicht unbeherrschbare Schuldenberge hinterlässt. Wir werden daher keine neuen Schulden aufnehmen und wollen die laufende Legislaturperiode zu einer Phase der Schuldenrückzahlung machen. Und damit, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir bereits begonnen.
Wir werden uns jetzt auch nicht resigniert zurücklehnen, sondern betrachten die neue Lage als Herausforderung, mit den bald beginnenden Haushaltsberatungen darauf überzeugende Antworten zu geben.
Die Grünen als Initiator dieser Aktuellen Stunde machen allerdings genau das Gegenteil. Sie vergießen scheinheilig-besorgt Krokodilstränen über schlechtere Steuerprognosen und fordern parallel am laufenden Meter hemmungslos milliardenschwere Mehrausgaben von anderen, die sie selbst in ihrer eigenen Regierungszeit nicht getätigt haben.
Das ist erst wenige Monate her. Schauen wir doch einmal in all Ihre Forderungen oder Änderungsanträge zum letzten Haushalt hinein. Sie wollen Besoldungserhöhungen per sofort im Volumen von 700 Millionen Euro.
Als Sie selber regiert haben, haben Sie nicht einmal Tarifabschlüsse umgesetzt. Da gab es über mehrere Jahre hinweg Nullrunden.
Für den geforderten Verzicht auf Abschiebungen fordern Sie ebenfalls eine dreistellige Millionensumme. Stattdessen wollen Sie die Flüchtlingskosten erhöhen. Weiter fordern Sie eine Erhöhung der Schulkostenpauschale, Unwetterfonds und den Radwegeausbau.
Schauen Sie sich den Katalog Ihrer Mehrausgaben an: An der Stelle der Gegenfinanzierung gibt es von Ihnen ein ganz kleines Häufchen – so wie wir es bei den letzten Haushaltsberatungen erlebt haben. Sie fordern den Verzicht auf Bodycams bei der Polizei, keine Fußfesseln für Gefährder und keine Abschiebungen. Diese Politik ist verantwortungslos. Das müsste Ihnen doch selber peinlich sein!
Auch der Auftritt der SPD in dieser Aktuellen Stunde bleibt rätselhaft. Sie könnten doch einen ganz konkreten Beitrag zur Lageverbesserung leisten, wenn Sie Ihren Bundesfinanzminister Olaf Scholz in die Pflicht nehmen würden, die sinnvollen Ausgaben des Bundes im Interesse von Land und Kommunen zukünftig nicht zu streichen, sondern das lieber bei unsinnigen Wahlgeschenken tun.
Es gibt viele wichtige Ausgaben des Bundes, die wir ausdrücklich begrüßen: Unterstützungen bei der Integrationspauschale, beim Digitalpakt oder den Kitas. – Das alles steht aber bei Ihnen jetzt zur Disposition oder ist nur befristet angelegt. Stattdessen haben Sie noch gestern eine bedingungslose Grundrente, die jährlich 4 Milliarden Euro an Mehrkosten bedeutet, gefordert.
Sie sind für die Rente mit 63 Jahren sowie für die Mütterrente. Im Bund haben Sie ein Rentenpaket geschnürt, das bis 2030 Mehrbelastungen in Höhe von 230 Milliarden Euro mit sich bringt. Dann geht es mit vielen Einzeltransfers weiter: Baukindergeld etc. All das haben Sie in der Großen Koalition verabredet, und jetzt stellen Sie notwendige Hilfen an anderer Stelle infrage.
Sie haben im Bundeshaushalt die Zukunft des Digitalfonds oder die Ergebnisse der Kohlekommission nicht abgesichert. Im Land fordern Sie als Opposition ebenfalls all das, was Sie jahrzehntelang während Ihrer Regierungszeit nicht bewegt hat. Ganz aktuell sind Sie mit der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge in den Kommunen, mit Landeskompensationen in einem dreistelligen Millionenbetrag unterwegs. All das hat Sie jahrzehntelang in eigener Regierungsverantwortung nicht interessiert.
Im Gegenteil, die frühere Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat noch kurz vor ihrer Abwahl das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts – ich darf das hier zitieren – als „Fetisch schwarze Null“ bezeichnet.
SPD und Grüne haben im Landtag die Festschreibung des Neuverschuldungsverbotes in der Landesverfassung abgelehnt. Was bitte sollen heute Ihre Krokodilstränen? Glaubwürdige Politik sieht anders aus.
Deshalb müssen sich SPD und Grüne jetzt entscheiden. Sind Ihnen Schuldenstopp und Schuldenabbau politisch wichtig? Wenn das der Fall ist, dann stellen Sie nicht jede Plenarwoche neue Anträge, die nur eines gemeinsam haben, nämlich jeweils millionenschwere zusätzliche Mehrausgaben.
Rot-Grün hat die Haushaltsprobleme dieses Landes in den letzten zwei Wahlperioden nicht gelöst, sondern verursacht.
Wenn Sie heute stabiler Finanzpolitik das Wort reden, dann zeigt das Ihr schlechtes Gewissen. Sie wollen mit dieser Debatte nur Unfallflucht begehen. Deshalb ist für uns fachlich völlig klar: Man reagiert nicht wenige Tage nach neuen Steuerschätzungen aus der Hüfte geschossen, vielmehr werden die neuen Rahmenbedingungen solide Planungsgrundlage für die Haushaltsberatungen sein, die in Kürze neu beginnen. Ihre Versäumnisse der Vergangenheit werden wir Ihnen dabei allerdings nicht durchgehen lassen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.