Protocol of the Session on February 21, 2019

schendiebstähle. Wir haben auch Deliktsbereiche mit einer sehr hohen Aufklärungsquote: Ladendiebstahl,

Kontrolldelikte, Beleidigungen, erschlichene Leistungen. Wenn Sie jetzt für die einzelnen Delikte betrachten, wie viel davon passiert ist, zum Beispiel Wohnungseinbrüche, Taschendiebstähle, und diese Zahl sinkt, dann haben Sie automatisch eine bessere Aufklärungsquote insgesamt.

Aber wenn Sie dann bei den Einzeldelikten noch einmal genau nachschauen, dann sehen Sie, dass sich da relativ wenig geändert hat: die Aufklärungsquote bei Wohnungseinbrüchen ist von 16,6 % auf 17,9 % gestiegen. Bei Taschendiebstählen ist die Aufklärungsquote sogar gesunken von 5,8 % auf 4,9 %, und – Kollege Lürbke ist ja heute nicht da; der hat die Fahrraddiebstähle immer stark im Fokus – auch bei den Fahrraddiebstählen haben wir eine Änderung von 7,6 % auf 8,2 %. – Das heißt, diese Einzelzahlen geben tatsächlich nicht viel her.

Wir können aber erkennen, dass die Deliktstypen mit niedrigerer Aufklärungsquote durch Polizeiarbeit im Vorfeld deutlich zurückgegangen sind. Das ist eben das Gute. Das heißt, nicht die Aufklärung im Nachhinein durch die Aufklärungseffekte, sondern vor allem die Effekte im Vorfeld der Straftat haben wesentlich dazu beigetragen, dass wir eine deutlich bessere Kriminalitätsstatistik haben.

Daraus folgt relativ einfach: mehr Polizei, mehr Kontrollen, mehr Überwachungsdruck, Vorbeugung, Prävention, Programme, weniger Delikte und eine höhere Sicherheit. Für alle noch einmal hier sehr deutlich: Ja, das ist gut, und, ich denke, genau das wollen wir alle.

Aber natürlich hat es in der Tat etwas damit zu tun, welche Strategie man fährt. Da ist es doch sehr fraglich, ob das die Nulltoleranzstrategie ist oder ob das die Einstellungspolitik ist, die wir mittlerweile sehr klug seit 2008 übrigens gemeinsam fahren, da wir eben mehr Polizeikräfte brauchen. Das bedeutet, dass die Programme, das Personal, was jetzt zu diesem Ergebnis geführt hat, sehr wohl etwas damit zu tun haben, was vorher andere Regierungen gemacht haben. Es ist gut, dass an dieser Stelle eine Kontinuität herrscht.

Ich finde, dieses Bild, das man von den Polizisten aufmacht, schon sehr, sehr seltsam. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich unter dem gelben Kollegen Wolf nicht fauler war, und der Kollege Katzidis war es wahrscheinlich auch nicht unter dem roten Jäger.

(Zuruf von der CDU)

Auf die Antwort bin ich jetzt gespannt.

Die Polizisten machen tagtäglich Ihre Arbeit. Sie machen die fleißig und nach bestem Wissen und Gewissen und mit den Kompetenzen, die ihnen zur Verfügung stehen, egal von wem und welcher Couleur sie gerade regiert werden.

Es ist verwunderlich, wenn ich mir die Aufklärungsquote anschaue, die man auch beachten muss, welche Quantität und welche Qualität wir haben. Insoweit ist es sehr gut, was wir auch gesagt haben, dass man darauf achten muss. Um es ein bisschen flapsig auszudrücken: Ich lass mich lieber fünf Mal beleidigen als einmal ermorden. Da muss man schon sehen, über welche Deliktstypen wir hier im Einzelnen reden.

Verwunderlich ist auch der Anstieg der Widerstandshandlungen gegen Polizeikräfte. Angesichts der ganzen Diskussionen über Strafverschärfung und Nulltoleranzstrategie, die wir geführt haben, dürfte es die doch eigentlich gar nicht mehr geben.

Worüber ich sehr froh bin, ist, dass mittlerweile ein anderer Zungenschlag in der Diskussion über diese Phänomene herrscht. Das subjektive Sicherheitsempfinden ist nicht ganz unerheblich dafür, wie wir als Politiker im Vorfeld darüber sprechen, ob wir permanent eine Apokalypse aufzeigen oder ob wir wirklich sachlich, nüchtern und auch konsequent und in die Zukunft gerichtet die Diskussion führen.

Ich gebe Ihnen ein Beispiel aus meiner Stadt Wuppertal. Wir haben dort den Berliner Platz. Da ist seit dem Jahr 2017 nichts verändert worden. Die Deliktszahlen sind gleich. Vorher wurde noch darüber philosophiert, ob es sich um eine No-go-Area handelt. Das war ständig in der Presse; das wurde permanent politisch aufgearbeitet. Die Zahlen heute sind genau die gleichen. Man hat aber nichts verändert. Man redet nur nicht mehr darüber, und schon fühlen sich die Leute sicherer. Das kann ja letztendlich nicht sein. Wir können nicht hergehen und sagen: Jetzt müssen wir Sachen wieder wegdefinieren.

Wenn man jahrelang Leute auf die Bäume gejagt hat, dann muss man auch überlegen, wie man sie wieder sinnvoll herunter bekommt.

(Henning Rehbaum [CDU]: Wie in Hambach!)

Ein letzter Punkt. Herr Innenminister, Sie haben es ebenfalls gerade angesprochen. Wir haben 10 % mehr Fälle im Bereich der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Ich vermute ebenfalls, dass wir es da mit einem Effekt zu tun haben, der das Dunkelfeld weiter ausleuchtet, sodass wir in ein größeres Hellfeld hineinschauen.

Wenn Sie, wie angekündigt, diese Haltung haben, es ernst zu nehmen, wobei wir Sie voll unterstützen, wird sich dieses Feld in den nächsten Jahren vermutlich statistisch deutlich verbessern, nicht, weil es vermutlich mehr Straftaten gibt, sondern weil wir endlich einmal einen Blick in das gesamte Ausmaß dieser unerträglichen Sache werfen können.

Wenn wir uns gemeinsam auf den Weg machen, das ernst zu nehmen, entsprechende Haltungen zu entwickeln und zu überlegen, was nicht nur Polizei, sondern auch andere hier tun können, dann ist das ein

Weg, den wir gemeinsam gehen können. Denn das unsägliche Leiden der Kinder, die im Grunde genommen direkt am Anfang ihres Lebens das Ende ihres psychisch unbelasteten Lebens erfahren müssen, muss für uns ein deutlicher Schwerpunkt sein. Hier müssen wir in der Tat eine ganze Menge tun. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Bialas. – Für die CDU-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Panske das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über die Statistik und über Zahlen ist jetzt viel gesprochen worden. Deswegen will ich im Einzelnen nicht darauf eingehen. Das darf jeder für sich selbst interpretieren. Vielleicht können wir uns auf die Formel einigen: Die Kriminalität sinkt, die Aufklärungsquote steigt, und die innere Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen ist ein Stück weit besser geworden.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Die Frage – und damit will ich die Zahlen verlassen –, die wir uns noch stellen müssen, lautet: Reicht uns das? – Das tut es nicht, und das hat der Innenminister gerade auch deutlich gemacht; denn bei aller Freude über diese Erfolge gibt es doch noch jede Menge zu tun.

Es gibt viele Handlungsfelder und immer wieder Taten, die als Einzeltaten für uns so unfassbar sind, dass man eigentlich an die Erfolge kaum glauben kann oder glauben will, Taten, die uns vor Augen führen, dass es wahrscheinlich ein Dunkelfeld gibt, das sehr groß ist, Handlungsfelder, die wir zwingend durchleuchten müssen, und Taten wie der massenhafte Kindesmissbrauch von Lügde in Ostwestfalen, wo Einzeltäter Kinder in einer unvorstellbaren Art und Weise körperlich missbraucht und ihre Seelen gebrochen haben.

Schauen wir in diesem Zusammenhang, wenn wir über Zahlen reden, aber auch auf die Statistik über die anderen Opfer von Gewalt und Kriminalität, seien es traumatisierte Einbruchsopfer, Opfer eines tätlichen Angriffs, Opfer von sexualisierter Gewalt, Frauen, die in ihrem persönlichen Bewegungsumfeld Angsträume empfinden, Mädchen und Frauen, die aus Scham eine Straftat nicht zur Anzeige bringen, oder ältere Menschen, die Opfer eines fiesen Betrugs in Form eines Enkeltricks geworden sind.

Der Minister hat es gerade angesprochen: Alle diese Menschen haben in ihrem persönlichen Empfinden und aufgrund ihrer emotionalen Betroffenheit eine völlig andere Einschätzung der Lage, auch wenn wir

als Politik sagen, in unserem Land sei es sicherer geworden.

(Beifall von Bodo Löttgen [CDU])

Es besteht nämlich ein Unterschied zwischen unserer rationalen Lagebeschreibung aus der Kriminalstatistik einerseits und dem berühmten Sicherheitsgefühl der Bürger andererseits. Wir müssen begreifen, dass wir immer in diesem Konflikt stehen werden.

Deshalb bin ich Frau Ministerin Scharrenbach und Herrn Minister Reul auch dankbar dafür, dass jetzt ressortübergreifend eine Dunkelfeldstudie in Auftrag gegeben wird.

Wir als NRW-Koalition werden unsere Doppelstrategie weiterverfolgen. Wir werden uns nicht auf den guten Zahlen der Kriminalitätsstatistik des Jahres 2018 ausruhen.

(Beifall von Bodo Löttgen [CDU])

Vielmehr ist es unser Anspruch, unser Land, unsere Straßen, unsere öffentlichen Plätze, unsere Wohnungen und das Leben eines jeden einzelnen Bürgers weiterhin sicherer zu machen. Dafür stehen wir hier, und dafür machen wir Politik.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir haben der Organisierten Kriminalität und der sogenannten Clankriminalität den Kampf angesagt – mit massivem Polizei- und Ermittlungseinsatz bis hin zu der Einsetzung spezieller Staatsanwälte in Duisburg und in Essen; entschieden, mit langem Atem und mit einer klaren und unmissverständlichen Nulltoleranzstrategie. Das ist ganz eng mit unserem klaren Ziel verbunden: Es kann, es darf und es wird in unserem Bundesland keine rechtsfreien Räume geben. Für uns gibt es keine Rückzugsräume des Rechtsstaats und des staatlichen Gewaltmonopols.

Wir möchten noch zwei weitere Signale, die damit eng verbunden sind, aussenden.

Das erste Signal richtet sich an die Straftäter: Dieser Staat, dieses Land NRW meint es verdammt ernst mit seinem Kampf um eine sichere Heimat seiner Bürgerinnen und Bürger.

Das zweite Signal richtet sich an die eigenen Leute bei Polizei und Staatsanwaltschaft: Ja, wir stehen bei eurem gefährlichen und sicherlich nicht immer ganz einfachen Einsatz gemeinsam hinter euch. – Gerade diese Wertschätzung für Polizei und Justiz ist wichtig, und zwar jeden Tag aufs Neue.

Meine Damen und Herren, zum Abschluss sage ich noch einmal ganz deutlich: Wir ruhen uns nicht auf Erfolgen und Zahlen aus. Vielmehr haben wir eine klare Vorstellung davon, wie wir noch mehr Sicherheit erreichen wollen, wie wir noch mehr Sicherheit erreichen können und wie wir auch noch mehr Sicherheit erreichen werden. Dieses Gesamtkonzept

setzt auf Langfristigkeit, Konsequenz, Gradlinigkeit und eben auch auf Erfolg. Dieser Erfolg wird sich jedes Jahr an den Statistiken, aber ebenso irgendwann einmal am stetig wachsenden Gefühl von Sicherheit bei den Bürgerinnen und Bürgern messen lassen können.

Das ist unser Sicherheitsauftrag für die kommenden Jahre. Lassen Sie uns gemeinsam tatkräftig und entschlossen daran arbeiten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Panske. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, sodass ich bereits an dieser Stelle die Aussprache zu Tagesordnungspunkt 1, unserer Aktuellen Stunde des heutigen Tages, schließen kann.

Ich rufe auf:

2 Die Grundrente muss kommen – gerechte

Renten für alle, die hart gearbeitet haben – Lebensleistung honorieren und Altersarmut bekämpfen!

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/5060

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat für die antragstellende Fraktion der SPD Herr Kollege Neumann das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Altersarmut ist keine Schande. Altersarmut in einem der reichsten Länder der Welt ist ein Skandal.