Protocol of the Session on July 13, 2017

Damit kein Zweifel an unserer grundsätzlichen Haltung besteht, sage ich für die SPD klar: Jede Lösung muss sich daran orientieren, dass Hunderttausende Besitzer von Diesel-Pkw keine zusätzlichen Umrüstungskosten aufgebrummt bekommen, weil sie im guten Vertrauen diese Fahrzeuge gekauft haben. Das ist hier deutlich geworden. Es darf nicht am Ende dazu führen, dass die Leute noch einmal in die Tasche greifen müssen, um die Dinge in Ordnung zu bringen, die die Fahrzeughersteller verbockt haben. Das kann so nicht funktionieren.

Manchmal funktioniert das in Amerika besser als bei uns. Das muss man auch einmal sagen. Dort wird gleich die richtige Technologie eingebaut. Hier müssen die Katalysatoren zuerst noch mit mehreren Tausend Euro von den Menschen bezahlt werden, damit man saubere Luft bekommt. Wir setzen sehr auf den

Vertrauensschutz, der auch von den fünf Ministerpräsidenten der Autoländer deutlich geäußert worden ist.

Ich halte zum Schluss ausdrücklich eines fest – das ist mir wichtig –: Womöglich nutzen alle Appelle, die wir hier alle so gerne in der Erwartung äußern, dass das wirklich funktioniert und wir eine gute Lösung finden, am Ende nicht mehr viel. Während die Politik noch laviert und der nächste Autogipfel organisiert wird, um zu beschließen, wie man die Automobilindustrie in Zukunft in die Pflicht nehmen kann, haben die Kunden bereits in großem Stil mit den Füßen abgestimmt. So viel steht doch fest. Immer mehr DieselPkw bleiben stehen und werden wie sauer Bier auf den Autohöfen der Unternehmen angeboten. Das ist auch kein Wunder, meine Damen und Herren. Selbst der ADAC rät mittlerweile ganz öffentlich vom Kauf von Diesel-Pkw ab.

Jetzt frage ich mich: Was soll dabei herauskommen, wenn Mercedes-Benz oder andere die Initiative ergreifen, um eine Lösung bei der Softwareentwicklung zu finden? – Ich kann nur sagen: Damit haben wir in der Vergangenheit keine guten Erfahrungen gehabt. Die Versprechen waren immer groß. Am Ende ist aber nicht viel Gutes dabei herausgekommen, nicht nur für den Verbraucher, sondern auch für die Umwelt.

Fazit: Deutschlands wichtigste Industrie – das halte ich hier deutlich fest – steht vor einem Scherbenhaufen. Das ist öffentlich geworden. In diesem Sinne stimmen wir gerne dem Antrag der Grünenfraktion zu. – Danke schön für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Löcker. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Diekhoff.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Grünen wimmelt nur so von Allgemeinplätzen. Ich bin ein wenig verwundert über die plätschernde Diskussion, die wir hier führen. Der Antrag hat zwei Richtungen.

Da ist zunächst die Frage: Wer braucht überhaupt diese Aufforderung? Die Luftreinhaltung ist doch ganz klar ein überparteiliches Ziel. Dazu müssen Sie doch niemanden auffordern. Natürlich sollen die Menschen in den Städten in Nordrhein-Westfalen gesund leben können; aus meiner Sicht übrigens auch außerhalb der Großstädte in kleineren Städten. Die werden in Ihrem Antrag leider gar nicht erwähnt. Aber das kennen wir von den Grünen, dass Sie den ländlichen Raum immer etwas stiefmütterlich behandeln.

(Zuruf von den GRÜNEN: Oh! Oh!)

Ja, so ist das.

(Beifall von der FDP – Zurufe von den GRÜNEN)

Ich kann eine Passage Ihres Antrages ausdrücklich begrüßen. Sie schreiben – ich zitiere –:

„Die Fahrzeughalterinnen und Fahrzeughalter sowie die Kommunen haben diese Fehlentwicklung nicht zu verantworten, hätten aber bei Dieselfahrverboten den wirtschaftlichen Schaden. Daher müssen die Verursacher und nicht die Getäuschten diesen verursachten Schaden beheben. Insbesondere für kleine und mittelständische Handwerksbetriebe wäre die Erneuerung des eigenen Fuhrparks eine kostspielige und teils existenzbedrohende Maßnahme.“

Da haben Sie völlig recht. Deswegen haben wir auch in unseren Koalitionsvertrag geschrieben, dass wir keine Fahrverbote wollen. Aber den Grünen geht es in diesem Antrag gar nicht darum, sich für die Besitzer von Dieselfahrzeugen einzusetzen.

Die einzige Schlussfolgerung, die ich aus diesem Antrag ziehen kann, ist, dass die Grünen ein bundesweites Fahrverbot für Dieselfahrzuge in Städten fordern, und zwar im Prinzip hier und heute. Das steht da glasklar drin. Sie wollen ein bundesweites Fahrverbot, wenn die von Ihnen selbst geforderten Nachrüstungsmaßnahmen scheitern.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Das Problem ist aber, dass unabhängige Experten die von Ihnen geforderten Nachrüstungen gar nicht für praktikabel halten. Das funktioniert überhaupt nicht. Der ADAC hat einen erhöhten Kraftstoffverbrauch gemessen. Es gibt massive Eingriffe; der VDA bezweifelt das Ganze. Die benötigten Mengen an AdBlue sind in den Fahrzeugen nicht unterzubringen, völlig abgesehen von den dadurch steigenden Betriebskosten.

Deswegen hat die Umweltministerkonferenz im Mai und die Verkehrsministerkonferenz im April dieses Jahres die Bundesregierung aufgefordert, erst einmal zu prüfen, wie der Umfang eines wirtschaftlich vertretbaren Nachrüstungsprogramms überhaupt aussehen kann.

Sie aber fordern hier und heute mit einem Schnellschuss erneut die Enteignung von Millionen Bürgerinnen und Bürgern, wenn Sie Ihre eigenen Ideen nicht durchsetzen können. Das ist eine schlichte Unverschämtheit.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Seit Jahrzehnten zwingt die Politik die Menschen in Deutschland über die Steuerpolitik praktisch dazu, ein Dieselauto zu kaufen. Gerade die Pendler im ländlichen Raum – da ist er wieder – müssen mit dem Auto zur Arbeit fahren und müssen aus finanziellen Gründen auf einen Diesel zurückgreifen. Sie aber

stellen sich hier ungerührt hin und fordern, diese Menschen finanziell zu benachteiligen und zu enteignen, obwohl sie unter Umständen sogar Opfer eines Betrugs geworden sind. Das ist doch aberwitzig.

Allen Verantwortlichen ist klar, dass Verbesserungen bei der Luftreinhaltung notwendig sind. Wir machen das über bessere Technologien. Wir brauchen moderne Technologien am gesamten Fahrzeug; die Nachrüstung von Fahrzeugen mit Dieselmotoren; soweit möglich alternative Antriebe, digitale Verkehrsleitsysteme und einen besseren ÖPNV. Was wir nicht brauchen, sind Verbraucherinnen und Verbraucher, die zum Bauernopfer ideologisch begründeter Politik werden.

Klar ist, dass die Automobilindustrie ihren Teil zur Lösung des Problems beitragen muss. Das hat die Landesregierung erkannt. Auch diese Aufforderung ist überflüssig, wie schon erwähnt wurde.

Ministerpräsident Armin Laschet und die vier Ministerpräsidenten – unter anderem Ihr eigener – haben am vergangenen Freitag dazu klar Position bezogen, und wir haben das Ganze für Nordrhein-Westfalen im Koalitionsvertrag vereinbart:

Wir wollen schnelle und praktikable Lösungen; wir wollen die großen Flotten elektrisieren, die in den Innenstädten unterwegs sind. Außerdem brauchen wir schnelle, emissionsarme Antriebe. Wir wollen den Anteil an Elektrobussen erhöhen und bundesweit Programme zur Umrüstung von Dieselbussen auf den Weg bringen.

Das sind Möglichkeiten, mit denen wir eine echte Chance auf eine schnelle Realisierung unseres Ziels haben, nämlich die Luft sauberer zu machen. Wir wollen nicht, dass die Bürgerinnen und Bürger zum Opfer dieser Umstände werden. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Diekhoff, für Ihre erste Rede hier im Parlament. – Für die AfD-Fraktion spricht jetzt Herr Dr. Blex.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Der vorliegende Antrag zeigt einmal mehr, worum es den Grünen und den Grüninnen geht. Es ist das ökopopulistische Schüren von Ängsten. Fakten treten dabei, wie häufig bei Ihnen, komplett in den Hintergrund – ob Absicht oder Unwissenheit, sei einmal dahingestellt, da gerade bei Ihnen die naturwissenschaftliche Grundbildung sicherlich unterdurchschnittlich ausgeprägt ist.

Deshalb möchte ich meine Rede mit einigen Fakten beginnen. Hören Sie mal gut zu; Sie lernen da etwas.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Ich weiß, zuhören können Sie nicht. Sie schüren ökopopulistische Ängste. – Stickstoffdioxid ist ein normaler Bestandteil der Atemluft. Das wussten Sie wahrscheinlich noch nicht. Der gesetzlich vorgeschriebene Arbeitsplatzgrenzwert von Stickstoffdioxid liegt bei 950 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Mikrogramm ist ein Millionstel, falls Sie das nicht wissen.

Wenn bei einer 40-Stunden-Arbeitswoche ein Arbeitnehmer – die gibt es bei Ihnen auch – also 40 Stunden pro Woche Stickstoffdioxid einatmet, so ist von keinerlei Gesundheitsgefahr auszugehen – von keinerlei Gesundheitsgefahr bei 950 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft! Die gleiche Gesamtmenge an Stickstoffdioxid wird aufgenommen, wenn man alle 168 Stunden der Woche 226 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft einatmen würde.

Das heißt im Klartext: Bei einem Jahresmittelwert von 226 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft ist von keinerlei schädigender Wirkung durch Stickstoffdioxid auszugehen – 226 Mikrogramm!

Der vom Umweltbundesamt – und das ist das Entscheidende – festgelegte Jahresmittelwert beim Verkehr liegt bei weniger als einem Fünftel dieses Wertes; es sind nämlich 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Laut Umweltbundesamt wurde dieser sehr niedrige Wert 2016 also an lediglich 10 % der Messstellen überschritten. Die Tendenz ist stark fallend. Der höchste gemessene Jahresmittelwert wurde 2016 in Stuttgart gemessen. Er betrug 82 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft.

Und jetzt stellen Sie sich mal vor – ich muss leider auch den Kollegen von der CDU einbeziehen; dessen Sachverstand hat mich auch ein bisschen verwundert –, Sie würden mit Ihrem E-Auto wegen einer leeren Batterie auf dem Neckardamm in Stuttgart liegen bleiben und sich entschließen – Sie hätten vielleicht kein Dach über dem Kopf –, das ganze Jahr auf dieser Straße zu wohnen. Dann würden Sie insgesamt nur 36 % der Stickstoffdioxidmenge einatmen, die Sie am Arbeitsplatz ohne jegliche Gesundheitsgefahr einatmen dürften. Einige Meter von der Straße entfernt, wo die Menschen wohnen, fallen diese Werte noch einmal ganz gravierend ab.

Noch eine kurze Anmerkung am Rande: Die Luftverpestung durch Stickstoffdioxid in Stuttgart ist ja so schlimm, dass die Stuttgarter die höchste Lebenserwartung Deutschlands haben.

Die Jahresmittelwerte für Stickstoffdioxid fallen übrigens beständig. In den letzten zwanzig Jahren sanken sie im ländlichen Bereich um 32 % und – jetzt, Herr Diekhoff, aufpassen! – auf 10 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Damit sind sie nämlich am niedrigsten – natürlich im ländlichen Bereich.

Im städtischen Bereich sanken sie also um 34 % auf 21 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, und an den

Straßenmessstellen – direkt an den Straßen – um 22 % auf 39 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Das heißt, wir verzeichnen ein ständiges Fallen der Werte, und diese Werte werden auch ohne grüne Panikmache und Hetze weiter sinken.

Meine Damen und Herren, die oben genannten Fakten – die Wahrheit tut manchmal weh – zeigen, worum es geht. Es geht bei Ihnen nämlich um den ökoideologischen Kampf gegen die deutsche Automobilindustrie.

(Beifall von der AfD – Zurufe von der CDU: Oh!)

Die Wahrheit ist auch, dass moderne Dieselmotoren erheblich sparsamer als Ottomotoren vergleichbarer Leistung sind, aber prinzipbedingt aufgrund der hohen Verbrennungstemperaturen mehr Stickoxide ausstoßen. Und genau aus dem Grund sollen die Stickoxide als besonders gesundheitsschädlich verteufelt werden, um dann dafür zu sorgen, dass staatliche Stellen und die EU die entsprechenden Grenzwerte so lange herunterschrauben, bis die Motorentwickler an den Grenzen der Physik bzw. der Wirtschaftlichkeit scheitern. Denn eine weitere Reduzierung des Stickstoffdioxidausstoßes ist nur mit einem hohen Aufwand möglich.

Genau aus dem Grund – weil wir nicht die deutsche Automobilindustrie vernichten wollen und weil wir uns an die Fakten halten – lehnen wir Ihren Antrag ab.

(Beifall von der AfD)

Danke, Herr Dr. Blex. – Für die Landesregierung hat Herr Minister Wüst jetzt das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren Abgeordneten! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Blex, wenn man Ihnen so zuhört, dann könnte man meinen, Stickstoffdioxid hätte fast schon sanatorische Wirkungen:

(Lachen von der AfD – Zuruf: Genau!)