Mein Kollege Christian Dahm hat doch hier in aller Ruhe unsere Position und seine Sorgen dargestellt. Als Antwort kam von Herrn Frieling zu Beginn seiner Rede: Heute ist Vorlesetag.
Sie haben weiterhin gesagt: Das war eine Märchenstunde. Hauptsache, das Etikett sieht gut aus, der Inhalt ist egal. – Auf diese Art und Weise reagieren Sie auf einen sehr vernünftigen und sachlichen Vortrag meines Kollegen Christian Dahm.
Wenn Sie den Ton so vorgeben, dann will ich wie folgt erwidern, Herr Kollege: Ich weiß nicht, wie morgen die Überschriften in den Zeitungen lauten werden. Ziemlich sicher aber bin ich, dass eine Überschrift fehlen wird. Es wird nirgendwo stehen: Mehr Lehrbeauftragte in die Parlamente! – Denn das hat Ihr Vortrag hier wirklich nicht hergegeben.
Herr Höne, sich hier mehrere Minuten am Vergleich der Wahlsysteme von Landtagswahlen und Bürgermeisterwahlen abzuarbeiten und das direkt miteinander zu vergleichen – wir wissen alle, das hat nicht viel miteinander zu tun –,
das lässt nur folgenden Schluss zu: Offensichtlich waren Sie als Student in sehr vielen Vorlesungen des Lehrbeauftragten Frieling, Herr Kollege.
Jetzt will ich noch mal zu dem Beispiel Düsseldorf kommen. Eigentlich hatte ich nicht vor, das zu nennen, einige haben es jedoch schon angesprochen. Ich will noch ein paar Zahlen sprechen lassen.
Wie war das denn in Düsseldorf? – In Düsseldorf sah die Oberbürgermeisterwahl wie folgt aus: Im ersten Wahlgang setzte sich der CDU-Kandidat mit 46 Prozentpunkten durch. Das waren 104.000 Stimmen. Dann kam ein zweiter Wahlgang. Im zweiten Wahlgang lag ein anderer Kandidat vorn. Der hatte aber nicht mehr 104.000 Stimmen, sondern der hatte 116.000 Stimmen, wohingegen der Kandidat, der unterlag, 80.000 Stimmen hatte.
Jetzt müssen Sie mir noch einmal erklären – rechnerisch konnte ich Ihnen da ja folgen –: Wieso sind 116.000 Stimmen eine geringere Legitimation als 104.000 Stimmen? Das können Sie niemandem erklären. Das ist nicht logisch.
Es gibt noch ein paar andere Beispiele. Ganz rechnerisch trocken nenne ich Wuppertal. In Wuppertal ging die Wahl zwischen zwei Kandidaten, die die meisten Stimmen hatten, so aus: 38 Prozentpunkte zu 36 Prozentpunkten. Oder anders gesagt: 37.000 Stimmen zu 35.000 Stimmen. Dann kam ein zweiter Wahlgang, der so ausging: 60 Prozentpunkte zu 40 Prozentpunkten; 54.000 Stimmen zu 36.000 Stimmen. Ich kann nicht nachvollziehen, warum das eine geringere Legitimation sein soll. Das Gegenteil ist der Fall!
Wie war es denn, als es noch keine Stichwahl gab? Schauen wir uns einmal Beispiele aus der Bürgermeisterwahl im Jahr 2009 an. Da gewann ein Bürgermeisterkandidat in Krefeld mit 39,6 Prozentpunkten zu 39,1 Prozentpunkten. Das ist eine ziemlich große Stadt. Mit 400 Stimmen hat der Mann gewonnen, demokratisch legitim.
Warum ist das eine höhere Legitimation als das, was ich Ihnen eben zu den Ergebnissen aus zwei Wahlgängen ausgeführt habe? Das ist nicht logisch, was Sie hier vortragen.
Leverkusen: 39,9 Prozentpunkte zu 39 Prozentpunkten. Mit 550 Stimmen ist auch das eine im Verhältnis zu dem, was ich eben an Ergebnissen von Stichwahlen vortrug, relativ geringere Legitimation – in einer Großstadt wie Leverkusen.
Wir können unterschiedlicher Meinung sein; das ist im Parlament in Ordnung. Aber es so darzustellen, als seien Stichwahlen automatisch immer mit einer anschließend schlechteren Legitimation für die Bürgermeisterkandidaten, die sich durchsetzen, verbunden, geht am Thema vorbei.
In der Sitzung des Ausschusses für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen am 25. Juni 2018 haben wir einen Bericht der Landesregierung beantragt: Wir wollten wissen, was an den Gerüchten dran ist, dass Sie sich mit der Stichwahl beschäftigen.
Seitdem Sie die Mehrheit haben, ist es ja Mode in Nordrhein-Westfalen, mal hier was der Presse durchzustechen und sich mal dort auf dem Flur mit jemandem zu unterhalten. Das Parlament erfährt die Dinge dann ganz zum Schluss.
So war auch hier wieder das Verfahren. Am 29. Juni 2018 teilte uns die Landesregierung mit – ich zitiere –:
„Ob und inwieweit eine erneute Änderung der Regelungen über die Wahl der kommunalen Hauptverwaltungsbeamten geboten ist bzw. an den gegenwärtigen Regelungen festgehalten werden kann, prüft die Landesregierung unabhängig von Parteitagsbeschlüssen und ergebnisoffen.“
Dann wird ausgeführt, dass man effektive Wahlverfahren sicherstellen will. – Das ist bisher die einzige konkrete Aussage zu dem, was die Landesregierung hier vorhat.
Am 5. Oktober 2018 fand eine Anhörung zum Gesetz zur Stärkung des Kreistages statt. Jetzt schauen einige verwundert. Das haben wir damals auch getan. Das hat relativ wenig mit dem Thema „Wahlen und Stichwahlen“ zu tun.
Als Sachverständiger trat ein Landrat aus Paderborn auf, der geschätzte Kommunalpolitiker Herr Müller, der auf einmal Stellung zum Thema „Stichwahl“ nahm. Danach hatte keiner gefragt, aber er gab eine Stellungnahme zur Stichwahl ab.
Der geschätzte Kollege Hoppe-Biermeyer von der CDU machte das dann auch ganz geschickt und stellte folgende Frage:
„Meine zweite Frage geht an Herrn Conradi: Wie sind Ihre Erfahrungen in Bezug auf die Stichwahl bzw. auf die Abschaffung der Stichwahl?“
Ich habe erwidert: Bin ich in der falschen Anhörung oder Sie gegebenenfalls? Wir unterhalten uns über das Gesetz zur Stärkung des Kreistages! – Dann kamen ein paar Zwischenrufe, das sei zwar nicht auf der Tagesordnung, aber das könne man doch einfach mal fragen.
Daraufhin habe ich die kommunalen Spitzenverbände gefragt: Sind Sie denn auf diese Zwischenfrage vorbereitet? Haben Sie sich, bezogen auf die innerverbandliche Willensbildung, überhaupt damit beschäftigen können, was Sie zum Thema „Stichwahl“ sagen möchten?
Aus dem Raum kam unisono: Nein, wir wollten uns heute mit dem Kreistag beschäftigen, aber doch nicht mit der Stichwahl.
An dem Punkt – das will ich Ihnen ganz offen sagen – habe ich Angst davor, zumindest einen gewissen Respekt, was für ein Verfahren Sie uns hier in den nächsten Monaten präsentieren werden.
Dazu kam heute vom Vertreter der Landesregierung kein Wort. Der zuständige Minister hat eben gesprochen.
Vom Vertreter der CDU: kein Wort. Sie haben zwar Ihren Vorredner beschimpft und ein paar Rechenbeispiele gebracht, Sie haben auch Ihre Meinung zum Thema ausgeführt – alles legitim –, aber zum Verfahren: kein Wort.
Darum will ich mich jetzt ausdrücklich nicht an die CDU und die Koalition in Gänze richten, sondern nur an die FDP.
Meine Damen und Herren von der FDP, der Rechtsstaatspartei, Sie wissen, über welches Thema ich gerade spreche und was ich mit „Verfahren“ meine. Ich bitte Sie herzlich: Denken Sie daran, dass hier Oppositionsrechte zu wahren sind.
In der Opposition können wir unseren Job nur machen, wenn wir auch die Expertise von Sachverständigen einbeziehen können. Es sieht alles danach aus, dass Sie sich hier auf einen anderen Weg begeben haben.
Ich fordere Sie auf: Denken Sie an das, was ich Ihnen gerade gesagt habe! Wahren Sie die Oppositionsrechte! Beschädigen Sie nicht das demokratische Verfahren, das hier einzuhalten ist! – Herzlichen Dank.