Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kämmerling, ich habe mich gerade gefragt, ob ich hier auf der richtigen Veranstaltung bin, denn soweit ich weiß, haben Sie doch diese Aktuelle Stunde beantragt.
mit der Attraktivität von repräsentativer Demokratie beschäftigen soll. Das haben wir auch getan, weil Sie mitgestimmt haben und weil ich glaube, dass uns allen dieses Thema am Herzen liegt.
Deshalb bin ich mir sicher, dass wir nicht darüber reden sollten, ob die Stichwahl für uns als Abgeordnete interessant ist; vielmehr müssen wir uns doch die Frage stellen: Ist sie für die Wählerinnen und Wähler bei der Kommunalwahl, bei der Wahl der Bürgermeisterinnen und Oberbürgermeister und Landräte attraktiv?
Sie haben eben die Frage gestellt, warum wir die Abschaffung der Stichwahl wollen. Sie sind doch, so glauben Sie zumindest, die Parteien, die immer auf Urteile hinweisen. Sie sagen: Urteile muss man ernst nehmen. – Hier gibt es sogar Urteile eines Verfassungsgerichts, die im Übrigen jedes Mal mit dem Satz „Im Namen des Volkes“. überschrieben sind.
Ich will noch einmal die vier Leitsätze zitieren, die uns unser Verfassungsgerichtshof am 26. Mai 2009 zum Thema „Stichwahl“ im Namen des Volkes mit auf den Weg gegeben hat.
Frau Düker, dazu zählt insbesondere der vierte Leitsatz. Warum machen wir das? Weil uns das Verfassungsgericht vorgegeben hat:
„Der Gesetzgeber ist gehalten, die Wahlverhältnisse daraufhin im Blick zu behalten, ob das bestehende Wahlsystem...“
Ich will Ihnen mal zwei andere Beispiele nennen. Wir haben alle Stichwahlen ausgewertet, und bei rund 60 % der Stichwahlen ist die Anzahl der Stimmen im zweiten Wahlgang geringer als die Anzahl der Stimmen im ersten Wahlgang. Das hat gar nichts mit Parteipolitik zu tun.
Zwei Beispiele – eines für die SPD, eines für die CDU – sollen verdeutlichen, wie eklatant die Auswirkungen sein können. Zunächst geht es um den Kreis Wesel und die Wahl des Landrates. Im ersten Wahlgang fielen auf Dr. Ansgar Müller 92.954 Stimmen. Das sind 48,5 %. Im zweiten Wahlgang gab es ein fast halbiertes Ergebnis, minus 45.427 Stimmen! Ist das die größere Legitimation, von der Sie sprechen?
Zweites Beispiel: In der Städteregion Aachen fielen im ersten Wahlgang rund 95.000 Stimmen auf Helmut Etschenberg von der CDU. Im zweiten Wahlgang – wieder eine Halbierung – sind es nur noch rund 50.000 Stimmen. Ist das die größere Legitimation?
Frau Düker, Sie sagen, die kommunale Demokratie werde demontiert. Ich finde, das ist ein starkes Stück, was Sie sich da heute geleistet haben.
(Beifall von der CDU – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Das bestreitet doch keiner! – Mi- chael Hübner [SPD]: Darum geht es doch nicht in der Debatte!)
Ich möchte auch noch den dritten Leitsatz des Verfassungsgerichtshofs anführen, der besagt: Die Stichwahl
„… verletzt weder den Grundsatz der Wahlgleichheit noch den Grundsatz der Chancengleichheit … und verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der unmittelbaren Wahl.“
Alles das, was Sie heute gegen die Abschaffung der Stichwahl ins Feld geführt haben, hat das Landesverfassungsgericht bereits in den Grundsätzen anders entschieden. Wenn Sie den Grundsätzen nicht glauben, lesen Sie das Urteil. In diesem Urteil wird klar gesagt, dass es nur in die Obliegenheit eines Gesetzgebers gestellt ist, wie der Innenminister bereits richtig ausführte.
Im Gegensatz zu Ihnen sind wir jedoch unserer Pflicht nachgekommen und haben geprüft: Ist die Abstimmung mit den Füßen bei der Stichwahl ein Beleg dafür, dass die ausreichende Legitimation gegeben ist? Wenn sie aber in 60 % der Fälle nicht mehr gegeben ist, dann muss der Gesetzgeber handeln.
Wenn Sie nicht auf uns hören wollen, sehr geehrte Damen und Herren der Opposition, hören Sie wenigstens auf das, was der Verfassungsgerichtshof Ihnen und uns ins Stammbuch diktiert hat.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Löttgen. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Mostofizadeh das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Löttgen, niemand hat bestritten, dass eine Stichwahl verfassungsrechtlich zulässig ist. Das ist uns ganz klar erklärt worden.
Die Einkommensteuersätze in Deutschland sind auch zulässig und verfassungskonform, trotzdem würden wir sie anders gestalten. Wir diskutieren heute eine rein rechtspolitische Frage, und es geht nicht darum, ob sie verfassungsrechtlich zulässig ist. Das hat hier niemand in den Raum gestellt, und es ist schon einigermaßen abenteuerlich, dass Sie als einziges Argument anführen, dass sie überhaupt zulässig ist, Herr Kollege.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Heinrich Frieling [CDU]: Lesen Sie mal die Überschrift des Antrags, Herr Kollege! – Bodo Löttgen [CDU]: Zitieren Sie die Überschrift des Antrags!)
Ich möchte einmal auf den Kollegen Frieling zu sprechen kommen. Sie haben gesagt, wir wollten nicht auf die Bürger hören. Wie ist das denn in den anderen 15 Bundesländern? In allen anderen Bundesländern, in denen es eine Direktwahl des Bürgermeisters gibt, gibt es auch eine Stichwahl.
Haben alle anderen Kolleginnen und Kollegen, beispielsweise in Bayern, Baden-Württemberg und weiß der Kuckuck wo, nicht auf ihre Bürgerinnen und Bürger gehört?
Haben die CDU-Mehrheiten dort nicht auf ihre Bürgerinnen und Bürger gehört? Sind dort die Ergebnisse andere? Das könnten wir ja mal durchgehen. Ich kann nur sagen: Was Sie hier machen, ist vom Verfahren und vom Inhalt her völlig inakzeptabel.
Herr Kollege Höne, auch Ihr Argument ist geradezu abenteuerlich und überhaupt nicht zu verwenden. In Deutschland gilt das Verhältniswahlrecht. Durch das Verhältniswahlrecht wird doch gerade die aus meiner Sicht mögliche Ungerechtigkeit, dass nur ein in seinem Wahlkreis in relativer Mehrheit gewählter Direkt