Protocol of the Session on June 30, 2017

Der antitotalitäre Grundkonsens aller Demokraten ist konstitutiv für unser Land. Gerade wir Deutschen haben eine doppelte Erfahrung gemacht: die der nationalsozialistischen Verbrechen unter Hitler und der sozialistischen Diktatur der DDR. Wir sind zu Recht stolz auf unser Grundgesetz; wir werden in der Welt darum beneidet. Es ist unser aller Auftrag, die Werte dieser freiheitlich-demokratischen Grundordnung, die aus ihm erwachsen, zu verteidigen.

(Beifall von der AfD)

Was ich in Anbetracht der knappen Redezeit nur sehr verkürzt ausführe, werden die meisten von Ihnen in der einen oder anderen Sonntagsrede auch schon gesagt haben. Dabei unterstelle ich, dass Sie es natürlich auch so gemeint haben. Wenn dem so ist, dann ist es nur folgerichtig, dass Sie nun auch unserem Antrag zustimmen. Dieser regelt nichts weiter, als dass Organisationen und Projekte, die Mittel aus dem Haushalt verlangen, sich zu unserem Grundgesetz bekennen und nicht mit Verfassungsfeinden und Extremisten zusammenarbeiten.

(Beifall von der AfD)

Eigentlich ist es eine schlichte Selbstverständlichkeit, dass wir potenzielle Feinde unserer staatlichen Ordnung nicht bewusst oder unbewusst mit Steuergeldern unterstützen. Ich habe mich beim Abfassen dieses Antrages ohnehin gefragt, warum man diese Selbstverständlichkeit überhaupt noch auf die Tagesordnung setzen muss. Das ist doch eine Sache des gesunden Menschenverstandes. Welches Prob

lem könnten echte Demokraten, die sich gegen Extremisten einsetzen wollen, damit haben, sich zu unserer Verfassung zu bekennen und sich vom Extremismus zu distanzieren?

(Beifall von der AfD)

Unser Antrag verlangt nur, die folgende Verpflichtung verbindlich zu machen – ich zitiere –:

„Hiermit bestätigen wir, dass wir uns zu der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland bekennen und eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit gewährleisten. Wir werden keine Personen oder Organisationen mit der inhaltlichen Mitwirkung an der Durchführung des Projekts beauftragen, von denen uns bekannt ist oder bei denen wir damit rechnen, dass sie sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung betätigen.“

Diese Form der Demokratieerklärung ist noch dazu rechtssicher; denn wir haben die aktuelle Rechtsprechung dazu selbstverständlich aufgenommen.

Ich hatte zu Beginn meiner Rede auf die Polarisierung im Land hingewiesen. Wir können den Bürgern aber auch zeigen, dass wir als Demokraten über ein gewisses Maß an Gemeinsamkeiten verfügen, dass in diesem Hause Anträge nicht nur deshalb abgelehnt werden, weil sie von der vermeintlich falschen Fraktion kommen.

Wir mögen in vielen Fragen unterschiedlicher Meinung sein – und das können wir sein, gerade wegen unseres Grundgesetzes und unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung –, und da ist es gut, dass wir das hohe Gut der Meinungsfreiheit haben.

Wir sollten uns heute aber in dieser einen Sache gerade auch deswegen einig sein: Kein Geld für Extremisten, kein Geld für die Feinde unserer Verfassung! Stimmen Sie daher unserem Antrag zu. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Wagner. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Sieveke das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Große, gewaltige Worte sind gerade gesagt worden. Leider finde ich davon nichts in dem Antrag wieder. Der Vorredner hat sich die Frage gestellt, warum es eigentlich am heutigen Tag dieses Tagesordnungspunktes bedarf. Die Antwort darauf wollte er jedoch gar nicht hören: Dieser Punkt gehört heute gar nicht auf die Tagesordnung, weil er inhaltlich abgeräumt, beantwortet und letztendlich schon entschieden ist.

(Beifall von der CDU und der FDP – Beifall von Verena Schäffer [GRÜNE])

Sie fordern eine Demokratieerklärung, eine Unterschrift. Sie haben gerade noch einmal ausgeführt, was Sie wollen. Ich hoffe, dass jeder Abgeordnete diese Demokratieerklärung für sich a) unterschreiben könnte und b) auch danach handelt und zu unserer Basis der freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht, auch in seinem politischen Handeln.

(Beifall von der CDU und der FDP – Marcus Pretzell [AfD]: Darum geht es doch gar nicht!)

Sie fordern eine Maßnahme, die von vorvorvorgestern ist.

Herr Kollege Sieveke, Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Es gibt den Wunsch nach einer Zwischenfrage, und zwar vom Herrn Kollegen Dr. Blex aus der AfD-Fraktion.

Ja, bitte schön.

Ich habe nur folgende Zwischenfrage: Sie verstehen schon, was Sie lesen? Wir fordern nichts von den Abgeordneten, sondern von den Organisationen. Das haben Sie schon verstanden, oder?

Ich danke für Ihre Zwischenfrage, scheint Ihnen doch viel daran zu liegen, möglichst viel Aufmerksamkeit zu erlangen. Sie wollen mir gar nicht zuhören, sondern Ihre Vorgehensweise besteht darin, sich als möglichst große Demokraten darzustellen. Ich als Christdemokrat, als jemand, der aus der Jungen Union kommt, der mit dem Motto „Jeder Extremist ist Mist!“

(Beifall von der CDU und der FDP)

für die Demokratie gekämpft hat, muss mir mit dieser dümmlichen Zwischenfrage nicht vorwerfen lassen, dass ich Ihren Antrag nicht gelesen hätte. Darin steht nichts – und das, was darin steht, ist beantwortet worden.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Sie haben sich nicht einmal die Mühe gemacht, zu hinterfragen, warum sich die Kolleginnen und Kollegen unterschiedlichster Parteien 2014 im Bundestag mit der Demokratieerklärung befasst haben und zu dem Ergebnis gekommen sind, dass es für Organisationen, die gezwungen werden, eine Demokratieerklärung zu unterschreiben, und für die Menschen, die seit Jahren gegen Rechtsextremismus, gegen Extremismus im Allgemeinen und für die Demokratie kämpfen, einen Schlag ins Kontor bedeuten würde, noch einmal un

terschreiben zu sollen, dass sie auch wirklich zu unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen. Das ist doch hanebüchen!

(Beifall von der CDU, der SPD und der FDP)

Selbstverständlich ist und bleibt es richtig, dass man Extremismus nicht mit Extremisten bekämpfen kann. Nachdem die Demokratieerklärung mit der förmlichen Unterschrift abgeschafft wurde, hat man sich selbstverständlich dieser Herausforderung gestellt und ein verbindliches Begleitschreiben aufgelegt, das besagt, dass der Zuwendungsbescheid den Antragsteller verpflichtet, die Organisationen, mit denen er zusammenarbeitet, daraufhin zu überprüfen, dass sie auf der Grundlage unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen.

Im Ergebnis wurde damit also lediglich die Form des Bekenntnisses zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung geändert; die Wirkung aber bleibt dieselbe. Der einzige Unterschied besteht darin, dass Projektträger nicht länger der Verpflichtung ausgesetzt werden, sich gewissermaßen mittels eigenhändiger Unterschrift von einem Generalverdacht freizeichnen zu müssen. Das ist vernünftig, sachgerecht und verdient Zustimmung.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht nicht nur darum, irgendetwas zu unterschreiben; vielmehr geht es darum, das Ganze auch mit Leben zu erfüllen. Die Verteidigung unserer Demokratie, die Teilnahme an Wahlen – auch als Abgeordneter – mit „Ja“, „Nein“ oder „Enthaltung“ gehört auch zur Demokratie, das ist ebenfalls unsere Verpflichtung.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen der AfDFraktion, sollten Sie sich vielleicht auch mal ein wenig mit sich selbst beschäftigen

(Andreas Keith-Volkmer [AfD]: Jetzt werden Sie mal nicht unverschämt!)

und nicht nur mit großen Worten vor uns treten und behaupten, wir würden den Antrag ablehnen, nur weil er von einer vermeintlich nicht so genehmen Fraktion kommt. Es muss inhaltlich passen! Bei Ihnen stimmt aber schon der Inhalt nicht; deswegen können wir nicht mit voller Überzeugung zustimmen.

(Marcus Pretzell [AfD]: Sie verstehen ihn gar nicht!)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Sieveke. – Wir haben Herrn Sieveke zurück ans Redepult gebeten, weil es den Wunsch nach einer

Kurzintervention gibt, auch wieder von der AfD-Fraktion, diesmal von Herrn Kollegen Wagner.

Herr Kollege, Sie haben nachhaltig den Eindruck hinterlassen, als hätten Sie unseren Antrag überhaupt nicht gelesen. Sie sprechen davon, dass jeder in diesem Hause eine solche Erklärung unterzeichnen könnte, wissen aber genau, dass es uns aber tatsächlich nur um Organisationen geht, die sich gegen Extremismus betätigen. Es gibt zahlreiche Organisationen aus dem linken und linksextremen Bereich, die mit staatlichen Geldern gefördert werden – ich erinnere nur an die Interventionistische Linke.

In diesem Zusammenhang mache ich noch einmal darauf aufmerksam, dass es Ihre Parteien waren – CDU und FDP –, die sowohl in Sachsen als auch im Bund das, was wir heute fordern, in Gesetzesform gegossen haben. Offensichtlich können Sie sich daran nicht mehr erinnern.

(Beifall von der AfD – Helmut Seifen [AfD]: Ge- nau!)

Das Gute an einer Christdemokratie – und ich glaube, dass das auch für die Freie Demokratische Partei gilt – ist, dass wir lernfähig und zukunftsgewandt sind.

(Marcus Pretzell [AfD]: Heute besonders! Times are changing!)

Herr Kollege Wagner, wenn Sie schon Erinnerungen bemühen: Es ist eine CDU-geführte Bundesregierung gewesen, die 2014 zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen von der SPD die Unterschrift abgeschafft und den Begleitzettel eingeführt hat.

Vielleicht sind Sie des Lesens mächtig, des Zuhörens jedoch eher unter erschwerten Bedingungen.

(Andreas Keith-Volkmer [AfD]: Das ist eine Frechheit!)

Ich habe eben gesagt: Ich hoffe, dass alle Abgeordneten für sich persönlich eine solche Erklärung unterschreiben können. Und da wage ich es, bei dem ein oder anderen meine Zweifel zu hegen. – Vielen Dank.