Protocol of the Session on June 30, 2017

Herr Minister Pinkwart, Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Würden Sie mir bitte noch die Frage beantworten, wie Sie die Stromversorgung in Belgien sicherstellen wollen. Sie haben nur gesagt, Sie planen das.

Wir haben weiterhin grünen Zappelstrom im Netz. Wir haben keine Speichertechnologien. Sie haben es ja erkannt. Aber wie wollen Sie es denn, bitte schön, dann sicherstellen? Oder können Sie die Frage nicht beantworten?

(Christian Lindner [FDP]: Lies doch den Koali- tionsvertrag!)

Ich sehe das sachbezogen. Und ich glaube, es ist auch ein Verdienst – das sage ich hier auch, ich hatte ja einmal eine andere politische Verantwortung – der Grünen, aufsetzend auf dem Bundesumweltminister Genscher, sich sehr stark für die erneuerbaren Energien, für eine Wende auch einzusetzen.

Aber wie das so gelegentlich passiert: Man schießt auch schon mal übers Ziel hinaus, und man hat nicht alles zu Ende gedacht. In der Situation sind wir jetzt. Wir müssen hier hart arbeiten, das ist so. Aber das wollen wir auch. Wir wollen eine kluge Politik machen mit erneuerbarer Energie, mit den konventionellen Energien im Sinne eines verlässlichen Energiemixes. Es gibt viel zu tun. Da haben Sie recht.

Aber das kann uns doch nicht daran hindern, es jetzt zu machen,

(Beifall von der FDP)

und gleichzeitig darüber neue Chancen für Nordrhein-Westfalen zu organisieren.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Sie waren jetzt mit der Beantwortung zu Ende?

Ja.

Herr Minister Pinkwart, dann bleiben Sie bitte trotzdem am Pult. Es

tut mir leid. Sie haben hier gleich das volle Programm zur ersten Sitzung.

Frau Kollegin Düker hat sich nämlich zu einer Kurzintervention gemeldet. Die wird sie jetzt vom Platz aus halten. Frau Kollegin Düker, bitte.

Schönen Dank. – Herr Minister Pinkwart, Sie haben mehrfach von einem verlässlichen und ausgewogenen Energiemix gesprochen, der hier in Nordrhein-Westfalen die Energieversorgung sicherstellen soll. Nun beträgt in Nordrhein-Westfalen der Anteil an dem produzierten Strom in NRW, der aus der Braunkohle kommt, im Moment, glaube ich, fast 50 %, 47 %, 48 %. Würden Sie sagen, dass dieser Anteil aus Braunkohle produziertem Strom ein verlässlicher, ausgewogener Energiemix für die Zukunft ist?

Ganz herzlichen Dank, Frau Abgeordnete Düker. Ich habe es so bisher verstanden – wir wollen es ja sogar noch über die nationalen Grenzen hinaus erweitern –, dass wir Energieversorgungssicherheit nicht an den Landesgrenzen Nordrhein-Westfalens zu Ende denken, sondern dass wir das auch für das deutsche Energienetz betrachten,

(Beifall von der CDU und der FDP)

nach unserer Überzeugung auch für das europäische Energienetz. Und dann kommen wir zu einem unterschiedlichen Mix. Das wissen Sie. Wir wollen mehr Windkraft dort insbesondere erzeugen, wo es besonders wirtschaftlich, vorteilhaft ist.

(Monika Düker [GRÜNE]: Wo denn? – Christof Rasche [FDP]: Nicht im Wald! – Christian Lindner [FDP]: Offshore!)

Offshore, Sie wissen das. Dafür werden Leitungen benötigt. Da haben wir dann auch entsprechende Bürgerbegleitmusik. Das kennen Sie auch. Also es gibt einen über Nordrhein-Westfalen hinaus notwendigen Mix. Nordrhein-Westfalen leistet nur einen wichtigen Beitrag zum Gesamtmix. Und da haben wir unsere entsprechenden Stärken. Die müssen wir dann auch einbringen.

Da wünschte ich mir manchmal eine etwas andere Prioritätensetzung auch bei den Grünen. Wenn wir bei Atom schnell vorankommen wollen, auch noch über die Landesgrenzen hinaus, können wir uns nicht von allem andern auch noch sofort trennen. Das macht aus unserer Sicht jedenfalls keinen Sinn. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Liebe Kolleginnen und Kollegen. Herr Minister Pinkwart hatte bei seinem Redebeitrag die Redezeit der Landesregierung um zwei Minuten überzogen. Ich frage, ob es den Wunsch nach weiteren Redebeiträgen aus den Fraktionen gibt. – Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich an dieser Stelle die Debatte zu Tagesordnungspunkt 2.

Wir kommen zur Abstimmung. Wir haben zwei Abstimmungen durchzuführen, und zwar erstens über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/35. Wie Sie wissen, hat die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen direkte Abstimmung beantragt, und die führen wir jetzt durch, indem wir über den Inhalt des Antrags abstimmen.

Wer sich für den Inhalt des Antrags aussprechen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind Bündnis 90/Die Grünen und die SPDFraktion. – Wer stimmt dagegen? – Die CDUFraktion, die FDP-Fraktion und die AfD-Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/35 abgelehnt.

Wir kommen zur zweiten Abstimmung, jetzt über den Entschließungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/57.

Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die antragstellenden Fraktionen von CDU und FDP. – Wer stimmt dagegen? – Das ist die AfD-Fraktion. – Gibt es Stimmenthaltungen? – Die SPD-Fraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Dann ist mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis der Entschließungsantrag Drucksache 17/57 von CDU und FDP angenommen. Ich kann den Tagesordnungspunkt 2 schließen.

Ich rufe auf:

3 NRW muss das Land der fairen und guten Ar

beit bleiben!

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/37

Ich eröffne die Aussprache. Als erste Rednerin für die antragstellende Fraktion der SPD hat Frau Kollegin Lüders jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Arbeitslosenquote lag im Mai bei 7,4 %. Das ist der niedrigste Stand seit 1993. Und heute bekommen wir die Mitteilung, dass sie erneut

gesunken ist. Der Wirtschaft geht es nach eigenen Angaben weitestgehend gut.

Während wir in den letzten Wochen und Monaten erleben durften, wie unser Land schlechtgeredet wurde, zeigen diese Zahlen sehr deutlich: Die SPDgeführte Landesregierung hat in diesem Bereich eine wirklich gute Arbeit geleistet.

(Beifall von der SPD)

Das Feld ist bestellt. An unseren Ergebnissen muss sich die neue Regierung messen lassen.

Und liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Was steht denn da eigentlich im Koalitionsvertrag von CDU und FDP zu den Bereichen Arbeit und Soziales? Nur so viel steht fest: Ganze zwei Seiten von insgesamt 120 widmen Sie dem Thema Arbeit. Oberflächig und dünn sind die Aussagen. Welche Pläne Sie tatsächlich für die 6,6 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land haben, geschweige denn für diejenigen, die dringend Arbeit suchen, bleibt offen. Das ist kein gutes Signal.

Und das Thema Soziales? Der Bereich findet nicht einmal eine Erwähnung im Koalitionsvertrag. Und ein redaktionelles Versehen wird das bestimmt nicht sein. Denn wenn man sich anschaut, unter welchem Kapital der Bereich Arbeit, wie gesagt, auf zwei Seiten geführt wird, dann ist das der Bereich mit der Überschrift „Land der starken Wirtschaft“.

Und damit wird deutlich, welches Verständnis Sie haben von Gerechtigkeit und sozialer Teilhabe. Es ist das alte Mantra „Privat vor Staat“, der Markt wird es richten, und Politik und Regierung haben sich aus den Bereichen herauszuhalten. Es ist das Verständnis, dass jeder selbstverantwortlich ist und sich nur ausreichend bemühen muss. Es ist das Verständnis, dass der Mensch der Wirtschaft dienen muss, und das hat nichts, aber auch gar nichts mit fairer und guter Arbeit zu tun.

(Beifall von der SPD)

Es ist Ihr altes Verständnis, dass das sozial sei, was Arbeit schafft, ohne überhaupt darüber nachzudenken und ohne Rücksicht darauf zu nehmen, wie überhaupt die Zugangschancen zum Arbeitsmarkt sind, die Arbeitsverhältnisse ausgestaltet sind und wie die Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aussehen.

Seien Sie sicher: Die SPD-Landtagsfraktion wird sehr genau darauf achten, was sich hinter Ihren wolkigen Ankündigungen im Koalitionsvertrag versteckt. Und dass das nichts Gutes erahnen lässt, wird dann an den wenigen Stellen, wo Sie sich bekennen, deutlich.

Sie wollen das Arbeitszeitgesetz, das dem Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dient, gerade in Zeiten hoher Arbeitsverdichtung schleifen.

Sie sagen nichts zu den Situationen von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern.

Sie sagen nicht, wie Sie die massive Ausnutzung von Werkverträgen und den Missbrauch eindämmen wollen.

Sie sagen nicht, wie Sie mit den Ausnahmetatbeständen beim Mindestlohn umgehen wollen.

Sie sagen nicht einmal, wie Sie mit dem in diesem Jahr gut eingeführten Modellprojekt für langzeitarbeitslose Menschen in den Modellkommunen Dortmund, Duisburg, Essen und Gelsenkirchen umgehen wollen.

Sie sagen nichts.

Was Sie sagen – und das erschreckt mich dann doch sehr –, ist, dass Sie die Zuverdienstgrenzen im SGB II erhöhen wollen. Wenn das Ihr Verständnis von einem sozialen Arbeitsmarkt ist, Menschen im SGB II zu halten, prekäre Beschäftigung zu verfestigen und auch der arbeitenden Mitte steigende Sozialabgaben aufzulegen, dann wird mir angst und bange, was Ihr Verständnis ist.

(Beifall von der SPD)