Meine Damen und Herren, seit vielen Jahren sind Sicherheitsmängel an diesen beiden Reaktoren in Belgien bekannt. Immer wieder werden neue Defizite und Mängel öffentlich. Gerade kürzlich wurde eine neue Anzahl von fast 100 Rissen dokumentiert. Die große Sorge in der Region und im ganzen Land vor einem schwerwiegenden Unfall ist bekannt.
Nach deutschen Standards wären diese beiden Atomkraftwerke längst geschlossen worden. Selbst die belgische Aufsichtsbehörde hat gravierende technische und organisatorische Mängel in den beiden Atomkraftwerken festgestellt. Die Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen, insbesondere in der Städteregion Aachen, befürchten im Falle eines nuklearen Unfalls schwerwiegende Auswirkungen.
Deshalb hat sich die bisherige rot-grüne Landesregierung gegenüber Belgien, aber auch gegenüber dem Bund engagiert dafür eingesetzt, dass die beiden Skandalatomkraftwerke endgültig stillgelegt werden. Zudem hat die vorherige Landesregierung beschlossen, dass die Anlagerichtlinien des Pensionsfonds des Landes nachhaltig auszurichten sind.
Diese Anlagerichtlinien sind die Basis dafür, dass Nordrhein-Westfalen die indirekte Beteiligung an den
Genau, Sie dürfen gerne klatschen. – Es ist durchaus erfreulich – das sage ich in Richtung der beiden neuen Regierungsfraktionen –, dass sich auch die neue Landesregierung für eine schnelle Stilllegung dieser beiden Pannenreaktoren einsetzen will. Das dokumentieren Sie heute mit dem vorgelegten Entschließungsantrag. Dass im nordrhein-westfälischen Parlament, dem Parlament des größten Bundeslandes, CDU und FDP einen Antrag vorlegen, in dem der Atomausstieg dokumentiert und gefordert wird, ist ein großer Erfolg der jahrzehntelangen Antiatombewegung.
Der Bundestag hat ja heute eine weitere historische Entscheidung getroffen, nämlich die Ehe für alle beschlossen.
Es ist ein Erfolg von vielen Menschen, die sich in den letzten Jahrzehnten für eine andere Energiepolitik, für eine andere Atompolitik engagiert haben. Deswegen begrüßen wir es durchaus, dass CDU und FDP heute diesen Antrag vorgelegt haben.
Aber, meine Damen und Herren, wenn Sie sich für klimafreundliche Stromlieferungen auch aus Nordrhein-Westfalen nach Belgien einsetzen, um die dann wegfallenden Atomkraftwerke zu kompensieren, dann dürfen Sie nicht einen solchen Koalitionsvertrag vorlegen, wonach Sie die Energiewende zurückdrehen und der Windkraft den Garaus machen wollen.
Wir brauchen eine klimafreundliche Energieversorgung in Nordrhein-Westfalen. Dann können wir auch die Atomkraftwerke in Belgien entsprechend besetzen – ersetzen.
Nein, ersetzen. Das ist unsere alte Tradition. Ich würde das, ehrlich gesagt, wenn es notwendig ist, auch machen, aber erst einmal geht es darum, die Atomkraftwerke zu ersetzen. Besetzen ist der letzte Schritt. Die Demonstration am Wochenende war ja deutlich. Da braucht es, glaube ich, kein weiteres Signal.
Herr Ministerpräsident Laschet, Sie müssen sich bei der Bundesregierung dafür einsetzen, dass die unseligen Brennelementelieferungen nach Belgien endgültig gestoppt werden. Hier gibt es seitens der Bundesregierung einen Schlingerkurs, auch was
In Ihrem Entschließungsantrag laden Sie die Schuld bei der Bundesumweltministerin ab. Sicher, sie ist zuständig und muss entsprechend reagieren, aber
es ist Aufgabe der gesamten Bundesregierung und auch der Bundeskanzlerin, an dieser Stelle Farbe zu bekennen.
Als neuer Ministerpräsident müssen Sie sich im Sinne der Bürgerinnen und Bürger des Landes Nordrhein-Westfalen nicht nur dafür einsetzen, dass es keine weiteren Lieferungen von Brennelementen gibt, sondern auch dafür, dass diese Atomkraftwerke zügig stillgelegt werden.
Es muss gelten: keine weiteren Brennelementelieferungen nach Belgien. Tihange und Doel müssen abgeschaltet werden. Und es muss eine eindeutige Vorfahrt für den Ausbau von erneuerbaren Energien geben – in Nordrhein-Westfalen, in Deutschland und in ganz Europa. – Wir bitten Sie deswegen, unserem Antrag zuzustimmen. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich zum Antrag der Grünen komme, möchte ich als Abgeordneter aus der Aachener Region den Organisatoren und Mitwirkenden bei der Menschenkette gegen Tihange 2 und Doel 3 danken.
Mit dem friedlichen Protest, an dem sich mehr als 50.000 Menschen beteiligt haben, wurde ein nachdrückliches Zeichen gesetzt. Die ernsthafte Sorge der Menschen um die Gesundheit und die mögliche Zerstörung der Heimat wurde sehr deutlich. Auf die weitreichenden Folgen wurde anschaulich hingewiesen. – Allen Mitwirkenden noch einmal ein herzliches Dankeschön!
Ich habe es geradezu als zynisch empfunden, dass die Betreiber der Reaktoren ausgerechnet wenige Tage vor der Protestaktion eine Laufzeitverlängerung ins Gespräch gebracht haben.
Das wird den Sorgen der Menschen nicht gerecht. Gerade die neuesten Berichte über zahlreiche weitere festgestellte Haarrisse an den Druckbehältern machen doch deutlich, dass die Sorgen der Menschen berechtigt sind.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Klocke, bei meiner letzten Rede in der vergangenen Legislaturperiode habe ich die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass wir nach dem Wahlkampf und der Landtagswahl wieder zur Sacharbeit zurückkommen werden. Leider belegt der Antrag der Grünen, dass nach dem Landtagswalkampf nun wohl auch der Bundestagswahlkampf hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen stattfindet. Wegen der schlechten Wahlergebnisse der Grünen haben wir vermutlich noch bis zur Bundestagswahl im September hier Wahlkampfgetöse zu erwarten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der grünen Fraktion, hätte die frühere rot-grüne Landesregierung mehr Einfluss auf die Bundespolitik in Berlin genommen, insbesondere durch und auf die SPD
Umweltministerin Barbara Hendricks, wären die Forderungen in Ihrem Antrag heute nicht erforderlich gewesen.
Und es war nicht die alte rot-grüne Landesregierung, die auf den Verkauf der im Pensionsfonds befindlichen Energiepapiere gedrängt hat, sondern der Anstoß kam von der nun im Amt befindlichen neuen Landesregierung.
Ich möchte für die CDU-Fraktion deutlich machen, dass wir uns häufig und intensiv um die Abschaltung der Reaktoren bemüht haben. Ich erinnere auch an den im Dezember 2016 gemeinsam gefassten Beschluss aller damals im Landtag vertretenen Fraktionen zum Thema „Tihange abschalten“. Unseren politischen Willen können Sie weiterhin am gemeinsamen Entschließungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP von April 2017 erkennen, und Sie können es auch in unserem Koalitionsvertrag nachlesen.
Als Abgeordneter aus der Aachener Region möchte ich den kommunalen Parlamenten danken, die über die Parteigrenzen hinweg ihre ablehnende Haltung gegen die Pannenreaktoren deutlich gemacht haben. Und ich begrüße die Klage der Städteregion Aachen, der sich auch mein Heimatkreis Heinsberg angeschlossen hat.
Anders als hier im Landtag macht die Gemeinsamkeit bei den Aktionen das politische Handeln glaubwürdig. Ich habe keine Zweifel: Die neue Landesregierung wird sich mit Nachdruck für die Abschaltung der Reaktoren Tihange 2 und Doel 3 einsetzen. Die Landesregierung wird in Gesprächen mit der Europäischen Kommission und den Beneluxstaaten Perspektiven für Energielieferungen aus den Niederlan
den und Nordrhein-Westfalen nach Belgien entwickeln, um die Abschaltung der Reaktoren zu ermöglichen.
Da wir uns in der Sache weitestgehend einig sind, ist es bedauerlich, dass der Antrag der Grünen wegen des Wahlkampfgetöses für uns nicht zustimmungsfähig ist. Wir werden gegen den Antrag stimmen und werben um eine Zustimmung zum Entschließungsantrag der NRW-Fraktionen von CDU und FDP. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Krückel. – Ich rufe nun für die SPD-Fraktion Herrn Kollegen Schultheis auf.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich will als Aachener aus der Aachener Region zu diesem Antrag Stellung nehmen. Wir wissen, dass wir uns mit dem Thema „Tihange“ in der vergangenen Wahlperiode mehrfach befasst haben – zum letzten Mal unmittelbar vor der Landtagswahl zum Thema „Lieferung von Brennelementen aus Niedersachsen nach Belgien, nach Tihange“.
Die dargestellte Ausgangslage im Antrag der Grünen entspricht dem, was die Menschen in unserer Region denken und fühlen, und die bereits genannte Menschenkette mit 50.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern hat eindeutig gezeigt, wie die Gefühlslage ist. Es ist allen zu danken, die dies organisiert haben.
Die Regierungen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben in der letzten Wahlperiode gegenüber der Bundesregierung, aber auch gegenüber der belgischen Regierung eindeutig deutlich gemacht, wie unsere Position ist, nämlich, dass wir für das Abschalten dieser Atommeiler sind, und die Landesregierung ist auch stellvertretend für uns der Klage der Städteregion Aachen beigetreten. Das ist ein eindeutiges Bekenntnis zu diesen Forderungen, und wir gehen davon aus, dass die jetzige Landesregierung den Rahmen ihrer Möglichkeiten – die begrenzt sind, wenn ich das Bundesrecht und das internationale Recht einbeziehe – ausschöpft.
Ob – das muss ich in Richtung Grüne sagen – nach deutschem Recht die Betriebserlaubnis durch die deutsche Atomaufsicht entzogen worden wäre oder nicht, ist eine interessante juristische Frage. Ich kann nur sagen, dass unsere Atomaufsicht sicherlich bei Beantwortung der Frage: „Betriebserlaubnis: Ja oder Nein?“ nachdrücklicher gewesen wäre.
In der Debatte um die Brennelementelieferung habe ich für die SPD-Fraktion erklärt, dass wir bereit wären, in dieser Frage das Risiko eines Rechtsstreits einzugehen, also die Bundesregierung dabei zu unterstützen, ein solches Rechtsrisiko einzugehen. Aber ich verweise auch auf das Urteil zur Brennelementesteuer: Es ist ein Risiko.