posiert mit Heino und Hannelore. Der Pressesprecher Ihres Hauses posiert mit Heino und Hannelore. Gott und die Welt aus Ihrem Ministerium posieren mit Heino und Hannelore und lassen sich ablichten. Man kann den Eindruck gewinnen, Ihre halbe Stabsstelle Heimat hat da mit Heino und Hannelore Selfies gemacht.
Natürlich hat da dann keiner Zeit, nachzugucken, welche Lieder auf einer solchen Schallplatte waren. Ihr stellvertretender Pressesprecher bekam sich gar nicht mehr ein, so begeistert war er, und er twitterte vom Heimatkongress ein Foto nach dem anderen unter den Hashtags
Und als dann plötzlich die Schallplatte mit der Bezeichnung „Die schönsten deutschen Heimat- und Vaterlandslieder“ erstmals am 23. März kritisch von nordrhein-westfälischen Medien thematisiert wurde, beließ Ihr Pressesprecher das Schallplattenbild von Ihnen und Heino auf der Website des Ministeriums.
Währenddessen hat aber Ihr stellvertretender Pressesprecher am 24. März bei Twitter das Foto gelöscht, auf dem Sie mit Ihrem Staatssekretär und mit Heino und Hannelore in Pose standen und die überreichten Schallplatten bewunderten. Frau Ministerin, das ist unprofessionell, und das zeigt, wie uneins man bezüglich des Umgangs mit dieser Peinlichkeit selbst in Ihrem eigenen Haus war.
Uneins sind Sie auch in Ihrer eigenen Koalition. Zu Ihrer undefinierten Heimathantiererei hört man von Ihrem Koalitionspartner wenig bis gar nichts. Einige sagen, den Kollegen der FDP sei diese von der Ministerin zelebrierte Sauerkraut-Dialektik sogar in höchstem Maße peinlich, so aufgesetzt, so künstlich, so undefiniert, so wenig liberal sei sie.
Auch Journalisten beobachten Ihr Tun mehr und mehr irritiert. So schreibt die „Westdeutsche Zeitung“ über Sie – ich zitiere –:
„Dass Ina Scharrenbach unwillig oder unfähig ist, dem absichtlich undefinierten Heimatbegriff ihres Ministeriums wenigstens eine Grenze zum enthistorisierenden Musik-Missbrauch zu ziehen, zeigt, wie dünn das Eis ist, auf dem ihr Geschäftsbereich ,Heimat‘ steht.“
Sie haben Tür und Tor dafür geöffnet, dass der Begriff „Heimat“ von jedem und für alles gebraucht und auch missbraucht werden kann.
Das ist Ihr persönlicher Fehler. Im Ausschuss erklären Sie uns auf Nachfrage immer mal wieder, dass Sie selber nicht wissen, was Sie eigentlich unter Heimat verstehen. Sie sagen dann immer: Das ist offen, das kann man nicht verordnen, das darf man nicht vorschreiben.
Was, Frau Ministerin, glauben Sie eigentlich, ist Ihr Auftrag – möglichst viele Fragen zu produzieren? Auf der Internetseite Ihres Hauses widmen Sie der Beschreibung des Geschäftsbereichs „Heimat“ ganze fünf Sätze – kein Witz: ganze fünf Sätze zur Beschreibung eines ganzen Geschäftsbereichs.
Dort, auf Ihrer Internetseite, erklären Sie, dass Sie Heimat stärken würden. Das begründen Sie dort damit – ich zitiere –:
Ich frage Sie: Was ist das für eine Wortakrobatik, und was hat das bitte in der Beschreibung des Geschäftsbereichs eines nordrhein-westfälischen Ministeriums zu suchen? Sie, Frau Ministerin, fabulieren wortreich um die Tatsache herum, dass Sie, Ihr Haus und die Koalition, die Sie trägt, keine, aber auch gar keine Ahnung haben, was Sie eigentlich selber unter Heimat verstehen.
Dabei wäre es doch so einfach. Sie könnten zum Beispiel mal auf den früheren Minister Herrn Groschek und sein Programm „Heimat im Quartier“ blicken. Da war glasklar definiert, was unter Heimat verstanden wird. Hier wurden ganz konkret Verbesserungen bei der interkommunalen und ämterübergreifenden Zusammenarbeit von Kommunalverwaltungen weiterentwickelt – und das zum Wohle aller Menschen innerhalb eines Stadtquartiers, egal, wo sie herkommen, die gemeinsam ihre Heimat gestalten.
Oder werfen Sie mal einen Blick auf das Wahlprogramm der NRW-SPD. Wir definieren Heimat mit: Lebensqualität, bezahlbarem Wohnraum, gut ausgebauten ÖPNV, guter Infrastruktur,
(Matthias Kerkhoff [CDU]: Das gehört aber nicht mehr zu Heimat! – Roger Beckamp [AfD]: Kabelfernsehen!)
medizinischer Versorgung und mehr. Da finden Sie auf zwei Seiten mehr Inhalt zu „Heimat“, als Sie in den vergangenen elf Monaten mit Ihrem ganzen Ministerium zustande gebracht haben.
Sie, Frau Ministerin Scharrenbach, können es nicht, oder Sie wollen es nicht. Da hat die „Westdeutsche Zeitung“ völlig recht. Und wenn Sie es nicht wollen, dann ist es meines Erachtens sogar noch schlimmer;
denn dann nehmen Sie nicht arglos, sondern mit voller Absicht in Kauf, dass Ihr undefinierter Heimatbegriff missbraucht wird.
Dass dann so niveaulose Anträge wie derjenige der AfD auf den Tisch flattern, ist dann vielleicht in Zukunft noch unser kleinstes Problem. Sie, Frau Ministerin, haben die Wundertüte „Heimat“ aufgemacht, ohne zu definieren, was drin ist. Jetzt sehen Sie bitte auch zu, dass Sie sie wieder zubekommen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Kämmerling. Sie haben vielleicht gesehen, dass uns noch eine Kurzintervention angemeldet wurde. Für die AfD hat sich Herr Beckamp gemeldet; er hat die Kurzintervention angemeldet. – Drücken Sie bitte den Knopf Ihres Mikrofons, dann können Sie Ihre 1:30 Minuten nutzen. Bitte schön.
Vielen Dank, Herr Vorsitzender. – Herr Kämmerling, wie soll ich es Ihnen sagen? Sie haben eben recht ausgeschmückt dargestellt, dass die Ministerin auf einem Kongress eine Schallplatte von Heino erhalten hat. Auf dieser Schallplatte war auch das Lied „Wenn alle untreu werden“. Das war Teil eines SS-Liederbuches. Das haben Sie sehr bemängelt. Ich muss sagen, die Ministerin – gegen dieses Lob kann sie sich jetzt nicht wehren – ist sehr souverän damit umgegangen, hat nämlich daraus keinen Popanz gemacht.
Herr Kämmerling, Sie sind Mitglied einer Partei, die, glaube ich, bei jedem Parteitag das Lied „Wenn wir schreiten Seit‘ an Seit‘„ singt. Ist das richtig? Dieses Lied „Wenn wir schreiten Seit‘ an Seit‘„ stand im Liederbuch „Blut und Ehre“ von Baldur von Schirach, dem Reichsjugendführer, das im Liederbuch der NSDAP, im Liederbuch der SA und der NSFrauenschaft stand. Mit Verlaub, wie können Sie sich herausnehmen, andere damit zu konfrontieren? Seien Sie doch froh, dass solche Lieder diesen Zusammenhängen entwunden werden. Räumen Sie doch erst einmal bei sich auf!
Das war eine Kurzintervention, die auch eine Frage beinhaltete. Mit der Beantwortung dieser Frage möchte ich anfangen. Ihre Frage lautete, ob mir bewusst ist, dass in der SPD das Lied „Wenn wir schreiten Seit‘ an Seit‘„ gesungen würde. – Nein, das ist mir nicht bewusst. Das Lied heißt: „Wann wir schreiten Seit‘ an Seit‘„. Ich bitte, im Detail sauber zu bleiben.
(Beifall von der SPD – Andreas Keith [AfD]: Sie verwenden Nazi-Liedgut! – Weitere Zurufe von der AfD)
Ich will Ihnen nun etwas zu unserem Lied sagen; ich erkläre Ihnen das einmal. Das Lied „Wann wir schreiten Seit‘ an Seit‘„ nimmt die Situation einer Wanderfahrt auf und kritisiert negative Begleiterscheinungen von Industrialisierung für Arbeiter. Das Stück wird seit dem Jahre 1916 von SPD-Gliederungen gesungen, erstmals von einer Jugendorganisation innerhalb der Hamburger SPD. Ab 1933 wurde das Lied auch von den Nationalsozialisten missbraucht.
Es ergibt sich aber sowohl textlich als auch bezogen auf den Stellenwert im Dritten Reich eine klare Abstufung zu den Stücken, die wir im Zusammenhang mit der Heimat-Platte thematisiert haben.
Wollen Sie den Text von „Wann wir schreiten Seit‘ an Seit‘„ tatsächlich vergleichen mit dem, was ich jetzt von der Schallplatte zitiere?
„Wir wollen heute Mann für Mann mit Blut das Eisen röten, mit Henker- und mit Knechteblut, o süßer Tag der Rache! Das klinget allen Deutschen gut, das ist die große Sache.“
„Wir woll‘n das Wort nicht brechen und Buben werden gleich, woll‘n predigen und sprechen vom heil‘gen Deutschen Reich.“
(Beifall von der SPD – Andreas Keith [AfD]: Trennen Sie sich von NSDAP-Liedgut! Ganz schlimm! – Weitere Zurufe von der AfD)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist ja mal wieder ein Tagesordnungspunkt, der unser Land so richtig voranbringt, ist mein Gefühl.
Ich möchte zunächst zurückweisen, dass wir in diesem Parlament von „kleinen Leuten“ sprechen. Wir Freie Demokraten sprechen nicht von kleinen Leuten. Es sind unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger.