Protocol of the Session on December 20, 2017

(Zurufe von der FDP)

Ein weiterer Aspekt beim Ladenöffnungsgesetz ist Folgender: Sie wollten das Gesetz rechtssicher machen. Sie stellen jetzt aber fest: Es ist nicht rechtssicher. Weil Sie mutlos sind, werfen Sie diese Problematik den Kommunen wieder vor die Füße. Vielleicht können Sie es noch ändern? Herr Laschet, ich fordere Sie auf: Setzen Sie sie um! Die Kommunen haben Ihnen doch Vorschläge gemacht. Haben Sie mit Ihrer Landesregierung den Mut, wenn Sie diese Lösung wollen, das Gesetz so rechtssicher zu machen, dass es umgesetzt werden kann. Packen Sie es nicht den Kommunen auf die Schultern.

Meine Damen und Herren, dazu, dass Sie mutlos sind und den Kommunen Dinge vor die Füße werfen, werde ich gleich im Bereich Energie noch einiges sagen. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege Sundermann. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Rehbaum.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die wirtschaftliche Entwicklung in Nordrhein-Westfalen in den letzten Jahren war nicht zufriedenstellend. NRW ist Schlusslicht in wichtigen Feldern. Das reale Wirtschaftswachstum betrug zwischen 2008 und 2016 nur 4,5 %, während Deutschland ein Wachstum von 8,2 % verzeichnete.

Durch die rot-grüne Stillstandspolitik hat NordrheinWestfalen wertvolle Jahre verloren. Der Boom in weniger starken Regionen darf den Blick auf strukturelle Herausforderungen nicht verstellen. Fehlende Investitions- und Innovationsdynamik ist festzustellen. Es gibt eine unterdurchschnittliche FuE-Quote. Es gibt eine unterdurchschnittliche Investitionsquote. Es gibt ein unterdurchschnittliches Venture Capital Investment. Und es gibt zu wenig Technologietransfer und Ausgründungen trotz zahlreicher Hochschulen im Land. Nicht zuletzt gibt es eine inakzeptable Bürokratiebelastung für Wirtschaft und Verwaltung.

Die Folgen des rot-grünen Stillstands sind hohe regionale Arbeitslosigkeit, hohe Sozialkosten, niedrige Beschäftigung, zu geringes Steueraufkommen und eine wachsende Kinderarmut.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Im Münsterland zum Beispiel!)

Dass sich diese in sieben Jahren verschlechtert haben, liegt an der falschen Prioritätensetzung von RotGrün. Egal, was SPD-Minister Duin im Kabinett Kraft an sinnvollen Dingen für Wirtschaft und Arbeitsplätze vorhatte, er konnte sich sicher sein, dass ihm ein grüner Minister Stöcke in die Speichen steckte.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Abhilfe konnte hier nur noch ein kompletter Regierungswechsel schaffen, und genau dafür haben die Wählerinnen und Wähler gesorgt.

Schon offenbart sich der große Unterschied zwischen uns und Ihnen. In der NRW-Koalition kommen Wirtschaft und Soziales, Umwelt und Klimaschutz in ein gesundes Gleichgewicht. Bei Rot-Grün dagegen saß der Wirtschaftsminister immer nur am Katzentisch.

Der Haushaltsplan für 2018 ist durchweg positiv: 16 % mehr Mittel im Haushalt des Wirtschaftsministeriums sind ein Signal, dass wir es mit einer Politik für Wachstum und Arbeitsplätze ernst meinen. 8 Millionen € mehr Förderung für das Handwerk, 80 Millionen € für die regionale Wirtschaftsstruktur, 2,4 Milliarden € EFRE-Mittel, die bis 2020 durchgeleitet werden, Mittel für den Forschungstransfer, 25 Millionen € für die Start-up-Förderung und die Stärkung der Industrie.

An dieser Stelle sei gesagt, kurzfristig gilt es, eine etwaige Fusion von thyssenkrupp und Tata bestmöglich für Mitarbeiter und NRW-Standorte zu gestalten. Wenn Minister Pinkwart, lang angekündigt, zum Stahlgipfel einlädt, kann dieser nur gelingen, wenn auch alle teilnehmen – nicht nur Politik und Unternehmen, sondern natürlich auch die Gewerkschaften.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Gleichzeitig müssen wir uns in einer solchen Runde intensiv um die Zukunft der Stahlerzeugung in Nordrhein-Westfalen kümmern. Hierzu nur ein Stichwort: die klimaneutrale Stahlerzeugung, wie sie in Schweden schon betrieben werden kann.

(Horst Becker [GRÜNE]: Davon seid ihr noch meilenweit entfernt!)

Neben klugen Anreizen und unkomplizierten Fördergeldern setzt die NRW-Koalition auch auf Maßnahmen, die kein Geld kosten, aber große Wirkung für die Befreiung der Wirtschaft von ideologischen Fesseln haben.

Vor allem ist das der Bürokratieabbau. Wir nehmen den Unternehmen Steine aus dem Rucksack, damit sie im Wettbewerb die Nase vorn haben.

(Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

Dazu kommt ein LEP mit Anreizen für Arbeitsplätze und den Erhalt von industriellen Wertschöpfungsketten im Land, mehr Kompetenzen für die Entscheidungsträger vor Ort,

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

eine flexiblere Flächenausweisung und Bevorratung vor Ort, wo der Bedarf besteht, und weniger Flächenverbrauch für Ausgleichsmaßnahmen.

(Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

Die NRW-Koalition räumt den Weg frei, damit Unternehmen erfolgreich arbeiten und Jobs schaffen können. Die NRW-Koalition hat einen klaren Kompass – die soziale Marktwirtschaft,

(Zuruf von Michael Hübner [SPD])

ausgewogene Politik für Arbeitnehmer und Unternehmer mit Innovationskraft und Respekt für die Zugpferde unserer Wirtschaft, mit Wohlstandsmehrung und sozialer Verantwortung. Das Unfairste, was man Menschen antun kann, liebe SPD, ist chronische Untätigkeit bei verfestigter Arbeitslosigkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir von der CDU-Fraktion sind der Meinung: Sozial ist, was Arbeitsplätze schafft. – Und da hat Rot-Grün kläglich versagt.

(Sarah Philipp [SPD]: Unglaublich! – Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN: Och!)

Der vorliegende Wirtschaftshaushalt ist ein wichtiger Baustein für den Aufbruch in NRW, damit Unternehmer in Nordrhein-Westfalen wieder Spaß an der Arbeit finden und Arbeitsplätze schaffen können. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Rehbaum. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Becker.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Manche Wirtschaftswissenschaftler weisen darauf hin, dass Wirtschaftspolitik zu 50 % aus Psychologie besteht. Aber selbst wenn man diesem Leitsatz folgen würde, wären es immer noch 50 % harte Fakten, und zu harten Fakten gehören in der Wirtschaftspolitik jedenfalls nach unserer Ansicht auch kluge staatliche Interventionen und nicht nur das Reden von Innovationen.

Schauen wir uns die Fakten nach einem halben Jahr an, und ein halbes Jahr ist immerhin schon 10 % der Regierungszeit: Es vergeht keine Woche ohne Vorlesungen des Wirtschaftsministers über Start-ups und Innovationen. Der Ministerpräsident selbst lässt keine Sonntagsrede aus, um in NRW über die ach so wichtigen industriellen Kerne und Arbeitsplätze zu räsonieren,

(Zuruf von der CDU: Finden Sie die nicht wich- tig?)

ist aber gleichzeitig dauernd auf dem Weg nach Berlin und verwechselt auf dem Weg dahin offensichtlich Industriearbeitsplätze zunehmend mit Braunkohletagebau. Währenddessen droht hier in NRW gerade

der Ausverkauf, Herr Ministerpräsident, genau der industriellen Wertschöpfungen, über die Sie in Sonntagsreden so gerne sprechen.

Thyssenkrupp plant ein für Standorte und Arbeitnehmer hochriskantes Joint Venture in seiner Stahlsparte. General Electric will die Fertigung in Mönchengladbach schließen, Goodrich Control Systems den Standort in Neuss, und Siemens plant in Mülheim Stellenabbau.

Nehmen wir mal das Beispiel Siemens und vergleichen wir Ihre Tätigkeiten mit denen anderer Ministerpräsidenten. Während die Ministerpräsidenten anderer Länder sich für den Erhalt ihrer Standorte und Arbeitsplätze einsetzen, egal, ob es Herr Bouffier ist, Herr Ramelow, Herr Müller oder vor Kurzem auch noch Herr Tillich, äußert der NRW-Wirtschaftsminister Verständnis für Siemens.

Ich zitiere ihn aus der „NRZ“ vom 17. November 2017:

„Die Entscheidungen bedeuten für die Betroffenen harte Einschnitte, aber das Bemühen um Wettbewerbsfähigkeit ist grundsätzlich im Sinne der Mitarbeiter und des Industriestandortes NRW. Die Verantwortung hierfür liegt beim Unternehmen.“

Herr Pinkwart, ähnlich banal haben Sie sich übrigens auch zu thyssenkrupp geäußert. Das ist eben kein Einzelfall. Diese Zurückhaltung hat ideologische Gründe, und wir waren hier in NRW in der Vergangenheit einen anderen Einsatz von unseren Wirtschaftsministern gewohnt.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Bei all dem frage ich mich und fragt sich auch die Öffentlichkeit zunehmend: Wo ist eigentlich der Ministerpräsident? Was sagt eigentlich Herr Laschet dazu, dass die IG Metall inzwischen gegen diese Untätigkeit protestiert und aus Protest die Teilnahme am Stahlgipfel abgesagt hat? Und was sagt Herr Laschet dazu, dass der Minister selber den Stahlgipfel absagen musste und abgesagt hat und es erst im nächsten Jahr dazu kommt?

Meine Damen und Herren, wenn die letzte Landesregierung sich so ein Vorgehen geleistet hätte, hätte Herr Laschet hier am Pult gestanden und Zeter und Mordio geschrien, und heute schaut er zu, wie sein Wirtschaftsminister in all diesen Angelegenheiten nichts unternimmt.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Unsere Aufforderung an Sie lautet: Kommen Sie endlich in der Wirklichkeit an, beschäftigen Sie sich mit den praktischen Fragen und hören Sie mit Ihren ideologisch-rhetorischen Oppositionsspielchen auf.

Wenn Sie schon Ihre Entfesselungsfantasien ausleben, dann sprechen Sie mit Siemens über die

Sprengkraft eines entfesselten Kapitalismus, in dem Firmen Milliardengewinne machen, neue Milliardenaufträge abschließen, die Firmenchefs von ethischen Grundsätzen reden, während gleichzeitig Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer freigesetzt werden sollen. Von diesem Wirtschaftsminister erwarten wir keine Intervention, von Ihnen, Herr Ministerpräsident, hätten wir sie erwartet.