Neben guten Rahmenbedingungen, um neue Jobs zu schaffen und bestehende zu erhalten, müssen vor allem die rund 290.000 Menschen in den Blick genommen werden, die trotz der über Jahre anhaltenden sehr guten Situation am Arbeitsmarkt weiterhin keine Beschäftigung finden konnten. Die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit ist daher eine der elementaren Aufgaben der NRW-Koalition in dieser Legislaturperiode.
Die Gründe für die mangelnde Teilhabe am Arbeitsmarkt sind vielfältig: Eine fehlende Ausbildung, gesundheitliche oder psychische Probleme, mangelnde Deutschkenntnisse, Verschuldung oder die Verantwortung für Kleinkinder erschweren Langzeitarbeitslosen den Weg in den ersten Arbeitsmarkt.
Langzeitarbeitslosigkeit von Eltern hat gravierende Folgen für die spätere Berufsbiografie der Kinder. Hier ist es wichtig, dass die Eltern einem geregelten Tagesablauf nachgehen, um ihren Kindern ein Vorbild zu sein.
Die eine große Lösung wird es leider nicht geben. Vielmehr ist es nötig, die bestehenden Angebote und Maßnahmen gezielt anzupassen und zu erweitern. Deshalb müssen die Strukturen und die Rahmenbedingungen der Arbeitsvermittlung in den Blick genommen werden. Menschen mit multiplen Vermittlungshemmnissen brauchen häufiger mehrjährige und stringent aufeinander aufbauende Maßnahmen, um den Weg in den ersten Arbeitsmarkt zu finden. Die derzeitige Finanzierungskulisse steht dieser Erkenntnis oft im Wege.
Deshalb wollen wir uns auf Bundesebene dafür einsetzen, dass die Jobcenter gerade für längerfristig angelegte Maßnahmen Planungssicherheit in den überjährigen Mittelzuweisungen bekommen.
Als kommunaler Geschäftsführer eines Jobcenters in Düsseldorf habe ich oftmals miterlebt, dass der Weg in den ersten Arbeitsmarkt bei Menschen, die schon länger arbeitslos sind, selten gerade, vielmehr häufig über Kurven und Umwege erfolgte. Es ist nicht die eine Maßnahme, die den Durchbruch ermöglicht, sondern oft sind der Rückkehr in den ersten Arbeitsmarkt viele kleine Zwischenerfolge vorangegangen. Die Leistungsbeurteilungen in den Jobcentern müssen diese Erkenntnis stärker widerspiegeln. Wir fordern, dass erreichte Zwischenziele – zum Beispiel Teilqualifizierung, aber auch eine Suchttherapie – eine höhere Bedeutung bei der Zielsteuerung in den Jobcentern bekommen.
Im Blick behalten müssen wir dabei vor allem die Personengruppen, die einer besonderen Betreuung bedürfen, und für die die allgemeinen Maßnahmen nicht passgenau sind. Insbesondere ist hier die
Wichtig ist uns aber vor allem, dass die Menschen nahe am ersten Arbeitsmarkt ausgebildet werden. Wir unterstützen den Aufbau von mittelfristig geförderten Beschäftigungsprogrammen für Langzeitarbeitslose, die zum Beispiel über Lohnkostenzuschüsse die Vermittlung arbeitsnaher Beschäftigung ermöglichen.
Die geschaffenen Beschäftigungsmöglichkeiten dürfen aber zu keiner Verdrängung bei den sozialversicherungspflichtigen Jobs führen. Der direkte Kontakt zum regulären Arbeitsmarkt und die Einbindung in die Betriebe sollen schrittweise die Integrationsfähigkeit in den ersten Arbeitsmarkt erhöhen. Dabei sollen den Vermittelnden und ihren Arbeitgebern flankierende Leistungen wie Beratung und Coaching zur Verfügung stehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben eine Menge zu tun, aber wir machen es für die Zukunft unserer Bürgerinnen und Bürger und vor allem für die zukünftigen Generationen. Ich freue mich auf spannende Diskussionen im Ausschuss und hoffe, dass wir, auch wenn wir politisch andere Wege gehen, im Interesse der langzeitarbeitslosen Bürgerinnen und Bürger in NRW zu einem guten Ergebnis finden. Packen wir es jetzt an, die Langzeitarbeitslosigkeit in unserem Land wirksam zu reduzieren. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schmitz. – Für die weitere antragstellende Fraktion der FDP hat der Abgeordnete Lenzen das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in den letzten Jahren bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit viel erreicht. Wir erinnern uns an den Höchststand von 2005 mit fast 5 Millionen Arbeitslosen. Bei den neuesten Zahlen liegen wir bei unter 2,4 Millionen, was einer Halbierung gleicht. Wir erleben – das haben wir bei meinem Vorredner auch schon gehört – Rekordzahlen bei der Beschäftigung sowohl in Deutschland als auch in NRW.
Es gehört aber zur Ehrlichkeit dazu, zu sagen, dass dies ohne die Arbeitsmarktreformen der Agenda 2010 und die dadurch erhöhte Flexibilität des deutschen Arbeitsmarktes kaum möglich gewesen wäre.
Die Daten der Bundesagentur für Arbeit zeigen, dass beispielsweise die Zeitarbeit eine Einstiegsmöglichkeit gerade für die Arbeitslosen mit geringen Qualifi
kationen bietet und diese Arbeitslosen durch die flexible Beschäftigung eine Chance auf unserem Arbeitsmarkt erhalten.
Jedoch hat die Politik der Großen Koalition in Berlin aus unserer Sicht in den letzten Jahren zu einer Gegenbewegung geführt. Statt den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern, steht dort mehr und mehr der Kampf gegen einen vermeintlichen Missbrauch von Arbeitsmarktinstrumenten wie der Zeitarbeit im Fokus. Diese Fehlentscheidungen in der Arbeitsmarktpolitik werden im Falle einer nachlassenden Konjunktur oder gar einer Rezession die schwächsten Arbeitnehmer umso härter treffen.
Zu den Schwächsten am Arbeitsmarkt zählen unter anderem die Langzeitarbeitslosen. Zwar ist auch die Langzeitarbeitslosigkeit infolge der Belebung des Arbeitsmarktes durch die Agenda-Reformen zunächst zurückgegangen, jedoch können wir seit 2009 beobachten, dass die Zahl relativ konstant bleibt. Wir haben also einen verfestigten Kern, der stehenbleibt.
Davon ist gerade Nordrhein-Westfalen besonders hart betroffen; denn in kaum einem anderen Bundesland gibt es so viele Langzeitarbeitslose wie in NRW. Es sind allein bei uns nicht nur knapp 290.000 Personen, sondern das macht auch fast 42 % aus, also einer der höchsten Anteile im Vergleich zu allen anderen Bundesländern. Demnach lebt jeder dritte Langzeitarbeitslose in Deutschland in unserem Bundesland. Diese hohe verfestigte strukturelle Arbeitslosigkeit ist eine Folge der verfehlten Politik der seit Mai abgewählten rot-grünen Landesregierung.
Zum Aufstiegsversprechen der sozialen Marktwirtschaft zählt auch, dass wir Chancen brauchen auf eine wirkliche Teilhabe auf und am Arbeitsmarkt. Wir müssen natürlich den Ursachen begegnen. Wir dürfen Langzeitarbeitslosigkeit erst gar nicht entstehen lassen. Das heißt, wir müssen den Schwerpunkt auf Ausbildung und Qualifizierung legen, mit Instrumenten wie modularen Ausbildungen und einer verstärkten Förderung von Weiterbildung, um mehr Menschen eine Perspektive zur Qualifizierung zu eröffnen.
Ebenso müssen wir diejenigen, die eigene Anstrengungen unternehmen, auf ihrem Weg unterstützen. Das muss sich für sie lohnen. Deswegen müssen wir auch die Freibeträge und Anrechnungssätze für eigenes Einkommen im SGB II neu gestalten, sodass die Menschen selbst Schritt für Schritt aus eigener Kraft die Bedürftigkeit verlassen können und in Zukunft wieder auf eigenen Beinen stehen können.
Heute lohnt es sich kaum noch, eine Stunde mehr zu arbeiten, in der Annahme, man könnte dann mehr verdienen; denn nichts davon bleibt übrig. Es muss insbesondere attraktiver werden, vom Mini- in den
Midijob zu wechseln und dort auch die Stundenzahl sukzessive auszuweiten. Deshalb brauchen wir eine gezielte Verbesserung der Hinzuverdienstgrenzen als einen zentralen Hebel zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit.
Zur Integration der Langzeitarbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt gehört auch, dass wir uns an die Menschen wenden, die aufgrund vielfältiger Vermittlungshemmnisse noch nirgendwo angekommen sind; bei denen wir es also noch nicht geschafft haben, sie mit den bestehenden Instrumenten in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Sie sind faktisch abgekoppelt.
Dort setzen wir auf eine marktnahe Förderung von Beschäftigung, die zusammen mit Betrieben auf dem ersten Arbeitsmarkt organisiert wird. Wir wollen eben keinen auf Dauer angelegten sozialen Arbeitsmarkt fern von der Realität betrieblicher Abläufe.
Wir brauchen eine verlässliche Finanzierung, bei der bereits vorhandene Mittel vom Bund und von den Kommunen für passive Transferzahlungen gebündelt werden, sodass wir sie zur aktiven Förderung von Beschäftigung nutzen können. Diese Mittel können wir bei einer geminderten Produktivität der Betroffenen einsetzen und so auch wieder den Einstieg in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ermöglichen. Für diesen Passiv-Aktiv-Transfer müssen wir auf Bundesebene die notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen, um so einen substanziellen Beitrag zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit zu leisten.
Unser Land wird sich beim Bund dafür einsetzen. Ich freue mich auf die weiteren Beratungen im Ausschuss. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lenzen. – Für die Fraktion der SPD hat Herr Abgeordneter Neumann das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Arbeit zu haben – das bedeutet nicht nur, Einkommen zu erzielen, sondern Arbeit ist ein wesentlicher Faktor zu einer vollwertigen Teilhabe an der Gesellschaft. Arbeit ist ein wichtiger Faktor für das Selbstwertgefühl jedes einzelnen Menschen.
Um nicht die Arbeitslosigkeit, sondern die Arbeit zu finanzieren, brauchen wir die Passiv-Aktiv-Transferfinanzierung gegen Langzeitarbeitslosigkeit. Als ich dies seinerzeit im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales vorgetragen habe, Herr Lenzen, haben Sie noch mit allen Mitteln dagegengesprochen und gemeint, das Einzige, was diesen Menschen helfen
Deshalb freue ich mich, dass Sie heute als Mitterechts-Regierung diesen Antrag stellen, zeigt er doch, dass Sie bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit einem enormen Lernprozess unterlegen sind.
Vielleicht waren Sie ja ein bisschen berauscht von den Jamaika-Sondierungen, in der Hoffnung, dass dort alles schnell umgesetzt würde. Nun ist der Kater eingetreten, und Sie müssen hier wieder sagen: Das muss jetzt doch noch der Bund regeln.
All das, was Sie uns jahrelang vorgeworfen haben, haben Sie heute hier vorgetragen. Aber das lege ich zur Seite.
Wir sind uns wohl darüber im Klaren, dass wir es ohne zusätzliche finanzielle Mittel bei der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit, indem wir die Arbeit finanzieren, nicht schaffen werden, die 300.000 Menschen in Arbeit zu bringen.
Wir setzen nach wie vor auf die Wohlfahrtspflege und die Kirchen, die die Menschen in diesem Prozess begleiten und entsprechende Angebote schaffen.
Wir setzen auf die Agentur für Arbeit und die Jobcenter, die seit Jahren in diesem Bereich Hervorragendes leisten.
Ja, wir setzen hier auf die Wirtschaft, das Handwerk und alle Handelnden, die mit Mut und mit der Möglichkeit, Zugang zu verschaffen und diese Langzeitarbeitslosigkeit zu bekämpfen, versuchen, die Menschen auf den Weg zu bringen und ihnen zu helfen.
Und wir setzen auf Gewerkschaften und Betriebsräte, die dieses gemeinsam mit den Arbeitgebern in den Betrieben ermöglichen können, wenn alle Beteiligten es wollen.
Ich bin froh, dass das eben von den Vorrednern vorgetragen wurde: Wir sprechen über eine Gruppe, die viele Vermittlungshemmnisse hat. Wir wissen, eine Vermittlung ist schwierig, und das Allheilmittel des ersten Arbeitsmarktes wird hier nicht einfach greifen.
Deshalb brauchen wir unterschiedliche Instrumentarien. Wir müssen auf bewährte Partnerinnen und Partner setzen, und wir müssen schrittweise je nach Einzelfall versuchen, den Übergang in den ersten Arbeitsmarkt hinzubekommen. Das wird nicht mit der