Frau Ministerin Pfeiffer-Poensgen ist mit der Landesrektorenkonferenz bereits in einem engen Austausch. Aber wir wollen, dass noch vor den Ferien ein kleines Stück Normalität, ein kleines Stück Präsenz auch an den Hochschulen unseres Landes wieder möglich wird.
Der zweite Schwerpunkt sind die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Viele Träger sind in den vergangenen Monaten neue Wege gegangen und haben digitale Möglichkeiten genutzt. Sie haben vielfach Feuerwehr gespielt, um an anderen Stellen Ausfälle zu kompensieren. Sie haben Kinder unterstützt, für die Lernen in Distanz und in engen Wohnverhältnissen eine zu große Herausforderung war. Auch hier gilt: Der persönliche Kontakt ist wichtig.
Gerade erst ist auf dem gestern gestarteten digitalen Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag noch einmal deutlich geworden, dass vor allem für Kinder und Jugendliche mit besonderem Unterstützungsbedarf und aus bildungsfernen Elternhäusern die Angebote der Kinder- und Jugendhilfe extrem wichtig sind.
Deshalb geben wir heute eine klare Perspektive über weitgehende Öffnungen ab dem 29. Mai, damit sich die Einrichtungen auch darauf vorbereiten können.
Das gilt auch für Ferienangebote. Kinder konnten in Ferienangeboten im letzten Jahr durchatmen. Eltern wurden so bei ihrer Betreuung entlastet. Wir wollen auch in diesem Jahr wieder Kinder- und Jugendferienreisen ermöglichen.
Das Neustart-Programm – das ist der dritte Punkt – ist in Zusammenarbeit mit dem Bund vorbereitet worden. Das Land wird über die Mittel des Bundes hinaus 250 Millionen Euro selbst hinzugeben, also die Bundesmittel verdoppeln. Sobald das Bundesprogramm feststeht, werden wir die genaue Ausgestaltung unseres Neustart-Programms festlegen. Wo nötig, werden wir zusätzliche Angebot schaffen.
Auch hier sage ich: Wir haben mit dem Rettungsschirm Milliarden bewegt. Wir haben in der Vergangenheit und in der Gegenwart geholfen. Aber dieser Rettungsschirm steht auch Kindern und Jugendlichen zu. Insofern werden wir auch aus diesem Rettungsschirm für diese Aufgabe der Zukunft Gelder für Kinder und Jugendliche bereitstellen. Es muss im Gleichgewicht sein.
Dann hören wir, dass die Berufsausbildung mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Viele Jugendliche nehmen keine Ausbildungsangebote an; denn sie trauen sich das zum Teil nicht zu, weil sie zum Teil keine Berufspraktika machen konnten und überhaupt keine Beziehung zu den Berufen haben.
Deshalb wird dieser Sommer ein Sommer der Berufsausbildung werden. Wir werden in dieser wichtigen Orientierungsphase Coachings für den Übergang in Ausbildung unterstützen. Die Verantwortlichen in den Kammern, der Arbeitsverwaltung, den Kommunen und den beteiligten Ressorts planen bereits jetzt konzertierte Maßnahmen, um in Kontakt mit unversorgten Jugendlichen und ihren Eltern zu kommen. Angedacht sind Berufserkundungstage, Praktika, Speeddatings mit Betrieben und intensivierte Betreuungsangebote. Wir werden dieses Paket mit den Sozialpartnern im Rahmen des Spitzengesprächs zum Ausbildungskonsens am 9. Juni auf den Weg bringen.
Bei den Hochschulen ist klar, dass der Start des Diskurses und des gemeinsamen Lernens vor Ort für das Leben der Studierenden auch persönlichkeitsbildende Erfahrungen mit sich bringt.
Das bringt mich zum vierten und letzten Punkt, dem Impfen. Für Präsenz in Ausbildung und Studium im Herbst muss über den Sommer die Impfung aller impfwilligen jungen Menschen sichergestellt werden. Hier sagen mir Betriebsärzte und Hausärzte dieses und jenes. Aber die Lebenspraxis ist – das schildern mir jedenfalls junge Leute, und ich erinnere mich auch an mich selbst –: Du hast als Student nicht unbedingt einen Hausarzt. Wenn du selten krank bist, denkst du über diese Frage seltener nach. – Vor diesem Hintergrund haben mir Studierendenwerke und andere geschrieben: Organisiert auch etwas für diejenigen, die nicht im Betrieb sind, die keinen Hausarzt haben und die nicht alt und vulnerabel sind.
Deshalb werden unsere Impfzentren weiter benötigt, auch bis zum September. Wir werden in den Impfzentren auch für genau diese Gruppe, die sonst vielleicht nicht den Ort findet, wo sie denn eine Impfung erhalten kann, so bald wie möglich ein Impfangebot starten.
Die EMA, die Europäische Arzneimittel-Agentur, prüft derzeit die Zulassung eines Impfstoffes von BioNTech für junge Menschen ab zwölf Jahren. Ich habe diese Woche auch mit der Präsidentin der Europäischen Kommission über diese Frage gesprochen. Wir brauchen sehr bald diese Entscheidung. Wir brauchen dann auch eine Beschaffung, die garantiert, dass so viel Impfstoff da ist, dass auch die über Zwölfjährigen ihn in Anspruch nehmen können. Wahrscheinlich erfolgt die Zulassung noch im Monat Mai. Unser Ziel ist es dann, den betreffenden Jahrgängen so schnell wie möglich ein erstes Impfangebot zu unterbreiten.
Wir werden in der nächsten Woche noch einmal mit der Bundeskanzlerin zu einer Ministerpräsidentenkonferenz zusammenkommen. Da wird das Impfen auf der Tagesordnung stehen. Wir werden aus Nordrhein-Westfalen vor allem auf das Impfen von Kindern und Jugendlichen einen Schwerpunkt setzen.
Denn es ist bereits jetzt vereinbart, dass der Impfstoff, den wir für die 12-bis 16-Jährigen brauchen, zusätzlich zur Verfügung gestellt wird. Ich werde darauf drängen, dass die Länder, in denen die Schulferien zuerst beginnen, auch die ersten sind, die diesen Impfstoff erhalten, damit möglichst viele Kinder noch vor den Ferien geimpft werden können.
Es geht darum, Kindern und Jugendlichen Bildungs- und Zukunftschancen zurückzugeben. Wir dürfen nicht von einer „verlorenen Generation“ reden. Manche haben ja Spaß – auch medial –, darüber zu philosophieren und solche Begriffe wie „verlorene Generation“ zu erfinden. Es waren für viele verlorene Monate, aber wir – die Landesregierung und ich per
sönlich – wollen alles tun, dass diese Monate eben nicht zu einer verlorenen Generation führen, sondern zu einer Generation, die eine prägende Erfahrung gemacht hat.
Meine letzte Bitte: Wir haben am Anfang viel Solidarität der Jüngeren mit den Älteren erlebt – wie etwa Einkaufshilfen für Ältere, die nicht in die Einkaufszentren wollten. Da haben sich im ganzen Land Millionen junge Leute bereit erklärt, Solidarität zu leisten. Wir brauchen jetzt eine Solidarität der Alten mit den Jungen. Da kann jeder mithelfen: Die Geimpften, die Geschützten können sich Zeit für Kinder und Jugendliche nehmen. Sie können sich – wie das heute schon vielerorts üblich ist – ehrenamtlich engagieren und Nachhilfe geben, für Bewegung sorgen, vorlesen oder in anderer Art und Weise Zeit und Zuwendung geben. Denn aus Verzicht in der Vergangenheit darf kein Mangel in der Zukunft werden. Das ist unsere gemeinsame Verantwortung. Besonders die Älteren sollten sich jetzt den Jungen widmen. Dann sind wir eine Gesellschaft, die diese Pandemie gemeinsam bewältigt hat. – Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Ministerpräsident Laschet. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Abgeordneten Kutschaty das Wort – allerdings auch schon mit dem Hinweis versehen, dass die Landesregierung die eingeplante Redezeit um 9 Minuten 29 Sekunden überzogen hat. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter Kutschaty.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir sind jetzt im 15. Monat der Pandemie. Seit 15 Monaten leben wir in einem Ausnahmezustand. Das hat länger gedauert, als wir zu Beginn gehofft haben. Doch hat sich jetzt etwas spürbar grundlegend verändert: Die Infektionszahlen sinken, die Zahl der Testungen und die Zahl der Impfungen steigen deutlich. Das Ende der Pandemie ist in Sicht und wir haben durchaus Grund zu Optimismus. Aber, wo es Optimismus gibt, da ist auch sein gefährlicher Doppelgänger nicht weit. Das ist der Leichtsinn. Optimismus und Leichtsinn fühlen sich zum Verwechseln ähnlich an, aber die Verwechslung kann tödlich sein – im wahrsten Sinne des Wortes.
Wenn wir jetzt über weitere Öffnungen und Lockerungen sprechen und diese auch möglich werden, dann ist das nur möglich, weil sich die Menschen in unserem Land seit einigen Wochen an die verschärften Regeln gehalten haben – zum Teil schon, als diese Regeln noch gar nicht in Kraft waren und wir
im politischen Raum noch darüber diskutiert haben, ob diese Regeln denn überhaupt sinnvoll und notwendig sind. Das zeugt von Vernunft, von Verantwortungsbewusstsein und von Solidarität. Genau das sind die Kräfte, die uns mächtiger als das Virus machen. Deswegen gilt auch weiterhin die Losung: dem Leichtsinn keine Chance! Nur mit Vernunft und Solidarität besiegen wir die Pandemie. Ich sage ein herzliches Dankeschön an all diejenigen, die sich in den letzten Monaten unter harten Bedingungen an diese Regeln gehalten haben, meine Damen und Herren.
Die Coronapandemie ist die schlimmste ihrer Art seit der Spanischen Grippe vor 100 Jahren. Sie hat viel Leid über unser Land gebracht. Aber es ist uns auch gelungen, viel Leid zu verhindern. Die Anzahl der Verstorbenen ist nicht so hoch wie am Anfang der Pandemie befürchtet. Trotz des Wirtschaftseinbruchs gibt es in Deutschland dank Kurzarbeitergeldregelungen keine Massenarbeitslosigkeit. Andere Länder sind davon viel, viel stärker betroffen als Deutschland.
Es wurde in Deutschland also viel richtig gemacht – und zwar von allen, die im Bund, in den Ländern und in den Kommunen Verantwortung tragen. Bei aller berechtigten Kritik: Das, meine Damen und Herren, verdient Anerkennung.
Trotzdem gibt es im Augenblick eine Situation, in der tatsächlich auch eine große Unzufriedenheit mit politischen Akteuren und mit politisch Handelnden herrscht. Dass das der Fall ist, hat unter anderem damit zu tun, dass die größte Regierungspartei im Bund mit den Maskendeals bis zum Hals in einem Korruptionssumpf steckt und sie es bisher nicht geschafft hat, dort wieder herauszukommen.
Auch in Nordrhein-Westfalen hat die Tochter einer CSU-Größe FFP2-Masken für 9,90 Euro pro Stück vermittelt und verkauft. Bei diesen Geschäften hat sie insgesamt über 30 Millionen Euro Provision verdient. Diese Landesregierung hat Schutzkittel für 50 Millionen Euro gekauft, die keinen Schutz bieten. Die Krönung ist, dass unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten jetzt jeweils 31 Stoffmasken bestellt und gekauft bekommen haben. Die sind zwar flächendeckend so gut wie nirgendwo mehr zulässig und erlaubt, aber es standen ganz offensichtlich andere Aspekte im Vordergrund, diese Masken anzuschaffen.
Der Landesrechnungshof – das ist vom Ministerpräsidenten gerade schon angesprochen worden – hat nicht umsonst gleich viermal schriftlich erklärt, dass diese Landesregierung zu wenig gegen Korruption im Vergaberecht tut. Vier Stellungnahmen des Landesrechnungshofs – und die Landesregierung hat nicht einmal geantwortet. Das ist bezeichnend. Aber
das Schlimmste ist: Den Schaden tragen nicht nur Sie, den Schaden tragen wir alle. Den Schaden trägt die gesamte Demokratie. Klären Sie das endlich auf!
Alle Erfolge bei der Pandemiebekämpfung, die auch gerade noch einmal zur Sprache gekommen sind, sind für die Opfer und Geschädigten gewiss kein Trost. Menschen sind gestorben und Existenzen sind bedroht. Deshalb ist es umso wichtiger – auch aus den Erfahrungen der letzten 15 Monate –, die richtigen Schlüsse für die nächsten Monate zu ziehen. Wir müssen für die Zukunft aus unseren Erfolgen, aber auch genauso aus unseren Misserfolgen lernen.
Die erste und wichtigste Lektion, die wir endlich begreifen müssen, lautet: Je härter und schneller wir das Virus eindämmen, desto schneller bekommen die Bürgerinnen und Bürger ihre Freiheitsrechte zurück und desto schneller und eher kann die Wirtschaft wieder wachsen. Deswegen hat mich manche Debatte in den letzten Monaten doch sehr gestört. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, das heute auch einmal zum Ausdruck zu bringen.
Es gibt nach meiner festen Überzeugung keinen Zielkonflikt zwischen dem Gesundheitsschutz und der Freiheit. Man muss sich nicht zwischen beiden Zielen entscheiden. Ich finde, man darf sich gar nicht entscheiden. Wer das Virus bekämpft, der kämpft für unsere Freiheit. COVID-Bekämpfer sind Freiheitskämpfer. Schnelligkeit und Entschlossenheit retten Leben. Schnelligkeit und Entschlossenheit schützen Freiheit und sichern Arbeitsplätze. Das ist die erste wichtige Lektion aus den Erfahrungen der letzten 15 Monate.
Gleichwohl: Wer schnell und entschlossen handelt, der macht auch Fehler. Fehler sind unvermeidlich und deshalb sind sie auch entschuldbar. Unentschuldbar ist hingegen, aus Angst oder taktischem Kalkül gar nichts zu tun, obwohl Infektionszahlen nach oben schnellen und die Gefahr für Kinder, Jugendliche, Familien und Beschäftigte immer größer wird. Unentschuldbar ist es, im Moment der Gefahr die Verantwortung zu scheuen und schwierige Entscheidungen auf andere abzuschieben. Die Bundesnotbremse war nur deshalb notwendig, weil unter anderem auch der Ministerpräsident von NordrheinWestfalen handlungsunfähig gewesen ist.
Herr Laschet, die Krise vor Ostern war auch ein Test Ihrer Führungsfähigkeiten. Sie haben diesen Test nicht bestanden. Als es darauf ankam, von unserem Land Schaden abzuwenden, haben Sie vor den Augen der ganzen Nation die Verantwortung gescheut. Es waren Angela Merkel und Olaf Scholz, die hier die Führung übernehmen mussten, weil Sie es nicht konnten.
Ich sage auch sehr deutlich: Wer so zögerlich, zaudernd handelt, der ist nicht tauglich zum Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, meine Damen und Herren.