Darüber hinaus werden wir 785 neue Planstellen zur Übernahme von Polizeianwärterinnen und -anwärtern sowie fast 100 neue Stellen für eine bessere Gewinnung und Ausbildung von qualifiziertem Personal schaffen. 2.760 junge Kommissaranwärterinnen und -anwärter können wir im Jahr 2021 einstellen. Das ist Ausdruck dessen, was wir hier seit 2017 sagen.
Der Dienst für unser aller Sicherheit bereitet uns in der heutigen Lebenswirklichkeit wahrlich nicht nur Freude. Wer seine Kraft dafür einsetzt, der verdient unser aller Dank und Anerkennung. Das gilt ganz besonders für die Polizistinnen und Polizisten in Nordrhein-Westfalen, die einen extrem fordernden Job täglich als Berufung annehmen und ausfüllen. Das darf in diesen Tagen nicht untergehen. Deshalb geht von diesem Haushalt die klare Botschaft aus: Wir als Landesregierung stehen gerade in diesen Zeiten hinter der Polizei in Nordrhein-Westfalen.
Schneller als von uns allen erwartet, stehen wir heute, im Herbst 2020, an einer grundsätzlichen finanzpolitischen Wegmarke für Nordrhein-Westfalen. Wir müssen uns entscheiden: Verlieren wir in dieser pandemiebedingten Krise unseren Mut, unsere Zuversicht und unseren Glauben daran, dass dieses Land zwischen Rhein und Weser seinen Weg zum Aufsteigerland aus eigener Kraft fortsetzen kann?
Für diesem Fall liegen die verstaubten Rezepte von vorgestern in den Schubladen, wahrscheinlich auch in diesem Haus. Dann würde der Staat das Ruder auf Dauer übernehmen, mit dauerhaft hohen Staatsquoten und ungedeckten Schecks auf die Zukunft, und das politische Düsseldorf würde dann wieder auf
Jahrzehnte hinaus bis ins kleinste Detail darüber bestimmen, welche Idee wo wie wann und von wem umzusetzen wäre. Das Ergebnis kennen wir in Nordrhein-Westfalen besser als andernorts. Schließlich zahlen wir alle zusammen in unserem Land immer noch etwa 2 Milliarden Euro Zinsen jährlich für die Folgen einer solchen mutlosen Politik, die den Menschen in Nordrhein-Westfalen weder mehr zutraute, noch mehr ermöglichte, sondern sie bestenfalls lieblos verwaltete.
Diese Betrachtung der Vergangenheit lehrt uns: Wir müssen eine mutvolle, klare Perspektive für die Menschen bieten, ihnen mehr zutrauen und ihnen mehr ermöglichen.
Oder um es mit den Worten von Thomas Alva Edison schöner zu sagen: Das Schöne an einem Fehler ist, man muss ihn nicht zweimal machen. – Deswegen werden wir diesen Fehler auch garantiert nicht wiederholen.
Nordrhein-Westfalen ist ein Land von Pionieren. Aufstieg klappte an Rhein, Ruhr und Lippe vor allem in den Gründerjahren, weil sich nach der Jahrhundertkrise des Zweiten Weltkriegs die Soziale Marktwirtschaft durchgesetzt hat.
Die Coronakrise geht nicht auf ein Versagen der Sozialen Marktwirtschaft zurück. Im Gegenteil: Gott sei Dank haben wir sie. Unsere in der Krise weltweit beneidete, effiziente, leistungsfähige Möglichkeit eines modernen Gesundheitssystems mit einem fair ausgestalteten gesetzlichen Pfeiler und einem innovativen marktwirtschaftlich verankerten privaten Pfeiler steht geradezu mustergültig dafür. Da, wo der Markt per se keine Lösungen bietet, ist ein klug handelnder und wirtschaftender Staat in der Pflicht.
Deshalb, um im Beispiel zu bleiben, werden wir das nordrhein-westfälische Gesundheitssystem mit einem eigenen Sonderprogramm im Umfang von 1 Milliarde Euro stärken, uns mit 270 Millionen Euro am „Zukunftsprogramm Krankenhäuser“ des Bundes beteiligen und mit dem neuen Haushaltsentwurf vorschlagen, auch die Universitätsmedizin mit 94 Millionen Euro zusätzlich auszubauen. Wann, wenn nicht in dieser Krise, wissen wir, dass das richtige Investitionen sind, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Aber – jetzt kommt das Aber – eine solche Politik kann langfristig nur gelingen, wenn wir den neuen haushaltspolitischen Kurs aus Maß und Mitte beibehalten. Konkret bedeutet das: jetzt Hilfe in der Not, aber ab 2023 Rückkehr zur haushaltpolitischen Normalität und ab 2024 Einstieg in die Tilgung des Rettungsschirms. Das sind unsere Ziele.
Das Festhalten an diesem stabilen haushaltspolitischen Grundgerüst folgt einer optimistischen Vision
für unser Land: ein Nordrhein-Westfalen, das stärker aus der Krise kommt – mit neuen Ideen, mit Innovationen und mit neuem Wachstum.
Und, meine Damen und Herren, nichts drückt diesen Pioniergeist so stark aus wie unsere Bewerbung darum, die Champions der ganzen Welt zur Universiade Rhein-Ruhr 2025 und zu den Olympischen Sommerspielen 2032 bei uns willkommen zu heißen. Im Haushalt 2021 stellen wir rund 12 Millionen Euro mehr für die Sportförderung zur Verfügung als in 2020. Das ist übrigens ganz unabhängig von der Olympiabewerbung eine gute Idee für ein zukunftsfittes Nordrhein-Westfalen. Aber zugegeben: Was wäre das für ein tolles Signal für unser Land, wenn das mit Olympia klappte!
Man kann das nicht voraussehen, aber hier halte ich es ausnahmsweise mal mit Bertolt Brecht; denn der hat gesagt:
Das gilt in einer Zeit ohne die gewohnte Routine erst recht. Deshalb, meine Damen und Herren: Verlieren wir nicht den Mut. Setzen wir weiter auf die Zukunft. Lassen Sie uns weiter gemeinsam am Aufsteigerland Nordrhein-Westfalen arbeiten. Deshalb lautet meine herzliche Bitte: Stimmen Sie am Ende interessanter Beratungen diesem Haushaltsentwurf 2021 zu.
Ich danke Herrn Finanzminister und eröffne die Aussprache. – Als erstem Redner erteile ich für die Fraktion der SPD dem Abgeordneten Kutschaty das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Das Oktober-Plenum ist eigentlich ganz schön spät für die Einbringung eines Landeshaushaltes. Normalerweise hätten wir diese Debatte viel früher geführt. Das haben wir aber nicht. Die Regierung hat uns erklärt, dass zunächst die Zahlen der Steuerschätzung abzuwarten sind. Das war zumindest die offizielle Begründung.
Ich habe mir den Haushaltsentwurf in den letzten Tagen angeschaut und erkannt, dass diese Begründung nur vorgeschoben war. In Wahrheit wollten Sie, sehr geehrter Herr Lienenkämper, den Menschen bis zur Kommunalwahl vortäuschen, dass das Land den Kommunen durch die Pandemie helfen würde. Doch dieser Haushaltsentwurf erfüllt genau das Gegenteil.
In Ihrem Kommunalwahlprogramm haben Sie noch versprochen: Wir entlasten die kommunale Familie. – Doch jetzt ist es nach der Wahl. Jetzt können Sie sich an dieses Versprechen ganz offensichtlich nicht mehr erinnern. Schlimmer noch: Jetzt haben Sie Ihr Wahlprogramm sogar von der Homepage gelöscht. Sie haben so große Angst, dass es sich jemand noch einmal anschauen könnte. So viel Angst haben Sie – gelöscht.
Doch ich bin im Besitz eines absoluten Hightechproduktes, nämlich eines Druckers, und habe mir Ihr Wahlprogramm am 4. August noch einmal ausgedruckt. Ich habe es gelesen, auch wenn es sehr dünn war; es ging sehr schnell.
Jetzt weiß ich aber: Sie brechen Ihr Wahlversprechen. Sie lassen die Kommunen mit diesem Haushaltsentwurf brutal im Regen stehen.
Wir wissen doch alle, dass die Kommunen in den nächsten Jahren erhebliche Einnahmeausfälle zu verzeichnen haben. Das können die Kommunen nicht alleine schultern.
Trotzdem sieht dieser Haushaltsentwurf keinen Cent an Vorsorge für die Kommunen vor. Im Gegenteil. Durch das Gemeindefinanzierungsgesetz, das bis heute übrigens noch nicht vorgelegt worden ist – auch eine sehr einmalige Entwicklung in diesem Land –, ist zu erwarten, dass die Kommunen im Rahmen des Finanzausgleichs noch einmal deutlich weniger Geld bekommen. Anstatt dies aus dem Rettungsschirm auszugleichen, geben Sie – Sie haben das vorhin so schön formuliert, Herr Lienenkämper; man hätte Ihnen das fast glauben können, aber sagen wir es mal deutlich – den Kommunen kein Geld; Sie geben den Kommunen nur Kredite. Als ob die Kommunen in diesem Lande nicht schon genug Kredite hätten!
(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN – Christian Dahm [SPD]: Kre- dite! Das ist die Wahrheit! – Zuruf von Sven Wolf [SPD])
Apropos Kredite: In diesem Haushaltsentwurf hätten Sie auch einen substanziellen Anteil zur Altschuldenlösung der Kommunen leisten können. Machen Sie sich endlich mal für den Altschuldenfonds von Olaf Scholz stark. Kein anderes Land würde davon mehr profitieren als Nordrhein-Westfalen.
Die Kommunen stehen durch Corona vor massiven Mehrbelastungen. Hier wird zur Bewältigung der Pandemie die meiste Arbeit geleistet, doch Sie erkennen diese Leistungen der Kommunen nicht an. Im Gegenteil. Was werden die Kommunen machen?
Sie werden flächendeckend neue Schulden aufnehmen müssen – das gestatten Sie jetzt großzügig –, damit unsere Kinder in geheizten Schulgebäuden sitzen und wir mit dem Nahverkehr zur Arbeit fahren können.
Dabei sind noch 11 Milliarden Euro aus dem Rettungsfonds nicht verplant. Ihn haben wir übrigens im Frühjahr dieses Jahres in Höhe von 25 Milliarden Euro gemeinsam auf den Weg gebracht.
Warum tun Sie das nicht? Warum helfen Sie den Kommunen nicht direkt aus dem Rettungsfonds? Dann müssten Sie sich in Ihren eigenen vielfältigen Ausgabenwünschen bescheiden. Das scheidet bei Ihnen natürlich aus; das wollen Sie nicht. Deswegen ist dieser Rettungsschirm schon längst nicht mehr ein Rettungsschirm für die Menschen in diesem Land. Es ist ein Rettungsschirm für diese Landesregierung geworden.
Ja, Bescheidenheit und Armin Laschet passen nicht in einen Raum. So sieht man es zum Beispiel an den Ausgaben der Staatskanzlei: Armin Laschet hat das Ausgabenvolumen der Staatskanzlei von knapp 125 Millionen Euro im Jahre 2016 auf knapp 360 Millionen Euro
In fünf Jahren verdreifacht! Ja, das kennen wir auch privat: Essen zu gehen und schöne Reisen zu machen ist teuer, Herr Laschet. Mit dem Hubschrauber zum Reitturnier zu fliegen, kostet Geld.