Wie der Bund werden wir die Rücklage im Haushalt schrittweise einsetzen. Allerdings beginnen wir in Nordrhein-Westfalen bereits im Jahr 2021 mit über 500 Millionen Euro. Im Jahr 2022 werden es weitere 200 Millionen Euro sein. Der dann noch verbleibende Bestand der Allgemeinen Rücklage in Höhe von immer noch über 600 Millionen Euro wird in 2023 aufgelöst werden. Der Bund will das alles erst ab 2022 machen.
Wir sind auch wesentlich transparenter. Beim Bund fließen enorme zusätzliche Milliardensummen aus neuen Krediten in weitere separate Sondervermögen. Wir hingegen werden strikt und transparent trennen. Der Rettungsschirm wird über Schulden am Kreditmarkt finanziert. Dieser finanziert wiederum alle direkten und alle indirekten Folgen von Corona. Der allgemeine Haushalt bildet all das ab, was frei von den coronabedingten Sondereinflüssen ist.
Deswegen gehen wir einen haushaltspolitischen Weg, der sich als erfolgreich erwiesen hat, weiter – einen Weg mit Maß und Mitte, mit Transparenz, aber auch mit der gebotenen fiskalpolitischen Vorsicht und Sorgfalt.
Klar ist: Jeder Rettungseuro muss auch wieder zurückgezahlt werden. Das verlangt die Schuldenbremse. Das sind wir aber auch den nachfolgenden Generationen schuldig. Deswegen haben wir eine Mittelfristige Finanzplanung aufgestellt, die für das Jahr 2023 die Rückkehr zur haushaltspolitischen Normalität vorsieht und die für das Jahr 2024 den Einstieg in die Tilgungen ins Visier nimmt. Denn die Krise darf kein Dauerzustand werden. Wir müssen sie so lösen, dass wir sie nicht auf dem Rücken der nächsten Generationen austragen und ihnen alle Bewegungsspielräume nehmen, die sie möglicherweise verdienen.
Deshalb müssen wir unsere Kraft dafür einsetzen, stärker aus dieser Krise herauszukommen, als wir hineingegangen sind – mit mehr Wachstum, mit mehr Innovation und mit mehr Dynamik. Das
Im Gegensatz zu anderen Regionen setzen wir schon seit drei Jahren genau die Schwerpunkte, auf die es nach dieser akuten Krise umso stärker ankommen wird, nämlich eine entfesselte, digitalisierte, moderne Wirtschaft, die Stärkung von Familien und beste erstklassige Bildung sowie höchste Sicherheit im ganzen Land und in allen Städten und Gemeinden.
Das sind die Rahmenbedingungen für Aufstieg für jede und jeden in Nordrhein-Westfalen. Das soll weiter möglich bleiben und wird – mit oder ohne Corona – dauerhaft zu den finanziell zu tragenden Kernaufgaben gehören.
Wir haben also klare Prioritäten – eingebunden in ein genauso klares ordnungspolitisches Konzept. Dieses sieht, wie Sie wissen, vor, vor allen Dingen den Menschen in Nordrhein-Westfalen wieder mehr zuzutrauen und ihnen gleichzeitig mehr zu ermöglichen. Der einzelne Mensch bleibt im Mittelpunkt unserer Politik, und der Staat sorgt für die notwendigen Rahmenbedingungen. Der Mensch im Fokus und der Staat als Ermöglicher – und nicht umgekehrt, meine Damen und Herren.
Diese Kernidee der sozialen Markwirtschaft muss auch künftig in Nordrhein-Westfalen Bestand haben; denn sie schafft das notwendige stabile Grundgerüst für morgen. Sie prägt den neuen Landeshaushalt 2021 und die Mittelfristige Finanzplanung. Das ist auch der Grund dafür, dass der Entwurf für den regulären Landeshaushalt 2021 ohne die coronabedingten Sonderaufwendungen keine Schulden aufweist; denn wir bleiben auch in unruhigen Zeiten stabil.
Ja, wir ändern die in unserer aktuellen Mittelfristigen Finanzplanung vorgesehenen Gesamtausgaben weder nach oben noch nach unten; denn wir haben durch unseren haushaltspolitischen Kurs von Maß und Mitte die Haushaltswende von Verschuldungshaushalten zum Anlegen von Rücklagen geschafft – mit besserer Vorsorge, mit umsichtiger Haushaltspolitik. Diese Politik seit 2017 hat überhaupt erst die Möglichkeiten dafür geschaffen, flexible Hilfe jetzt in der Not auch anbieten zu können.
Hier liegt übrigens auch der Grund dafür, dass Nordrhein-Westfalens gute Bonität selbst in der Krise erneut von Standard & Poor’s bestätigt wurde. Unsere berechenbare Haushaltspolitik führen die Analysten explizit als einen der unverzichtbaren Gründe an. Wichtig sei der in dieser Landesregierung feststellbare Mindset für eine umsichtige Haushaltspolitik, die beispielsweise im Gegensatz zu Vorgängerregierungen nicht auf eine Zero-Cash-Strategie setze,
sondern durch Vorsorge die Abhängigkeit von kurzfristigen Schulden reduziere. – Das ist nicht aus der Propagandaabteilung der Landesregierung, sondern das ist von Standard & Poor’s, meine Damen und Herren, und das ist auch richtig so.
Umgekehrt folgt daraus, dass eine Rückkehr zur alten, auf Kante genähten Haushaltspolitik unmittelbare Gefahren für Nordrhein-Westfalens Bonität zur Folge hätte. Gerade in diesen Jahren dürfen wir es dazu nicht kommen lassen.
Standard & Poor’s spricht übrigens weiter im Zusammenhang mit der 2019 durch das Land emittierten 100-jährigen Anleihe von einer Pionierleistung. Das hat vor uns so noch niemand gemacht. Deswegen ist festzustellen, dass auch neutrale Analysten diese Politik positiv bewerten.
Unsere Haushalts- und Finanzpolitik mit Mitte und Maß lässt sich übrigens hervorragend mit sozialen und ökologischen Zielen im Industrie- und Energieland Nordrhein-Westfalen vereinbaren. Weil Nordrhein-Westfalen Vertrauen an den Finanzmärkten genießt, konnten wir in den vergangenen Jahren sieben Nachhaltigkeitsanleihen mit einem Gesamtvolumen von 13 Milliarden Euro auf den Finanzmärkten platzieren. Damit ist Nordrhein-Westfalen der größte öffentliche Emittent von Nachhaltigkeitsanleihen weltweit und das erste und bisher einzige deutsche Bundesland, das Anleihen in diesem Bereich begibt.
Das ist nur konsequent. Denn vor einem Jahr habe ich hier auf die große Bedeutung unseres Vertrauens an den Finanzmärkten hingewiesen. In einem Notfall, habe ich im Herbst 2019 gesagt, wäre dies im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert, weil wir uns dann selber helfen können.
Jetzt hat sich das schnell bewahrheitet. Es ist deutlich geworden, dass diese Einschätzung richtig ist. Denn heute stellen wir einen Rückgang der zu erwartenden Steuereinnahmen fest, dessen Höhe ich schon beschrieben habe. Spannend sind aber auch die Gründe dafür.
Allein 1,5 Milliarden Euro fehlen aufgrund der Corona-Steuerhilfegesetze des Bundes. Hinzu kommen rund 3,6 Milliarden Euro, die wegen der drastischen Corona-Wirtschaftseinbrüche fehlen. Daneben müssen allein für die Vorsorge für das Zweite Familienentlastungsgesetz einschließlich einer Kindergelderhöhung zum 1. Januar 2021 zusätzliche Mittel in Höhe von gut 260 Millionen Euro bereitgestellt werden. Weitere coronaunabhängige Steuerrechtsänderungen wirken sich darüber hinaus mit noch einmal 100 Millionen Euro aus.
Wenn man sich diese vielfältigen Gründe für die Steuermindereinnahmen anschaut, stellt man fest, dass das letztlich eine Bestätigung unserer Politik ist,
Konsolidieren bedeutet, beim regulären Haushalt Positionen zu hinterfragen und noch stärker als ohnehin zu priorisieren.
Investieren müssen wir gut geplant und durchdacht. Denn ein Ansparen gegen die Krise – auch das ist wahr; das steht im Grunde spätestens seit Heinrich Brünings Sparpolitik am Ende der Weimarer Republik fest – wäre ökonomischer Unfug und gefährlich. Deswegen werden wir die Investitionen im allgemeinen Landeshaushalt um mehrere Hundert Millionen Euro erhöhen. Das ist gut für die Wirtschaft und gut für das Aufsteigerland Nordrhein-Westfalen.
Dazu gehört auch das Modernisieren. Es geht darum, weiter am Aufsteigerland Nordrhein-Westfalen zu arbeiten – mit vielen Schwerpunkten. „Homeoffice“, „Homeschooling“ und „Videokonferenzen“ sind einige Stichworte, die in unser aller Köpfe sind und die Bedeutung von Digitalisierung noch einmal nachdrücklich unterstrichen haben. Deswegen ist es notwendig, die Improvisationskraft, die dank digitaler Technologien gegeben ist, in Wachstumspotenziale zu verwandeln und diese auch zu heben.
Die weltweit zunehmend digitalisierte Wirtschaft bedeutet für Nordrhein-Westfalen nämlich eine enorme Chance, als Logistik- und Know-how-Zentrum mitten im Herzen Europas eine zentrale wirtschaftliche Rolle zu spielen. Deshalb fließen weitere 191 Millionen Euro Landesmittel in die Gigabit-Förderung für eine moderne digitale Infrastruktur. Wir werden über die gesamte Legislaturperiode mit zusätzlichen fast 3 Milliarden Euro für Digitalisierung, Innovation und Infrastruktur in Nordrhein-Westfalen mehr investieren. Ich bin fest davon überzeugt, dass dies gut investiertes Geld ist, meine Damen und Herren.
Auch Verwaltung muss digitalisiert und digitaler werden. 118 Millionen Euro allein in 2021 zusätzlich für die Umsetzung des E-Government-Gesetzes machen das deutlich.
Aber auch die analoge Infrastruktur muss nutzerfreundlicher werden. Jeder bzw. jede in NordrheinWestfalen, der bzw. die unterwegs ist, weiß, dass wir stets notwendige Verbesserungen unserer Verkehrsinfrastruktur benötigen. Deshalb investieren wir allein im nächsten Jahr 2021 zusätzlich 35 Millionen Euro in unsere Landesstraßen. Wir werden übrigens auch weiterhin zusätzliche Radwege bauen, weil wir eine ausgeglichene Verkehrspolitik mit Maß und Mitte betreiben.
zu erhalten. Deshalb schlagen wir vor, die Zuweisungen für das Jahr 2021 im Rahmen des Gemeindefinanzierungsgesetzes weiter auf der Grundlage der bisherigen Mittelfristigen Finanzplanung vorzunehmen. Die Differenz zum tatsächlichen Steuerverbund wird das Land aus dem Rettungsschirm den Kommunen zur Verfügung stellen und erst dann wieder zurückbekommen, wenn für die Kommunen die Einnahmen wieder steigen, wie für das Land auch.
Das ist Planungssicherheit. Das ist ein Riesenschritt, neben der Entlastung bei den KdU und anderen Entlastungen für die Kommunen. Es kommt darauf an, dass Kommunen weiter investieren können. Wir werden das ermöglichen.
Zur Familienpolitik: Gerade die Familie bleibt die Mitte der Gesellschaft. Die Familien gehören zu den unverzichtbaren Leistungsträgern. Sie halten den ganzen Laden am Laufen. Denn ohne familiäre Solidarität, ohne das Einstehen füreinander und die Erziehung von Kindern, gibt es keine krisenfeste Gesellschaft.
Arbeit und Familie unter einen Hut zu bekommen, war schon vor Corona keine leichte Aufgabe. Aber in der Krise wuchsen vielen Familien geradezu über sich hinaus. Das war großartig. Es darf aber nicht die Regel werden.
Die leider notwendige Schließung von Schulen und Kitas zu Beginn der Pandemie hat überdeutlich gemacht, wie wichtig gute Bildungs- und Betreuungseinrichtungen sind. Deswegen investieren wir nochmals massiv in diese wichtigen Strukturen. Nachdem wir zuletzt unter anderem die Beitragsfreiheit für das vorletzte Kita-Jahr erreicht haben, werden wir jetzt für eine weitere Qualitätssteigerung der Kinderbetreuung sorgen und zur Finanzierung der Kinderbetreuungsplätze zusätzlich fast 440 Millionen Euro zur Verfügung stellen, darüber hinaus weitere 115 Millionen Euro für die Schaffung weiterer Betreuungskapazitäten. Das ist eine Investition in die Kleinsten und Schwächsten unserer Gesellschaft. Deswegen ist sie von ganz besonderer und zentraler Bedeutung.
Auch in den Schulen wollen wir mehr ermöglichen. Wir bauen das Angebot des Offenen Ganztags im Primarbereich um weitere 25.000 Plätze auf dann insgesamt fast 355.000 Plätze aus und stellen auch im neuen Haushalt wieder Stellen für 4.000 neue Lehrerinnen und Lehrer zur Verfügung.
Nordrhein-Westfalens Hochschulen und Forschungseinrichtungen gehören zu den besten Deutschlands. Hier entstehen häufig innovative Ideen, auch und gerade für die Wirtschaft. Denken Sie nur an das Forschungszentrum Jülich, das wir beispielsweise bei der Bewerbung als Standort für einen geplanten
Bestmögliche Bildung ist der Schlüssel zum Aufstieg. Das gilt für die Zeit nach der Krise umso mehr, und deshalb bleibt erstklassige Bildung eine Toppriorität dieser Landesregierung.
Meine Damen und Herren, viel zu oft mussten wir in den letzten Wochen und Monaten von erschreckenden Fällen von Kindesmissbrauch und Schlimmerem hören. Die Nachrichten hierzu haben uns, glaube ich, alle sehr erschüttert. Es ist uns ein Anliegen, insbesondere die Kleinsten unserer Gesellschaft ganz besonders zu schützen. Deswegen werden zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch und Cyberkriminalität neue Kapazitäten für 105 Spezialistinnen und Spezialisten geschaffen, die im Kampf gegen diese schrecklichen Verbrechen eingesetzt werden. Ich bin Herbert Reul für die Pläne, die dahinterstehen, ganz besonders dankbar. Das ist eines der zentralen Felder, die wir angreifen müssen.
Darüber hinaus werden wir 785 neue Planstellen zur Übernahme von Polizeianwärterinnen und -anwärtern sowie fast 100 neue Stellen für eine bessere Gewinnung und Ausbildung von qualifiziertem Personal schaffen. 2.760 junge Kommissaranwärterinnen und -anwärter können wir im Jahr 2021 einstellen. Das ist Ausdruck dessen, was wir hier seit 2017 sagen.