Protocol of the Session on December 3, 2015

(Stefan Zimkeit [SPD]: Aber genau das hat er doch gesagt!)

Das war eine rechtlich saubere und in der Sache richtige Entscheidung der damaligen Landesregierung.

(Beifall von der CDU)

Das Zweite ist: Wenn Sie die Rücklagenbildung der Großen Koalition in Berlin ansprechen, dann beachten Sie bitte, dass der Unterschied zu dem, was Sie hier vorschlagen, ganz einfach ist. Sie haben keine Nettoüberschüsse im Haushalt. Herr Schäuble hat im Haushaltsvollzug einen Nettoüberschuss.

(Minister Dr. Norbert Walter-Borjans: Ich muss die genauso tilgen! Das wissen Sie!)

Er macht null neue Schulden und packt in Rücklagen nur das rein, was er nicht an Nettoneuverschuldung hat.

(Minister Dr. Norbert Walter-Borjans: Das ist falsch!)

Er hat einen Schuldenstand und könnte tilgen, und er entscheidet sich, einen jahresbezogenen Überschuss in eine Rücklage für zukünftige Jahre zu geben. Sie haben aber bei Weitem keinen jahresbezogenen Überschuss.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Minister Dr. Norbert Walter-Borjans)

Sie haben ihn nicht! Deshalb war das Kriterium etwa des Landesrechnungshofs bei der Frage, ob Sie zum Beispiel überhaupt Pensionsvorsorge machen dürfen – das hat Ihnen auch das Verfassungsgericht gesagt –: Sie brauchen eine positive Zinsdifferenz zwischen dem, was Sie da erwirtschaften, und dem, was Sie sonst aufnehmen würden.

Sie haben selbst in Vorlagen auch nach 2010 dem Parlament vorgetragen, dass beispielsweise die Vorsorge für Zukunftslasten im Bereich der Pensionen in der Zinseinnahme ertragreicher ist, als was Sie an Zinsen zahlen würden. Nur unter den Kriterien war es nach Auffassung des Landesverfassungsgerichts in Ordnung. Dagegen hat keiner etwas einzuwenden.

Das Verfassungsgericht hätte Ihnen auch nicht im Nachtrag 2010 die rote Karte gezeigt, wenn Sie nur das gemacht hätten. Sie haben etwas anderes ge

macht. Sie wollten sich einen Puffer aufbauen, haben sich aber irgendeinen Popanz aufgebaut. Das hat Ihnen das Gericht kaputtgemacht. Deshalb stellen Sie sich jetzt nicht so hin, als seien Sie nicht der Sünder, der Sie an der Stelle waren!

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Optendrenk. – Nun spricht Herr Schulz für die Piratenfraktion noch einmal.

Vielen Dank, Herr Präsident! Ich möchte gerne noch einmal auf den letzten Aspekt eingehen, den der Finanzminister, hier im Zusammenhang mit den Cum-Ex

Geschäften der WestLB dargelegt hat, auch vor dem Hintergrund der letzten Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses, in der das hinreichend Thema war. – Ja, Herr Finanzminister, da habe ich in Ihr Zeugnis geschrieben: Sie gehören tatsächlich zu denjenigen, die insbesondere Steuerschlupflöcher zumindest angehen – ich denke an OECDBEPS und dergleichen mehr –, dass dort etwas bewegt wird.

Gleichwohl haben wir seit dem Jahr 2012 die Frage der Steuerschlupflöcher hier am Tisch diskutiert. In Wahrheit ist seit 2012, Herr Finanzminister, kein einziges geschlossen. Auch die Umgehungstatbestände bei der Grunderwerbsteuer – so war die Ankündigung – würden notfalls im Alleingang angegangen werden. Dasselbe gilt hinsichtlich der Lizenzbox-Geschichten.

Jetzt komme ich noch einmal zurück zu den CumEx-Geschäften und dem zeitlichen Ablauf. Sie, Herr Finanzminister, wissen ja, dass die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen, die das überhaupt ermöglicht haben, immerhin bis zum Jahr 2012 existiert haben.

Jetzt komme ich zurück zur Eigentümersituation bezüglich der WestLB oder anderer großer wirtschaftsstarker Unternehmungen des Landes Nordrhein-Westfalen, die im Eigentum des Landes Nordrhein-Westfalen und damit letztendlich aller Bürgerinnen und Bürger stehen. Wir müssen uns hier am Pult oder auch im Ausschuss darüber die Köpfe zerbrechen, wie wir als Parlament, als Vertreter der Bürgerinnen und Bürger des Landes, als Kontrollorgan der Landesregierung die Prüfberichte eventuell einsehen können, die von denjenigen Gesellschaften bzw. Unternehmungen zu Recht und notwendigerweise beauftragt werden. Denn wie Sie selber sagen, war es in den Jahren 2006, 2007 und 2008 so, dass ein Mitglied der Landesregierung, genauso wie Sie jetzt, Herr Finanzminister, einen Sitz im Aufsichtsrat beispielsweise der Portigon haben.

Sie können heute der Portigon sagen: Gebt das mal raus, sofern euch das möglich ist! – Ob es Ihnen als Aufsichtsratsmitglied und Mitglied der Landesregie

rung möglich ist, das zu tun, wissen Sie doch schon heute, Herr Finanzminister. Das haben wir doch schon an anderen Stellen erlebt, und so weist es auch die Rechtspraxis in Bezug auf Vertragsrecht aus: PwC wird sich selbstverständlich in dem zugrunde liegenden Vertrag eine entsprechende Verschwiegenheitsklausel gegenzeichnen lassen haben, die es Ihnen als Landesregierung oder auch als Aufsichtsratsmitglied unmöglich macht, dem Parlament, das heißt, den Vertretern der Bürgerinnen und Bürger des Landes, die Unterlagen zur Verfügung zu stellen hinsichtlich der Unternehmen, die im Eigentum des Landes stehen und damit auch reflexartig im Eigentum der Bürgerinnen und Bürger des Landes.

Diese Perversion sollte ein für alle Male beseitigt werden. Da stehen auch Sie, Herr Finanzminister, selbstverständlich in der Verpflichtung, entsprechende Verträge in der Zukunft so zu gestalten, dass diese ohne Probleme und ohne gesonderte Prüfung – und nicht nur in irgendwelchen geheimen Räumen zur geheimen Einsichtnahme – dem Parlament und damit auch der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden. Mit „Öffentlichkeit“ meine ich nicht nur die Mitglieder des Landtags, sondern damit meine ich tatsächlich eine Veröffentlichung in maschinenlesbarer Form, für jedermann einsehbar, damit die Menschen in diesem Land überhaupt begreifen, was hier die Politik bewirkt oder auch nicht bewirkt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Schulz. – Nun spricht noch einmal für die FDPFraktion Herr Witzel.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Finanzminister, wir haben zu keinem Zeitpunkt in diesem Hohen Hause behauptet, dass irgendein krummes Geschäft bei Cum-Ex definitiv bei der WestLB stattgefunden hätte. Aber wir stellen Ihnen aufgrund sehr einschlägig fachlicher und präziser Medienberichterstattung nicht von Boulevardmedien, sondern von den Rechercheabteilungen von Wirtschaftsmedien Nachfragen, was Ihnen dazu bekannt ist. Es hat niemand behauptet, Sie selber hätten etwas Unrechtes in einer Zeit, die objektiv vor Ihrer Amtszeit lag, dort zu vertreten gehabt.

Aber was wir von Ihnen erwarten, ist, dass Sie die Verteidigungslinie für die WestLB und für die Portigon AG als Rechtsnachfolger, die Sie seit zwei Jahren gegenüber diesem Haus aufbauen, jetzt unterlegen. Wenn Sie sagen, Sie haben einen Prüfungsbericht von Ernst & Young, aus dem hervorgeht, dass Sie eine andere Haltung als die, die Sie bislang vertreten haben, objektiv vernünftigerweise nicht werden einnehmen können, dann stelle ich

das nicht infrage, aber dann möchte ich diesen Bericht vorgelegt bekommen.

(Beifall von der FDP)

Herr Finanzminister, Sie verschanzen sich gerne hinter den Interessen von Landesunternehmen und Beteiligungen. Das können Sie an dieser Stelle aber nicht tun, weil das Thema nicht ist, ob wir beide es richtig finden, dass es eine kluge Kommunikationsstrategie ist, wenn die Portigon AG den Prüfungsbericht von Ernst & Young der Öffentlichkeit vorlegt oder interessierten Fachjournalisten gibt. Dazu können wir eine Meinung haben; da liegen wir vielleicht gar nicht weit auseinander, was klug wäre.

Aber der entscheidende Punkt ist: Wenn die dort operativ Verantwortlichen diese Frage anders entscheiden, dann haben Sie als Finanzminister, dann haben Sie als Landesregierung trotzdem eine parlamentarische Informationsverpflichtung diesem

Haus gegenüber.

Dass es ein Auskunftsrecht der Abgeordneten bei öffentlichen Unternehmen gibt, hat niemand anders als Reiner Priggen von Ihrem Koalitionspartner erstritten, und zwar in dem Priggen-Urteil vor dem Verfassungsgerichtshof, das ich ausdrücklich begrüße. Denn hier wird klargestellt, dass es geeignete Belege geben muss, die eine Regierung vorzulegen hat, die es ermöglichen, dass Abgeordnete die für sie entscheidungserheblichen Dinge anhand der Unterlagen auch nachvollziehen können.

Diese Einstufung, diese Eingruppierung, diese Abwägungsentscheidung müssen Sie begründen, wenn Sie dem Parlament im Rahmen der Parlamentsinformationsrechte diese Informationen vorenthalten.

(Britta Altenkamp [SPD]: Gnade!)

Deshalb bitte ich Sie noch mal dringend von dieser Stelle aus: Legen Sie in der kommenden Woche dem Haushalts- und Finanzausschuss als Fachgremium die Unterlagen vor,

(Britta Altenkamp [SPD]: Gnade!)

die dort von allen Fraktionen inklusive Ihrer eigenen Fraktion erbeten sind.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Witzel. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit schließe ich die Aussprache.

(Zurufe von der SPD und den PIRATEN: Oh!)

Wir kommen zur Abstimmung. Erstens stimmen wir ab über den Einzelplan 12. Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt in Drucksache 16/10512, den Einzelplan 12 in der Fassung der Beschlüsse des Ausschusses anzunehmen. Wer stimmt dem zu? – SPD und Grüne. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP und Piraten. Gibt es Enthaltungen? –

Das ist nicht der Fall. Damit ist der Einzelplan 12 in der Fassung der Beschlüsse des HFA in zweiter Lesung mit großer Mehrheit angenommen.

Zweitens stimmen wir ab über die Finanzplanung 2015 bis 2019, Finanzbericht 2016 unseres Landes inklusive. Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt in Drucksache 16/10518, die Finanzplanung 2015 bis 2019 mit Finanzbericht 2016 zur Kenntnis zu nehmen. Wer stimmt dem zu? – SPD und Grüne. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP und Piraten. Gibt es Enthaltungen? – Keine Enthaltung. Damit ist die Beschlussempfehlung Drucksache 16/10518 mit Mehrheit angenommen.

Ich darf noch darauf hinweisen, dass wir – wie schon mehrfach angekündigt – die Abstimmung über Einzelplan 20, über den Text des Haushaltsgesetzes und dessen Anlagen sowie über das GFG morgen nach Abschluss der Beratung aller Einzelpläne durchführen werden. Wir werden dann auch über die Rücküberweisung der vorgenannten Gesetzentwürfe zur Vorbereitung der dritten Lesung entscheiden.

An dieser Stelle kommen wir zu einem ganz spannenden Punkt. Ich rufe auf:

Einzelplan 10 Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz

Ich darf hinweisen auf die Beschlussempfehlung und den Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 16/10510.

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Einzelplan und erteile Frau Schulze Föcking für die CDUFraktion das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was hat den Landwirten das letzte Jahr gebracht? Schaut man sich die Bilanzen an, so muss man sagen: 2015 war ein verheerendes Jahr. Auf breiter Front sind die Gewinne eingebrochen, und zwar im Schnitt um sage und schreibe 32.500 € je Betrieb. Knapp 46 % der Höfe erwirtschaften nur 30.000 € oder weniger.

Herr Minister, keine Sorge, ich werfe Ihnen nicht vor, dass Sie für die Weltmärkte verantwortlich sind. Aber auf völliges Unverständnis stößt, dass Sie in einer solch schwierigen Situation den Landwirten das Leben noch schwerer machen und immer noch einen obendrauf setzen.