Inklusion ist somit für uns ein Menschen- und Bürgerrecht. Gehörlose Menschen und solche mit hochgradiger Schwerhörigkeit benötigen zur Teilhabe Hilfen zur – so nenne ich es einmal – barrierefreien Kommunikation. Insbesondere der Einsatz der Gebärdensprache durch entsprechende Dolmetscher ist für sie eine unverzichtbare Unterstützung.
Der Antrag der CDU greift hier also einen wichtigen Punkt auf. Wir brauchen ausreichend Gebärdensprachdolmetscher, um Inklusion auf diesem Gebiet zu verwirklichen. Rund 120 Dolmetscher in NRW können schon derzeit den Bedarf für geschätzt 12.000 – das ist die hundertfache Menge – gehörlose Menschen kaum decken. Die Anhörung zum Inklusionsstärkungsgesetz war nur ein Beispiel; sie wurde vorhin von mehreren erwähnt. Letztlich war es richtig, die Anhörung zu vertagen, weil kein Gebärdendolmetscher verfügbar war.
Wir dürfen die Betroffenen nicht durch fehlende Möglichkeiten der Kommunikation ausschließen. Auch in anderen Bereichen, wie bei der Assistenz im Arbeitsleben, berichten Betroffene über Probleme der begrenzten Verfügbarkeit von Dolmetschern und der aufwendigen Organisation von Terminen.
Meine Damen und Herren, da stellt sich doch die Frage, was eine gesicherte Kostenübernahme nützt, wenn für wichtige berufliche Termine gar kein Dolmetscher zur Verfügung steht. Die Zahlen der Landschaftsverbände, die Einsätze und Kostenübernahmen für Dolmetscher koordinieren, zeigen eine deutliche Zunahme von Einsatzzeiten auf über 20.000 Stunden im Jahr. Meine Damen und Herren, die Nachfrage nach Dolmetscherleistungen wird weiter zunehmen; das ist Fakt.
Mit dem Inklusionsstärkungsgesetz werden wir das umsetzen, was wir im Sozialausschuss schon seit Jahren gefordert haben. Wir werden den Rechtsan
spruch auf Kostenübernahme für Kommunikationshilfen für gehörlose Eltern auf Elterngespräche in Schule und Kita ausweiten. Das bedeutet eine wesentliche praktische Verbesserung für die betroffenen Menschen, aber auch einen Bedarf zur Ausbildung zusätzlicher Gebärdensprachdolmetscher.
Auch bei der Frühförderung und der schulischen Inklusion gehörloser und hörgeschädigter Kinder werden Kompetenz in Gebärdensprache und der Einsatz von Dolmetschern zunehmend gefordert sein.
Der Antrag der CDU fordert ein Konzept zur Einrichtung von Ausbildungsgängen für Gebärdensprachdolmetscher und Gebärdensprachdozenten in
NRW. Da bestehen in der Tat erhebliche Defizite bei den Ausbildungsgängen in unserem Land; das zumindest hat Kollege Neumann auch zugegeben. Das Sprachkursangebot der Uni Köln ist nur begrenzt zugänglich, und dort besteht zudem das Problem, dass nicht ausreichend Dozenten zur Verfügung stehen.
All dies zeigt: Die Ausbildung von Dolmetschern und Dozenten für Gebärdensprache erfordert intensivere Anstrengungen. Dabei halte ich den Weg über ein Konzept unter Einbeziehung aller Beteiligten und verbunden mit einer Kostenabschätzung für durchaus sinnvoll.
Der vorliegende Antrag greift auch einige Aspekte auf, die bereits 2013 aufgrund einer Studie der Uni Köln dem Ausschuss vorlagen. Diese Studie wurde vom Ministerium in Auftrag gegeben. Anlass zum Handeln war sie für das Ministerium anscheinend nicht.
Meine Damen und Herren, abschließend noch ein paar Worte zum Prozedere. Wir haben mit der CDU diskutiert, ob dieser Antrag nicht doch in den Ausschuss soll. Aber es ist richtig, hier und jetzt die Entscheidung zu suchen. Wir wollen hier vor Publikum sehen, wer gegen die Rechte der Gehörlosen ist.
Wir stimmen dem Antrag der CDU zu und lehnen den Entschließungsantrag von Rot-Grün ab. Die Begründung dafür hat zum größten Teil schon Herr Kollege Preuß geliefert. Ich will nur noch folgende Punkte abschließend anfügen: Sie wollen sich für Sachen feiern lassen, zu denen Sie von der Opposition, sprich FDP und CDU, getrieben worden sind.
Schauen Sie sich Ihren Antrag einmal an. Sie beziehen sich nur auf Allgemeinplätze. Ich zitiere einmal: „prüfen“, „achten“, „beziehen“ usw. Meine Damen und Herren, das ist keine solide Grundlage, um ein Thema wieder in den Ausschuss zu bringen, das wir schon dreimal durchgekaut haben. Ein viertes Mal macht keinen Sinn.
Wir sollten hier abstimmen. Dann kann sich das Publikum ein eigenes Bild davon machen. – Ich danke Ihnen fürs Zuhören. Schönen Abend!
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal, auf der Zuschauertribüne und natürlich im Livestream! Wir haben bereits viele Fakten gehört. Es gibt kaum eine, eigentlich gar keine Berufsausbildung für Gebärdensprachedolmetscher im Land NRW, und das bei aktuell geschätzten 120 Gebärdensprachdolmetschern und mindestens 12.000 Menschen, die eine Hilfe für die Teilhabe an der Gesellschaft von diesen Gebärdensprachdolmetschern brauchen.
Das führt dazu, dass im normalen Leben ganz normale Termine ewig geplant werden müssen, dass selbst bei einfachen Behördengängen entweder auf diese Hilfe zurückgegriffen werden muss, die sehr schwierig zu organisieren ist, oder – das passiert ja in den meisten Fällen – auf die Mithilfe von Verwandten zurückgegriffen werden muss. Das belastet das Verhältnis zwischen den Verwandten und denjenigen, die darauf angewiesen sind. Das ist nicht sinnvoll. Ich glaube, darin sind wir uns hier einig.
Wir sind uns sicherlich auch darin einig, dass mehr Gebärdensprachdolmetscher und natürlich auch entsprechende Dozenten ausgebildet werden müssen. Der Weg dahin scheint etwas unterschiedlich bewertet zu werden. Ich nehme es an dieser Stelle vorweg: Ich rate meiner Fraktion, beiden Anträgen, dem Antrag der CDU und dem Entschließungsantrag von Rot-Grün, zuzustimmen. Letztendlich sind uns und auch den Menschen, die darauf angewiesen sind, der Briefkopf und die Farbe des Antrags völlig egal, Hauptsache, wir kommen zu einer sinnvollen Lösung.
Zu einer sinnvollen Lösung – da bin ich anderer Meinung als Kollege Alda – hätte auch beigetragen, wenn wir den Antrag in den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales überwiesen hätten,
weil ich glaube, dass dieser Prozess nicht nur in der Gesellschaft, sondern als Spiegelbild auch im Parlament und in den Ausschüssen wichtig ist. Wir sind jetzt an einer Stelle – die Anhörung vom 18. November hat das gezeigt –, wo wir schneller zu Lösungen kommen, weil es jedem viel deutlicher
geworden ist, wie wichtig das ist. Teilhabe an der Gesellschaft, egal, ob gehörlos, hörend oder taubblind, ist eine Selbstverständlichkeit. Das stammt aus unserem Selbstverständnis. Da müssen wir nicht immer auf die UN-Behindertenrechtskonvention zurückgreifen. Ich glaube, das ist ein inzwischen von allen Menschen gelebtes Selbstverständnis. Zumindest weiß ich das von allen Fachpolitikern hier.
Es wäre also sehr sinnvoll, wenn wir zu einem Ergebnis kämen. Von der heutigen Abstimmung abgesehen, hoffe ich, dass wir diesen Weg, selbst wenn wir heute über den Antrag abstimmen und er damit aus dem parlamentarischen Bereich heraus ist, gemeinsam und lösungsorientiert gehen und nicht, um politische Geländegewinne für einzelne Fraktionen zu erzielen.
Ein Lösungsweg – das skizziert der Entschließungsantrag von Rot-Grün, ist aber auch im Antrag der CDU zu finden – ist, dass wir mehr Ausbildung brauchen. Dafür müssen wir einen Hochschulstandort finden. Wir müssen aber auch – das kommt in beiden Anträgen zu kurz; trotzdem werden wir diesen zustimmen – alle technischen Hilfsmittel, die wir heutzutage haben, dafür nutzen. Audio- und Videoübertragung sind gerade in diesem Bereich extrem wertvoll, müssen wir unbedingt mit bedenken. Ich glaube, dass wir gemeinsam zu einer sehr guten Lösung kommen können, aber dafür müssen wir uns zusammensetzen. Deshalb bringen wir auch keinen eigenen Antrag ein.
Ich würde mich freuen, wenn wir gemeinsam etwas erreichen könnten. Es geht hier – das möchte ich noch einmal betonen – nicht um politische Geländegewinne Einzelner, sondern wir möchten eine Lösung finden, die allen bei der Teilhabe an der Gesellschaft hilft. Ich glaube, dass wir das zusammen schaffen können. Ich möchte hier keine neuen Gräben aufreißen. Das ist es nicht wert. Es ist mit einem Haushaltstitel ein kleiner Anfang gemacht worden. Das müssen wir erweitern. In diesem Sinne hoffe ich, dass wir einen gemeinsamen Antrag erarbeiten können, nachdem wir das hier heute so oder so erledigt haben. – Danke schön.
: Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Eines zeigt die Debatte ganz deutlich: Alle hier im Parlament vertretenen Fraktionen sind sich darin einig, dass gehörlose Menschen mit Gebärdensprachdolmetschern unterstützt werden
Es hat die Arbeit dieses Hauses in der Vergangenheit stets ausgezeichnet, behindertenpolitische Entscheidungen über die Parteigrenzen hinweg im Konsens zu treffen. Mir persönlich liegt sehr am Herzen, dass das auch so bleibt.
Grundsätzlich gilt – Herr Kollege Sommer, ich werde sie doch bemühen –: Um die Hilfe der UNBehindertenrechtskonvention zu erreichen, müssen alle hörgeschädigten Menschen die Möglichkeit haben, Kommunikationshilfen, unter anderem die Gebärdensprache, in Anspruch zu nehmen. Das gilt auch für schwerhörige, für ertaubte und taubblinde Menschen. Sie beherrschen die deutsche Gebärdensprache oft nicht und benötigen deshalb ganz andere Kommunikationshilfen. Es käme einer Diskriminierung gleich, würden wir ihre Belange nicht berücksichtigen.
Allerdings greift der Antrag der CDU-Fraktion aus Sicht der Landesregierung an dieser Stelle eindeutig zu kurz. Es geht für uns darum, alle Personengruppen mit Hörschädigungen zu unterstützen, schwerhörige, spätertaubte, gehörlose, hör- und sehbehinderte und natürlich die vielfach schon erwähnten taubblinden Menschen. Meines Erachtens haben die Koalitionsfraktionen diese Personengruppen und diese Erweiterung richtigerweise mit in den Antrag aufgenommen.
Das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales hat die Lebenslage hörgeschädigter und taubblinder Menschen in Nordrhein-Westfalen 2013 wissenschaftlich untersuchen lassen. Die Studie ist bereits angesprochen worden.
Diese Studie, die auch im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landtags vorgestellt wurde, weist darauf hin, dass es in NordrheinWestfalen zu wenig Kommunikationshelfer gibt. Dies führt – so führt der Gutachter aus – vielfach zu Wartezeiten, um alltägliche Termine bei Ärzten, Therapeuten, Behörden, Gerichten und vieles Weitere mehr wahrnehmen zu können. Das wiederum schränkt Teilhabemöglichkeiten deutlich ein.
Da es in Nordrhein-Westfalen bisher keine Studiengänge oder andere Angebote zur Qualifizierung von Kommunikationshelfern gibt, haben wir bereits, Herr Kollege Alda, Gespräche mit den Verbänden der Menschen mit Behinderungen geführt, um die Angebots- und Bedarfslage auszuloten.
Nach diesen Gesprächen scheinen Ausbildungskapazitäten sowie Fort- und Weiterbildungsangebote vor allem erforderlich für Gebärdensprachdozentinnen und -dozenten, für Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetscher, für Schriftdolmetscherinnen und -dolmetscher sowie für Taubblindenassistentinnen und Taubblindenassistenten.
Wir werden weiter in enger Abstimmung mit den zuständigen Ressorts, insbesondere mit dem Wissenschaftsministerium, prüfen, in welchem Rahmen entsprechende Bildungsangebote aufgebaut werden können – und ich sage bewusst dazu –, aufgebaut werden müssen.
Die Verbände, meine Damen und Herren, der Menschen mit Behinderungen und die Verbände der Anbieter von Kommunikationshilfen werden selbstverständlich weiterhin in den Diskussionsprozess eingebunden. Der vorliegende Entschließungsantrag geht deutlich über den Antrag der CDU hinaus und geht somit in die richtige Richtung für alle betroffenen Menschen.
Ich bin mir sicher, dass der Prüfauftrag, der hier formuliert ist, von allen zuständigen Ressorts der Landesregierung entsprechend bearbeitet wird. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Minister, bleiben Sie direkt am Rednerpult stehen. Vielleicht haben Sie das optische Signal nicht wahrgenommen, dass es die Anmeldung einer Kurzintervention von Frau Middendorf gibt, der ich jetzt das Mikrofon freischalte.
Sehr geehrter Herr Minister, herzlichen Dank für Ihre Ausführungen! Wie es die Landesregierung so gerne macht: Es ist eine Schönwetterrede. Aber für uns, die CDUFraktion, gilt – das sind auch meine Fragen –: Wann wollen Sie die Betroffenen endlich mit einbeziehen? Wie wollen Sie diese Personengruppe im nächsten Haushalt letztlich bedienen? – Danke.
Frau Kollegin Middendorf, bei all dem schönen Sonnenschein, den Sie aus meiner Rede herausgehört haben, haben Sie in dem Regen, in dem Sie stehen, meinen Worten anscheinend nicht folgen können.