Protocol of the Session on April 29, 2015

(Lebhafter Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Laschet. – Für die FDP-Fraktion spricht deren Vorsitzender Herr Lindner.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wenn die Industriegewerkschaften und Tausende Facharbeiter aus Industrie und Energiewirtschaft gegen eine sozialdemokratisch geführte Landesregierung und gegen einen sozialdemokratischen Bundeswirtschaftsminister demonstrieren, könnte man sich als Opposition auf der Ebene des parteipolitischen Kleingeldwechselns vielleicht darüber freuen. Es zeigt aber, wie bedrohlich die Situation sein muss.

Frau Ministerpräsidentin, Sie haben durchaus erkannt, welche Brisanz in diesem Thema steckt. Deshalb warnen Sie in Ihren Interviewäußerungen oft genug vor dem drohenden Strukturbruch.

Armin Laschet hat gerade schon dargelegt, dass aber Ihr Kabinett vor 14 Tagen in Johannes Remmels Entwurf für einen Klimaschutzplan geschrieben hat, dass Sie die Klimaschutzstrategie der Bundesregierung unterstützen und von der Energiewirtschaft einen zusätzlichen Emissionsminderungsbeitrag inklusive des entsprechenden Instruments fordern. Das ist eins zu eins die Position von Bündnis 90/Die Grünen, die auch auf ihren Landesdelegiertenkonferenzen regelmäßig den Kohleausstieg als politisches Ziel bekräftigt.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Reiner Priggen hat dieser Tage gesagt, was wir gegenwärtig erleben würden, auch die Demonstrationen von RWE-Mitarbeitern und anderen, sei eine Schmierenkomödie.

(Reiner Priggen [GRÜNE]: Genau so!)

So sagt es Kollege Priggen, und er meint die Beschäftigten.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Angesichts Ihrer Sowohl-als-auch-Haltung, Frau Ministerpräsidentin, fällt der Vorwurf der Schmierenkomödie auf Ihre Koalition zurück.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Sie können das heute beenden und hier Ihr kraftvolles Sowohl-als-auch – natürlich Klimaschutz nahezu um jeden Preis und selbstverständlich kein Strukturbruch – auflösen, indem Sie uns beschreiben, wie das gelingt.

Ich sage Ihnen für meine Fraktion: Wir glauben, dass diese beiden Ziele in dieser Form nicht vereinbar sind.

(Beifall von der FDP)

Wir haben nach Fukushima, auch in einem gesellschaftlichen Konsens – trotz erheblicher technologischer Bedenken –, die Beschleunigung des Ausstiegs aus der Kernenergie gemeinsam beschlossen. Ursprünglich sollte die Kernenergie, verlängert bis ins nächste Jahrzehnt, die Brücke ins Zeitalter der erneuerbaren Energien sein.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Das war Ihre Fan- tasie!)

Jetzt sind die Auswirkungen, liebe Kolleginnen und Kollegen, des Verzichts auf die Kernenergie für den Strommarkt noch gar nicht klar. Wir haben bei den Erneuerbaren noch keine Fortschritte bei den Speichern erzielt. Horst Seehofer stemmt sich gegen die Stromtrassen. Das heißt, die Energiewende, der Ausstieg aus der Kernenergie, die mal als Brücke gedacht war, sind noch nicht bewältigt, und jetzt diktieren uns die Grünen das nächste Hauruckprojekt für unsere Volkswirtschaft, nämlich auch noch den Ausstieg aus der Kohle. Frau Ministerpräsidentin, das geht nicht zusammen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Wer die industrielle Basis erhalten will, muss erkennen, dass die beiden Ziele in dieser Form nicht vereinbar sind.

Die Europäische Union hat sich das Ziel gesetzt, bis 2050 80 % CO2 einzusparen. Das ist eine Generationenaufgabe. Jetzt hat Deutschland entschieden, bereits im Jahr 2020 40 % CO2 gegenüber dem Basisjahr 1990 einsparen zu wollen.

(Minister Johannes Remmel: Das hat die FDP beschlossen!)

Ja, das war das schwarz-gelbe Kabinett.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN – Minis- ter Johannes Remmel: Verantwortung über- nehmen!)

Entschuldigen Sie bitte, Herr Remmel, Ihr Hinweis ist völlig richtig. Es ist ein einfacher Kabinettsbeschluss.

(Beifall von Ibrahim Yetim [SPD])

Dieser einfache Kabinettsbeschluss könnte natürlich jetzt überprüft werden, und ich sage Ihnen: Er müsste überprüft werden.

(Lachen und Zurufe von der SPD)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie auf ein für unsere Volkswirtschaft für die nächsten Jahrzehnte so zentrales Thema mit solch einer Belustigung reagieren, haben Sie den Ernst der Lage nicht erkannt.

(Beifall von der FDP und der CDU – Zuruf von der SPD: Sie sind lustig! – Weitere Zuru- fe von der SPD)

Entschuldigen Sie, Herr Körfges, Sie haben doch das Problem damit. Sie erleben jetzt, dass Sigmar Gabriel im wahrsten Sinne des Wortes der Schwarze Peter zugeschoben werden soll, weil er versucht, dieses 40-%-Ziel im Jahr 2020 zu erreichen.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Was Sie formuliert haben! – Zuruf von Christof Rasche [FDP])

Das ist aber so nicht möglich. Nehmen Sie es also differenziert wahr, Kollege Körfges! Blöken Sie nicht sofort dazwischen! Denn ich will Folgendes sagen: Wer das 40-%-Ziel erreichen will, …

(Zurufe von der SPD: Oi, oi oi!)

Heute sind Sie aber wirklich alle sehr zart besaitet. Sie wissen, ich bin auch zu anderem fähig.

(Beifall von der FDP und der CDU – Ibrahim Yetim [SPD]: Was für ein Schaumschläger! – Weitere Zurufe von der SPD)

Also: Lassen Sie uns versuchen, noch kurz – eine Minute – ernsthaft über das 40-%-Ziel zu sprechen!

(Vereinzelt Beifall von der SPD – Zurufe von der SPD)

Wenn ich Ihre Reaktion sehe, bin ich offensichtlich zu optimistisch.

Das 40-%-Ziel, das wir uns für 2020 vorgenommen haben, ist, wenn wir es gleichzeitig mit dem Verzicht auf die Kernenergie vorantreiben, ein Programm, das unsere industrielle Basis in Deutschland massiv gefährdet,

(Beifall von der FDP und der CDU)

ohne dass ein Nutzen für den Klimaschutz erreicht wird. Denn hier werden Sektoren wie die Energiewirtschaft einbezogen, die längst durch den Emissionshandel europäisch harmonisiert sind. Die Folge ist, dass wir in Deutschland die industrielle Basis, volkswirtschaftliches Vermögen, zerstören, und es zeitgleich anderen in Europa – Polen, Portugal, Spanien, Italien, Frankreich – leichter machen, ihre Klimaschutzziele zu erreichen.

Das, was hier geplant ist, ist ein Wirtschaftsförderungsprogramm für unsere Nachbarn und Dreckoutsourcing aus Deutschland. Das ist wirtschaftlich unverantwortlich und steht auch ökologisch nicht in globaler Verantwortung!

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Für die SPD-Fraktion spricht der Fraktionsvorsitzende, Herr Römer.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Unterschied zwischen Opposition und Regierungskoalition ist gerade in den beiden Redebeiträgen deutlich geworden. Herr Laschet hat zwar versucht, mit einem Einstieg zu suggerieren, als ginge es der CDU auch darum, die klimapolitischen Ziele mit den energiepolitischen Zielen zusammenzubinden.

(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

Dies ist aber nicht gelungen, Herr Kollege Laschet.

Das ist der Unterschied zwischen der Opposition und unserer Regierungskoalition:

(Armin Laschet [CDU]: Koalitionsvertrag! Wir regieren zusammen!)

Die Opposition versucht, Stimmung zu machen und parteipolitische Feldvorteile zu erreichen, während wir, SPD und Grüne – das können Sie dem Entschließungsantrag entnehmen, Herr Kollege Laschet –, verantwortungsvoll handeln und vor allen Dingen konzentriert daran arbeiten, die Energiewende politisch zu gestalten. Denn darauf kommt es an, meine Damen und Herren!