Ich will es noch einmal ganz deutlich machen: Durch die Anstrengung und die Unterstützung vor allem des Haushaltsgesetzgebers – indem wir seit 2010 die Einstellungszahlen auf 1.400 und jetzt für die nächsten drei Jahre auf jährlich 1.642 erhöht haben – kompensieren wir vieles von dem, was in diesen fünf Jahren vernachlässigt worden ist – grob und wider besseres Wissen vernachlässigt worden ist. Insofern, Herr Lürbke: Was wir als Landesregierung aufstellen, ist gut, und es ist auch gut, was dieses Parlament als Haushaltsgesetzgeber be
Der Umgang mit dieser Lücke, die durch falsche Einstellungspolitik in jenen Jahren entstanden ist, muss Gegenstand der Erörterung um diesen Bericht sein: Wie organisieren wir Polizei, wenn eine größere demografische Lücke entsteht? Wie können wir das Kerngeschäft der Polizei – für mich ist das Verkehr, Gefahrenabwehr und die Kriminalitätsbekämpfung – in der Qualität und in der Quantität aufrechterhalten und drumherum die Polizei so organisieren, dass wir diese demografische Lücke abwettern können, ohne größeren Schaden zu nehmen?
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister Jäger, ich würde gerne zurückkommen auf Berechnungen der Polizeigewerkschaften, die als Praktiker natürlich den direkten Einblick in die alltägliche Realität haben.
Die gehen in ihren Berechnungen davon aus, dass wir es bis zum Jahr 2025 mit einem landesweiten Fehlbestand von rund 12 % der derzeit 37.500 Planstellen für die Kreispolizeibehörden zu tun haben; wir reden also über rund 4.300 wegfallende
Planstellen. Die Größenordnungen, die hier zur Disposition stehen, gibt auch der Altersstrukturbericht her, den Sie erwähnt haben, für den Zeitraum von 2014 bis 2025, insbesondere wegen der von Ihnen gerade genannten Verluste durch die Nichtfortsetzung des Dienstes nach der Ausbildungszeit.
Meine Frage ist deshalb angesichts dieser Größenordnung – Verlust von 12 % bis zum Jahr 2025 – weiter gedacht: Wie soll das aus Ihrer Sicht kompensiert werden, wenn Sie das nicht grundlegend mit entfallenden Aufgaben verbinden? Am Beispiel der Stadt Düsseldorf wären dann rechnerisch über 300 von jetzt 2.600 Planstellen nicht mehr vorhanden.
Herr Abgeordneter Witzel, Sie haben in Ihrer Bemerkung eingangs gesagt, dass die Polizeigewerkschaften und die Mitglieder der Polizeigewerkschaften Praktiker sind, die Einblicke haben in die polizeiliche Arbeit. Das ist unzweifelhaft so, Herr Witzel.
Personalanalysen und -berechnungen vorzunehmen, ziehe ich ein wenig in Zweifel. Ich kann mir vorstellen, woher deren Materialien stammen und wie sie zu dieser Berechnung kommen, die Sie gerade zitiert haben. Ich glaube aber, dass der Bericht der Expertenkommission, den wir in Kürze vorlegen werden, das so nicht wiederspiegeln wird.
Ich will jetzt keine Zahlen in den Raum werfen, weil ich sie nicht kenne, da der Expertenbericht noch nicht vorliegt. Ich bin aber sehr sicher, dass die große Lücke, die durch die Untätigkeit der schwarzgelben Landesregierung entstanden ist, nicht so groß sein wird, wie Sie sie gerade geschildert haben.
In der Tat muss man sich aber auch darüber Gedanken machen, wie man die Polizei möglicherweise von Aufgaben entlasten kann. Ich glaube, dass der steuerzahlende Bürger, wenn er die 110 ruft, eine bestimmte Erwartungshaltung hat, dass nämlich die Polizei kommt und er nicht verwiesen wird an irgendwelche anderen staatlichen Institutionen, wo er sein Problem vortragen soll.
Ich könnte mir aber sehr wohl vorstellen, dass in Bereichen wie beispielsweise der Begleitung von Schwertransporten des Nachts oder bei der Entnahme von Blutproben punktuell Entlastungen für die Polizei herbeigeführt werden können.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass unsere Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen zu Recht kein Verständnis hätten, wenn sich die Polizei ihrer Kernkompetenzen in irgendeiner Weise entledigen
würde. Das heißt für mich: Wenn jemand die 110 ruft, muss auch schnell die Polizei da sein. Das werden wir mit den zur Verfügung stehenden Kräften – bei extremen Anstrengungen, was die Einstellungszahlen angeht – auch in Zukunft gewährleisten müssen.
Vielen Dank. – Herr Minister, für die Kreispolizeibehörden sind zunehmend die nicht kompensierten ansteigenden Ausfallzeiten durch Mutterschutz, Elternzeit, Beurlaubung – rund 402 Vollzeitstellen in 2013 – und sich gegebenenfalls anschließende Teilzeitmodelle eine zusätzliche Belastung, die es – so die Forderung von Behördenleitern und Gewerkschaften – durch entsprechende Berechnungen der Einstellungszahlen endlich ausreichend zu berücksichtigen gilt. Hinzu kommen Freistellungen aufgrund von Personalratstätigkeit – rund 100 Vollzeitstellen in 2013 – und naturgemäß Abwesenheiten aufgrund von Urlaub, Fortbildung, Gerichtsterminen etc.
Halten Sie es für richtig, dass die hohen Ausfallzeiten durch Mutterschutz, Elternzeit, Beurlaubungen und sich gegebenenfalls anschließende Teilzeitmodelle bei der Errechnung der notwendigen Anwärterstellen nicht berücksichtigt werden und Behörden keinen Ersatz erhalten?
Frau Abgeordnete Schneider, ich habe schon vorhin versucht, deutlich zu machen: 1.642 Anwärter in diesem, im nächsten und im übernächsten Jahr führen dazu, dass wir die Kapazitätsobergrenze erreicht haben, was eine qualifizierte Ausbildung angeht.
Frau Schneider, wenn man diese Einstellungszahlen vorliegen hat, kann man nicht einfach noch etwas draufrechnen, weil man die Plätze beispielsweise an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung gar nicht zur Verfügung hat. Wir sind wirklich am Anschlag. Das ist eine unglaubliche Anstrengung dieser Landesregierung. Es wäre schön gewesen, wenn vergangene Landesregierungen dies auch so getan hätten.
Was die Berücksichtigung von Mutterschutzzeiten, Erziehungszeiten oder auch die Freistellung von Personalräten, die Sie genannt haben, angeht, hatte ich versucht zu erläutern, wie die Personalverteilung über die 47 Kreispolizeibehörden und die drei Landesoberbehörden stattfindet.
Dazu dient die sogenannte BKV, eine an der Belastung orientierte Kräfteverteilung. Die Lagen innerhalb der 47 Kreispolizeibehörden entscheiden darüber, wie viel Personal zugewiesen wird. Dabei sind Freistellungen oder Mutterschutz in gewisser Weise mit berücksichtigt. Es wird aber nicht funktionieren, Frau Schneider, dass, wenn eine Beamtin in einer Behörde mit beispielsweise 2.000 Mitarbeitern in den Mutterschutz geht, dann automatisch für diese Zeit eine Beamtin aus einer anderen Behörde dort hinzutritt.
Herr Minister, Ihr Blick in die Vergangenheit ist mitunter doch ein wenig Geschichtsklitterung. Sie werden nicht müde, das eigene Unvermögen der SPD in den Jahren 2004 und 2005 anderen in die Schuhe zu schieben, um es einmal auf den Punkt zu bringen.
Trifft es zu, dass Rot-Grün und Innenminister Behrens für den Doppelhaushalt 1.429 auf die Polizei entfallende kw-Vermerke ausgebracht haben – diese Stellen sollten also wegfallen –, und Sie zudem für die Jahre 2004 bis 2009 die Einstellungsermächtigung für Kommissaranwärter und -anwärterinnen planmäßig auf 500 reduziert haben?
Herr Lürbke, Entschuldigung, ich kenne den Haushalt der Jahre 2004 und 2005 nicht aus dem Gedächtnis – tut mir leid. Deswegen kann ich die Zahl weder bestätigen noch dementieren. Richtig ist aber – daran ist nicht zu zweifeln –, dass 2004 und 2005 die Einstellungszahlen zu deutlich auf nur 500 gefallen sind – in der Annahme, dass es schon irgendwie ausreichen wird.
Deswegen war es seinerzeit der richtige Schritt von Fritz Behrens zu sagen: Gut, wenn es einen solchen allgemeinen Konsolidierungsdruck auf den Haushalt gibt und der Haushaltsgesetzgeber nur 500 Stellen zur Verfügung stellt, muss ich wissen: Wie sieht die Polizei der Zukunft aus? Wie viele Einstellungen brauche ich tatsächlich? – Dazu hatte er diesen Altersbericht in Auftrag gegeben, um dem Parlament und dem Finanzminister auf einer soliden Datenbasis klarzumachen: Was brauchen wir an Einstellungen?
Herr Lürbke, ich muss es leider wiederholen. Dieser Bericht ist 2006 vorgelegt worden. Die alte Landesregierung hat ihn vier Jahre unter Verschluss gehalten, weil erkennbar war – jetzt spekuliere ich –, dass die Einstellungsanstrengungen, die unternommen wurden, viel zu gering waren, um den Tendenzen,
Fazit ist: Wider besseres Wissen ist zu wenig eingestellt worden, und wenn man es in der Summe sehen will: Hätte die alte Landesregierung die gleichen Anstrengungen unternommen wie diese Landesregierung, hätten wir heute auf den Tag 2.700 Beamtinnen und Beamte mehr.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, Sie haben gerade schon die belastungsbezogene Kräfteverteilung angespro
chen. Die Kreispolizeibehörden vor Ort leisten sowohl in der Prävention als auch in der Kriminalitätsbekämpfung einen wichtigen Beitrag.
Ich habe eine Frage. Nach dieser belastungsbezogenen Kräfteverteilung würde zum Beispiel für die an die Polizeibehörde Düsseldorf angrenzende Landratsbehörde Rheinkreis Neuss mit derzeit 633,18 Planstellen für Polizeibeamte ein Fehlstand von 12 % bis 2025 eine rechnerisch dauerhafte Einbuße von 76 Stellen für Polizeibeamte bzw. beamtinnen bedeuten. Unter dem Strich wäre ein noch deutlich höherer Realverlust zu befürchten, in dem der ländliche Raum spürbar stärker beschnitten werden soll als zum Beispiel die Ballungsräume.
Bedeutet das faktisch, dass eine Behördenzusammenlegung unvermeidbar sein und von Ihnen auch befürwortet wird, oder wie soll ein solcher Personalverlust aus Ihrer Sicht kompensiert werden?
Frau Abgeordnete, die Frage kann ich nicht abschließend beantworten, weil Sie einen Personalverlust unterstellen, der durch nichts begründet ist – weder durch die Einstellungszahlen heute, noch durch eine Datenbasis, aus denen diese 12 % herzuleiten wären.
Das Ergebnis dieser Expertenkommission wird noch im ersten Halbjahr 2015 vorgelegt, und die Experten versuchen sehr genau, die Zukunft zu berechnen. Deshalb zu unterstellen, dass eine bestimmte Behörde in wer weiß wie vielen Jahren 12 % weniger Personal hat, ist, wie ich glaube, völlig aus der Luft gegriffen.
Ich habe aber verstanden, warum Sie diese Zahlen genannt haben. Sie möchten von mir wissen, wie ich zur Aufbauorganisation der Polizei in NordrheinWestfalen stehe. Genau das ist auch Gegenstand
dieser Expertenkommission: nicht nur den zukünftigen Personalbedarf darzustellen, sondern auch die Aufbauorganisation der Polizei hinsichtlich möglicher Effizienzen zu untersuchen.
Das Ergebnis wird vorgelegt werden, und wir werden es miteinander diskutieren. Ich habe einen sehr ergebnisoffenen Auftrag an die Expertenkommission gegeben. Und genauso ergebnisoffen warte ich dann den entsprechenden Bericht ab.
Ich bilde mir dann eine Meinung, wenn die entsprechenden Fakten und Daten vorliegen. Erst dann kann man sich seriös eine spezifische Meinung bilden.