Protocol of the Session on March 18, 2015

Entscheidend ist für uns als CDU-Fraktion aber, dass die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger so gut wie möglich gewährleistet wird – wie immer das auch in einer immer komplizierter werdenden Lage möglich ist. Das hat Vorrang, wenn die Gefahrenlage durch die Landesregierung so eindringlich geschildert wird, wie dies hier geschehen ist. Schon am Freitag wird daher der Haushalt in dritter Lesung verabschiedet. Schneller geht es nach Verfassung und Landeshaushaltsordnung kaum.

Ich möchte aber heute, was die Arbeit unserer Sicherheitsbehörden angeht, an die Regierungsfraktionen eine eindringliche Bitte richten:

Lassen Sie uns in den nächsten Monaten gemeinsam dazu beitragen, dass auch die Polizei ihre Arbeit ohne politisch verursachte Verunsicherung vornehmen kann. In der heutigen Situation sollten wir unter anderem darauf verzichten, die seit Jahren schwelende Diskussion um eine veränderte Polizeiorganisation gerade jetzt zu führen. Das bindet nämlich, wie wir alle wissen, nicht nur Energie im politischen Raum, sondern führt auch zu viel Ablenkung, Verunsicherung und zum Teil auch Selbstbeschäftigung bei der Polizei.

Aber jetzt brauchen wir eine Polizei, brauchen wir Sicherheitsbehörden, die die Zeit und die innere Ruhe haben, sich um die Sicherheit der Menschen unseres Landes zu kümmern und nicht um interne Organisationsfragen.

Wichtiger ist nämlich die Frage, an welchen Stellen wir kurz-, mittel- und langfristig die Polizei von Aufgaben entlasten können, die Personal und Zeit binden. Ich denke an solche Themen wie die Begleitung von Schwertransporten oder vergleichbare Sicherungsaufgaben.

Wir nehmen heute als CDU-Fraktion unsere Aufgabe hier im Landtag in einer außergewöhnlichen Lage verantwortungsvoll wahr. Wir bitten die Landesregierung, dies in ihrem tagtäglichen Handeln in gleicher Weise auch bei den innenpolitischen Prioritäten zu tun, sich also auf die Sicherheit dieses Landes und seiner Menschen zu konzentrieren.

(Beifall von der CDU)

Zu den Einzelinhalten des Etatentwurfs werden wir uns in zweiter und dritter Lesung sowie im Ausschuss noch ausführlich beraten. Von daher will ich an dieser Stelle schließen und mich dem ausdrücklich anschließen, dass es wohl wichtig ist, in einer solchen Situation im Verfahren zusammenzustehen. Soweit wir das sehen können, werden die Maßnahmen leider nicht die letzten sein, die wir in den nächsten Monaten und Jahren miteinander zu beraten haben. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Optendrenk. – Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Stotko das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unter dem sperrigen Titel eines Nachtragshaushaltsgesetzes 2015 versteckt sich etwas, von dem ich auch nach den einführenden Worten des Kollegen Optendrenk hoffe, dass sich am Ende der Beratungen alle Fraktionen dieses Hauses hinter das Gesetz stellen, nämlich eine Stärkung der inneren Sicherheit in unserem Land.

Denn wer könnte eigentlich etwas dagegen haben, dass wir in den Jahren 2015 bis 2017 mit 1.642 Polizeianwärterinnen und -anwärtern einen neuen Rekord aufstellen? Wer könnte etwas dagegen haben, dass wir nach dem Zuwachs von 600 Stellen aus den Jahren 2011 bis heute nunmehr weitere 360 Stellen schaffen, um den deutlich gestiegenen Herausforderungen nach den Anschlägen von Paris und Kopenhagen sowie der sich konkretisierenden Gefährdungslage durch salafistische Extremisten und islamistische Terroristen zu begegnen?

Wer wollte auch etwas dagegen formulieren, dass wir mit 110 zusätzlichen Ermittlern den Staatsschutz verstärken, mit 150 Spezialisten den Bereich „Fahndung und Observation“ ergänzen und mit zusätzlichen 100 Kolleginnen und Kollegen der Polizei besonders gefährdete Personen und Objekte schützen?

Und zu guter Letzt: Wer würde bestreiten, dass es erforderlich ist, den Verfassungsschutz um 25 weitere Stellen zu stärken, nachdem wir dort bereits im regulären Haushalt 2015 29 weitere Stellen geschaffen haben?

Wer also – das fragen wir uns als regierungstragende Fraktionen – könnte etwas dagegen haben, dass wir mit diesen 385 neuen Stellen nicht nur unsere repressive, sondern auch unsere präventive Arbeit zum Schutze unseres Staates und unserer Verfassung in gleichem Maße ausbauen?

In den Regierungsfraktionen sicher niemand – wer hätte das gedacht –, denn zu diesem Tagesordnungspunkt haben unsere Finanzpolitiker dem Innenpolitiker sogar das Rederecht gegeben, weil selbst aus haushalterischen Gründen keine Vorbehalte formuliert werden. Und einen solchen Finanzminister – das will ich deutlich sagen –, der so versiert einen haushaltspolitischen Antrag behandelt, der sich allein auf die Innenpolitik gründet, den könnten wir in der Innenpolitik gebrauchen.

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU)

Wenn Sie also mal bei uns mitmachen wollen, laden wir Sie ein, aber natürlich nicht als Ersatz des Ministers.

(Zurufe von der SPD und der CDU)

Deshalb danken wir ausdrücklich den Finanz- und den Haushaltspolitikern, und zwar in gleichem Maße.

Der Innenminister selber hat uns bereits im Ausschuss für unsere Bereitschaft gedankt, diesen Prozess der neuen Stellen einzuleiten. Im Übrigen haben uns auch die Polizeigewerkschaften und die Fachjournalisten gedankt, ebenso die anderen Bundesländer, die in ähnlichem, aber nicht so großem Maße ihre Stellenzuwächse planen.

Das gilt auch, wie Sie heute und gestern schon hören durften, für den Bund, der verkündet hat, den Verfassungsschutz, das Bundeskriminalamt und die Bundespolizei um insgesamt 750 Stellen aufzustocken und deren Etat um 328 Millionen € zu verstärken. Wer also könnte etwas gegen diesen Nachtragshaushalt haben?

Laut meinen Vorbereitungen hatte ich eigentlich vor, jetzt noch etwas zu sagen. Nach der Rede des Kollegen Dr. Optendrenk hoffe ich nun aber einfach, dass auch die Kolleginnen und Kollegen von FDP und der Piraten der Meinung sind, dass wir heute nicht die Details diskutieren sollten, sondern dass wir klarmachen müssen: Heute besteht die Gelegenheit, diesen Schritt der regierungstragenden Fraktionen und der Landesregierung gemeinsam zu begrüßen, um unseren, Herr Dr. Optendrenk, richtig formulierten Auftrag – nämlich gemeinsam für die Sicherheit der Menschen hier in unserem Land zu sorgen – ordnungsgemäß auszufüllen und am Ende dem Nachtragshaushalt zuzustimmen.

In den nächsten zwei Jahren dieser Legislaturperiode wird ausreichend Zeit sein, dann wieder in das ritualisierte Gehabe von Opposition und Regierung zu verfallen. Aber in diesem Moment – dessen sind wir uns sicher – muss das Signal an die Menschen und an die Gewaltbereiten in unserem Land sein: Wir treten keinen Schritt zurück, wir stärken die Sicherheit der Menschen in unserem Land und sorgen dafür, dass man hier besser leben kann. – Besten Dank.

Vielen Dank, Herr Kollege Stotko. – Für die FDP-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Lürbke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Stotko, nach dieser pathetischen, emotionalen Rede muss man doch einen Blick auf die Details werfen. Aber ich gebe Ihnen in einem gewissen Punkt recht; denn die Begründung dieses Nachtragshaushaltes ist auf den ersten Blick sicher schlüssig. Die aktuellen Ereignisse machen eine kurzfristige Umschichtung innerhalb des Personalkörpers der Polizei notwendig, um die Terrorismusbekämpfung zeitnah zu verstärken.

Allerdings bleibt dieser Nachtragshaushalt doch eher ein Tropfen auf den heißen Stein. Er wird leider keinerlei wirklich nachhaltige Entlastung für die Kreispolizeibehörden in Nordrhein-Westfalen bewirken.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Denn wer in den Nachtragshaushalt schaut,

(Zuruf von der SPD: Beantragen Sie denn zusätzliche Stellen? – Widerruf von der CDU)

der wird feststellen: Tatsächlich findet sich im betreffenden Titel für Personalkosten, für neue Polizeianwärterstellen, kein einziger zusätzlicher Eurocent. Und das ist dann schon bemerkenswert.

Aber ganz davon ab: Wenn als Reaktion auf aktuelle Ereignisse innerhalb der Polizei Kräfte punktuell und zeitlich dort eingesetzt werden, wo sie auch benötigt werden, dann ist das vielleicht gar nicht mal grundsätzlich zu kritisieren. Persönlich vorwerfbar ist aber – auch dem Innenminister –, dass dann Rot-Grün, so wie Sie es auch heute Morgen wieder getan haben – Herr Stotko hat es ausgeführt –, aktuelle und strukturelle Maßnahmen bewusst vermengt, um den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Beamten in diesem Land weiszumachen, dass durch die aktuellen Personalumschichtungen die anderen polizeilichen Bereiche nicht geschwächt würden, etwa die Kommission zur Bekämpfung von Einbrechern.

Gleichzeitig suggerieren Sie, in den abgebenden Dienststellen könnte der Personalverlust durch Mehrarbeit ohne Einbußen oder gar durch die neuen Anwärterstellen nach und nach wieder ausgeglichen werden. Sie versuchen damit, den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land weiszumachen, dass man sich eine zu kurze Decke bis an die Ohren ziehen kann, ohne dass die Füße kalt werden.

(Minister Ralf Jäger: Der ist von mir!)

Der ist von Ihnen, Herr Jäger, aber ich bin größer, als die meisten Decken lang sind, und ich weiß aus praktischer Erfahrung: Das wird nicht funktionieren;

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

wenn man die Decke nach oben zieht oder nach unten: Entweder die Ohren sind kalt oder die Füße. Und es ist doch absolute Augenwischerei, diese 385 fehlenden Beamtenstellen durch Überstunden anderer Beamter ausgleichen zu wollen, die diese dann durch Freizeitausgleich in einem Fünf-JahresFenster abbauen sollen.

Wir haben doch die Zahlen vorliegen. Insgesamt dürften es fast 4 Millionen noch nicht ausgeglichener Überstunden sein, die unsere Beamtinnen und Beamten der Polizei in Nordrhein-Westfalen vor sich her schieben. 4 Millionen Überstunden!

Und für einen zeitnahen finanziellen Überstundenausgleich, Herr Finanzminister, der Millionen Euro kostet, findet sich im Nachtragshaushalt übrigens kein einziger Cent.

Hinzu kommt die fehlende nachhaltige strukturelle Personalentwicklung dieser Landesregierung. Ab 2018 bis 2025 wird der von Rot-Grün zu verantwortende Personalabbau bei der Polizei von gut 4.000 Stellen bereits spürbar durchschlagen.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Wie viele haben Sie denn ausgebildet?)

Deshalb ist doch Fakt, meine Damen und Herren, dass diese 360 Beamten, über die wir reden, keine zusätzlichen Beamten sind, die ab 2018 zusätzlich auf der Straße sind, sondern es werden 360 Beamte weniger abgebaut, als Sie ursprünglich geplant hatten.

(Beifall von der FDP – Zuruf von Hans-Willi Körfges [SPD])

Das müssen Sie den Menschen in diesem Land sagen, denn das gehört zur Wahrheit hinzu.

Ich sage Ihnen auch, meine Damen und Herren: Alle Dienststellen und alle Kommissariate, die jetzt auf Beamte verzichten und Stellen abgeben, werden diese nie mehr wiederbekommen. Durch Mehrarbeit allein ist das vor Ort nicht zu lösen. Auch das gehört zur Wahrheit dazu. Auch das müssen Sie den Menschen in diesem Land deutlich sagen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die FDP-Fraktion hat deshalb aus gutem Grund bereits mit ihrem Änderungsantrag zu den Beratungen zum Haushalt 2015 jährlich 300 zusätzliche Anwärterstellen gefordert. Dafür braucht es nicht erst den Terror von Paris und Kopenhagen, sondern die Situation im Land Nordrhein-Westfalen macht schon deutlich, warum wir die Aufstockung brauchen.

Fest steht doch – der Finanzminister hat das noch einmal ausgeführt –, dass allein die Überwachung der bekannten gefährlichen Islamisten in Deutschland und in NRW eine enorme Belastung darstellt, die die Sicherheitsbehörden bereits an die Grenzen dessen bringt, was sie zu leisten im Stande sind. Die Zahl der zu Überwachenden wird eher weiter steigen als sinken.

Die Redezeit.

Wer jetzt aber die Einsatzkräfte dauerhaft von einem Brandherd abzieht, um sie an einem anderen einzusetzen, ohne andernorts wirklich für Ausgleich zu sorgen, darf sich nicht wundern, wenn die anderen Brandherde, die man nicht mehr im Blick hat, außer Kontrolle geraten.

Die Redezeit.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss.