Protocol of the Session on September 13, 2012

(Lachen und weitere Zurufe von den GRÜNEN)

Wir hätten das Vergabegesetz nicht gemacht! Das Mittelstandsgesetz würde ja passen, wenn Sie nicht mit anderen Gesetzen genau das Gegenteil tun würden! Das Problem ist doch, dass Sie dem Mittelstand vorgaukeln, Sie täten etwas für den Mittelstand, aber in drei anderen Gesetzen den Knebel für den Mittelstand ansetzen! Und das Vergabegesetz ist doch nur eines davon!

(Lebhafter Beifall von der CDU und der FDP)

Nehmen wir das nächste Gesetz. Sie reden davon, jeden industriellen Arbeitsplatz in Nordrhein

Westfalen zu verteidigen, und gleichzeitig machen Sie ein Klimaschutzgesetz, das am Ende ein erheblicher Eingriff in die Gewerbefreiheit in diesem Lande sein wird. Das passt doch nicht zusammen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wissen Sie, was im Übrigen auch nicht zum Mittelstandsgesetz passt? Zu diesem Mittelstandsgesetz passt auch nicht Ihr Nichtraucherschutzgesetz. Sie haben in diesem Gesetz – was die Fragen Bedeutung und Auslegung für den Mittelstand angeht – ausgeführt, dass man nicht ausschließen könne, dass dieses Gesetz kleinere getränkeorientierte Gaststätten, in denen viel geraucht wurde, vor neue Geschäftskonzepte stellen wird. Erzählen Sie mir mal, was jemand für ein Geschäftskonzept entwickeln soll, der über Stühle, Tische und eine Theke verfügt.

(Heiterkeit und Beifall von der CDU und der FDP)

Ich kann nur sagen: Das kann nur ein Beamter in dieses Gesetz geschrieben haben, der aufgrund des Alimentationsprinzips weiß, dass er sich kein neues Geschäftsmodell ausdenken muss.

(Lebhafter Beifall von der CDU und der FDP)

Aber, Frau Kraft, Minister sind dafür da, dass sie das erkennen und dann Gesetze machen, die auch gehen.

Sie wissen ganz genau: Sie machen ein Mittelstandsgesetz, und gleichzeitig werden Sie mit diesem Gesetz 3.000 bis 4.000 Gaststätten in Nordrhein-Westfalen die Existenzgrundlage entziehen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Mit Ihren ganzen Modellprojekten können Sie noch ein Weiteres machen: Nehmen Sie eine dieser Gaststätten und machen darin Beratung für existenzgefährdete Wirte.

(Heiterkeit und Beifall von der CDU und der FDP)

Ich will anhand dieses Beispiels nur darlegen, dass das, was gesagt wird, und das, was Sie tun, schlicht und ergreifend nicht zusammenpasst.

So war es gestern eben auch bei Ihrer gesamten Regierungserklärung. Die Regierungserklärung bestand in Wahrheit aus zusammengeschriebenen Maßnahmen aus den einzelnen Ministerien, die kein stimmiges Bild für die heutige Zeit ergaben.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ihre Regierungserklärung war keine Antwort auf die zwingende Frage, wie der Weg in der Haushaltspolitik aussehen soll, um 2020 die Schuldenbremse zu erreichen. Die Regierungserklärung war keine Antwort, welche Lehren wir auch in NordrheinWestfalen aus der europäischen Finanzmarktpolitik letzten Endes für eine gute Zukunft in unserem Lande ziehen müssen. Sie war keine Antwort darauf, wie hier in Nordrhein-Westfalen eine jüngere Generation – sie wird kleiner als die jetzige Generation sein, und sie muss sehr viel mehr Ältere als die jetzt aktive Generation finanzieren – aus unserer Generation noch Gestaltungsspielräume für die Zukunft erhalten soll.

Deswegen befürchte ich und bin mir im Übrigen auch sicher: Wenn diese Regierungserklärung wirklich Grundlage der Politik der nächsten fünf Jahre ist, dann werden das in Nordrhein-Westfalen fünf Jahre sein, die uns am Ende bei der Zukunftsgestaltung fehlen werden.

Es werden Jahre sein, die wir bei der Aufholjagd – dabei geht es auch um die Erfordernisse der Demografie – so schnell gar nicht mehr aufholen können. So geht es uns jetzt bei den U3-Plätzen. Die Problematik liegt darin, dass wir zu spät angefangen haben. Deswegen hoffe ich – das ist trotzdem meine große Hoffnung –, dass Sie in den fünf Jahren mit der Mehrheit, die Sie haben, Ihre Politik nicht an dieser Regierungserklärung orientieren werden.

Ich verstehe Oppositionspolitik so, dass man Fehler aufdeckt, aber auch Alternativen nennt. Es wird auch für uns eine große Herausforderung sein, ein Gesellschaftsbild zu malen, das anders ist, weil es nämlich in den nächsten Jahren nicht mehr die Möglichkeit gibt, so viele Schulden zu machen, wie sie hier seit vier Jahrzehnten gemacht werden. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Langanhaltender Beifall von der CDU – Die Abgeordneten der CDU-Fraktion erheben sich von ihren Plätzen.)

Vielen Dank, Herr Kollege Laumann. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt der Fraktionsvorsitzende, Kollege Römer, das Wort.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann den inszenierten Beifall der CDU-Fraktion nach dieser Rede gut nachempfinden.

(Widerspruch von der CDU – Zuruf von der SPD: Und dann noch schlecht inszeniert!)

Herr Kollege Laumann, dennoch: Das war ein weiterer Hinweis dafür, dass die grassierende Angst in der NRW-CDU, 26 % seien noch nicht das Ende der Fahnenstange, es könnte weiter runter gehen, sehr berechtigt ist.

(Beifall von der SPD)

Ich habe mich – Herr Kollege Laumann, die Verzweiflung war Ihnen ja anzusehen – streckenweise gefragt: Wer hat Ihnen das angetan? Wer hat Ihnen das aufgeschrieben? Wer hat Sie vor allen Dingen gezwungen, diese Rede vorzulesen?

(Beifall und Heiterkeit von der SPD und den GRÜNEN – Rainer Schmeltzer [SPD]: Und dann noch mit so viel Fremdworten!)

Sie haben im Übrigen so begonnen wie schon vor zwei Jahren bei der Aussprache über die erste Regierungserklärung der Ministerpräsidentin. Das

macht deutlich: Sie sind stehen geblieben. Sie arbeiten sich, Herr Kollege Laumann, an uns ab anstatt dass Sie sich an den Problemen der Menschen im Land abarbeiten würden. Das aber verlangt man von einer Opposition.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ja, die Ministerpräsidentin hat gestern die Regierungserklärung der wiedergewählten, bestätigten rot-grünen Koalition für die nächsten fünf Jahre abgegeben. Sie hat sie unter die Leitlinien „vorbeugend, nachhaltig und gerecht“ gestellt. Das zieht sich wie ein roter Faden durch unsere Politik. Wir werden Sie auch immer wieder damit konfrontieren.

(Vorsitz: Vizepräsident Eckhard Uhlenberg)

Wir werden das, Herr Kollege Laumann, meine Damen und Herren, solide, beharrlich und zielorientiert machen, weil das dasjenige ist, was die Menschen von uns erwarten: beharrlich, zielorientiert und solide die Politik zu machen, die hier im Land gebraucht wird, ohne Effekthascherei und vor allen Dingen mit klarem Blick in die Zukunft. Das hat die Ministerpräsidentin gestern deutlich gemacht. Dafür danke ich ihr.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ja, die Menschen wollen – das ist Aufgabe von Politik –, dass wir ihre Alltagsprobleme lösen und dass wir Wege aufzeigen und gehen, die auch in eine gu

te Zukunft führen. Die Menschen wollen wissen, wohin die Reise geht.

Bei Ihnen, Herr Kollege Laumann, war das noch nicht einmal zu erahnen, wohin die Reise gehen sollte. Da, wo Sie von Ihrer Rede abgewichen sind, haben Sie ein erkleckliches Maß an Wirklichkeitsfremdheit erkennen lassen. Das macht mir Angst, Herr Kollege Laumann. Sie nehmen die Wirklichkeit nicht vernünftig wahr.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Das ist ein Zeichen dafür, dass Sie nicht auf der Höhe der Zeit sind.

Die Menschen wollen wissen: Wie leben wir in fünf, in zehn Jahren hier in unserem Land? Wie arbeiten wir dann? Und vor allem: Was arbeiten wir dann? Haben wir in fünf oder in zehn Jahren Wohlstand in unserem Land und haben dann alle was davon? – Das sind die entscheidenden Fragen, um die es geht.

Das ist gestern deutlich geworden mit der Regierungserklärung. Ja, meine Damen und Herren, diese Regierungserklärung, unsere Politik in den nächsten fünf Jahren, baut auf das auf, was wir hier bereits 20 Monate in der Minderheitsregierung zustande gebracht haben. Das hat dafür gesorgt, dass die Menschen wieder mehr und mehr Vertrauen in uns gewonnen haben. Das hat dafür gesorgt, dass sie mehr Zutrauen in unsere politische Gestaltungskraft gewonnen haben. Das hat vor allen Dingen dafür gesorgt, dass wir bei der vorgezogenen Neuwahl mit einer klaren Mehrheit ausgestattet worden sind, meine Damen und Herren. Das ist die Grundlage für zukünftiges Handeln hier in diesem Haus.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Herr Laumann, Sie haben vor ein paar Tagen in Witten gesagt, die CDU-Fraktion sei noch nie so machtlos gewesen.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Die Landesverfassung – darauf haben Sie hingewiesen – könne nach dem Wahlergebnis vom Mai inzwischen auch ohne die CDU geändert werden. – Ja, richtige Beschreibung, zutreffende Beschreibung. Ich hoffe nur, Ihre Rede hat dafür noch keinen Hinweis gegeben. Ich hoffe nur, dass Ihre gefühlte Machtlosigkeit nicht umschlägt in dauerhafte Orientierungslosigkeit und Fundamentalopposition.

(Beifall von der SPD, Reiner Priggen [GRÜNE] und Sigrid Beer [GRÜNE])

Das wäre für dieses Hohe Haus nicht vernünftig und nicht gut, meine Damen und Herren.