Das duale System und auch die Ausbildungsumlage – nach meiner Wahrnehmung und der Wahrnehmung der Grünen.
Ich möchte mit einem Zitat meines derzeitigen Schülerpraktikanten Kubilay schließen, der aus seiner Sicht sicherlich auch ein Fachexperte ist:
Durch eine Abgabe oder Umlage können sich viele Jugendliche weiterentwickeln und bleiben nicht auf der Strecke. Man darf nie vergessen, dass die Jugendlichen heute die Zukunft von morgen sind. Und wenn man auf die Zukunft setzt und will, dass es vorangeht, dann muss man auch die Zukunft unserer Jugendlichen fördern.
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren – weniger auf der Tribüne, dafür, hoffe ich, umso mehr im Stream!
Zum einen, liebe Kollegin Jansen: Die Ananasdiät habe ich mir aufgeschrieben. Ich werde dann berichten.
Zum Zweiten: Es ist schon ein bisschen verwirrend, was die Landesregierung in letzter Zeit an Aussagen zur Ausbildungsumlage in die Welt gesetzt hat. Frau Ministerpräsidentin schließt sie konsequent aus – auch in Zukunft. Herr Minister Schneider bringt sie öfter mal ins Spiel. Da wäre eine eindeutige Kommunikation besser. Hinterher glaubt noch irgendjemand, Sie wären sich nicht einig. Das wäre ja nicht richtig.
Ich stehe der Ausbildungsumlage übrigens sehr neutral gegenüber, möchte aber zu bedenken geben, dass man zuerst mal prüfen muss, ob die denn wirklich die Steuerungswirkung entfalten kann, die man sich davon erhofft. Aber das können wir ja demnächst im Ausschuss besprechen. Deswegen finde ich den Antrag an der Stelle gar nicht schlecht – bin aber nicht ganz sicher, ob das Ergebnis erzielt wird, das sich der Kollege Alda wünscht. Aber schauen wir mal.
Ich habe mir zunächst mal die Zahl der Auszubildenden in den letzten Jahren angeschaut. Dabei habe ich nicht nur den FDP-Antrag zugrunde gelegt, in dem nur das Jahr 2012 bis 2013 betrachtet wird. IT.NRW listet Zahlen von 2009 bis 2013 auf. In diesem Zeitraum gab es landesweit einen Rückgang an Auszubildenden von etwas mehr als 6 %, größtenteils übrigens im Handwerk, zu einem etwas kleineren Teil in der Industrie. Das ist nicht gut für unser Land. Wir wissen, wie viele Fachkräfte wir in Zukunft brauchen. Da müssen wir wirklich einhaken.
Wie kann man dem begegnen? Warum wird überhaupt weniger ausgebildet? – Die Unternehmen und auch die Unternehmensverbände sagen ganz gerne: Es gibt zu viel Bürokratie. – Das kann man sagen, man muss dann aber auch exakt benennen, welche bürokratischen Hemmnisse es gibt. Dann kann man sich diese anschauen. Hier immer wieder mantraähnlich das Tariftreue- und Vergabegesetz zu kritisieren,
ja, das ist wahrscheinlich genauso hilfreich, wie ständig eine Ananasdiät zu wiederholen. Das macht keinen Sinn. Es ist auch unglaubwürdig, wenn man das bei jeder Problemstellung aus dem Hut zaubert. Da sollte man sich schon etwas differenzierter dranbegeben. Aber das können wir ja im Ausschuss machen. Darauf freue ich mich.
Der zweite Punkt, den Unternehmen und Verbände immer wieder vorbringen, ist, dass junge Menschen heutzutage nicht so ausbildungsfähig seien. Das
kann ich mir kaum vorstellen. Ich habe nicht den Eindruck, dass die Menschen heutzutage dümmer sind als früher.
Auch das glaube nicht – nicht im Schnitt! Ich glaube, dass Unternehmen heutzutage genauere Vorstellungen haben, was ein zukünftiger Auszubildender alles schon können soll. Und ich glaube, da wird ein bisschen zu viel gefordert. Ich finde auch nicht, dass unsere Schulen dafür zuständig sind, diese Forderung zu erfüllen. Die Schulen sind ja schließlich nicht Dienstleister der Wirtschaft. Wenn Unternehmen genauere Vorstellungen haben, dann müssen sie auch in die Pflicht genommen werden. Wie man ihnen dabei helfen kann, darüber können wir ebenfalls reden.
Hier gebe ich der FDP recht: Dies muss in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft geschehen. Miteinander reden – das ist ganz wichtig. Der runde Tisch ist bereits erwähnt worden.
Wer mir bei dem runden Tisch aber immer wieder fehlt, das sind die Kleinunternehmen. Es gibt sehr viele kleinere Unternehmen – Kollegin Maaßen sprach es eben an –, auch mit Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Es gibt auch Kleinunternehmen, die von Menschen mit Migrationshintergrund ins Leben gerufen worden sind, wo also die Unternehmer einen Migrationshintergrund haben. Dort gibt es noch sehr viel Respekt vor unserem dualen Ausbildungssystem. Da kann man Hilfestellung geben. Da können wir eine echte Trendwende schaffen. Das wäre eine richtig gute Sache. Ich freue mich, dass wir uns darüber im Ausschuss unterhalten können.
Ich möchte meine Redezeit zu diesem Zeitpunkt nicht überschreiten. Ich freue mich auf die Anhörung, die es dazu wahrscheinlich geben wird – das hoffe ich zumindest, denn sonst wäre das nur ein Showantrag, wovon ich nicht ausgehe – und auf die Beratungen im Ausschuss. – Vielen Dank.
Erstens. Wir haben in den letzten Jahren einen Rückgang nicht bei den angebotenen Ausbildungsplätzen zu verzeichnen, sondern bei den abgeschlossenen Ausbildungsverhältnissen. Dies ist regional sehr unterschiedlich, auch von Branche zu Branche sehr unterschiedlich, einige sind ja schon angesprochen worden.
Das Bemerkenswerte und das Schwierige liegt darin, dass in den industriellen Kernberufen bei den abgeschlossenen Ausbildungsverhältnissen Rückgänge von bis zu 10 % zu verzeichnen sind. Ich sage Ihnen: Das machen Sie einige Jahre, und dann haben Sie zeitlich gestreckt ein echtes Fachkräfteproblem. Wir haben ja den ganzen Tag darüber diskutiert, wie wichtig qualifizierte Arbeit für das Industrieland NRW ist. Und die ist eben verbunden mit beruflicher Qualifizierung und mit Weiterbildung. Deshalb ist die jetzige Situation so gefährlich.
Zweitens. Wir haben mit großem Erfolg das neue Übergangssystem von der Schule in den Beruf eingeführt. Zwischenzeitlich sind etwa 200.000 junge Menschen mit diesem Übergangssystem erreicht. Wir wollen über diesen Weg auch die sogenannten Warteschleifen minimieren, um die jungen Menschen möglichst früh in Ausbildung oder Studium zu bringen. Dies geht aber erst dann, wenn wir mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung haben. Ansonsten wird sich die Zahl derer, die sich in Warteschleifen befinden, nicht reduzieren lassen.
Zur Qualifikation der jungen Menschen, die einen Ausbildungsplatz suchen: Hier hat sich fundamental etwas verändert. 70 % der Ausbildungsplatzsuchenden, die ohne Erfolg bleiben, haben mindestens einen Realschulabschluss, wenn nicht eine Studienberechtigung. Also: Die Gleichung, dass diejenigen, die übrig bleiben, nicht ausbildungsfähig oder -willig sind, die geht seit Langem nicht mehr auf.
Was ist nun zu tun? – Die nordrhein-westfälische Landesregierung setzt auch hier auf sozialen Ausgleich. Unser Ausbildungskonsens wird in diesem Jahr 20 Jahre alt. Wir diskutieren derzeit auf der Arbeitsebene darüber, wie wir die Verhältnisse in diesem Jahr verbessern können. Natürlich geht dies am besten, wenn alle Beteiligten an einem Strick ziehen und sich in der Zielsetzung einig sind. Ohne Druck!
Die Wirtschaft ist für die Ausbildung im dualen System zuständig. Die Kammern haben den gesetzlichen Auftrag, die Durchführung der Berufsausbildung zu organisieren. Deshalb kann man schon erwarten, dass jetzt gehandelt wird. Dies heißt auch, dass jetzt geliefert wird. Selbstverständlich!
Im Übrigen handelt es sich um eine Umlage, nicht um eine Abgabe. Ich bitte, hier exakt zu bleiben. Eine Abgabe wäre eine neue Steuer. Das will ja wohl niemand.
Eine Ausbildungsplatzumlage steht nicht auf der politischen Agenda der Landesregierung. Allerdings – Frau Maaßen hat darauf hingewiesen – ist im Koalitionsvertrag ein Prüfungsauftrag vermerkt, dem wir selbstverständlich nachkommen werden.
Wir setzen aber darauf, dass sich die Wirtschaft im ureigenen Interesse bewegt und mehr Ausbildungsverhältnisse im dualen System abschließt. Dies be
zieht sich auch auf junge Leute, die als Flüchtlinge zu uns kommen. Es bezieht sich ebenfalls auf junge Leute mit Migrationshintergrund.
Und es tut sich ja einiges. Ich könnte zum Beispiel die Kammer Siegen nennen, die hier – natürlich mit eigenem Geld untersetzt – ganz hervorragende Aktivitäten auf den Weg bringt, um die Berufsausbildung in ihrem Bereich voranzubringen.
Ich weiß nicht, was die Diskussion über eine Quote soll. Niemand denkt daran, irgendeine Quote einzuführen. Ich habe den Eindruck, dass manche reflexartig zurückschrecken, wenn das Wort „Quote“ fällt. Dies ist nun wirklich außerhalb der aktuellen Diskussion.
… über die wir auch nicht hinweggehen sollten, gibt es auch Positives. Heute sind die jüngsten Arbeitsmarktdaten, auch bezogen auf NRW, bekanntgegeben worden.
Bei den bis zu 25-Jährigen ist die Arbeitslosigkeit zwar leicht angestiegen, aber immerhin um über 9 % zurückgegangen gegenüber den vergleichbaren Zahlen im letzten Jahr.
Sie sehen: Trotz aller Schwierigkeiten funktioniert das duale Ausbildungssystem. Es ist das beste der Welt. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Minister hat seine Redezeit um 1:30 Minuten überzogen. Möchte jemand aus einer der Fraktionen noch reden? – Herr Kollege Alda. Bitte schön.