Insbesondere mit Blick auf die Nutzung von Ergänzungsstunden sollen nun alle Gymnasien die Handlungsspielräume erweitern. Ergänzungsstunden
dienen der individuellen Förderung. Fünf solcher Stunden werden zwar allen Schülerinnen und Schülern angeboten, müssen aber je nach Leistungsstärke und Interesse nicht von allen wahrgenommen werden. Das entlastet viele Schülerinnen und Schüler und schafft neue Chancen für individuelle Förderkonzepte in den Schulen.
In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, dass Hausaufgaben zuallererst Schulaufgaben sein sollten. Sie müssen begrenzt und pädagogisch begründet sein. Die Empfehlung, keine Hausaufgaben an Tagen mit verpflichtendem Nachmittagsunterricht zu erlauben, sowie im Ganztag möglichst alle Aufgaben in Lernzeiten zu integrieren, hat ein zentrales Ziel: Schülerinnen und Schüler sollen mehr Zeit nach der Schule haben, die sie individuell ausfüllen können, etwa zur Entspannung, für Kultur, Sport oder ehrenamtliches Engagement. Das ist gut, auch für das Zusammenspiel zwischen Schule und außerschulischen Einrichtungen, die Angebote für Kinder und Jugendliche machen.
Wir wollen eine offene Schule, in die sich viele außerschulische Partnerinnen und Partner einbringen können. Gleichzeitig wollen wir genügend Freiräume, damit sich Kinder und Jugendliche außerhalb der Schule engagieren können.
Meine Damen und Herren, die Schulkonferenzen der Gymnasien haben nun die Aufgabe, die Punkte zu identifizieren, die für ihre Schule am wichtigsten sind, und wo noch Handlungsbedarf besteht. Sie sollen dies aus meiner Sicht im Rahmen eines pädagogischen Tages tun. Wir wollen sie dabei unterstützen. All das erfordert aber noch einen gewissen Vorlauf; denn die Schulen sollen eben diese Unterstützung dafür bekommen. Ich bin froh, dass wir dafür jetzt auch die Qualitäts- und Unterstützungsagentur in Soest haben, die die Schulen genau dabei wird begleiten können.
Ja, es ist viel zu tun. Bei allem Erwartungsdruck, dass sich an den Schulen, an denen die Unzufriedenheit besonders hoch ist, schnell etwas ändert, ist trotzdem ein gut strukturiertes und begleitetes Vorgehen für die Schulen sehr wichtig. Dazu gehört, dass vonseiten des Parlaments und des Schulministeriums an einigen Punkten die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, auf deren Basis eine zeitnahe und verbindliche Umsetzung der Empfehlungen in unseren Schulen erfolgen soll. In diesem Zusammenhang werbe ich um Ihre Unterstützung, denn neben Erlassen sind auch Rechtsvorschriften zu ändern, die der Mitwirkung und Beteiligung des Parlaments bedürfen.
Die Umsetzung der Empfehlungen erfordert viele Akteurinnen und Akteure. Wir werden insbesondere die mit dem Gymnasium verbundenen schulischen Verbände im Sinne einer vertrauensvollen Zusammenarbeit in die kommenden Schritte einbeziehen, um die nötige Transparenz zu schaffen und – das ist wichtig – die Verbindlichkeit zu sichern.
Damit meine ich nicht nur die vorgeschriebene Beteiligung der Verbände bei der Änderung von Rechtsverordnungen, die selbstverständlich in NRW erfolgt. Ich meine insbesondere, dass wir Handreichungen und Leitlinien, die grundsätzlicher Art sind, gemeinsam mit den Lehrer- und Elternverbänden, der LandesschülerInnenvertretung sowie weiteren Partnern erarbeiten und abstimmen. Ich will alle am Umsetzungsprozess Beteiligten mit ins Boot holen; das ist gute Tradition dieser Regierung. Dazu gehören natürlich auch die außerschulischen Partnerinnen und Partner wie der Landesmusikrat oder der Landessportbund.
Wichtig ist, dass die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der Maßnahmen systematisch gesichert wird, um eine hinreichende Akzeptanz des G8-Bildungsgangs in der Fläche zu erreichen. Dabei tragen neben dem Schulministerium weitere Institutionen Verantwortung für die Umsetzung. Da sind zunächst die Schulaufsicht und die neugegründete Qualitäts- und Unterstützungsagentur in Soest zu nennen.
Diese Institutionen werden den Schulen beratend und unterstützend zur Seite stehen. So wird die Qualitätsagentur Beispiele gelungener Hausaufga
benpraxis und schulinterne Curricula zur Verfügung stellen, die von den Schulen als Vorlage genutzt werden könnten. Regionale Qualitätszirkel, die von der Schulaufsicht zum Erfahrungsaustausch gebildet werden sollen, können die Schulen ebenfalls unterstützen.
Auch die außerschulischen Partner der Schulen können als bewährte Bildungspartner der Schulen ihren Beitrag leisten. Wir wollen auch mit ihnen vor Ort möglichst viel Konsens über die Ausgestaltung des Schulalltags der Schülerinnen und Schüler erarbeiten. Hier können etwa die regionalen Bildungsnetzwerke ein geeignetes Forum sein.
Der runde Tisch schlägt vor, dass das MSW nach einem Jahr alle beteiligten Verbände zu einem Erfahrungstausch über die erfolgten Maßnahmen mit dem Ziel einer kontinuierlichen Weiterentwicklung einlädt. Das werde ich, wie schon in der Vergangenheit, gerne tun.
Meine Damen und Herren, auch Sie als Abgeordnete des Landtags haben Einfluss auf die Wirkung und Umsetzung der Empfehlungen zur weiteren Optimierung des achtjährigen Bildungsgangs am Gymnasium. Ein klares und verlässliches Signal des Landtags wäre – ähnlich wie beim Schulkonsens 2011 – ein wichtiger Baustein für den Erfolg, für unsere Schülerinnen und Schüler, für die Gymnasien in Nordrhein-Westfalen. Deshalb bitte ich Sie herzlich um Ihre Unterstützung für diesen intensiven Arbeitsprozess. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin, für die Unterrichtung. – Ich eröffne die Aussprache, und in die startet Herr Kollege Kaiser für die CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Beratung zum Thema „G8/G9“ macht eines deutlich: Die gesellschaftlichen Gruppen in Nordrhein-Westfalen, die mit Schule zu tun haben, stehen hinter der Umsetzung und der Verbesserung von G8. Außerdem können wir feststellen, dass das Gymnasium auch in Zukunft die beliebteste Schulform bleiben kann.
Als CDU haben wir immer betont: Wir wollen ein starkes Gymnasium; das heißt, wir wollen auch ein gut gemachtes G8. Aber wir wollen ebenso, dass Vereinsarbeit, ehrenamtliches und kirchliches Engagement gerade auch für Gymnasiasten weiter möglich ist. Wir wollen weiterhin, dass die Gymnasialzeit – das ist der gesundheitliche Aspekt – auch ohne regelmäßige Besuche bei Ärzten erfolgreich und stressfrei gestaltet werden kann.
2010 hat sich die rot-grüne Landesregierung der Fortsetzung von G8 – wie Sie es damals ausgedrückt haben, Frau Ministerin – „vergewissert“. Aber – und darüber kann man nicht hinwegsehen –: Dieser „Vergewisserung“ ist kein entschlossenes Regierungshandeln gefolgt.
Die gesetzlichen Grundlagen – das heißt der Instrumentenkasten für konkretes Regierungshandeln und für konkrete Verbesserungen im System von G8 – lagen damals wie heute vor. Die Empfehlungen betonen und konkretisieren in der Regel die bestehende Rechtslage und machen konkrete Umsetzungsvorschläge für die Schulen. Das haben Sie in Ihrem Bericht sehr deutlich gemacht.
Jedoch gilt: Powerpoint-Präsentationen ersetzen keine Umsetzung im Detail; denn diese ändern noch nichts an der Notwendigkeit der Umsetzung in jedem einzelnen Gymnasium. Und das ist doch der Punkt, worum es bei vielen Gymnasien geht.
Sie wissen, dass ich ein bisschen herumkomme und dass die Opposition gelegentlich von den Schulen berichtet bekommt, was dort so alles geschieht.
Von der Regierung bekommt man manchmal nämlich nur gesagt, was diese gerne hätte. Auch das ist systembedingt.
Wir hören gelegentlich, dass es viele Schulen gibt, die keine Probleme haben. Es gibt aber eben auch viele Schulen, wo konkrete Probleme vorhanden sind. Und dann nützen alle Kreise und runden Tische nichts – verantwortlich für die Umsetzung sind ganz alleine Sie als Ministerin, Frau Löhrmann, sowie Ihr Ministerium. Da können Sie auch keine Kreise als Legitimation hinzuziehen, sondern Sie müssen handeln. Damit hätten Sie im Jahr 2010 bereits beginnen können.
Wir wissen, dass es keine belegbaren Hinweise darauf gibt, dass das G9 dem G8 überlegen ist. Des Weiteren wissen wir, dass Schule dann gut ist, wenn sie gut gemacht ist. Das kann nur gelingen, wenn die Gymnasien die nötige Wertschätzung im Regierungshandeln erhalten. Dabei ist jedoch nicht Abwarten gefragt. Ich möchte nicht wissen, ob sich während des Prozesses die konkrete Wirklichkeit im Hinblick auf Elternbeschwerden oder auf Umsetzungsprobleme verbessert hat, sondern ob parallel zu dem Prozess überhaupt konstruktiv gehandelt worden oder im Detail weitergearbeitet worden ist.
Das macht doch der Moderationsprozess deutlich. Die konkreten Forderungen der betroffenen Verbände sind nach Auffassung der CDU-Fraktion durchaus richtig. Sie sind jedoch in der Tendenz nicht neu und hätten schon längst umgesetzt wer
Es ist gut, wenn Sie dies jetzt mit Nachdruck angehen können. Rainer Priggen hat gestern in der Haushaltsrede gesagt: „Das machen wir jetzt auch noch“. Das reicht aber nicht; „auch noch machen“ gilt nicht. Vielmehr muss gesagt werden: Dies ist die wichtigste Bildungsaufgabe, die in den nächsten Jahren an den Gymnasien ansteht. Wir müssen es schaffen, die Akzeptanz von G8 in den Gymnasien zu umzusetzen. Dafür müssen Sie entsprechend handeln.
Das muss gelebte Wirklichkeit an jedem einzelnen Gymnasium werden, sodass man sagen kann: G8 wird hier zum Vorteil der Schülerinnen und Schüler umgesetzt. Das haben Sie eingangs ebenfalls betont, aber es muss auch entsprechend gehandelt werden.
Deshalb erhalten Sie von uns keinen Blankoscheck. Wir fordern Sie vielmehr auf, zeitnah umzusetzen, was Sie hier formulieren. Dann können wir Sie kritisch begleiten. Es reicht aber nicht aus, zu sagen: Wir schaffen neue Gremien; wir evaluieren das weiter.
Es drückt konkret vor Ort. Der Druck der Opposition, der sich gegen G8 richtet, beruht doch auf den Erfahrungen an einzelnen Schulen. Wer das nicht ernst nimmt und einfach darüber hinwegsieht, der wird dieses Problem auf Dauer nicht angehen können. Deshalb besteht bei Ihnen in der Regierung konkreter Handlungsbedarf.
Wenn man alles Gesagte zusammennimmt, wird deutlich, dass Sie G8 jetzt endlich zum Erfolg führen müssen. Der Tenor in Ihrem Entschließungsantrag – und das haben Sie eingangs auch selbst gesagt, auch wenn es im Ton moderater war – liest sich nach dem Motto: Das geht auf Schwarz-Gelb zurück. Aber: Sie sind jetzt seit viereinhalb Jahren an der Regierung. Es gibt somit keine Chance mehr, das Ganze auf andere abzuwälzen. Sie sind für das verantwortlich, was bei G8 umgesetzt wird!
Deshalb gilt: Eine Schulform wird auf Dauer nur dann akzeptiert werden – das gilt eben auch für G8 –, wenn es gelingt, dass die Elternschaft diese Schulform mitträgt. Darauf muss entsprechend hingearbeitet werden, und dafür sind sicherlich viele Verbündete erforderlich.
Ich möchte aber noch einige Bemerkungen machen, die ich mit Blick auf die Zukunft des Gymnasiums für wichtig halte. Die CDU hält eine schleichende Schlechterstellung der Gymnasien für nicht akzeptabel. Wir haben in einem eigenen Antrag – deshalb haben wir heute keinen Entschließungsantrag zu dieser Debatte eingebracht – einiges dazu formuliert, wie unserer Meinung nach die Zukunft der Gymnasien aussehen soll.
Frau Löhrmann, sorgen Sie durch eine Offensive für die Gymnasien dafür, dass die manchmal in den Medien Ihnen gegenüber geäußerten Vorwürfe, Sie würden G8 auf diese Weise laufen lassen, weil Sie eigentlich eine andere Schulform präferieren würden, entkräftet werden. Dem können Sie entgegentreten, indem Sie den Gymnasien die Wertschätzung zukommen lassen, die ihnen gebührt.
Die Eltern der Gymnasialschülerinnen und -schüler haben einen Anspruch darauf, dass ihre Schulform wirklich wertgeschätzt wird. Das haben wir im Schulkonsens auch so vereinbart. Wir haben für Nordrhein-Westfalen richtigerweise ein vielfältiges Schulsystem mit vielen Wegen festgeschrieben, aber eben substanziell mit dem Gymnasium als zentralem Element. Dieses System umfasst eben nicht nur Schulen des längeren gemeinsamen Lernens.
Eine Zwischenbemerkung: Dieser Begriff der „Schulen des längeren gemeinsamen Lernens“ steht übrigens nicht in dem Papier des Schulkonsenses. Er wird zwar heute sehr häufig von Ihnen gebraucht, vielleicht aber auch in Form eines politischen Schlagworts.
Das Schlagwort vom „längeren gemeinsamen Lernen“ vermittelt als politische Parole von Ihrer Seite häufig den Eindruck, dass sich mit der Gemeinsamkeit vermeintlich automatisch auch Gleichheit und damit Gerechtigkeit einstellen, wobei Gleichheit und Gerechtigkeit sehr häufig im gleichen Abschluss bestehen sollen, nämlich im Abitur.
Doch nicht alle Kinder und Jugendlichen haben die gleichen Interessen, Talente und Fähigkeiten. Alle Kinder und Jugendlichen über einen Kamm scheren zu wollen, schafft gerade keine Gerechtigkeit. Es ist vielmehr ungerecht, das zu tun.