Protocol of the Session on December 5, 2014

Aber eines wollen wir nicht – das will ich ganz deutlich an die Adresse der Piraten sagen –: Wenn wir ohne Kenntnis solcher Grundlagen und ohne

eine Basis, ohne eine Ahnung – auf Deutsch gesagt – einfach per se alles verbieten, meine Damen und Herren –

(Beifall von der FDP)

das ist eine Haltung, die die FDP niemals mittragen kann –, dann bedeutet das für ein so sehr von Innovationen abhängiges Land wie Deutschland und auch Nordrhein-Westfalen das Ende aller Möglichkeiten. Dann – das sage ich ganz klar – werden wir uns niemals weiterentwickeln. Dann kann man nur sagen: Gute Nacht, NordrheinWestfalen! Gute Nacht, Deutschland!

(Dr. Joachim Paul [PIRATEN]: Eine wirkliche Innovation wäre es, mit dem auszukommen, was täglich reinkommt!)

In diesem Sinne jetzt von mir: Schönes Wochenende!

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Bombis. – Nun spricht für die Landesregierung Herr Minister Remmel.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat beschäftigt das Thema „Erdgasgewinnung durch Fracking“ die Menschen nicht nur in Nordrhein-Westfalen, die Öffentlichkeit, die Politik, den Landtag bereits seit mehreren Jahren. Ich bin kein Prophet, wenn ich an dieser Stelle sage: Es wird uns auch noch längere Zeit gemeinsam beschäftigen.

Die Bundesregierung hat nach den gescheiterten Versuchen der letzten Jahre nun ein neues Gesetzespaket vorgestellt. Ich mache aus meinem Herzen keine Mördergrube: Dieses Gesetz ist an vielen Stellen nicht geeignet, den Vorstellungen, die der Landtag und die Landesregierung geäußert haben, vollumfänglich Rechnung zu tragen. Ich will das an mehreren Punkten deutlich machen:

Wir haben uns in der Tat verabredet, auf wissenschaftlicher Basis einen Dialogprozess mit allen Beteiligten zu führen. Dieser Dialogprozess bedeutet, dass man sich gegenseitig die Meinung sagen kann, dass man den Raum hat, das zu tun, und nicht unter Druck steht, Genehmigungsentscheidungen in die eine oder andere Richtung zu treffen. Insofern hätte ich mir gewünscht, dass der Raum für einen solchen Dialogprozess durch eine entsprechende Gesetzesregelung auf Bundesebene eröffnet worden wäre.

Zum Zweiten müssen wir in Nordrhein-Westfalen konsistent bleiben, wenn es darum geht, gemeinsame Positionen zu vertreten – so hat der Landtag die Landesregierung jedenfalls aufgefordert –, auch

gegenüber unseren niederländischen Nachbarn, die derzeit ähnliche Vorhaben diskutieren.

Es geht weiter darum, in einem Gesetzesvorhaben auf Bundesebene die Begriffsverwirrung, die es derzeit gibt, zu beseitigen. Die einen reden von unkonventionellen Lagerstätten, die anderen von unkonventionellem Erdgas, die Dritten wieder von unkonventionellem Fracking. Was derzeit gesetzestechnisch vorliegt, klärt die Begriffsverwirrung nicht, sondern es bleibt bei der bisherigen Strukturierung.

Im Übrigen rate ich sehr dazu – das ist die Haltung der Landesregierung –, dass bisher bewährte Verfahren der Genehmigung nicht auf Expertengremien oder Sonstiges verlagert werden, sondern es muss bei nachvollziehbaren Genehmigungsschritten und dann auch bei den entsprechenden rechtlichen Möglichkeiten bleiben.

Letztlich geht es um die Schutzgüter Wasser, Boden und Luft. Hier sind die Interessen in NordrheinWestfalen sehr eindeutig gelagert. Wir haben einen sehr wichtigen Schatz, den wir schützen müssen, nämlich unser Trinkwasser. Wir nehmen die Ängste der Bürgerinnen und Bürger und die Bedeutung der Schutzgüter besonders ernst.

Ziel der Landesregierung ist es, den Einsatz von Fracking in NRW insbesondere zum Aufschluss von sogenannten unkonventionellen Lagerstätten

rechtssicher auszuschließen, da nicht gewährleistet ist, dass es durch den Einsatz dieser Technik nicht zu Gefährdungen für Mensch und Umwelt kommt. Das hat die Ministerpräsidentin mehrfach betont. Sie verweist dabei nicht nur auf die Gefährdungen durch die entsprechende Technologie, sondern auch auf die Auswirkungen auf die Fläche, auf den Lärm und auf die sehr enge Bebauung und Siedlungsstruktur, die wir in Nordrhein-Westfalen haben.

Wir werden uns deshalb auch im Bundesrat dafür einsetzen, dass die Interessen Nordrhein

Westfalens gewahrt bleiben, die Interessen der Bürgerinnen und Bürger Beachtung finden und wir insbesondere in unserer Positionierung, sowohl im Land als auch gegenüber Dritten, konsistent bleiben.

Deshalb führen wir den transparenten Dialogprozess so, wie ihn der Landtag in seinem Beschluss Drucksache 16/2958 unterstützt und begrüßt hat, fort. Dieser Dialogprozess hat begonnen, und er wird im nächsten Jahr durch eine professionelle Begleitung seine Fortsetzung finden.

Insofern finde ich bedauerlich, dass an dieser Stelle durch einen Antrag der Piraten, der heute beschlossen werden soll, dieser Prozess ein Stück infrage gestellt wird, die Einigkeit, die im Landtag herrscht, möglicherweise unterminiert werden soll. Ich würde mir eine einvernehmliche Interessenvertretung des Landtags für die Interessen Nordrhein-Westfalens an allen Stellen, hier und in Berlin und gegenüber Dritten, wünschen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Remmel. – Für die Piratenfraktion spricht noch einmal Herr Rohwedder.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer!

(Unruhe – Glocke)

Herr Sundermann von der SPD sagte als erster Redner einiges zum Thema. Ich sage Ihnen, Herr Sundermann, die Bundesgesetzgebung ist jetzt in Gang gesetzt. Nordrhein-Westfalen muss sich jetzt positionieren. Die ersten Punkte in diesem Gesetzespaket, in diesen Reformvorschlägen wurden bereits aufgeweicht. Die Umweltverträglichkeitsprüfung, die Sie angesprochen haben, hilft uns nicht weiter. Umweltverträglichkeitsprüfungen sollen Projekte ermöglichen und durchsetzen und sie nicht verhindern.

Frau Schulze Föcking, die direkte Abstimmung brauchen wir jetzt, weil wir jetzt eine Positionierung brauchen. Es gibt kein unbedenkliches Fracking. Es geht nicht nur um wasserkritische Chemie, die bisher eingesetzt wurde, es geht auch um das Flowback, das Lagerstättenwasser, den Wasser- und Flächenverbrauch, den Lärm, die Methanverluste, den CO2-Abdruck dieser Technologie.

Ich wollte diese ganzen umweltkritischen Punkte eigentlich nicht mehr erwähnen, aber es ist anscheinend nötig, das noch einmal zu tun.

Frau Brems von den Grünen hat Frau Kraft zitiert, deren Ziel es ist, kein Fracking zu erlauben, solange sie Ministerpräsidentin ist. Davor kann ich aber nur warnen. Bundesrecht bricht Landesrecht. Wenn Sie jetzt ein Fracking-Ermöglichungsgesetz bekommen, dann zerschießt Ihnen das Ihr Moratorium und Ihre Landesgesetzgebung, Frau Kraft, und auch Ihre Wünsche.

Wir müssen uns also jetzt positionieren, frühzeitig, während dieser Gesetzgebungsprozess in Gang ist und nicht danach, wenn es zu spät ist. Die Bürger hier wollen kein Fracking. Das Land braucht kein Fracking.

(Beifall von den PIRATEN)

Der Dialogprozess, der hier mehrfach erwähnt wurde, wird von dieser Bundesgesetzgebung überholt und nicht von unserem Antrag, Herr Minister Remmel. Wir brauchen den rechtssicheren Ausschluss von Fracking, und deshalb brauchen wir jetzt ein Verbot von Fracking. Unser Antrag läuft darauf hinaus, dass Sie sich bitte dafür einsetzen mögen. Ich bitte um Zustimmung. – Danke.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Rohwedder. – Wir sind am Ende der Debatte und kommen zur Abstimmung.

Die Piratenfraktion hat direkte Abstimmung beantragt. Wer stimmt diesem Antrag zu? – Die Fraktion der Piraten. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU und FDP. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Antrag Drucksache 16/7410 mit großer Mehrheit im Hohen Hause abgelehnt.

Wir kommen zu:

5 Einrichtung einer Enquetekommission „Zu

kunft der Familienpolitik in Nordrhein

Westfalen“

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 16/7399 – Neudruck

Ich eröffne die Aussprache. Für die SPD hat als Erste Frau Kollegin Altenkamp das Wort.

(Unruhe – Glocke)

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, Kinder-, Jugend- und Familienpolitik genießt in der Zwischenzeit auch in allen gesellschaftlichen und politischen Diskussionen einen hohen Stellenwert, und das nach den vielen Jahren als Nischenthema. Ich will nicht verhehlen, dass es auch einmal einen sozialdemokratischen Kanzler gegeben hat, der von Gedöns gesprochen hat.

Endlich ist es so, dass wir mit dem Thema „Familienpolitik“ mitten in der Gesellschaft, im gesellschaftspolitischen Diskurs angekommen sind. Ich glaube – das kann ich sagen –, es ist auch ein bisschen den engagierten Familienpolitikerinnen und -politikern auf allen politischen Ebenen zu verdanken, dass das in der Zwischenzeit so ist.

Das Politikfeld „Familienpolitik“ genießt auch einen hohen Stellenwert in allen Parteien. Kinder- und Familienpolitik ist – mit unterschiedlichen Ausprägungen – natürlich in der Zwischenzeit auch der Markenkern vieler politischer Diskurse innerhalb der unterschiedlichen Parteien. Unabhängig von der Farbenlehre in den Regierungen auf Landesebene wurde deshalb dementsprechend in den zurückliegenden Jahren für Familien und Kinder viel in die Wege geleitet.

Über manche Förderinstrumente, zum Beispiel die Herdprämie,

(Unruhe – Glocke)

lässt sich zweifellos auch in diesem Haus vortrefflich streiten. Unstrittig ist jedoch, dass mit dem Ausbau der Kita-Betreuungsplätze, dem Elterngeld und

jetzt dem Elterngeld Plus – um nur einige Punkte zu nennen – Maßnahmen geschaffen wurden, um Eltern das Leben in unserer Gesellschaft zu erleichtern. Flankiert wird diese Förderung mit fiskalischen Instrumenten, die sich – bestenfalls – bewährt haben, aber auch den heutigen Familienmodellen nicht mehr wirklich entsprechen.

Doch es bleibt fraglich, ob wir damit den Bedürfnissen von Familien ausreichend gerecht werden. Es ist selbstkritisch zu hinterfragen, ob wir nicht in einer sich stetig wandelnden Gesellschaft die immer neuen Herausforderungen an Familie, Kinder und Eltern immer wieder mit neuen Diskussionen und mit dem Ringen um Antworten, um Probleme lösen zu können, tatsächlich beantworten müssen.