Protocol of the Session on December 3, 2014

Als drittes Beispiel ist die Breitbandversorgung angesprochen worden. Nur damit wir uns nicht falsch verstehen, sage ich: Auch wir wissen, dass der Landeshaushalt keine großen Sprünge für Fördermittel in Aussicht stellen kann und dass viel durch private Initiativen erreicht werden muss.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Nein. – Aber statt alles dafür zu tun, dass statt einer Verankerung einer diffusen „sozialen Vorbeugung“ in der EFRE-Kulisse ein wichtiges und fraktionsübergreifend anerkanntes Thema als Förderprogramm auf der europäischen Ebene ermöglicht wird,

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Blenden Sie nicht immer aufs Neue! – Thomas Eiskirch [SPD]: Haben Sie im Wirtschaftsausschuss nicht zu- gehört?)

was Opposition und Experten gefordert haben, sagt der Wirtschaftsminister: Nein, ich tue hier nichts weiter. – Das ist ein Punkt, meine Damen und Herren, der ein wirklich fahrlässiges Versäumnis darstellt. Hier werden wir in den kommenden Jahren zurückfallen.

(Beifall von der FDP)

Diese insgesamt vor allem ideologische Ausrichtung führt dazu, dass Sie auch im Haushalt nicht ordentlich einsparen. Das wiederum führt dazu, dass Sie an anderer Stelle Gelder generieren müssen. Sie rufen nach dem Bund, aber Sie versuchen auch durch immer neue Abgaben und Belastungen die Bürger und die Unternehmen in diesem Land zu belasten.

Beispiel ist die gerade erst angedachte Einführung von Gebühren auf Lebensmittelkontrollen, die die Wirtschaft belasten und die auch unter Fachleuten wie den Lebensmittelkontrolleuren selber als Unsinn bezeichnet werden. Die wiederholte Erhöhung der Grunderwerbsteuer ist nun wirklich ein ganz aktuelles Beispiel dafür, wie Sie eben nicht nur junge Familien, sondern auch Unternehmen belasten. Die Bauindustrie, die auf Bundesebene wächst,

schrumpft hier im Land Nordrhein-Westfalen, und sie wird dadurch zusätzlich belastet. Das ist der falsche Weg – ganz konkret im Haushalt, Herr Eiskirch.

(Beifall von der FDP)

So verfestigt man Wachstumsschwäche, und so schafft man kein Innovations- und Investitionsklima. Es werden langfristig Betriebe aus unserem Bundesland vertrieben. Das erkennt man im Übrigen daran, dass in der Industrie die Reinvestitionsquote unter der Abschreibungsquote liegt. Das muss ich Ihnen doch wohl nicht erklären. Das bedeutet, dass wir in diesem Land auf dem Weg einer schleichenden Deindustrialisierung sind. Dagegen müssen wir uns, dagegen müssen Sie sich als Wirtschaftsminister wenden.

Was wäre zu tun? – Wir müssen Wachstumsbremsen in diesem Land lösen. Es geht natürlich um Bürokratie. Es geht natürlich darum, nicht nur das Tariftreue- und Vergabegesetz, sondern auch Ladenschlussklauseln, die völlig überflüssigerweise eingeführt worden sind, oder andere Verbote wieder abzuschaffen. Es gehört auch dazu, bestehende Bürokratie nicht nur abzuschaffen, sondern auch zu verhindern, dass neue aufgebaut wird. Die Befristung von Gesetzen und Verordnungen ist dazu ein gutes Mittel. Ein Normenkontrollrat wäre ein weiterer Punkt auch auf Länderebene.

Wir wollen außerdem Impulse für Innovationen und auch für Investitionen setzen, damit neue und mehr Beschäftigung entsteht. Wir sind klar der Auffassung – wie Sie, Herr Minister, das auch immer formuliert haben –, dass Unternehmensgründungen gefördert werden müssen. Wir fassen darunter übrigens auch, dass junge Unternehmer die Nachfolge in Unternehmen antreten, die bereits bestehen. So können sie eine neue Dynamik entfachen, so können sie auch soziale Durchlässigkeit in einer sozialen Marktwirtschaft garantieren, Aufstiegschancen generieren.

Ausgerechnet wir in Deutschland als innovationsbasierte und rohstoffarme Volkswirtschaft hängen dieser Gründungskultur deutlich hinterher. Ich sage Ihnen: Es geht auch darum, Menschen hier eine Geisteshaltung zu vermitteln. Es geht darum, eine Atmosphäre zu schaffen, die sie letztlich motiviert, Unternehmen zu gründen oder zu übernehmen. Deswegen wäre gerade die Vermittlung von Inhalten von Unternehmertum und von Wirtschaft in Schulen, Berufsschulen und Universitäten dringend notwendig.

(Beifall von der FDP)

Ein solcher Unterricht wird auch von allen Beteiligten gewünscht: von Lehrern, von Schülern, von Eltern. Nur: Ein klares Bekenntnis dazu habe ich vom Wirtschaftsminister nicht gehört.

Meine Damen und Herren, es wären noch viele Punkte zu nennen, etwa der Landesentwicklungsplan, der auch zukünftig eine industrielle Expansion in diesem Land möglich machen muss. Aber ich sage Ihnen vor allem, dass diese Aspekte „Wachstumsbremsen lösen“, „Impulse für Innovation“ und „wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen“ sich auch in dem Haushalt des Wirtschaftsministers entsprechend widerspiegeln müssen. Das ist für uns leider nicht zu erkennen.

Wir erkennen durchaus an, dass der Einzelplan 14 durch die Bindung von erheblichen Mitteln für die Steinkohlesubventionen nicht besonders flexibel ist.

Aber dieser Einzelplan 14 zeigt eben auch im Kleinen, so wie der gesamte vorgelegte Landeshaushalt es zeigt, dass die Landesregierung nicht willens ist, eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik wirklich zu betreiben. Sie haben eine Prosa, die sich immer gut anhört. Sie identifizieren neue Leitmärkte. Dazu sagen wir: Das ist grundsätzlich richtig. Sie machen große Worte in Richtung Breitbandversorgung. Wir sind damit einverstanden. Wir erwarten nur dann auch konkrete Maßnahmen.

Verzeihung …

Ich komme gleich zum Schluss. – Sie betonen die Leistungsfähigkeit von Industrie und Mittelstand. Da sind wir auch d’accord.

Es folgen maximal aber symbolische Taten: ein runder Tisch hier, ein bisschen symbolische Förderung von Genossenschaftswesen dort. Auch diese symbolischen Taten werden jedoch wie beschrieben mehr als konterkariert. Dieser Haushalt bringt keine Innovation, keine Ideen, um das Wachstumsdefizit zu beheben. Er bringt keine Aufbruchstimmung.

Meine Damen und Herren, wir können einem solchen Haushalt leider nicht zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Bombis. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich Frau Kollegin Schneckenburger das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Man hat manchmal den Eindruck, dass die Lautstärke im umgekehrt proportionalen Verhältnis zum wirtschaftspolitischen Ideenreichtum des einen oder anderen Redners steht, Herr Bombis.

(Zurufe von der FDP)

Für Sie gilt an dieser Stelle wirklich: Und ewig grüßt das Murmeltier.

(Zurufe von der FDP – Kai Schmalenbach [PIRATEN]: Das sehe ich aber jetzt auch!)

Das Tariftreue- und Vergabegesetz ist sozusagen das Murmeltier, das Sie an der Stelle immer wieder hier auferstehen lassen.

Das, was Sie eben vorgetragen haben, zeigt, dass die konsequenteste Innovations- und Imagebremse für Nordrhein-Westfalen die FDP ist, Herr Bombis. Ihre größte Stärke besteht darin, den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen schlechtzureden. Das haben Sie im Grunde genommen die ganze Zeit getan. Sie zeichnen ein Zerrbild des Wirtschaftsstandortes. Sie zeichnen wirklich ein Zerrbild der Situation der Unternehmen in Nordrhein-Westfalen.

Ich will Ihnen das einmal nur für die Außenwirtschaft darstellen: Bilanz des Jahres 2014: 2.000 Arbeitsplätze mehr in Nordrhein-Westfalen durch Neuansiedlung von Unternehmen. Es kommen Unternehmen hierher, weil sie wissen, dass NordrheinWestfalen ein starker Wirtschaftsstandort ist, weil sie wissen, dass sie hier Kooperationsstrukturen haben, weil sie wissen, dass es wichtig ist, im bevölkerungsreichsten Bundesland der Bundesrepublik mit einem eigenen Unternehmen präsent zu sein.

Wir liegen in der Mitte Europas. Unser stärkster Handelspartner sind die Niederlande. Wir haben hervorragende Ausgangsbedingungen. NordrheinWestfalen ist ein wichtiger Wirtschaftsstandort, und

er kann auch auf eine weitgehend gute und gesunde Wirtschaftsstruktur mit kleinen und mittelständischen Unternehmen verweisen. Die haben auch dafür gesorgt, dass Nordrhein-Westfalen Kurs gehalten hat, auch unter schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Wir wollen diese Stärke unseres Landes ausbauen, wir wollen neue Impulse setzen.

Natürlich ist es auch so, dass es Probleme gibt. Sie bestreiten – das hat Herr Laschet neulich getan, und Herr Wüst hat das hier wiederholt –, dass der Strukturwandel für Nordrhein-Westfalens wirt

schaftspolitische Situation noch eine Rolle spielt. Ich will Sie, Herr Wüst, von dieser Stelle aus gerne vom Münsterland aus zu einer Reise durch das Ruhrgebiet einladen, damit Sie einmal sehen können, was es bedeutet, wenn eine Region in den vergangenen 20 Jahren 100.000 Arbeitsplätze verloren hat und diesen Verlust von 100.000 Arbeitsplätzen kompensieren muss.

Dann hier zu sagen: „Das spielt doch keine Rolle mehr. Schaut doch einmal hin. An den Arbeitslosenzahlen im Ruhrgebiet seid allein ihr schuld. Die haben nichts mit den strukturpolitischen Problemen der Vergangen zu tun.“, das finde ich wirklich blindäugig.

(Beifall von den GRÜNEN)

Impulse für Wachstum und Beschäftigung gibt es, Herr Bombis, nur durch Innovation. Innovation heißt aber heute für Unternehmen vor allen Dingen, dass sie in der Lage sein müssen, mit der schwieriger gewordenen Situation im Energiebereich umzugehen, und zwar mit der Tatsache, dass fossile Energieträger nicht unendlich und auch nicht immer für denselben Preis zur Verfügung stehen. Deswegen ist es richtig, energiepolitisch auf erneuerbare Energien zu setzen. Deswegen ist es richtig, auch die Rahmenbedingungen entsprechend auszugestalten, nicht nur, weil es um CO2-Einsparungen geht, sondern weil es am Ende um die Innovationsfähigkeit und die Überlebensfähigkeit unserer Unternehmen im globalen Wettbewerb gehen wird.

(Vorsitz: Präsidentin Carina Gödecke)

Wer hat denn dafür gesorgt, dass Windenergie ein Exportschlager geworden ist? Wer hat das in den vergangenen Jahren vorbereitet? Das waren doch genau die deutschen Unternehmen, die erkannt haben, dass darin auch eine Wertschöpfungsmöglichkeit liegt.

(Kai Schmalenbach [PIRATEN]: Im Gegen- satz zu NRW!)

Im Einzelplan des Wirtschaftsministeriums stellt die Landesregierung 545 Millionen € aus eigenen Mitteln zur Kofinanzierung europäischer Förderprogramme zur Verfügung. Zusammen damit haben wir ein großes Programm, das dazu dient, die Wirtschaftsentwicklung in Nordrhein-Westfalen weiter

voranzutreiben und die Unternehmen bei der wichtigen Anpassung an den globalen Wettbewerb zu begleiten. Das ist eine große Kraftanstrengung für einen Landeshaushalt. Sie ist richtig, sie ist sinnvoll, um die Mittel der Europäischen Union zu ergänzen und die Wirtschaft in unserem Land vielfältig zu unterstützen.

Ich will noch einige andere Punkte nennen, die deutlich machen, welche Schwerpunktsetzungen es in diesem Einzelplan gibt. Der Wirtschaftsminister hat einen Beauftragten für die digitale Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen eingesetzt und damit auch ein ganz deutliches Zeichen für die Bedeutung dieses Themas in Nordrhein-Westfalen gesetzt. Es wäre sehr interessant, einmal in die Haushalte der Jahre 2005 bis 2010 zu schauen, um zu erkennen, was Sie eigentlich in die digitale Infrastruktur dieses Landes investiert haben, wo Sie vorgearbeitet haben. Da wird man wenig sehen. Wir setzen also einen Schwerpunkt auf die digitale Wirtschaft.

Einen weiteren Schwerpunkt setzen wir auf Projekte der CSR, Corporate Social Responsibility, das heißt des verantwortlichen Wirtschaftens.

Und wir setzen vor allen Dingen einen Schwerpunkt auf die Unterstützung von Genossenschaften. Das sind kleine und mittlere Unternehmen in NordrheinWestfalen, die nicht nur eine hohe Insolvenzsicherheit haben, die nicht nur regionale Wertschöpfung in Nordrhein-Westfalen befördern, sondern die auch Partner und Akteure in der Energiewende sind. Da ist es entscheidend wichtig, dass es jetzt gelingt, auch das Geschäftsmodell von Energiegenossenschaften, die die Energiewende vorangetrieben haben, in Nordrhein-Westfalen an die veränderten Ausgangsbedingungen des EEG anzupassen.

Dazu wollen wir mit einer neuen Haushaltsstelle, mit einem Angebot an die Genossenschaften in Nordrhein-Westfalen, beitragen. Denn es muss hier um Direktvermarktung von erneuerbarer Energie gehen, beispielsweise die Bildung von Dachgenossenschaften. Es kann aber auch um die Unterstützung von Genossenschaften bei der energetischen Entwicklung von Quartieren, bei dem gemeinsamen Betrieb von Blockheizkraftwerken gehen. Dafür gibt es Beispiele in Nordrhein-Westfalen. Hier ist Beratung und Begleitung notwendig.

Das Feld ist in Bewegung. Wir wollen, dass die Genossenschaften im Land unabhängig von ihrem Betätigungsfeld wissen, dass das Land an ihrer Seite ist und sie unterstützt. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schneckenburger. – Für die Piratenfraktion spricht Herr Kollege Schwerd.