Protocol of the Session on December 3, 2014

(Beifall von der CDU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ganz ohne Frage gehört die Gewährleistung der inneren Sicherheit zu den Kernaufgaben des Landes. NordrheinWestfalen ist nach wie vor Schlusslicht unter den bundesdeutschen Flächenländern. Denn mit nur 48,9 % wird deutlich weniger als jede zweite Straftat aufgeklärt.

Wir stehen – das wissen wir alle – national und international vor gewaltigen Herausforderungen. Die Bekämpfung des Extremismus, die religiös fundamentalistische Gewalt, der Salafismus, die Gewaltszene insgesamt seien als Stichworte genannt. Nicht zuletzt registrieren wir mit ca. 60.000 Wohnungseinbrüchen den höchsten Stand seit 1995.

Sowohl das subjektive Sicherheitsgefühl als auch die objektive Sicherheitslage haben sich in den letzten viereinhalb Jahren – das ist der Zeitraum Ihrer Zuständigkeit, Herr Minister Jäger – alles andere als verbessert. Im Gegenteil! Berichte und Schlagzeilen wie „Deutschland, das Paradies für Einbrecher“ oder „Der Staat dankt ab“ – siehe „Welt am Sonntag“ vom 1. Juni 2014 bzw. 13. November 2014 – verdeutlichen, dass wir gerade in Nordrhein-Westfalen einen schleichenden Ausverkauf der inneren Sicherheit erleben. Am Beispiel der größten Stadt unseres Landes, der Stadt Köln, können wir das sehr gut sehen. Im Vergleich der deutschen Millionenstädte liegt Köln in der Polizeilichen Kriminalstatistik auf dem letzten Platz.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, unser Bundesinnenminister bezeichnete vor wenigen Tagen die Sicherheitslage in Deutschland mit Verweis auf den internationalen Terrorismus als objektiv ernst. Dieser Herausforderung müssen wir uns auch in Nordrhein-Westfalen endlich mit einer klaren Gesamtstrategie stellen.

Deswegen fordere ich Sie im Namen der CDUFraktion auf, Herr Minister Jäger: Beenden Sie mindestens mit Beginn des kommenden Jahres Ihren politischen Aktionismus, der zwar dafür sorgt, dass Ihr Bekanntheitsgrad erhöht wird, aber in der Substanz der Arbeit wenig bringt.

(Beifall von der CDU)

Zu den insgesamt besorgniserregenden Entwicklungen gehört leider auch, dass sich in immer mehr Regionen unseres Landes Bürgerstreifen gründen und Initiativen auf den Weg bringen, die die Dinge selbst in die Hand nehmen – so in Aachen, EssenKettwig, Mönchengladbach und Meckenheim bei Bonn. Wir könnten viele weitere Beispiele nennen.

Wenn sich unter den Augen der Polizei randalierende Hooligans in großen Mengen mit Bierflaschen versorgen und Ordnungswidrigkeiten begehen, die aus Gründen der Deeskalation nicht mehr beachtet und verfolgt werden, hat der Staat kapituliert. Im Übrigen gründen sich Bürgerstreifen in der Tendenz überall dort, wo verantwortungsbewusste Zeitgenossen den Glauben an das Gewaltmonopol des Staates verloren haben.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der CDUFraktion zur Situation der Polizei und Kriminalitätsbekämpfung in Nordrhein-Westfalen hat gezeigt, dass unsere Polizei überbürokratisiert ist. Hier muss endlich gehandelt werden. Unser Grundprinzip bleibt gültig: Mehr fahnden statt verwalten.

Alle unsere Initiativen in den letzten Jahren sind abgelehnt worden. Diese rot-grüne Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen sorgen dafür, dass es bei uns inzwischen eine Sicherheit erster und zweiter Klasse gibt, nämlich eine käufliche Sicherheit und zudem die schwindende Sicherheitsgewährleistung durch das Land.

Im Frühjahr nächsten Jahres – so die Aussage des Innenministers in der letzten Innenausschusssitzung – soll endlich der Kommissionsbericht zur Zukunft der Polizei vorgelegt werden. Wir sind sehr gespannt darauf, weil in Verbindung damit die große Dienstrechtsreform endlich angegangen werden muss. Dazu gibt es seit viereinhalb Jahren keine Vorstellung, keine Konzeption und keinen Ansatz.

Herr Minister Jäger, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Mehrheitsfraktionen, wir fordern Sie auf: Konzentrieren Sie sich endlich auf eine der Kernaufgaben bei uns im Land. Entwickeln Sie eine langfristig angelegte Perspektive zur Kriminalitätsbekämpfung. Sorgen Sie dafür, dass die Bürger das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates nicht noch weiter verlieren.

Im vorliegenden Einzelplan 03 sind diese Perspektiven nicht zu erkennen. Auch deswegen lehnt die CDU-Fraktion diesen Einzelplan 03 ab. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kruse. – Für die SPD-Fraktion spricht nun Herr Kollege Stotko.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Kruse, man konnte bei Ihrer Rede den Eindruck gewinnen – auch wenn Sie mir jetzt nicht zuhören –, dass es Ihnen eigentlich gar nicht um den Haushalt ging;

(Beifall von der SPD – Gregor Golland [CDU]: Um die Sicherheit in Nordrhein-Westfalen!)

denn auf den Haushalt sind Sie mit keinem Wort eingegangen. Vielmehr haben Sie erst Ihre Standardrede der letzten Jahre über Strukturveränderungen gehalten und sind dann zu der Generalschelte über den Innenminister übergegangen. Wenn Herr Golland das auf dem Schreiwege macht, wundert mich das nicht. Aber dass Sie als langjähriger innenpolitischer Sprecher Ihrer Fraktion auf einzelne Bereiche des Haushalts nicht eingehen, stimmt mich zumindest ein wenig traurig. Daher werde ich es jetzt mit für Sie machen. Vielleicht hilft uns das ja ein klein wenig.

Mit dem Haushalt von über 5 Milliarden € geben wir insgesamt 82 Millionen € allein im Zusammenhang mit den Flüchtlingen mehr aus. Das heißt: Wir bewältigen in unserem Einzelplan 03, von dem Sie immer sagen, wir würden zu viel Geld ausgeben, Mehrkosten, die nicht in unserem Zugriffsbereich liegen. Hier wenden wir aber Geld für die Menschen auf, die zu uns fliehen. Ich halte das auch bei 5 Milliarden € in unserem Einzelplan für eine enorme Anstrengung, die da gelungen ist. Sie ist abzubilden. Über die im Rahmen des Flüchtlingsgipfels beschlossenen Mittel werden wir noch gesondert diskutieren. Sie kommen noch obendrauf. Ich glaube schon, dass sich Nordrhein-Westfalen in diesem Politikbereich der Innenpolitik, nämlich der Flüchtlingspolitik, nicht nur den Herausforderungen stellt, sondern sie auch meistert.

Zu den klassischen innenpolitischen Themen der CDU gehört zuallererst die Polizei. Ich habe von Ihnen kein Wort dazu gehört, dass wir seit Jahren 1.400, 1.500 und jetzt sogar 1.522 Neueinstellungen im Haushalt haben.

22 Personen werden neu für den Verfassungsschutz eingestellt. Mit diesen 22 Stellen mehr stärken wir die innere Sicherheit im Bereich von Salafismus, Rechtsextremismus und allen anderen extremistischen Bestrebungen in unserem Land. Kein Wort von Ihnen dazu.

Wir nehmen diese 1.500 Neueinstellungen vor, nachdem Sie es in Ihrer Regierungszeit geschafft haben, 2.000 Polizeibeamtinnen und -beamte zu wenig für unser Land zu produzieren, weil Sie auf den demografischen Wandel nicht eingegangen sind, was wir gar nicht mehr aufholen können. Kein Wort von Ihnen dazu!

Kein Wort von Ihnen zu unserem Änderungsantrag! Die Koalitionsfraktionen haben beantragt, sechs weitere Stellen für den Verfassungsschutz zur Ver

fügung zu stellen. Wie wir alle wissen, stammt der Entwurf des Einzelplans 03 aus dem Frühjahr/Sommer dieses Jahres. Wir sind als Fraktionen darauf eingegangen, dass es einen höheren Bedarf durch den Salafismus, der Ihnen doch in Schauanträgen immer so wichtig ist, in unserem Land gibt.

Aber kein Wort von Ihnen zu der Tatsache, dass wir dem durch sechs weitere Stellen im Verfassungsschutz – gegen Salafismus – gerecht werden, um diesen Bestrebungen entgegenzuwirken.

Und – das will ich auch deutlich sagen – kein Wort zum Thema „Feuerwehr“. Schauen Sie sich das an: In Ihrer Regierungszeit hat die Feuerwehr weder im Koalitionsvertrag noch in den Haushaltsplanberatungen eine besondere Rolle gespielt. Wir haben nicht nur unser Projekt „Feuerwehrensache“ aufgelegt, sondern wir nehmen sogar 1,7 Millionen € mit ins nächste Jahr und fördern im Jahr 2015 die ehrenamtliche Tätigkeit von knapp 80.000 Feuerwehrleuten in unserem Land mit 2,7 Millionen € – Geld, das Sie zu keinem Zeitpunkt in die Hand genommen haben, was uns aber für die Kolleginnen und Kollegen der Feuerwehr wichtig ist.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich könnte noch viel zum Einzelplan 03 sagen, aber da wir ihn gemeinsam mit dem GFG beraten, will ich dem Kollegen Körfges nicht zu viel Redezeit wegnehmen. Nur eins will ich noch sagen, Kollege Kruse – die Polizeibeamtinnen und -beamten hier im Land wissen das, aber ich will es noch einmal für alle Bürgerinnen und Bürger erklären –, zu Ihrem Thema „mehr fahnden als verwalten“ schlagen Sie vor, statt eines Polizeibeamten zwei Verwaltungsleute einzustellen. Diesen Abbau der inneren Sicherheit wird es mit uns weiterhin nicht geben. Wir sorgen dafür, dass genug Polizei auf der Straße ist. – Besten Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Stotko. – Für die FDP-Fraktion hat nun Herr Dr. Orth das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja immer interessant, dem Kollegen Stotko zu folgen. Nur, er malt eine Welt, die so nicht existiert.

(Beifall von Angela Freimuth [FDP])

Seit 2010 ist Innenminister Jäger im Amt. Seit 2010 hat sich die innere Sicherheit massiv verschlechtert.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Das ist doch Quatsch!)

Ich möchte ein paar Zahlen zitieren, damit Sie wissen, wovon wir reden. Die Zahl der Wohnungseinbrüche ist seit 2010 von 44.769 auf 54.953 angestiegen,

(Thomas Stotko [SPD]: Deutschlandweit?)

Die der Taschendiebstähle von 40.000 auf 49.000, die des Straßenraubs von knapp 7.000 auf knapp 8.000. Die Zahl der Diebstähle aus Kfz ist von 82.000 auf 102.000 gestiegen usw. Der Bürger, der sich in der Stadt oder auf dem Land bewegt, ist heutzutage in seiner Sicherheit in seinem nächsten Umfeld viel mehr gefährdet, als das noch vor einigen Jahren der Fall war. Das ist Ihre Verantwortlichkeit, Herr Minister. Das ist die Verantwortlichkeit von Rot-Grün, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Herr Stotko, wenn Sie immer mit Ihrer Mär kommen, Sie hätten jetzt so viel Polizistinnen und Polizisten mehr eingestellt, dann machen wir doch mal die Probe aufs Exempel. Wir haben am Wochenende auf unserer Klausurtagung beschlossen, einen Änderungsantrag einzubringen und die Zahl von 1.500 auf 1.800 zu erhöhen. Dann stimmen Sie doch zu, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP – Lachen von Hans-Willi Körfges [SPD])

Es ist möglich, diese Zahl von Polizistinnen und Polizisten auszubilden. Dann machen wir das doch. Wir sind gerne dabei. Heben Sie die Hand bei dieser wichtigen Entscheidung, aber hören Sie auf mit der Mär.

(Thomas Stotko [SPD]: Das ist eine Schau- fensterattrappe, das wissen Sie! – Stefan Zimkeit [SPD]: Doch rechts von der AfD!)

Sie sind seit fünf Jahren an der Regierung. Sie hatten fünf Jahre Zeit, Beamtinnen und Beamte zu finden, auszubilden, einzustellen und den Menschen mehr Sicherheit zu gewähren. Darin haben Sie versagt, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP und der CDU – Stefan Zimkeit [SPD]: So viel Angst vor der AfD ha- ben Sie jetzt?)

Wenn wir das schöne Stichwort „demografischer Wandel“ von Ihnen hören, dann frage ich Sie doch: Warum müssen wir seit fünf Jahren darauf warten, dass der Minister endlich sagt, wie es weitergehen soll? Sie drücken sich vor den Wahrheiten. Sie drücken sich, weil Sie sich auch in der Koalition nicht einig sind. Ich kann nur sagen: Nordrhein-Westfalen wird mit weniger Bürgern nicht kleiner. Die Streifenfahrt wird nicht kürzer, meine Damen und Herren. Sie reden hier einen demografischen Effekt ins Land, den es gar nicht gibt. Sagen Sie endlich mal, wohin Sie wollen.

(Beifall von der FDP)

Insofern sei auch noch ein kleiner Hinweis auf das, was Kollege Kruse angesprochen hat, erlaubt. Thema „Salafismus“: verschlafen; die Zahlen haben sich vervielfacht, der Krawall hat zugenommen. Die

sogenannte Demonstration in Köln: völlig unterschätzte Lage. Es fing doch schon mit der Loveparade an. Kaum war der Minister Amt, wurde kein Polizeieinsatz mehr richtig gefahren.

(Beifall von der FDP – Ibrahim Yetim [SPD]: Das ist nicht zu fassen! Das ist unglaublich! Meine Güte! – Lebhafte Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, versuchen Sie doch nicht, die Realität wegzureden; die Realität ist da, auch in den Köpfen der Menschen.