Protocol of the Session on October 2, 2014

Dazu ist zu sagen, dass wir Grüne uns schon seit Jahren für ein System der Kindergrundsicherung einsetzen, bei dem jedes Kind unabhängig vom Einkommen der Eltern die gleiche finanzielle Unterstützung vom Staat erhält. Die Finanzierung wäre einmal über das Abschmelzen des Ehegattensplittings möglich. Das Ehegattensplitting fördert besonders hohe Einkommen bzw. starke Einkommensunterschiede, und es wird unabhängig davon gewährt,

ob ein Paar Kinder hat. Zeitgemäß wäre hingegen eine direkte existenzsichernde Kinderförderung.

Kindergeld und Kinderregelsätze von heute könnten in der Kindergrundsicherung aufgehen. Damit würden wir die Grundlage für ein moderneres, gerechteres System der Familienförderung schaffen, das die Kinder tatsächlich in den Mittelpunkt stellt.

Anstatt ein solches System zu entwickeln, das tatsächlich alle Kinder erreichen würde, wurde 2010 das Bildungs- und Teilhabegesetz im Verbund mit der bundesfinanzierten Schulsozialarbeit verabschiedet. Dieses Gesetz ist Teil einer Aufgabenerfüllung durch die Bundesregierung. Damit ist sie auch verpflichtet, die Kosten hierfür zu tragen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Macht sie das nicht, sind Kinder und Jugendliche die Leidtragenden; denn ihnen werden somit die Sicherung ihres Existenzminimums und ihre Teilhabemöglichkeiten schlichtweg vorenthalten. Das ist das Versagen der Bundessozialministerin und des Bundesfinanzministers, die sich dieser Verantwortung verweigern. Es ist höchste Zeit, dass die Bundesregierung diese Verweigerungshaltung aufgibt.

Zum Antrag der Piraten ist zu sagen: Sie beklagen immer wieder, dass in diesem Hause zu oft populistische Anträge gestellt werden. Spätestens mit diesem Antrag sind Sie auf dem gleichen Niveau angekommen. Er ist inhaltsleer, unseriös und populistisch. Wir lehnen ihn daher natürlich ab.

Zum Antrag der CDU möchte ich nur noch zwei Sätze sagen: Das BAföG, das nun der Bund übernimmt – die Kosten des BAföGs –, möchten Sie gerne ein weiteres Mal verausgaben. Offenbar haben Sie noch nicht mitbekommen, dass dies bereits von der Landesregierung im weiteren Verfahren der Bildungssicherung in unserem Lande verplant ist.

(Zuruf von der CDU: Wo denn?)

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Alda das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Eigentlich ist schon alles gesagt worden. – Ich habe die außerordentliche Ehre, heute als letzter Abgeordneter vor dem langen Wochenende hier zu reden.

(Zuruf: Nein!)

Doch, ist aber so!

(Minister Guntram Schneider: Ich bin auch Abgeordneter!)

Nur eines zu meiner Vorrednerin, Frau GrochowiakSchmieding. Sie haben das Ehegattensplitting, Kin

derregelsätze usw. vermengt. Da dachte ich: Mensch, die Dame will jetzt eine Nebelbombe werfen. Sie haben dann aber noch soeben die Kurve gekriegt und gesagt, dass die Bundesregierung in der Pflicht ist. Das finde ich ganz gut.

(Beifall von der FDP)

In Nordrhein-Westfalen leisten Sozialarbeiter an den Schulen eine hervorragende Arbeit bei der Stärkung von Chancengleichheit und Teilhabe aller Kinder und Jugendlichen. – Liebe Piraten, das alles wird wiederholt. Wir kennen das. Das haben wir schon ein paarmal gesagt; aber wir machen es auch für den Minister gerne nochmal. – Sie helfen beim Ausfüllen von Anträgen für Klassenfahrten oder Mittagessenszuschüssen, unterstützen Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben und schaffen ergänzende Freizeitangebote.

Oftmals wird allerdings bei der Diskussion über die Schulsozialarbeit vergessen, dass ein herausragender Arbeitsschwerpunkt auf der Gemeinwesenarbeit liegt. Über die Vernetzung mit örtlichen Jugendhäusern, Institutionen, Behörden, Kirchen oder Initiativen wird Jugendhäusern, Institutionen, Behörden, Kirchen oder Initiativen wird somit eine nachhaltige Wirkung erzielt.

Zusammengefasst heißt das: Schulsozialarbeit ist ein wichtiges Bindeglied in der Präventionskette zur Schaffung von Zugängen für Familien in belasteten Lebenslagen und zur Teilhabe für Kinder und Jugendliche. Schulsozialarbeiter wirken damit nicht nur originär im Schulleben mit, sondern ihre Arbeit dient den sozialen und gesellschaftlichen Strukturen und Netzwerken der Kommunen insgesamt.

Herr Minister, das wissen Sie eigentlich alles. Auch von den Vorrednern ist es schon erwähnt worden. Mehrere Entschließungsanträge sind gekommen, Anträge, Vorschläge. Und – wie ich erfahren habe – müssen Sie alleine aus dem kleinen Ort Hilchenbach bei Siegen 1.100 Unterschriften zu dem Thema bekommen haben. Ich vermute, es werden noch wesentlich mehr sein. Aber darüber werden wir hier im Hause ja nicht informiert.

Somit geht eigentlich auch der vorliegende Antrag der Piraten in die richtige Richtung, beleuchtet aber nicht den wahren Grund für die Finanzmisere bei der Schulsozialarbeit, nämlich

(Widerspruch von Ministerin Sylvia Löhr- mann)

Entschuldigung, Sie waren gerade Abgeordnete; als Ministerin dürfen Sie nicht dazwischenreden! – das Pingpong-Spiel zwischen Berlin und Düsseldorf, namentlich bei Herrn Minister Schneider.

(Ministerin Sylvia Löhrmann begibt sich an ih- ren Platz auf der Regierungsbank.)

Da ist sie wieder, die stellvertretende Ministerpräsidentin; jetzt dürfen Sie nicht mehr dazwischenrufen! –

Kam mit Schwarz-Gelb – auch das haben die Regierungsfraktionen gerade erwähnt – der Kompromiss über das Bildungs- und Teilhabegesetz zustande, so heißt es heute in Berlin, wenn jemand an die Tür von Ministerin Nahles klopft: Herein, wenn es keine Bittstellung aus Nordrhein-Westfalen ist!

Ja, liebe Kolleginnen und Kollegen der Piraten, auch uns stört das ewige Hin und Her bei der Frage nach der Finanzierung. Wir müssen gemeinsam eine eindeutige Richtung finden. Es geht um die Sicherstellung der Finanzierung der Schulsozialarbeit sowie die Weiterfinanzierung ab 2015 und damit natürlich auch die Sicherheit der Menschen, die dort mit ihren befristeten Arbeitsverträgen angestellt sind.

Frau Ministerpräsidentin Kraft ist nicht hier, aber die Stellvertreterin und Herr Minister Schneider: Sie müssen nun endlich gegenüber Ihrer SPD-Kollegin Nahles deutliche Worte zu diesem Thema finden. Der Koalitionsvertrag auf Bundesebene erklärt doch eindeutig, dass die Länder und Gemeinden für diesen gesamten Bereich um 6 Milliarden entlastet werden sollen. Würde also das Land entsprechend durch den Bund entlastet werden – genau das ist unsere Forderung –, kann das Land die finanziellen Mittel für diese Sozialarbeiter an den Schulen verwenden.

Frau Löhrmann und Herr Minister Schneider, ich sage es Ihnen ganz deutlich: Wenn Sie sich insbesondere bei Ihrer SPD-Parteifreundin, Bundessozialministerin Nahles, nicht durchsetzen können, darf sich das Land seiner Verantwortung nicht entziehen. Wo bleibt da die Solidarität der Genossen zu ihren Grundvorstellungen vom Sozialen? Konsequenz wäre, dass das Land NRW die Schulsozialarbeit in Nordrhein-Westfalen mit eigenen Mitteln sicherstellen muss. Ich bin gespannt, wie das funktionieren soll.

Sprechen Sie einmal mit Ihrem Finanzminister darüber, wo Gelder eingespart werden können. Streichen Sie ideologische Projekte zugunsten der wirklich nötigen Schulsozialarbeit!

In diesem Sinne werden wir den Antrag aus besagtem Grund nicht unterstützen können. Allerdings verweisen wir auf unseren Entschließungsantrag, der in die gleiche Richtung geht.

Ich muss den Piraten nur noch einen Kurzen mitgeben: Mit dieser direkten Abstimmung wird nichts erreicht. Die Kollegin von der SPD hat völlig recht. Wir hätten das im Ausschuss weiter bereden und dort das dicke Brett bohren sollen.

(Dr. Joachim Paul [PIRATEN]: Dann stimmen Sie zu!)

Das hier ist Dünnbrettbohrerei. – Schönen Dank und ein schönes langes Wochenende.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Alda. – Für die Landesregierung spricht Minister Schneider.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Alda, Sie stellen sich Politik so vor, wie manche Kinder das Spielen in der Sandkiste.

(Christof Rasche [FDP]: Der war aber pünkt- lich hier, Sie nicht!)

Über Pünktlichkeit lässt sich streiten.

Diese Diskussion hier ist nicht neu. Ich habe alle tragenden Argumente vernommen, vor allem auch die von Herrn Alda.

(Christof Rasche [FDP]: Aber nicht vom An- tragsteller!)

Sie können sicher sein, dass das Land NordrheinWestfalen in Berlin nicht als Bittsteller auftritt. Wir haben berechtigte Interessen, die wir vehement vertreten. Wir vertreten sie unabhängig vom Parteibuch. Es geht um die Interessen von NordrheinWestfalen, der Kinder und jungen Leute, nicht um parteipolitische Spielereien.

(Beifall von der SPD)

Im Übrigen haben wir zur Bundesarbeitsministerin ein sehr gutes und entspanntes Verhältnis. Die macht einen sehr guten Job. Sie wäre auch bereit, diese Form von Schulsozialarbeit, die hier in Rede steht, weiter zu finanzieren. Der Herr der Kasse ist aber ein anderer. Auf diese Dinge will ich nicht näher eingehen.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Das ist doch al- bern!)

Im Übrigen: Informieren Sie sich bei den Landesregierungen, die von der CDU mitregiert werden. Diese Landesregierungen gehen auch davon aus, dass die Schulsozialarbeit in Verbindung mit dem Bildungs- und Teilhabepaket vom Bund zu finanzieren ist. Wir sind doch nicht allein. Das ist die Auffassung aller Landesregierungen unabhängig von der politischen Farbenlehre.

(Beifall von der SPD)

Die Argumente sind ausgetauscht. Ich will nur noch einmal auf Folgendes hinweisen: Es gibt nicht die Schulsozialarbeit. Wir reden hier über die Schulsozialarbeit, die quasi als Scharnier wirkt, um die Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets bei den anspruchsberechtigten jungen Menschen ankommen zu lassen. Das ist eine sozialpolitische Maßnahme und Aktivität, keine bildungspolitische.

Deshalb wäre es auch systemfremd – vorausgesetzt es ginge –, wenn wir aus den Mitteln, die über die Neufinanzierung des BAföG frei werden, nun die Schulsozialarbeit finanzieren würden. Das wäre eine Irreführung, ein Missbrauch.

Im Übrigen bleiben die Mittel, die frei werden, im Bildungssektor. Dafür ist gesorgt. Man kann sie aber nicht mehrmals ausgeben. Ich glaube, dass wir darin übereinstimmen, dass das kaum möglich ist. Soweit ist auch die Unionsphantasie nicht gediehen.