Meine Damen und Herren, geradezu blind werden die Vorwürfe in dem Text, wenn Sie die Bildungspolitik der Landesregierung pauschal mit den Forderungen eines Verbandes gleichsetzen. Das wird sich der VBE verbitten, und das verbittet sich auch die Landesregierung. Das ist einfach schlechter Stil, was Sie hier machen. – Ich freue mich, dass Herr Kaiser nickt und es offenbar genauso sieht.
Ich hatte es schon gesagt: Wir verstehen das Gutachten als einen Impuls und werden uns damit konstruktiv auseinandersetzen. Ich will einen Punkt
nennen, der vielleicht nachdenklich stimmt – vielleicht auch Herrn Beckmann. Wenn man sagt: „Wir brauchen in den Sekundarschulen auch gymnasiale Standards“, dann muss eine bestimmte Größe gegeben sein, damit diese gymnasialen Standards auch verwirklicht werden können und zum Erfolg führen. Denn das sichert natürlich die Akzeptanz der Schulform mit Blick auf den Elternwillen.
Meine Damen und Herren, ich fordere noch einmal alle auf: Bringen Sie sich konstruktiv-differenziert in die Diskussion, die wir führen, ein. Diese wird natürlich auch das Parlament erreichen.
Ich will, meine Damen und Herren, mit Herrn Prof. Baumert schließen. Er hat das Gymnasium gelobt. Er hat gesagt, der Anteil der Schüler, die auf das Gymnasium übergingen, sei gestiegen, und zwar – Zitat – „bei einheitlichen Gütemaßstäben“. Es gebe mehr Schüler, die die Anforderungen des Gymnasiums erfüllen, obwohl diese Anforderungen konstant geblieben seien, führte Herr Prof. Baumert aus. Das habe auch zu besseren PISA-Ergebnissen beigetragen. Das Gymnasium setze stabile Leistungserwartungen bei steigendem relativen Schulbesuch durch. Dies könnte ein Beispiel für Förderung durch Anspruch sein.
In diesem Anspruch unterstützt diese Landesregierung unsere Gymnasien, weil sie ihren festen Platz in unserer Schullandschaft haben. Wir gestalten die Schulen der Zukunft, und diese Schulen sind leistungsstark, vielfältig und gerecht. – In diesem Sinne herzlichen Dank.
Hinsichtlich des weiteren Verlaufs der Debatte möchte ich Ihnen mitteilen, dass zwei Fraktionen ihre Redebeiträge zurückgezogen haben.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine kurze Vorbemerkung – Klaus Kaiser hat ja eben etwas zur Einordnung dieser Aktuellen Stunde gesagt –:
Ich möchte Sie, Frau Voigt-Küppers, noch einmal daran erinnern, dass Klaus Kaiser eben auch Hinweise zur Sekundarschule gegeben hat. Daraus können Sie ersehen, dass wir als CDU sehr wohl auch willens und in der Lage sind, uns um regionale Bildungslandschaften zu kümmern.
Wichtig in dem Zusammenhang ist uns allerdings immer die Bildungsqualität. Es geht dabei eben nicht allein um den Elternwillen, wie er eben von Frau Beer auch wieder als alleiniges Merkmal dargestellt worden ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der zentrale Begriff ist „Bildungsqualität“. Darum wollen wir uns kümmern.
Wir haben deshalb zur Stärkung der pädagogischen Arbeit des Gymnasiums, wie Sie wissen, einen Antrag eingebracht. Anders als die FDP das Thema hier in der Aktuellen Stunde gewählt hat, geht es uns dabei nicht nur in erster Linie um den Erhalt von etwas, sondern unser primäres Ziel ist immer gewesen, diese Bildungsqualität generell zu fördern. Dazu sollen natürlich auch Gymnasien nachhaltig beitragen können.
Wir Politiker – wenn ich so in die Runde blicke – sind natürlich alle für mehr Bildungsqualität, setzen dabei aber erkennbar deutlich andere Schwerpunkte und Prioritäten. Die Ministerin hat das Credo der Landesregierung in ihrer Presseinformation zum Haushaltsentwurf 2015 noch einmal unterstrichen, wenn sie sagt: Unser Ziel ist es, mehr Schülerinnen und Schüler zu besseren Abschlüssen zu führen und dabei den Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg zu verringern.
Aber – bevor Sie klatschen, Frau Ministerpräsidentin –: Ist die Erhöhung von Abschlussquoten tatsächlich ein Gradmesser für ein verbessertes Bildungssystem?
Vordergründig, liebe Kolleginnen und Kollegen, gibt es dazu nur positive Zahlen. Der Anteil der Schüler ohne Hauptschulabschluss ist von 5,5 % in 2010 auf 4,4 % in 2013 gefallen. Der Anteil der Schulabgänger mit Hochschulzugangsberechtigung steigt ständig. Die Wiederholerquote fällt und den Quantita können Sie auch entnehmen, dass der Anteil der Abiturienten mit einer Eins vor dem Komma seit 2005 um mehr als 50 % gestiegen ist.
Sind die alle schlauer als wir früher? Oder sind das Bildungssystem und die Lehrer in wenigen Jahren dramatisch besser geworden? Wirtschaft und Handwerk beklagen Defizite bei Kenntnissen und Einstellungen der Schulabgänger trotz dieser besseren Abschlüsse.
Diese Defizite sollen dann zunehmend durch Reparatur- oder Übergangssysteme wieder minimiert werden.
Liebe Kollegen, Kinder bringen, wie wir alle wissen, nicht nur unterschiedliche Interessen, Talente und Fähigkeiten mit, sondern sie entwickeln sich obendrein auch noch in unterschiedlichem Tempo. Neben der Berücksichtigung zunehmender Heterogenität muss also ein gerechtes Schulsystem zusätzlich die Weiterentwicklung und den Aufstieg in grö
ßere Herausforderungsbereiche ermöglichen. Es geht also um mehr individuelle Förderung und verbesserte Durchlässigkeit im Sinne von Aufstiegsmöglichkeiten.
Diese individuelle Förderung setzt aber immer differenzierte Angebote und Herausforderungen voraus. Kein Bildungssystem der Welt kommt ohne Differenzierung aus, auch wenn in der Öffentlichkeit hin und wieder dieser Eindruck erweckt werden soll.
Mit dem aktuell starken Ausbau integrierter Schulformen und dem längeren gemeinsamen Lernen wird der verständliche Wunsch nach Teilhabe in unserer Gesellschaft bedient. Wenn dort aber in immer heterogeneren Lerngruppen die Über- und Unterforderung von vielen ebenso verhindert werden soll wie der zunehmende Druck auf Lehrer zur Leistungsnivellierung, dann kommt man an einem ständig zunehmenden Umfang von Binnendifferenzierung nicht vorbei. Das ist ja auch Ihr Credo. Da aber nicht jede Heterogenität nur durch Binnendifferenzierung aufgefangen werden kann, ohne dass das Auswirkungen auf den Lernerfolg hat, war für uns die Festlegung des Schulkonsenses 2011 auf eine garantierte Vielfalt der Schulformen von besonderer Bedeutung, an die wir mit unserem Antrag erinnern wollen. Da bin ich Ihnen für Ihren Hinweis sehr dankbar, Frau Ministerin.
Der differenzierte Auftrag von Gymnasien ist es danach, mit einem zunehmend wissenschaftspropädeutischen Unterricht auf ein gelingendes Hochschulstudium vorzubereiten. Damit das gelingt, müssen wir den Gymnasien ermöglichen, homogenere Lerngruppen zu bilden. Diese homogeneren Lerngruppen sind dann immer noch heterogen genug, um Binnendifferenzierung für gute individuelle Förderung zu erfordern. Sie eröffnen aber gleichzeitig auch die Möglichkeit, Schülern mit schnellerem Lerntempo ebenfalls einen interessanten und herausfordernden Unterricht zu bieten. Die pauschale Erwartung, wie wir sie häufig hören, Fortbildung wird es schon richten, ist hier nicht das Allheilmittel, auch nicht der Hinweis auf die eine oder andere Schule, die sich auf diesen Weg begeben hat.
Wir müssen den Gymnasien also wieder mehr die Möglichkeit geben, Schüler auch danach aussuchen zu können, ob sie voraussichtlich diesen Profilanforderungen gewachsen sind.
Auch für den ebenfalls wichtigen Aspekt des unterschiedlichen Lernentwicklungstempos, also der Weiterentwicklungsmöglichkeit von Schülern im Sinne der Durchlässigkeit, gibt es gute Alternativen zu integrierten Schulformen als alleinigem Konzept.
Frau Voigt-Küppers, man muss hier nicht nur an Gymnasien herangehen, sondern beispielsweise der Schulverbund Aachen-Ost hat gezeigt, dass Schulformen auch bei Erhalt ihrer Eigenständigkeit für Übergänge in ungeahntem Ausmaß Barrieren
abbauen können. Um das zu konkretisieren: Dort ist der Anteil der Schulformaufsteiger in den letzten Jahren dreimal höher als der der Absteiger. Leider ist es um dieses Musterprojekt still geworden, und man hat nicht den Eindruck, dass es über 2015 hinaus weiter verfolgt werden soll oder sogar Nachahmer finden soll. Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren.
Darüber hinaus sollten wir den Gymnasien die Möglichkeit bieten, einen längeren Zeitraum zur Verfügung zu haben, um auch bei einem langsameren Entwicklungstempo von Schülern die vorgegebenen Standards noch erreichen zu können. Das heißt, die Wiederholung eines Schuljahres darf nur in der Sinnhaftigkeit dieser Zusatzchance begründet sein und nicht zusätzlich von außen aus formalen Gründen erschwert werden. Daran sollte sich die Versetzungsordnung orientieren.
Ebenso wichtig ist es, dass diese Schulform sich entsprechend ihrem Bildungsauftrag weiterentwickeln kann. Die Fähigkeit zur Leistungsvermittlung und der tatsächliche Kompetenzerwerb müssen hier stärker im Vordergrund stehen, und zwar stärker als bei anderen Schulformen, damit dem Scheitern im Hochschulbereich vorgebeugt werden kann. Die Qualitätsanalyse muss deshalb dort stärker an der Entwicklung der Leistungsfähigkeit von Schülern orientiert sein und ausdrücklich auch die Bedeutung und Effizienz lehrerzentrierten Unterrichts anerkennen. Das gilt übrigens auch für die Beurteilung von Unterricht im Rahmen der Lehrerausbildung.
Vielen Dank, Herr Dr. Hachen. – Für die FDP-Fraktion hat Frau Kollegin Gebauer noch einmal das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt ist die große Frage: Wo fange ich an? An wem arbeite ich mich ab?
Ich beginne einmal mit der CDU, und zwar mit Herrn Kaiser. Herr Kaiser, Sie haben gesagt, für was alles die CDU oder die Mitglieder der CDU-Fraktion prädestiniert seien. Das lasse ich jetzt einmal dahinge
stellt sein. Eines kann ich Ihnen aber sagen: Sie sind nicht prädestiniert dafür, dass Sie an Arbeitsgruppen teilnehmen, die das Gymnasium, die Zukunft des Gymnasiums und die Herausforderung von G8 und G9 betreffen. Daran ist die CDU nicht interessiert. In allen Arbeitsgruppen, die in dem ganzen Prozess stattgefunden haben, habe ich Teilnehmer von der CDU nämlich so gut wie überhaupt nicht gesehen.
Darauf ist als Erstes einmal hinzuweisen. Sie sind also allenfalls prädestiniert für Glänzen durch Abwesenheit. Da mag ich Ihnen vielleicht noch recht geben.
Zu Ihren Ausführungen hätte Herr Laschet heute wahrscheinlich auch das eine oder andere gesagt. Während er von „Schluss mit der Konsenssoße“ spricht, bereiten Sie hier wohl schon ein Stück weit die grün-schwarze Koalition für 2017 vor. Herr Kaiser, was Sie hier ausgeführt haben, hat mich schon sehr gewundert – auch die Äußerung zum VBE. Sie haben hier starke Signale an den VBE gesendet. Wir werden sehen, wohin das führt.
Herrn Dr. Hachen bin ich sehr dankbar dafür, dass er hier im Nachgang doch einen konstruktiven Beitrag geleistet hat und gesagt hat, wir müssten schauen, an welchen Stellen wir das Gymnasium stärken müssten. Es ist gut, dass seitens der CDU nicht alles so stehen gelassen worden ist, wie Sie das hier ausgeführt hatten.