Protocol of the Session on October 1, 2014

Zu diesen ökologischen Vorteilen kommen auch die ökonomischen Vorteile. Mehrweg ist aktive Mittelstandsförderung. Denn Mehrweg ist das System der regionalen Brauereien, der regionalen Mineralbrunnen und der Saftkeltereien. Mehrweg schafft dadurch regionale Wertschöpfung und Produktvielfalt.

Umgekehrt würde der weitere Rückgang des Mehrwegsystems zweifellos auch zu einem Rückgang kleinerer Getränkehersteller und somit zu einem Verlust regionaler Wertschöpfung führen. Das wollen wir so nicht akzeptieren. Mehrweg schafft zusätzliche Wertschöpfung, denn Getränke in Mehrwegverpackungen erzielen einen höheren Verkaufspreis als Getränke in Einwegverpackungen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, für mich als Sozialdemokrat sind darüber hinaus auch die sozialen Belange ein wichtiger Gesichtspunkt. Mehrweg schafft mehr Beschäftigung. Denn Mehrwegsysteme wirken sich positiv auf die Beschäftigungssituation aus. Der Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels belegt, dass in der regionalen Getränkewirtschaft bundesweit rund 170.000 Arbeitsplätze vorhanden sind. Ein Großteil dieser 170.000 Arbeitsplätze beruht auf Mehrwegsystemen …

Die Redezeit.

… und der Wiederbefüllung von Pfandflaschen. Mehrweg enthält auch Beschäftigungschancen insbesondere in Arbeitsbereichen wie Abfüllung, Sortierung und Logistik. Das sind alles Bereiche mit gewerblichen Arbeitsplätzen, die auch mit einer geringeren Qualifikation sehr gut ausgefüllt werden können.

Die Redezeit.

Aus all diesen Gründen halten wir es für notwendig, dass das Mehrwegsystem auch in Zukunft funktioniert und wieder gestärkt

wird. Die NRW-SPD und die NRW-Grünen haben in ihrem Koalitionsvertrag erklärt – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidiums – …

Eigentlich nicht mehr, denn Ihre Redezeit ist schon erheblich überschritten.

Die ist schon überschritten.

Dann darf ich nur darauf verweisen, dass es so war, und darf noch einmal kurz auf unsere Forderungen eingehen, die wir jetzt stellen. Es ist jetzt der richtige Zeitpunkt, mit diesem Antrag zu kommen. Denn der Bundesgesetzgeber überlegt …

Herr Kollege!

… eine Änderung der Verpackungsverordnung. Wir fordern dazu auf Bundesebene eine eindeutige Kennzeichnung von Mehrweg- und Einwegflaschen, eine gezielte Öffentlichkeitskampagne zur Unterstützung der Mehrwegquote und wir fordern, bei der Novelle der Verpackungsverordnung das bestehende 80-%-Ziel für ökologisch vorteilhafte Getränkeverpackungen

nochmals zu stärken.

Vielen Dank, Herr Kollege Krick.

(Beifall und Heiterkeit)

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Ich darf aber noch einen Schluck nehmen?

Das Glas dürfen Sie sogar mitnehmen. Das ist gar keine Frage.

(Heiterkeit)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen, dass wir hier immer sehr großzügig sind. Aber bei fünf Minuten Redezeit ist eine Minute und 31 Sekunden ein bisschen heftig. Alle anderen bekommen die dann von uns aber auch. – Herr Kollege Markert für die Grünen. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Krick, herzlichen Dank, dass noch ein bisschen Wasser übrig geblieben ist.

(Heiterkeit von der SPD)

Herr Kollege

Markert, es kommt gleich neues, keine Sorge.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für uns Grüne ist vor dem Hintergrund der sich verknappenden Rohstoffreserven die Kreislaufidee, der Konsistenzgedanke – oder, wie es neudeutsch heißt: Cradle to Cradle – zentral für den notwendigen industriellen Umbauprozess. Mutter Natur kennt keinen Abfall, keinen Verzicht und keine Einschränkungen, sondern fördert eine unendliche Vielfalt.

Auf die Wirtschaft übertragen bedeutet das, dass Cradle-to-Cradle-Produkte und ihre Komponenten zum einen wieder in einen biologischen Kreislauf zurückgeführt werden und zum anderen in einem technischen Kreislauf gehalten werden können. Genau darum geht es traditionell beim Mehrwegprinzip im Flaschenbereich, bei den Getränkeverpackungen also.

Als Mehrweg bezeichnet man gemeinhin Verpackungen, die nach dem Gebrauch gereinigt und erneut als Verpackungen genutzt werden, wodurch deutlich weniger Verpackungsmüll entsteht. Darauf hat der Kollege Krick in seinen kurzen Ausführungen bereits hingewiesen.

Das entspricht dann der sogenannten Abfallhierarchie. Wir sind ja gerade dabei, einen neuen Abfallwirtschaftsplan aufzustellen und das neue Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz umzusetzen. Es entspricht aber auch dem Gedanken der Vermeidung und Wiederverwendung vor dem Recycling und der sonstigen Verwertung. Mehrwegverpackungen schonen durch ihren mehrmaligen Einsatz natürliche Ressourcen und Energie und damit auch die Umwelt und das Klima.

Um es anschaulich zu machen: Wie sehr Mehrwegverpackungen zur Abfallvermeidung beitragen können, wird durch ein einfaches Rechenbeispiel deutlich. Ein einziger Mineralwasserkasten mit zwölf grünen Mehrwegglasflaschen à 0,75 l, die durchschnittlich 53 Mal wieder befüllt werden, ersetzt ganze 480 PET-Einwegflaschen à einem Liter.

Mehrwegflaschen sparen aber nicht nur natürliche Ressourcen bei der Herstellung, sondern führen durch die meist regionale Distribution auch zu kürzeren Transportwegen. Mehrwegflaschen legen auf dem Weg zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern durchschnittlich nur 258 km zurück, Einwegflaschen mit 482 km fast das Doppelte.

Diese gute Bilanz kann man eigentlich nur noch dadurch toppen – was viele von uns ja auch machen –, dass man diese Verpackungen ganz vermeidet und in Eigenbereitung Trinkwasser herstellt. Das ist dann die Vermeidungsstrategie, der Suffizienzgedanke. Aber ansonsten ist es schon eine beachtliche Bilanz, die wir hier inzwischen durch das Mehrwegsystem erreichen.

Nach zahlreichen Umläufen werden im Übrigen defekte Mehrwegflaschen aussortiert und im Rahmen

eines hochwertigen Recyclings ihrem zweiten Kreislauf zur Herstellung neuer Flaschen zugeführt. Glas von Mehrwegflaschen dient in Form von Altglasscherben selbst als Rohstoff und lässt sich beliebig oft einschmelzen, ein geschlossener Stoffkreislauf. Deswegen stehen wir grundsätzlich auch hinter diesem System.

Ob es ähnlich gute Bilanzen in Zukunft auch beispielsweise im Mehrwegsystem auf der Basis von Kunststoffflaschen geben kann, ob veränderte Siedlungsstrukturen, ob der demografische Wandel, zunehmend mehr Single-Haushalte, also eine andere Art des Zusammenlebens, dazu führen können und müssen, dass wir andere Wege der Verpackungen finden müssen, das sind Fragestellungen, die wir gerne im Rahmen der Ausschussberatungen vertiefen möchten.

Deswegen sprechen wir uns auch dafür aus, eine Anhörung zu diesem Thema durchzuführen. Dann können wir uns auch neuere UBA-Bilanzen noch einmal genauer ansehen. Im Moment spricht vieles dafür, dass die Mehrwegflaschenquote auch in Zukunft ein sehr positives Instrument sein wird. Wie gesagt, gibt es aber vereinzelt auch andere Stimmen. Diese wollen wir auch zu Wort kommen lassen.

Daher sehen wir den Beratungen im Ausschuss sehr gerne und mit großer Freude entgegen. Deswegen werden wir der Überweisung in die weiteren Beratungen auch sehr gerne zustimmen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Markert. – Weil die Piraten in der Fassung des Neudrucks des vorliegenden Antrags auch Antragsteller geworden sind, hat jetzt Frau Kollegin Brand das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauer! Wenn es um Verbraucherschutz geht, wiederhole ich folgenden Satz immer wieder: Nur der informierte Verbraucher kann die für ihn richtigen Entscheidungen treffen. – Ich möchte gar nicht wissen, wie viele Leute ihre Plastikflaschen gutgläubig zu Aldi zurücktragen und nicht wissen, dass die ganzen Flaschen einfach vernichtet werden.

Dementsprechend ist der Antrag eigentlich ein Rundum-Sorglos-Paket; denn darin geht es erstens um Aufklärung der Verbraucher und damit Verbraucherschutz, zweitens um Umweltschutz und drittens – das sollte auch nicht ganz unberücksichtigt bleiben – um Arbeitsplätze.

Dementsprechend haben wir uns auch dem Antrag angeschlossen. Dem ist nichts weiter hinzuzufügen. Er wird jetzt an die Ausschüsse überwiesen.

Weil in dem Antrag auch Dinge stehen, die in Richtung Bundesebene gehen, würde ich mich sehr freuen, wenn wir es nach der Beratung in den Ausschüssen schaffen würden, einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen zu stellen und damit ein starkes Signal nach Berlin zu senden. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Brand. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Deppe.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! In Deutschland ist der Anteil an Mehrweggetränkeverpackungen weltweit am höchsten. Wir sind sozusagen Mehrwegweltmeister. Dieses Thema erneut zu einem weiteren Kapitel Ihrer „Wir-reden-den-Leuten-mal-wieder-ein-schlechtes-Gewissen-Ein“-Kampagne zu machen, ist völlig unangebracht.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Nach der im August dieses Jahres vorgelegten Studie des Umweltbundesamtes zur Getränkeabfüllung liegt die Mehrwegquote im Jahr 2012 bei Wasser bei 40,5 % und bei Bier bei 86,2 %. Diese Werte sind signifikant höher als von Ihnen in Ihrem Antrag angegeben. Da muss ich sagen: Ein etwas exakteres Arbeiten kann man von Regierungsfraktionen schon erwarten.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Trotzdem kann man nicht übersehen, dass die Mehrwegquote in den meisten Segmenten zurückgeht – zwar langsam, aber immerhin. Davor verschließen natürlich auch wir nicht die Augen.

(Jochen Ott [SPD]: Hört, hört!)