Wir fordern also eine strukturell gerechtere Verteilung der Bundesmittel sowie eine gerechtere Finanzierung der Infrastruktur und – das ist das Entscheidende – ein überjähriges, verkehrsträgerübergreifendes Agieren, weil nur dann Planungssicherheit und Flexibilität ermöglicht werden.
Ich würde das gerne erst zu Ende ausführen. – Schließlich kritisiert auch die Europäische Kommission Deutschland nicht ohne Grund oft dafür – heute ist es wieder in den Zeitungen nachzulesen –, dass unsere Projekte so viel länger dauern und so viel schwieriger sind als die in anderen Ländern. Das liegt unter anderem daran, dass wir da strukturell nicht gut aufgestellt sind.
Lieber Kollege Ott, das ist sehr nett. – Ich habe Sie gerade so verstanden, dass die Bodewig-Kommission 7 Milliarden € mehr gefordert hat und der Bund 5 Milliarden € mehr gibt.
Sie haben, obwohl Sie gesagt haben, das Defizit muss gedeckt werden, allerdings etwas verschwiegen. Es hört sich so an, als wären das nur 2 Milliarden € Defizit. Die Bodewig-Kommission hat diesen Betrag aber für jedes Jahr gefordert,
während die 5 Milliarden € – die gar nicht kommen – für vier Jahre gedacht sind. Also haben wir kein Defizit von 2 Milliarden €, sondern ein Defizit von 22 Milliarden €. Würden Sie dem zustimmen?
Das ist deshalb Haarspalterei, weil der Kollege Rasche aus dem Verkehrsausschuss weiß, wie die Position ist. Natürlich stehen die 5 Milliarden € nicht komplett zur Verfügung, weil damit teilweise schon alte Projekte finanziert werden. Selbstverständlich geht die Bodewig-Daehre-Kommission davon aus – das habe ich gerade gesagt –, dass das über einen Zeitraum von sieben Jahren läuft. Insofern ist es logisch, dass es nicht bei den 2 Milliarden € bleibt. Das ist Jahr für Jahr ein höherer Betrag.
Aber es ist schön, dass Sie aufgepasst haben. Dann haben wir es bei der Gelegenheit auch im Plenum noch einmal klargestellt, Herr Rasche.
Eines ist nämlich völlig klar, und das habe ich in den Debatten seit 2010 immer wieder gesagt: Mit Populismus ist bei der Verkehrsinfrastruktur nichts gewonnen, und zwar deshalb nicht, weil es den Menschen völlig egal ist, wer das versaubeutelt hat und ob nun der eine 1 Milliarde € mehr oder der andere 1 Milliarde € weniger ausgegeben hat. Die Menschen in Nordrhein-Westfalen stehen im Stau. Sie sehen, dass es überall Probleme gibt und dass die Wirtschaft nicht mehr über die Brücken kommt. Wir sollten mit diesem Pillepalle aufhören und stattdessen umfassende Konzepte auf den Weg bringen.
Deshalb haben wir einen Antrag vorgelegt, den wir – und das ist sehr traurig, Herr Lindner – schon sehr früh mit der FDP-Fraktion abstimmen wollten. Die FDP hat aber leider gesagt: In einer weiteren Diskussion gehen wir nicht gemeinsam.
Wir wollten einen umfassenden Diskussionsbeitrag zur Infrastrukturfinanzierung leisten, denn wir glauben, es ist nur sinnvoll, wenn sich NordrheinWestfalen da systematisch aufstellt.
Ich lade noch einmal alle Fraktionen in diesem Landtag herzlich ein: Wir müssen in Berlin gemeinsam mit den Gewerkschaften und gemeinsam mit der Wirtschaft auftreten. Alles andere ergibt keinen Sinn.
Dazu brauchen wir eine gemeinsame Sprache, und da nutzt es nichts, wenn CDU und FDP in der Sommerpause populistische Blasen rausballern und meinen, sie müssten sich zu dem Thema „PkwMaut“ in einem eigens angefertigten Antrag äußern.
Herr Laschet, um das klar zu sagen: Lesen bildet. Lesen Sie den Koalitionsvertrag von SPD und Grünen in Nordrhein-Westfalen. Da steht von vornherein, wofür wir hier streiten. Wir brauchen von Ihnen keinen Nachhilfeunterricht – damit das klar ist.
Aber, Herr Laschet, wir haben eines gemeinsam, und das heute schon: SPD, Grüne, CDU und FDP lehnen in Nordrhein-Westfalen die Maut gleichermaßen ab. Kommen Sie einmal in den Verkehrsausschuss, dann können Sie hören, was Ihre Kollegen da erzählen. Vielleicht hilft Ihnen das.
Unser Fraktionsvorsitzender hat deutlich gemacht, dass wir den Gesetzentwurf, der aus Berlin kommt, in Ruhe abwarten werden und dass wir uns dann einbringen.
An dieser Stelle sage ich ganz klar: NordrheinWestfalen hat in dieser ganzen Zeit eine klare Positionierung, und heute werde ich Ihnen noch einmal einige Hinweise geben, was für die SPD-Position von besonderer Bedeutung ist.
Wir sind nämlich der Meinung, dass das Verursacherprinzip bei den Vorschlägen, die Dobrindt macht, völlig unterbewertet ist. Warum? – Weil nur durch die Ausweitung der Lkw-Maut der Nutzer, der den größten Schaden an unseren Verkehrswegen verursacht, zur Kasse gebeten wird. Wir brauchen eine Ausweitung der Lkw-Maut, nicht eine Absenkung.
Wir brauchen Diskussionen über die Frage: Wie können wir die Lkw-Maut so eintreiben, dass wir am Ende damit unsere Infrastruktur finanzieren können?
Der Vorschlag von Dobrindt ist aus unserer Sicht wenig dazu geeignet, weil das wenig Finanzaufkommen bringt. Das ist gerade schon gesagt worden. Es ist außerdem verfassungsrechtlich extrem bedenklich, aber auch aus wirtschaftlicher und sozialer Sicht abzulehnen.
ganz anderes nach außen kolportiert, nämlich dass demnächst Maßnahmen zum Erhalt und zur Fortentwicklung der Verkehrsinfrastruktur durch privatwirtschaftliche Unternehmen auf Basis von ÖPPModellen nach vorne geschoben werden, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Das ist 2010 unter dem Titel „Privat vor Staat“ in Nordrhein-Westfalen schon einmal abgewählt worden. Deshalb lehnen wir das strikt ab.
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Christian Lindner [FDP]: Das ist doch von Sigmar Gabriel vorgeschlagen worden!)
Im Einzelnen: Wir sind der festen Überzeugung, dass wir die Lkw-Maut ausweiten müssen. Wir sind außerdem der festen Überzeugung, dass es wenig Sinn macht und nicht besonders ambitioniert ist, 1.000 km vierspurige Bundesstraßen mit ins Konzept aufzunehmen angesichts von 40.000 km Bundesstraßen in Deutschland. Das bringt alles relativ wenig.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Übrigen will ich zu den Ausführungen der CDU noch sagen, dass es natürlich schon eine sehr rückwärtsgewandte Diskussion ist, wenn wir über die Grenzregionen sprechen. Denn der Hochsauerlandkreis liegt zwar sicherlich nicht direkt an der Grenze, aber allein 14 % aller Gäste kommen aus den Niederlanden. Auch die – so die örtliche Industrie- und Handelskammer – sind von der Maut ja massiv betroffen.
Vielen Dank, Herr Kollege Ott. – Sie haben gerade intensiv die mögliche private Finanzierung und den privaten Betrieb von Verkehrswegen kritisiert. Dazu frage ich Sie, ob Ihnen bekannt ist, dass der Vorschlag jüngst erst vom Bundesminister für Wirtschaft und Energie, dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel, erneut in die Debatte eingebracht worden ist. Würden Sie mir dann, falls Sie dem zustimmen, weiter folgen, dass, wenn Sie das kritisieren, was Ihr eigener Parteivorsitzender sagt, Sie ideologische Scheuklappen haben?
Erstens habe ich nie ideologische Scheuklappen, sondern ich versuche immer, den Dingen objektiv auf den Grund zu gehen.
Zum Zweiten wird es in der SPD sicherlich wie in allen demokratischen Parteien Diskussionsprozesse geben.