dazu sage ich ganz offen: Ihn in diesen Status zu heben, das ist nicht meine Welt. Ich werde auch nicht einen Kronzeugen plötzlich zu einem Helden machen, der er nie war. Natürlich hat er Dinge getan, die uns in der Tat weiterhelfen.
„Wer unbefugt sich oder einem anderen Zugang zu Daten, die nicht für ihn bestimmt und gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, unter Überwindung der Zusatzsicherung verschafft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
Aber jetzt kommt meine wichtige Frage: Wer würde ihn denn eigentlich in Deutschland schützen? Will Herr Snowden überhaupt nach Deutschland? Diese Frage stellt sich nämlich auch. Ich habe in der letzten Woche gehört, dass Herr Snowden Asyl in Brasilien beantragt hat. Ich wusste nicht, dass Brasilien jetzt ein Teil von Deutschland ist, auch wenn dort in den nächsten Tagen die Fußballweltmeisterschaft stattfindet.
In der Tat ist es ein wirkliches Dilemma, Herr Schwerd und Kolleginnen und Kollegen von der Piratenfraktion, dass immer wieder dieser Antrag nach vorne gespült wird, der hier nicht hingehört. Sie haben natürlich keine parlamentarische Vertretung im Bund. Das ist Ihr Problem, wie ich durchaus zugebe. Aber das können nur die Wähler ändern, und die werden das nicht tun.
Herzlichen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Ich war gerade ein bisschen konsterniert. Deswegen die Frage: Finden Sie es nicht auch absurd, hier Edward Snowden das Ausspähen von Daten als Straftatbestand vorzuwerfen, sich aber nicht darüber im Klaren zu sein, welche Straftaten die NSA in Deutschland täglich begeht?
Vielleicht warten Sie einfach auf den Rest meiner Rede – ich habe noch ein wenig Redezeit –, dann werde ich Ihnen das sicherlich noch sagen.
Gerade gestern ist der Generalbundesanwalt als der Zuständige, der diese Straftaten verfolgen muss, zumindest beim Kanzlerinnen-Handy auf den Zug aufgesprungen und nimmt jetzt zumindest Untersuchungen auf.
Ich erwarte übrigens auch – das sage ich Ihnen ganz offen –, dass genau wegen dieser anderen Vorgänge unsere unabhängige Justiz in der Tat etwas unternimmt, jedoch nicht der Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen.
Natürlich erwarte ich vom Generalbundesanwalt, dass er gegen das massenhafte Ausspähen von – das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen – Verbündeten durch Amerikaner und Engländer etwas unternimmt. Sie haben recht, das sind unsere Verbündeten. Das geht nach meiner Auffassung gar nicht. Ich hatte das von Chinesen und von Russen erwartet, aber nicht von unseren Freunden.
Ich finde, es ist richtig: Das muss in der Bundesrepublik verfolgt werden. Das ist auch ein Straftatbestand. So steht es im Strafgesetzbuch. Deswegen musste etwas passieren. Doch Fakt ist: Dieser Landtag ist dafür nicht zuständig. Deswegen werden wir Ihren Antrag heute – glücklicherweise – letztmalig ablehnen.
Vielen Dank, Herr Kollege Münchow. – Nun spricht für die CDUFraktion Kollegin Freifrau von Boeselager.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Ich persönlich halte Edward Snowden für eine ganz außergewöhnliche Persönlichkeit, für einen Mann, der als Spion seinem Land dienen wollte. In eine solche Position kommt man mit 30 Jahren nur, wenn man über eine besondere Intelligenz und Schläue verfügt.
Der Tragweite seines Handelns war er sich sicherlich bewusst. Sein Spezialwissen über die unbegrenzte Durchdringung des Alltags der Bürger durch Bewegungsprofile von Mobiltelefonnutzern, die über Jahre gespeichert wurden, durch den NSAÜberwachungsapparat hat ihn bestimmt letztlich dazu bewogen, vor einem Jahr die Welt zu informieren.
So sind wir uns bestimmt über Parteigrenzen hinweg einig – das wurde eben schon deutlich –, dass wir Herrn Snowden dankbar sein müssen, dass er uns diesen Dienst erwiesen hat, dankbar für unsere Erkenntnis, dass Orson Welles auch jetzt schon überall ist und wir großen Respekt vor einer offenkundigen Entscheidung aus Gewissensgründen haben, mit der er alle persönlichen Nachteile in Kauf nimmt.
Leider befinden wir uns in dem grundsätzlichen Dilemma, mein lieber Kollege von den Piraten, dass wir im Landtag dieses Problem nicht lösen können, weil wir nicht zuständig sind.
Den Bruch mit dem positiven Recht in einer rechtsstaatlichen demokratischen Ordnung gegen das Motiv, der Öffentlichkeit einen höheren Dienst zu erweisen.
Was an Erkenntnissen unterm Strich bleiben wird und wie das Verhältnis von Sicherheit und Freiheit neu justiert werden kann und darüber, ob durch die Sicherheitsinteressen unseres Partners massiver Schaden entstanden ist, wissen wir im Moment hier zu wenig.
Und uns fehlt leider faktisch die Zuständigkeit ebenso für diplomatische Interventionen wie für rechtspolitische Spekulationen. Das wurde im Ausschuss schon mehrfach diskutiert. Ich denke, wir haben uns damit schon intensiv auseinandergesetzt. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Piraten, es ist nun schon mehrfach gesagt worden, dass wir die Themen, die im Bundestag zu diskutieren sind, nicht auf Landesebene herunterbrechen können. Dies kann man auch an diesem Antrag festmachen. Wir sehen keine Möglichkeit, vom nordrhein-westfälischen Landtag aus einen sinnvollen Beitrag zu leisten. Wenn wir das könnten, wäre ich sicherlich dabei.
Wir können hier jedoch – und das tun wir – noch einmal Problembewusstsein dokumentieren und aus den vorliegenden und den weiteren Erkenntnissen aus der NSA-Affäre die richtigen Schlüsse für uns selbst ziehen sowie mit unseren Partnern in den zuständigen handelnden Gremien in einer konstruktiven, wachsamen und intensiven Verbindung bleiben, und zwar im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Bundestages, im Europäischen Parlament oder in der Kommission.
Angesichts dieser komplexen Sachlage gibt es im Moment keine schlüssige Alternative. Ich setze darauf, dass der Untersuchungsausschuss in Kooperation mit der Bundesregierung in Abwägung der Rechtsgüter unter Berücksichtigung der übergeordneten Belange sorgfältig prüfen wird.
Die Bundesregierung hat dem Ausschuss aktuell eine neue Stellungnahme zugeleitet. Offenbar stehen noch weitere Prüfungen an. Ich bin sicher, wenn es eine Möglichkeit gibt, Herrn Snowden wirklich Sicherheit in Deutschland zu gewähren, dann wird man diese Möglichkeit bestimmt nutzen.
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die grüne Fraktion spricht nun der Fraktionsvorsitzende, Herr Priggen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will es ganz klar sagen: Für mich ist Edward Snowden ein klassischer politischer Flüchtling.
Er hat das bis dahin nicht vorstellbare Ausmaß an Spionage gegen unser Land aufgedeckt. Wir wussten, dass es geheimdienstliche Tätigkeiten gibt, wir wussten, dass viele tätig sind, aber das es ein solches Ausmaß haben würde, haben sich viele Menschen nicht vorstellen können. Dass das Ausmaß von unserem Verbündeten, von den USA, kommt und auch Großbritannien in massivem Umfang dabei ist, Wirtschaftsspionage und Spionage innerhalb der EU gegen uns zu betreiben, haben wir uns auch nicht vorstellen können.
Diese Lauschangriffe sind nach unserem Recht rechtswidrig. Edward Snowdens Verdienst ist es, dass er diese Praxis transparent gemacht hat. Er zahlt dafür einen hohen Preis: Er hat seine Heimat verloren, seine Familie, seine Freunde. Es ist schon ein Stück weit beschämend, dass der einzige, der ihm im Moment einen sicheren Aufenthalt anbietet, ausgerechnet Putin ist.
Es ist schon beschämend, dass wir als Deutschland und Europa zwischen Polen und Portugal, Norwegen und Sizilien nicht in der Lage sind, einem solchen Menschen in Europa Unversehrtheit zu garantieren und zu garantieren, dass er hier bleiben kann, ihm nicht nachgestellt wird und er nicht verfolgt wird. Das ist schon beschämend.
Es ist auch so, dass seine Aussagen für die deutschen Ermittlungsbehörden wichtig sind. Deswegen und weil wir auch ein hohes Interesse an den Aussagen haben, wäre es richtig, ihm einen sicheren Aufenthalt zu gewährleisten. Das deutsch
amerikanische Auslieferungsabkommen steht dem in keiner Form entgegen. Denn in diesem Auslieferungsabkommen ist detailliert geregelt: Wenn es sich um politische Delikte handelt, dann muss nicht ausgeliefert werden. – Das, was ihm vorgeworfen wird, ist in der Tat ein politisches Delikt. Das heißt: Die Entscheidung darüber, ob er hier einen sicheren Aufenthalt bekommt, ist eine Entscheidung
Sie haben Ihren Antrag im November gestellt. Wir haben monatelang diskutiert und wissen, dass unsere Bundesregierung seine Vernehmung in
Deutschland nicht wünscht und den sicheren Aufenthalt nicht gewährleisten will. Der Grund, der hierfür immer wieder angeführt wird, ist die Gefährdung der deutsch-amerikanischen Freundschaft. Das ist die Überlegung in Berlin.
kritischen Stellen den Freunden sehr deutlich sagt, wo Grenzen sind, die sie nicht überschreiten dürfen, ohne dass man die Freundschaft infrage stellt. Das müsste eine Qualität sein. Das müssten Deutschland und Europa insgesamt leisten.
Wir wissen, und das ist das Fazit: Die Bundesregierung lehnt eine Vernehmung in Deutschland ab. Der Bundestagsabgeordnete Ströbele, unser grüner Kollege, ist der einzige gewesen, der zu Edward Snowden nach Moskau gefahren ist und mit ihm geredet hat. Ströbele ist derjenige, der sich im weiteren Verfahren darum bemüht, dass Edward Snowden vor dem Untersuchungsausschuss aussagt. Wenn das nicht zugestanden wird, geht er eventuell vor das Bundesverfassungsgericht, um das zu erreichen.
Jetzt zum Antrag der Piraten und dem, was ich nicht verstehe: Ihr Antrag ist im November gestellt worden. Wir haben diese ganzen Diskussionen geführt, und Sie wissen, wie in Berlin im Moment die Mehrheitsverhältnisse sind. Für mich ist das, was Sie jetzt beantragen und worüber gleich abgestimmt wird, falsch. Herr Schwerd, ich glaube Ihnen, dass Sie im Interesse von Snowden tätig werden wollen. Aber das Ergebnis der Abstimmung ist vorhersehbar. Sie wissen ganz genau: CDU-Fraktion und SPD-Fraktion werden ablehnen, weil auch die Bundesregierung ablehnt. Selbst wenn FDP, Grüne und Sie zustimmen würden, würde das Ergebnis der Abstimmung sein: Der Landtag von NordrheinWestfalen lehnt ab. Dann stellt sich die Frage: Nützen Sie Snowden damit, oder schaden Sie ihm?
Ich sage Ihnen: Sie schaden ihm. Sie machen das für Ihre politische Profilierung. Das können Sie bei allen Themen machen. Das finde ich völlig in Ordnung. Aber hier machen Sie es zulasten von jemandem, der eigentlich Schutz und Hilfe braucht.
Deswegen wäre mein Impuls an Sie, zu sagen: Liebe Leute, bevor wir dem Mann schaden, verzichten wir lieber auf die Abstimmung, weil wir genau wissen, wie die ausgeht.