Protocol of the Session on May 15, 2014

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hammelrath. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Frau Kollegin Grochowiak-Schmieding.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach allen bisher geführten Diskussionen zur bundesfinanzierten Schulsozialarbeit sollten wir davon ausgehen können, dass zumindest die Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker dieses Hohen Hauses den Unterschied zwischen jener Schulsozialarbeit, die die Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes möglich macht, und der schon lange in den Kommunen stattfindenden pädagogisch ausgerichteten Schulsozialarbeit kennen.

Der uns nun von der CDU vorgelegte Antrag belehrt uns jedoch eines Schlechteren; denn darin wird einiges durcheinandergeworfen, meine Damen und Herren von der CDU. Frau Kollegin Bunse, Sie haben gerade Ihre Irritation in dieser Angelegenheit noch einmal bestätigt. In dem Antrag werden pädagogische Schulsozialarbeit und zuführende

Schulsozialarbeit zur Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes vermengt und dann auch noch ein bisschen mit dem Thema „Finanzkraftstärkung der Kommunen“ verrührt.

Immerhin haben auch Sie von der CDU zunächst erkannt, dass es zur Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes der zuführenden Schulsozialarbeit bedarf.

Die Mittel, die der Bund hierfür zur Verfügung stellte, also der Aufschlag auf die Kosten der Unterkunft in Höhe von 2,8 Prozentpunkten, mutiert bei Ihnen dann allerdings zur „Finanzkraftstärkung der kommunalen Ebene“. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Tatsächlich setzen die Kommunen mit der Arbeit der BuT-bezogenen Schulsozialarbeit eine Leistung um, zu der der Bund aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2010 verpflichtet ist. Von einer finanziellen Entlastung kann bei den Mitteln, die der Bund in den letzten drei Jahren hierzu gewährt hat, also nicht die Rede sein.

Vielmehr schiebt der Bund mit seiner Weigerung, für die BuT-bezogene Schulsozialarbeit weiterhin die

finanzielle Beteiligung zu übernehmen, die Verantwortung für die Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes den Kommunen und auch dem Land zu;

(Beifall von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)

denn nichts anderes bedeutet die Absicht, dem Land und damit indirekt auch den Kommunen die Kosten für die zuführende Schulsozialarbeit aufzubürden.

(Beifall von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Sigrid Beer [GRÜNE])

An dieser Stelle sei noch einmal festgehalten: Von Entlastung der Kommunen kann auch nicht die Rede sein, wenn der Bund die noch nicht zweckentsprechend verausgabten BuT-Mittel aus dem Jahre 2012 zurückfordert, obwohl weder das Gesetz noch die Verordnung zur Umsetzung der Revision eine Rückzahlung vorsehen. Die Kommunen in NRW werden dabei mit rund 70 Millionen € belastet, die sie in den nächsten drei Monaten – das passiert jetzt gerade – vom Bund weniger an KdU-Mitteln erhalten sollen. Ich weiß nicht, ob das bei Ihnen auch unter „nachhaltige Finanzkraftstärkung der Kommunen“ läuft. Für mich ist das mehr ein Raubzug durch die kommunalen Kassen.

(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])

Doch zurück zu Ihrem Antrag: Darin skizzieren Sie die bundesfinanzierte Schulsozialarbeit ganz richtig als „Teil einer präventiven Arbeitsmarkt-, Bildungs- und Sozialpolitik“, die „schwerpunktmäßig die Vermittlung von Leistungen aus dem BuT an eine bestimmte Zielgruppe berechtigter Kinder“ umfasst, um dann zu erklären, die Förderung dieser Maßnahme sei deshalb auf drei Jahre begrenzt worden, weil abzusehen gewesen sei, dass sich nach diesem Zeitraum „die Notwendigkeit einer Hilfestellung reduzieren würde“.

(Minister Guntram Schneider: Tja!)

Die gestiegene Inanspruchnahme der Leistungen aus dem BuT nehmen Sie dann auch noch als Bestätigung für diese Behauptung. Das ist geradezu perfide. Die steigende Inanspruchnahme der Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes ist doch gerade das Ergebnis intensiver zuführender

Schulsozialarbeit.

(Beifall von den GRÜNEN und Minister Gun- tram Schneider)

Zu guter Letzt kommen Sie auch noch mit der Behauptung um die Ecke, die pädagogische oder, wie Sie es nennen, originäre Schulsozialarbeit sei Aufgabe des Landes, und fordern die Finanzierung durch das Land. Dabei lassen Sie offenbar völlig außer Acht, dass die staatlich-kommunale Verantwortungsgemeinschaft, die wir in NRW seit Jahrzehnten haben, eine klare Aufgabenverteilung vor

sieht. Demnach hat das Land die Aufgabe, für das lehrende Personal Sorge zu tragen, während für die räumliche und sächliche Ausstattung und das nicht lehrende Personal die Kommunen zuständig sind.

Nichtsdestotrotz hat sich das Land bereit erklärt, die Kommunen hierbei zu unterstützen – wohlgemerkt als freiwillige Aufgabe. So weist unter anderem der Haushalt für 2014 genau 147 Planstellen für die Schulpsychologie und 90 Planstellen für die Schulverwaltungsassistenz aus.

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen: Wir unterscheiden zwischen der pädagogischen Schulsozialarbeit und der zuführenden Schulsozialarbeit zur Umsetzung des BuT. Für Erstere sind die Kommunen zuständig, für Letztere der Bund. Wir Grüne sehen die Notwendigkeit, diese Schulsozialarbeit fortzuführen.

Die Redezeit, Frau Kollegin.

Manuela Grochowiak-Schmieding*) (GRÜNE) :

Nach wie vor sehen wir den Bund in der Pflicht, diese Unterstützungsarbeit zu finanzieren. Dementsprechend hat der Landtag Nordrhein-Westfalen bereits im April 2014 mit Mehrheit den Beschluss gefasst, die Bundesregierung dazu aufzufordern, die zuführende Schulsozialarbeit als weitere Leistung in den Katalog des Bildungs- und Teilhabepaketes aufzunehmen.

Liebe Kolleginnen von der CDU, Ihr Antrag ist nicht nur sachlich falsch; er ist einfach ein plumper Versuch, dem Land eine Verantwortung aufzubürden, die ganz klar beim Bund liegt. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und Hans-Willi Körfges [SPD])

Vielen Dank, Frau Kollegin Grochowiak-Schmieding. – Für die FDPFraktion spricht jetzt Frau Kollegin Gebauer.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist richtig und wichtig, dass wir so intensiv über die Frage der Schulsozialarbeit diskutieren. Zudem wäre eine ersatzlose Streichung dieser wichtigen Stellen verheerend und letztendlich sowohl für die Bundes- als auch für die Landesregierung ein Armutszeugnis.

Man muss den CDU-Antrag schon mehrfach lesen, um zu erkennen, was die CDU uns eigentlich sagen möchte. SPD und Grüne haben es schon angesprochen: In diesem Antrag werden die unterschiedlichen Formen der Schulsozialarbeit, um die es hier geht, auch ein Stück weit durcheinanderge

würfelt. Aber letztendlich scheint es der CDU um diejenigen Stellen zu gehen, deren Finanzierung im Geleitzug des Bildungs- und Teilhabepaketes erfolgten. Und offenbar möchten Sie, liebe CDU, diese Sozialarbeiter eben nicht vom Bund finanziert sehen. Sie würden, so sagen Sie, letztendlich keine soziale Arbeit leisten, die über die Schulen hinausreicht. Und dazu sage ich: Diese Position teilt die FDP-Fraktion explizit nicht. Und das haben wir auch in unserem Antrag unmissverständlich begründet.

Schulsozialarbeiter stellen eben nicht nur für die Schulen, sondern für die gesamte Gesellschaft eine unersetzliche Entlastung und Hilfe dar. Sie helfen an Schulen bei Schulängsten und intervenieren bei Konflikten, gestalten Förderangebote und unterstützen in der Freizeitgestaltung.

Aber sie wirken eben auch weit über den Standort Schule hinaus. Schulen sind der räumliche Standort, das Wirken aber erfolgt im Sozialraum der Kommunen. Schulsozialarbeiter sind insofern für die Netzarbeit und die Sicherung von Präventionsketten unverzichtbar.

Und weil es sich auch um eine soziale Aufgabe handelt, sollte hierbei auch der Bund in die Pflicht genommen werden.

(Beifall von der FDP und Hans-Willi Körfges [SPD])

Auf Bundesebene sollten 6 Milliarden € für die soziale Unterstützung von Kindern bereitgestellt werden. Und wir möchten, dass ein kleiner Anteil davon an das Land fließt, sodass die Kommunen wiederum für die Sicherung der Stellen entlastet werden können. Leider aber verweigert sich gegenwärtig insbesondere die SPD-Sozialministerin, Frau Nahles.

Und wir stimmen mit der Union überein, dass sich auch das Land für mehr Schulsozialarbeit an den Schulen stark machen muss. Wir teilen ebenfalls die CDU-Position, dass sich das Land seiner Verantwortung auch nicht entziehen kann und darf, wenn es denn Frau Kraft und Herrn Schneider nicht gelingt, ihre Parteifreundin Nahles in Berlin entsprechend zu überzeugen. Sie müssen dringend aktiver werden, um Frau Nahles und Co. von der wichtigen finanziellen Unterstützung für den Erhalt dieser Stellen zu überzeugen.

Herr Scheffler von der SPD-Fraktion hat im letzten Plenum zur Sicherung der Schulsozialarbeiterstellen gesagt – ich darf zitieren –, die SPD sei ins Gelingen verliebt. – Herr Scheffler, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, diesen Worten müssen auch Taten folgen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Gebauer. – Für die Piratenfraktion spricht Herr Kollege Wegner.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Menschen im Stream und die restlichen auf der Tribüne! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Ihrem Antrag stimmen wir in weiten Teilen natürlich zu. Allerdings, um es gleich vorweg zu sagen, empfehle ich meiner Fraktion, sich zu enthalten, weil wir einige wichtige Details doch grundsätzlich anders bewerten.

In Ihrem Antrag haben Sie ausführlich dargelegt, warum welche Art von Schulsozialarbeit von wem zu bezahlen ist. Sie differenzieren genau zwischen der originären Schulsozialarbeit, wie Sie sie nennen, die beim Land zu verorten ist, und einer nicht originären Schulsozialarbeit – so nenne ich Sie jetzt einmal –, die die sozialen Aufgaben, die durch das BuT entstanden sind, erfüllt. Ich nenne sie deshalb im Folgenden die BuT-Schulsozialarbeit.

Bei aller Sympathie für Ihren Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ist er aber doch wieder nur eine Fortführung der Zuständigkeits- und Finanzierungsdebatte. Erneut betonen Sie, dass die Fortführung der Schulsozialarbeit dringend notwendig ist. Aber im Ergebnis fördert das doch nur eine Debatte, die den Menschen in unserem Land aufzeigt, wie gute, notwendige Konzepte in solchen Zuständigkeitsauseinandersetzungen zerrieben

werden.

Und wer bleibt neben den Schulsozialarbeitern und den Kindern bei dieser Zuständigkeitsdebatte auf der Strecke? – Wie wir alle wissen, sind es natürlich die Kommunen, das schwächste Glied in der Kette. Die Kommunen versuchen derzeit, die Aufgabe alleine zu stemmen, weil sich weder Bund noch Land für die Finanzierung zuständig fühlen.

Die Landesregierung hat den Kommunen vorgerechnet, dass sie für 2014 noch genug Geld haben. – Gut, aber eben nur für ein Jahr. Und damit sind die Stellen der BuT-Schulsozialarbeit wieder nicht auf Kontinuität angelegt. Allein in Wuppertal sind aufgrund dieser Diskontinuität bis zum 1. April 2014 schon fast 25 % der Vollzeitstellen durch Kündigungen und Kürzungen im Vergleich zum 1. August 2013 weggefallen. In anderen Kommunen sieht es ähnlich aus.

Angefangen hat das Problem doch schon, als die ersten BuT-Schulsozialarbeiter im Sommer 2013 aufgrund ihrer befristeten Arbeitsverträge vorzeitig gekündigt hatten. Jetzt gibt es zwar wieder eine Neubesetzung einiger dieser Stellen, aber eben wieder nur bis zum Jahresende.

(Zurufe: Oh!)

Das heißt doch: Wenn diese Schulsozialarbeiter sich gerade eingearbeitet haben, müssen sie sich schon wieder damit beschäftigen, ihre Existenz zu sichern und auf Jobsuche gehen; das gleiche Spiel wie ab Mitte 2013.

Wir brauchen jetzt eine Lösung. Deshalb sind wir natürlich auch weiterhin dafür, dass das Land die Kosten für die BuT-Schulsozialarbeit trägt.