Protocol of the Session on May 14, 2014

Deswegen ist es egal, ob Sie oder Frau Schneider immer wieder das Mantra „Verbotspartei“ vor sich hertragen. Das machen Sie ja gerne.

Beim Verbieten hängen Sie Ihr Fähnchen im Übrigen immer nach dem Wind. Wir hatten gerade jetzt mit Ihrer Partei – und vorher auch mit der FDP – eine Diskussion bezüglich der Pille danach. Dabei ging es gar nicht darum, ob die Gesellschaft gefährdet wird, sondern darum, dass die Frauen in Deutschland das gleiche Recht wie die Frauen in den meisten europäischen Ländern bekommen sollen. Dazu sagen Sie: Nein, das dürfen die nicht. Die Verbotspartei sind also in ganz vielen Fragen Sie. Auch an anderer Stelle verbieten Sie Menschen den gleichberechtigten Zugang zu Partnerschaften und allem Möglichen. Deswegen sollten wir, finde ich, bei der Sache bleiben und nicht immer versuchen, mit solchen Mantras vom Inhalt abzulenken.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir haben auch da eben wieder – da wird völlig durcheinander argumentiert – völlig abstruse Zahlen gehört. An verschiedenen Stellen haben Sie eben wieder in dieser Weise versucht darzulegen, wie das mit dem angeblichen Kneipensterben ist.

Herr Kern, Sie können Statistiken lesen und sich über Hintergründe informieren. Gucken Sie sich das im Ernst an: Die DEHOGA hat bei ihren 40.000 Mitgliedern eine Abfrage durchgeführt. Davon haben 3 % geantwortet. Was heißt es denn, wenn nur 3 % antworten und alle anderen nicht? Von diesen 3 % sagen 81 %, sie hätten Probleme mit den Einnahmen. Alle anderen sagen das nicht. Das heißt, 97 % sahen es noch nicht einmal für notwendig an, zu antworten. Deswegen auch da: Vorsicht an der Bahnsteigkante!

IT.NRW hat noch einmal Zahlen vorgelegt. 2004 gab es einen Umsatzrückgang von 5,79 %. Vor dem konsequenten Nichtraucherschutz – also bei Ihrem Gesetz – gab es einen Umsatzrückgang von 4,85 %. Jetzt, mit dem konsequenten Gesetz, gibt es einen Umsatzrückgang von 4,61 %. Wenn ich jetzt andersherum so polemisch argumentieren würde wie Sie, würde ich sagen: Der Umsatzrückgang hat sich verringert, seit wir einen konsequenten Nichtraucherschutz haben. Das wäre aber genauso falsch wie Ihre Argumentation; denn der Umsatzrückgang entsteht durch andere Dinge wie unser verändertes gesellschaftliches Verhalten.

Frau Ministerin, entschuldigen Sie bitte. Würden Sie eine Zwischenfrage von Frau Kollegin Schneider zulassen?

Aber klar.

Dann bitte, Frau Kollegin.

Frau Ministerin, vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Sie haben jetzt unterschiedliche Zahlen präsentiert. Die einen sind Ihrer Meinung nach gut, die anderen schlecht. Warum folgen Sie dann nicht einfach dem FDP-Antrag und sagen: Wir führen eine vernünftige Evaluation durch, wie Sie es am 21. Juni letzten Jahres zugesagt haben? – Danke.

Noch einmal: Da habe ich keine Evaluierung zugesagt. Das kann man gerne hin- und herdrehen. Vielmehr habe ich gesagt: Wir werden das überprüfen. Das haben wir auch gemacht, Frau Schneider.

Wir haben diejenigen, die vor Ort für die Umsetzung dieses Gesetzes verantwortlich sind, gefragt, wie hoch die Akzeptanz ist und wie die Umsetzung erfolgte. Das heißt: Wir haben bei den Bezirksregierungen die vor Ort gesammelten Ergebnisse abgefragt.

Das Ergebnis dieser Abfrage sagt ganz deutlich, dass die Akzeptanz überwiegend sehr groß ist und dass wir an der Stelle kaum noch Probleme mit dem Nichtraucherschutzgesetz haben.

Und wir haben sämtliche Daten, die mittlerweile vorliegen, ausgewertet. Deswegen halten wir eine Evaluierung für überflüssig. Dabei würde letztendlich auch nichts anderes herauskommen als die uns von IT.NRW präsentierten Zahlen und die Antworten, die wir von den Bezirksregierungen haben. – Wir haben die Überprüfung also durchgeführt.

Wir haben auch noch andere Bewertungen und Auswertungen zu dieser Einjahresbilanz. So haben Sie in den vorherigen Debatten zum Beispiel die Auswirkungen auf den Karneval und die Brauchtumsveranstaltungen in Grund und Boden geredet und prophezeit, durch den Nichtraucherschutz würde insofern nichts mehr funktionieren.

Die erste Karnevalssaison brachte selbst aus Sicht der DEHOGA eine positive Bilanz. Das heißt, all das, was an Schwarzmalerei vorhanden war, hat sich letztendlich in der Praxis nicht bewahrheitet. Vielmehr ist die Bilanz überwiegend positiv.

Klar ist, dass diejenigen, die mit einer Eckkneipe vor Ort – da brauchen wir die Probleme auch nicht

wegzureden – Umsatzeinbußen haben – bei denen findet vielleicht, wie von der DEHOGA formuliert, die Beschleunigung eines negativen Prozesses statt –, sich beschweren und dieses Gesetz weiterhin rückgängig machen wollen.

Wir aber als Regierung und Sie als Parlament sind doch dafür verantwortlich, die unterschiedlichen Interessen gegeneinander abzuwägen.

Sehen wir uns die aktuellen Studien an. Am 28.03. gab es eine dpa-Meldung zu einer internationalen Studie. Diese Studie kann auch abgerufen werden. Sie ergab, dass es seit der konsequenten Rauchverbote bzw. des konsequenten Nichtraucherschutzgesetzes weniger Frühgeburten, weniger Asthmaerkrankungen und andere Erkrankungen bei Kindern sowie weniger Herzinfarkte und AnginaPectoris-Fälle gibt. Daher frage ich Sie im Umkehrschluss, ob Ihnen das alles völlig egal ist.

Eingangs habe ich gesagt, Herr Kern: Wenn ich genauso polemisch wie Sie argumentieren würde, könnte ich sagen, dass Ihnen all diese positiven Auswirkungen – zum Beispiel Rückgang der Frühgeburten und der Herzinfarkte – des konsequenten Nichtraucherschutzes völlig egal sind. Ich unterstelle Ihnen das nicht. Genauso erwarte ich, dass Sie Ihre Unterstellungen vielleicht ein Stück weit zurücknehmen; denn auch Sie müssen die Interessen der Bevölkerung in Nordrhein-Westfalens vertreten.

Denn: 62 % der Bevölkerung – Sie haben es eben noch einmal vom Kollegen Yüksel gehört; das betrifft auch die Menschen, die Ihre Partei und Sie gewählt haben und die Sie vertreten – wollen einen konsequenten Nichtraucherschutz.

Vielleicht erinnern Sie sich einmal an Ihr Gesetz. Wegen dieses Gesetzes ist, weil es nicht dem Gesundheitsschutz entsprach, sogar ein Staatssekretär zurückgetreten. Von daher würde ich an Ihrer Stelle wieder zu den Inhalten zurückkommen. Vielleicht finden Sie dann zu einer anderen Position. – Danke.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat ihre Redezeit um eine Minute 26 Sekunden überzogen. Ich darf deshalb fragen, ob es weitere Wortmeldungen vonseiten der Fraktionen gibt. – Das sehe ich nicht. – Dann schließe ich die Aussprache, und wir kommen zur Abstimmung.

Erstens stimmen wir ab über den Änderungsantrag der Piratenfraktion Drucksache 16/5871. Ich darf fragen, wer dem Änderungsantrag zustimmen möchte. – Das ist die Piratenfraktion. Wer stimmt gegen den Antrag? – SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Wer enthält sich der Stimme? – Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. – Damit ist der

Änderungsantrag Drucksache 16/5871 abgelehnt.

Ich lasse – zweitens – über den Antrag der FDPFraktion Drucksache 16/5753 abstimmen. Die antragstellende FDP-Fraktion hat direkte Abstimmung beantragt. Wir stimmen deshalb über den Inhalt des Antrags ab. Wer dem FDP-Antrag seine Zustimmung geben möchte, den darf ich um das Handzeichen bitten. – Das sind die Fraktionen von FDP, CDU und Piraten. Wer stimmt gegen diesen Antrag? – Das sind die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen. Gibt es Stimmenenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der 0Antrag Drucksache 16/5753 mit dem festgestellten Ergebnis abgelehnt.

Ich schließe die Aussprache und Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 5 und rufe auf:

6 Einführung von Kumulieren und Panaschie

ren im Kommunalwahlrecht

Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/5500

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die antragstellende Piratenfraktion Herrn Kollegen Sommer das Wort. Bitte sehr.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, wer glaubt, den Saal jetzt unbedingt verlassen zu müssen, der möge das doch bitte absolut geräuscharm tun, damit wir in der Debatte fortfahren können. Herr Kollege Sommer, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen, schade, dass Sie gehen, denn wir kommen jetzt zu einem sehr spannenden Thema, nämlich einem bisschen Fortentwicklung unserer Demokratie im Kommunalen. Es würde uns allen ganz guttun, dabeizubleiben. Aber, das Essen ruft. Das kenne ich.

(Zurufe von der SPD – Ministerin Barbara Steffens: Immer wenn der kleine Hunger ruft!)

Ich denke, die Kollegen sind auf dem Weg zum Essen. Ich hoffe doch wenigstens.

(Weitere Zurufe)

Also haben die noch etwas anderes zu tun, als hier der Plenarrunde zu folgen. Das ist sehr schade.

Kommen wir zum Thema zurück. – Im traditionellen Kommunalwahlrecht hat der Wähler eine Stimme, um eine Liste zu wählen, und eine Stimme, um seinen Bürgermeister oder Oberbürgermeister zu wählen.

Die Partei, die die Leute aufstellt, hat das Recht, die Rangfolge zu bestimmen. Das ist der aktuelle Stand. Der Modus kann auch für diejenigen, die sich nicht weiter mit Wahlrecht beschäftigen wollen, gerne so bleiben.

Wir möchten aber zusätzlich ermöglichen, dass der Wähler, also unser Souverän, mehr Einfluss auf die ganze Sache hat. Zu dem Zweck möchten wir als zusätzliche Option Kumulieren und Panaschieren einführen, dass also ein einzelner Wähler mehrere Stimmen hat, die er auf die Kandidaten verteilen kann, und dass er diese mehreren Stimmen auf einzelne Kandidaten zusammen kumulieren kann. Das wäre heutzutage Stand der kommunalen Demokratie, wie sie in anderen Bundesländern üblich ist. NRW, das Saarland und Berlin hinken hier gnadenlos hinterher. Alle anderen Bundesländer haben das bereits mehr oder weniger und praktizieren das sogar sehr erfolgreich. Deshalb verstehe ich nicht, warum wir in NRW noch nicht so weit sind.

(Beifall von den PIRATEN)

Durch dieses Kumulieren und Panaschieren erhöhen sich die Einflussmöglichkeiten des Wählers. Das Wahlergebnis spiegelt den Willen des Wählers, unseres Souveräns, sehr viel genauer wider. Das ist eine Sache, die eigentlich für uns alle total sinnvoll sein müsste. Aber anhand der geringen Interessentenzahl hier im Plenum erkenne ich schon, dass das nicht bei allen Kollegen so empfunden wird, was ich – wie gesagt und wiederholt – sehr schade finde.

(Zuruf von den PIRATEN: Schade!)

Das ist wirklich sehr schade. Aber ich habe gerade gehört, dass die Kollegen noch nicht einmal zum Essen sind, sondern irgendetwas anderes Lustiges machen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Sie haben gar nichts gehört! Sie glauben, etwas gehört zu haben!)

Ich habe das gerade gesagt. Und Sie haben gesagt: Nee, sind sie nicht!

(Weitere Zurufe von der SPD)

Doch, habe ich! Sie hören mir nicht zu, oder? Das finde ich ganz nett.