Protocol of the Session on January 31, 2014

Stärkungspakt, Abschaffung des Solidarbeitrags – 90 Millionen € –,

Abschaffung der Erhöhung der Grunderwerbsteuer von 3,5 auf 5 % – 450 Millionen € –,

Inklusion – mindestens 250 Millionen €.

Das ist das Ergebnis, wenn ich auch nur ansatzweise die Wünsche, die Sie dort vortragen, zusammenrechne.

(Ralf Witzel [FDP]: Wer hat das denn gefor- dert? Das ist doch alles falsch! Das ist un- wahr!)

Das sind schon, liebe Kolleginnen und Kollegen, über 2 Milliarden €, für die die FDP keine Deckungsvorschläge für diesen Landeshaushalt vorweisen kann.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Ralf Witzel [FDP]: Unwahr!)

Ihre Argumentation wäre selbst dann falsch, wenn Sie in Ihre Logik zurückkehren wollten und sagen würden: Im Bund hatten wir 2008/2009 eine Finanzkrise und haben zum Teil damals als alte Große Koalition und dann auch als Schwarz-Gelb in den Konjunkturpaketen I und II Stützungsmaßnahmen vorgenommen.

Darin waren mehrere einkommensteuerliche und andere steuerliche Stützungsmaßnahmen in einer Größenordnung, die Nordrhein-Westfalen durchaus im Milliardenbereich betrifft. Die haben Sie auch nicht zurückgenommen. Sie machen also nicht einmal mehr eine antizyklische Politik, sondern Sie machen eine prozyklische Politik.

Es geht Ihnen eigentlich nicht darum, eine gradlinige Haushaltspolitik zu machen, sondern darum, Klientel zu bedienen. Darin haben Sie sich immer ausgezeichnet. Dafür haben Sie Ihre Beschlüsse getragen.

(Zurufe von der CDU und der FDP: Oh!)

Das bemängeln Sie jetzt, weil Sie nicht mehr in der Regierung sind. Wunderbar!

(Beifall von den GRÜNEN – Ralf Witzel [FDP]: Ganz billiger Populismus! – Gegenruf von Horst Becker [GRÜNE]: Das ist die Wahrheit! Sie verwechseln das!)

Jetzt komme ich zu den Punkten, die Sie kritisieren.

In der Tat: Die Große Koalition im Bund hat einige Versprechungen gemacht, die das Rentenpaket betreffen. Da hat die Kanzlerin Wort gehalten. Laschet muss ja die Kanzlerin dann auch dort unterstützen. Sie hat Wort gehalten. Sie hat nur kein Finanzierungskonzept auf den Tisch gelegt. Sie finanzieren sich sozusagen auf Pump, auf Hoffnung.

Das muss der Wahrheit wegen dann aber auch gesagt werden: Das führt dazu, dass der Rentenbeitrag nicht abgesenkt wird. Das führt dazu, dass wenige von vielen profitieren, die wenig haben, und von denen mitfinanziert werden müssen. Das halte

ich schlicht für ungerecht, was Sie da in Berlin machen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Zurück zu dem, was uns in Nordrhein-Westfalen betrifft: Der populistische Versuch von Herrn Lindner, den Landtag aufzuregen, ist erkennbar gescheitert. Eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema zuzulassen,

(Zuruf von der FDP: Jetzt kommt es!)

muss man akzeptieren, weil es schwierig wird.

(Allgemeine Heiterkeit)

Wir kritisieren ja nicht das Präsidium. Aber so ganz aktuell – das hat der Kollege Lindner in seiner Einleitung schon zugegeben – ist das Ganze nicht, was er vorgetragen hat.

Ein letztes Zitat aus Ihrem Antrag – ich brauche die Redezeit nicht auszuschöpfen – möchte ich mir dann schon noch erlauben. Sie beschreiben die Finanzlage der öffentlichen Hand und sagen, dass die Kommunen offensichtlich positive Finanzierungssalden haben. – Das ist richtig, was Bayern und Baden-Württemberg anbelangt.

(Armin Laschet [CDU]: Snowden!)

Absolut. – Sie bemängeln aber gleichzeitig, dass in Nordrhein-Westfalen die Kommunen so schlecht dastehen, bieten aber keinerlei Finanzierungskonzept, wie es besser werden soll.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, Sie malen sich die Welt dort schlecht, wo Sie keine Verantwortung tragen. Dort, wo Sie Verantwortung getragen haben, malen Sie ein rosarotes Bild, das absolut unzutreffend ist. Das, was Sie die letzten zwei oder drei Tage in diesem Landtag abgezogen haben, entspricht einem Wunschbild der FDP, aber nicht der Realität, weder in Nordrhein-Westfalen noch in Deutschland.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Mostofizadeh. – In der Tat kritisieren Sie nicht das Präsidium. Wäre Ihre Wortwahl eine andere gewesen, hätten Sie ein anderes Verb genommen, hätten Sie auch lediglich die Präsidentin kritisiert, wenn Sie das mit einem Blick in die Geschäftsordnung für sich bitte noch einmal klären würden.

Da ich aber bei jeder der drei Aktuellen Stunden in den letzten drei Tagen diesen Förderhinweis bekommen habe, dass die Aktualität überprüft werden soll, sehe ich mich schon in der Verantwortung, künftig diesen Maßstab sehr genau anzulegen.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN)

Für die Piraten spricht der Kollege Schulz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer im Saal und zu Hause! Aktualität ist gegeben, und zwar meines Erachtens allein schon deshalb, weil es um Geld geht. Geld ist immer aktuell.

(Heiterkeit)

Vor allen Dingen die Frage der Steuerpolitik ist in einem rollierenden System, das aus 365 Tagen im Jahr besteht, immer aktuell.

Der Finanzminister des Landes Nordrhein

Westfalen hat sich – auch deswegen können wir das jetzt hier nicht vorwerfen, über Bundespolitik zu reden – zur Steuereinnahmenentwicklung im Bund geäußert. Das hat er getan vor dem Hintergrund eines im Landtag wirklich ausreichend debattierten fiskalischen Instruments, nämlich des KommunalSoli.

Das finde ich schon einen sehr interessanten Vorstoß, zu sagen: Im Bund fehlt Geld. Das wirkt sich auf die Kommunen aus. Wir haben in NordrheinWestfalen das Ei des Kolumbus entdeckt und die Problematik durch die Abundanzumlage quasi in den Griff bekommen. Jetzt machen wir das, was es bisher nur als Länderfinanzausgleich gibt, mit dem Kommunal-Soli und entwickeln den Kommunal-Soli quasi als Exportschlager NRWs für die Bundesrepublik Deutschland. – Das ist ein starkes Stück, muss ich sagen.

Angesichts der Tatsache, dass der Kommunal-Soli bzw. die Abundanzumlage in NRW wohl die Gerichte in den nächsten Jahren noch etwas beschäftigen wird und man da vielleicht erst einmal die Rechtskraft der Urteile abwarten sollte, ist es vielleicht etwas verfrüht, zu sagen: Liebe Bundesrepublik Deutschland, guckt euch das Modell an! Wir machen das jetzt so. Die armen Kommunen kriegen etwas von den reichen Kommunen, also beispielsweise Düsseldorf zahlt an Berlin.

Berlin geht es nicht gut. Obwohl: Denen soll es ja besser gehen. So könnte man die Aufzählung fortsetzen. Das geht von Nord nach Süd, Ost nach West, West nach Ost usw.

(Jochen Ott [SPD]: Ist das eine ernsthafte Rede oder eine Büttenrede?)

Zu dem entscheidenden Punkt kommen wir aber, wenn wir das einmal auf NRW herunterbrechen. Vor etwas mehr als zwei Monaten haben wir mit den regierungstragenden Fraktionen darüber diskutiert, wie wir wiederum auf Bundesebene – denn das spielt eine Rolle; aus dem Bund kommt das Geld ins Land – die Steuerschlupflöcher schließen. Damals kündigten Sie an, alles zu unternehmen, damit die Gestaltungsmöglichkeiten eliminiert werden, die der Bundesrepublik Deutschland umgekehrt positiv 120 Milliarden € jährlich in die Kassen spülten.

Wir Piraten hatten das einmal konkretisiert und gesagt, solche Gestaltungsmöglichkeiten wie zum Beispiel für mittelständische Großunternehmen und große Konzerne wie die Lizenzboxen müssten abgeschafft werden; bei den Gestaltungsmöglichkeiten müsse man den Sumpf trockenlegen. SPD und Grüne haben diesen Antrag quasi plattgemacht und stattdessen Lippenbekenntnisse auf Metaebene formuliert, die zu der von mir gerade genannten Zahl von 120 Milliarden € jährlich führten.

So weit, so gut. Wunderbarerweise tauchte der materielle Gehalt unseres Antrags im Koalitionsvertrag wieder auf. Das haben wir wohl kurz vor Weihnachten schon thematisiert. Wenn das nicht wieder nur Lippenbekenntnisse sind, müsste das Geld ja bald nur so hereinsprudeln.

An dieser Stelle reden wir nicht von Steuererhöhungen, sondern erst einmal davon, dass die steuerlichen Einnahmemöglichkeiten vollumfänglich, sozial gerecht ausgeschöpft werden. Wenn die 120 Milliarden €, die Sie und Ihr Ministerium und auch die Koalitionsfraktionen in NRW errechnet haben, das Ei des Kolumbus sind, befinden wir uns auf einem guten Weg. Dann brauchen wir auch keinen Ausgleich per Kommunal-Soli zwischen den Kommunen in ganz Deutschland.

Wir erkennen, dass sowohl im Bund als auch im Land erhebliche Probleme bestehen, die öffentlichen Aufgaben zu finanzieren. Wir dürfen auch nicht verkennen, dass der Einfluss des Landes NRW auf die Regierungspolitik im Bund voraussichtlich gering sein wird – es sei denn, dass wirklich gute Vorschläge gemacht werden. Dann müsste der Vorschlag mit dem Kommunal-Soli – das ist der Punkt, um den es in dem Interview mit der „WirtschaftsWoche“ eigentlich ging – aber funktionieren. Das funktioniert aber nicht.

Jetzt habe ich noch ganz viel auf meinem Zettel stehen. Ich werde das aber nicht weiter vortragen;

(Beifall von den GRÜNEN)

denn ich würde gerne erst einmal hören, wie der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen erklären möchte, dass er in diesem Interview mit der „WirtschaftsWoche“ im Prinzip zu einem kommunalen Flächenbrand in Deutschland aufruft, und wissen, ob er die Föderalismusreform neu anstoßen möchte. Vor allen Dingen interessiert mich, wie denn der Verteilungskampf aussehen soll, wenn Hunderte von Städten und Gemeinden in Deutschland dann darum kämpfen, von dem einen oder anderen einen Ausgleich zu bekommen. Von einer Konsolidierung der NRW-Finanzen sind wir damit allerdings noch immer weit entfernt.

An dieser Stelle darf ich noch einmal darauf zurückkommen, dass wir vor zwei Tagen die Schul- und Studienfonds quasi kassiert haben. In der Folge plätschern 80 Millionen € mal eben in den allgemeinen Landeshaushalt. Damit werden sie dem eigent

lichen Zweck, nämlich Bildung und Ausbildung, entzogen. Meine Güte; das ist doch wieder nur „rechte Tasche, linke Tasche“.