die Arbeitsplätze von mehr als 3.000 Angestellten in den rund 10.000 Gaststätten mit Schwerpunkt im Getränkeausschank, meine Damen und Herren. Das muss man sich einmal vor Augen führen.
Die Gesundheit zu schützen, ist eine Kernaufgabe des Gesetzgebers; da sind wir uns sicherlich einig. Die Frage, die Sie aber beantworten müssen, ist doch: Warum machen Sie eigentlich die Kneipen- und Restaurantbetreiber für den Schutz ihrer Gäste vor den Gefahren des Rauchens verantwortlich? Die Verlagerung der Verantwortung für den Gesundheitsschutz durch ein rigoroses Nichtraucherschutzgesetz ohne Ausnahmen, mit unverhältnismäßigen Eingriffen in die Existenz der Gaststättenbetreiber, ist die Offenbarung des Versagens rotgrüner Politik.
Im Übrigen, wenn man einmal in den Gesetzentwurf schaut, schaden Sie massiv dem Brauchtum. Denn Sie müssen ja sicherstellen, dass Gesetze auch eingehalten werden. Da geht eben nicht Frau Steffens in die Festzelte und ahndet etwaige Verstöße, und das werden auch die Polizei oder der Ordnungsdienst vor Ort nicht leisten.
Dafür wird vielmehr der jeweilige Vorstand des Schützenvereins als Veranstalter verantwortlich gemacht. Das macht jedes ehrenamtliche Engagement kaputt.
Solange Sie das Damoklesschwert der Strafbarkeit oder der Ordnungswidrigkeit über den ehrenamtlich Engagierten pendeln lassen, zerstören Sie jede Bereitschaft, Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen.
Gleiches gilt im Übrigen für private Feiern. Nach dem Gesetzentwurf soll tatsächlich das Rauchen in geschlossenen Gesellschaften in Gaststätten erlaubt sein.
Es ist aber nicht rechtssicher definiert, was überhaupt eine geschlossene Gesellschaft ist. In der Konsequenz muss man sich das einmal so vorstellen: Wenn zum Beispiel jemand seinen 90. Geburtstag in einem Restaurant oder in einer Gaststätte feiert und dabei die gesamte Gaststätte in Anspruch nimmt – das ist nämlich nach dem Gesetzentwurf die Voraussetzung –, dann muss er darlegen, das heißt dokumentieren, welche Gäste er eingeladen hat. So steht es im Gesetzentwurf, das ist übrigens
auch ein Problem in Bayern. Er muss genau angeben, welche Gäste er eingeladen hat, weil nur so eine Kontrolle möglich ist, ob es sich um eine geschlossene Gesellschaft handelt oder nicht.
Meine Damen und Herren, wir haben einen funktionierenden Nichtraucherschutz in Nordrhein-Westfalen. Das aktuelle Gesetz gewährleistet einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen von Nichtrauchern und Rauchern und den Schutzzwecken des Gesetzes. Wir wollen keine Erziehung der Menschen per Gesetz, wir wollen keine Gängelung mündiger Bürger, wir wollen keine staatliche Reglementierung auf Kosten des Verantwortungsbewusstseins und des Rechts, selbst Entscheidungen treffen zu dürfen.
Seien Sie bitte darauf gefasst, dass wir in den weiteren Beratungen des Gesetzentwurfs diesen auseinandernehmen und Ihnen jede einzelne Schwäche des Gesetzentwurfs vorhalten werden. Ich garantiere Ihnen, dass sich die Kolleginnen und Kollegen aus der SPD-Fraktion einrollen und vor dem nächsten Schützenfest Angst haben werden, dass sie bei ihrer Begrüßung vom Pfeifkonzert begleitet werden. Vielleicht nehmen sie aber auch nicht teil. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Preuß. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich nun Herrn Kollegen Ünal das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Alle Untersuchungen zeigen, dass das Rauchen nicht nur negative gesundheitliche Auswirkungen für die Rauchenden selbst, sondern im besonderen Maße auch auf die Personen in der Umgebung hat. Alle, die rauchen, müssen letztendlich selber entscheiden, ob sie sich den gesundheitlichen Risiken des Rauchens aussetzen wollen.
In Gegenwart anderer Personen werden aber auch diese in Mitleidenschaft gezogen. Dieses sogenannte Passivrauchen schädigt die Gesundheit auch der Nichtraucherinnen und Nichtraucher massiv.
Diese negativen Auswirkungen auf andere Menschen sind ursächlich dafür, dass sich das Rauchen von allen anderen Suchtformen unterscheidet. Das Deutsche Krebsforschungszentrum weist darauf hin, dass in Deutschland jedes Jahr rund 2.150 Menschen an durch Passivrauchen bedingten koronaren Herzkrankheiten und über 770 Menschen an einem durch Passivrauchen bedingten Schlaganfall sterben.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch Tabakrauch am Arbeitsplatz steigt. Ein konsequenter Nichtraucherschutz ist also dringend notwendig, auch in NRW:
Das bestehende Nichtraucherschutzgesetz bietet hierbei keinen ausreichenden Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens. Das von der damaligen schwarz-gelben Regierung verabschiedete Gesetz aus dem Jahre 2007 bietet keinen Schutz für die Nichtraucherinnen und Nichtraucher. Es hat sich bisher durch die vielen Ausnahmeregelungen, gerade auch im gastronomischen Bereich, als untauglich herausgestellt, nicht rauchende Menschen beim Besuch gastronomischer Einrichtungen vor dem Tabakrauch zu schützen.
Häufig wird das Rauchverbot ignoriert oder durch geschicktes Nutzen der bestehenden Ausnahmeregelungen umgangen. Dies hat auch das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster im vergangenen Jahr deutlich gemacht. Wir Grünen begrüßen deshalb nachdrücklich, dass die rot-grüne Landesregierung nun eine entsprechende Novellierung des Nichtraucherschutzgesetzes vorgelegt hat.
Dabei geht es nicht darum, das Rauchen zu verbieten, sondern darum, die Bevölkerung in öffentlich zugänglichen Räumen wie den Gaststätten vor dem Passivrauchen und seinen gesundheitlichen Folgen zu schützen. Wir sehen in einem konsequenten Schutz vor dem gefährlichen Passivrauchen eine notwendige Schutzmaßnahme für die Bevölkerung.
Meine Damen und Herren, das konsequente Rauchverbot auch im gastronomischen Bereich stellt keine außergewöhnliche Einschränkung dar, wie vielleicht einige glauben mögen. Ein generelles Rauchverbot in allen gastronomischen Einrichtungen ist in etlichen Ländern Europas Alltag und längst üblich. Deutschland liegt derzeit im internationalen Vergleich zu den anderen europäischen Staaten gerade mal auf dem 27. Platz, was das Nichtrauchen angeht. Mit der Stärkung des Nichtraucherschutzes schaffen wir also für NordrheinWestfalen lediglich eine Situation, die in vielen anderen Staaten längst zum Alltag gehört.
Es besteht allerdings nicht nur Verbesserungsbedarf bei den Nichtraucherschutzregelungen für die Gaststätten; notwendig ist das auch mit Blick auf den Schutz von Kindern und Jugendlichen, wie die Frau Ministerin hier vorgetragen hat. Aufgrund der Gefährlichkeit, die der Zigarettenrauch gerade für Kleinkinder darstellt, ist natürlich das vorgesehene Rauchverbot auf den ausgewiesenen Kinderspielplätzen ebenfalls ein konsequenter und richtiger Schritt. Tabak ist ein gefährliches Gift, besonders für Kleinkinder.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, aus der Bevölkerung haben uns in den letzten Monaten unzählige Zuschriften, Aufforderungen erreicht, die ein konsequentes Nichtraucherschutzgesetz fordern. Anders
als vielleicht vermutet wünschen sich auch viele Gastwirtinnen und Gastwirte eine einheitliche Regelung, da sie mit den Raucherkneipen nicht mehr konkurrieren können.
Nein, danke schön. Ich möchte im Zusammenhang bis zum Ende fortfahren. Danach können Sie Ihre Fragen stellen.
Es liegen Studien vor, die zu dem Ergebnis kommen, dass sich das Rauchverbot in den Kneipen, Restaurants und Diskotheken deutlich geringer auf die Umsatzentwicklung auswirkt. Zu dem Ergebnis kommt beispielsweise eine Untersuchung des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung. Demnach führt Rauchverbot durchschnittlich zu 2 % weniger Umsatz. Die von vielen befürchtete Pleitewelle von Kneipen sei ausgeblieben.
Ein aktueller Vergleich – das ist auch sehr interessant – der Umsatzentwicklung in der Gastronomie zwischen Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen zeigt sogar, dass Bayern, das Bundesland mit dem konsequentesten Nichtraucherschutzgesetz, die
besten Umsatzdaten aufweist. In Bayern stieg der Umsatz im getränkegepflegten Gastronomiebereich in den ersten neun Monaten 2011 um 7,2 % gegenüber dem Vorjahr. In Nordrhein-Westfalen hingegen musste dieser Wirtschaftszweig einen Umsatzrückgang von 2,6 % hinnehmen.
Meine Damen und Herren, Gemütlichkeit und Rauchen gehören nicht zwangsläufig zusammen. Viele Nichtraucherinnen und Nichtraucher würden gerne auch eine Kneipe besuchen, möchten dabei aber nicht passiv mitrauchen. Selbst immer mehr Raucherinnen und Raucher wünschen raucherfreie Gaststätten. Das neue Nichtraucherschutzgesetz macht nun Schluss mit den Ausnahmeregelungen und sieht ein generelles Rauchverbot in allen Bereichen vor. Das ist auch gut so.
Wir stimmen der Überweisung in den Fachausschuss zu und freuen uns auf eine konstruktive Fachdebatte. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Ünal. – Als nächster Redner hat der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Herr Kollege Lindner, das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Verehrte Damen, meine Herren! Die Landesregierung legt als einen ihrer ersten Gesetzentwürfe den Entwurf ei
nes novellierten Nichtraucherschutzgesetzes vor – obwohl mehr als 80 % der gastronomischen Betriebe in Nordrhein-Westfalen rauchfrei sind,
obwohl im öffentlichen Raum das Rauchen ohnehin durch die alte Gesetzgebung weitgehend untersagt ist, obwohl die wirtschaftlichen Folgen eines strikten Nichtraucherschutzes im Vergleich der Bundesländer – auch wenn man Experten hört – noch nicht geklärt sind. Obwohl ich das hier vortragen kann, legen Sie diesen Gesetzentwurf dem Landtag als eine Ihrer ersten Initiativen vor. Es gibt keinen dringenden Grund, das zu tun.
Deshalb, Frau Ministerin, werden wir in dieser Debatte das Ding als das behandeln, was es ist, nämlich ein Stück ideologisierte Gesellschaftspolitik.
Das sagt eine ganze Menge aus über das Verhältnis zwischen Bürger und Staat, Bürger und Politik. Sie wollen den Menschen einen Lebensstil oktroyieren, jetzt beim Rauchen. Die Grünen sind für das Verbot von Motorrollern. Die Grünen sind für das Verbot der Plastiktüte. Die Grüne Jugend Nordrhein-Westfalen
hat eine Fleischsteuer beschlossen, weil Fleisch kein Grundnahrungsmittel mehr sein soll. Sie wollen Ihren Lebensstil anderen vorgeben. Sie wollen dafür verbieten, besteuern oder, wenn das nicht geht, für moralisch verächtlich erklären. Sie wollen aus unserer freien Gesellschaft eine staatliche Besserungsanstalt machen. Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen.
Ja, fraglos: Rauchen ist gefährlich – so wie zu viel Alkohol, so wie zu fettes Essen, so wie zu schnelles Autofahren. Wir brauchen gerade mit Blick auf das Rauchen den Schutz vor Passivrauchen, also einen konsequenten Nichtraucherschutz. Da gibt es ein Gesetz. Wenn es da im Detail Nachsteuerungsbedarf gäbe, könnte man ja darüber sprechen.
Aber Sie wollen in Wahrheit etwas anderes. Sie wollen die Menschen vor sich selbst schützen und zu ihrem Glück zwingen.