„Herr Schulz, proaktive Informationen: Wer mich kennt, weiß, dass ich in der Bandbreite dessen, was man aus Rechtsgründen nicht sagen darf, bis hin zu dem, was man aus Rechtsgründen sagen muss, immer derjenige bin, der den Zwischenraum, bei dem weder das eine noch das andere gilt, nicht als etwas wertet, über das man nicht reden muss und deswegen dann auch nicht redet, sondern dass ich das eher als etwas interpretiere, worüber ich reden darf und es dann auch tue.“
„Nur gibt es auch für mich diesen Bereich, zu dem ich – nicht nur aus rechtlichen Erwägungen, sondern auch aus der Erwägung heraus, zu vernünftigen Ergebnissen zu kommen – sagen muss: Das ist ein Bereich, in dem ich vertraulich im Inneren mein Handeln vorbereiten muss und das nicht auf dem Marktplatz austrage. Es hat doch nichts mit Open Government zu tun, dass bestimmte Dinge, wenn wir etwas vorbereiten, weder in die Öffentlichkeit noch in die Hände derer gehören, deren Job es sozusagen ist, das zu vereiteln, was man machen möchte. Das ist doch umgekehrt genau dasselbe.“
Sie haben das möglicherweise alles nicht so verfolgen können, aber es steht da im Prinzip Folgendes: Es zeugt zunächst einmal von einem recht eigentümlichen Verständnis der Landesregierung von Regierung als einer der staatlichen Gewalten auf der einen Seite und von Parlament und Abgeordneten auf der anderen Seite: dass demokratisch legitimierte Parlamente nichts Besseres im Sinn haben könnten, als Regierungshandeln zu vereiteln.
Noch abenteuerlicher wird es dann, wenn man hören durfte, dass umgekehrt dasselbe passiert. Also: Die Regierung vereitelt die Wahrnehmung der Rechte von Mitgliedern von Parlamenten bzw. sie setzt ein Effizienzteam ein und schließt die Opposition aus. Sie beruft sich darauf, dass es sich insgesamt um noch nicht abgeschlossene Vorgänge exekutiver Eigenverantwortung handelt.
Dazu müssen wir auch unter Bezugnahme auf das vorliegende Gutachten sagen: Es ist zutiefst verfassungswidrig.
Erstens. Unabhängig davon, dass das im Sommer 2014 vielleicht auslaufen soll, lösen Sie unverzüglich das Effizienzteam auf!
und sonstige Arbeitsergebnisse des Effizienzteams in geeigneter Form – respektive informationshalber – zur Verfügung!
Oder, drittens, beteiligen Sie doch unter Beachtung von Zweitens – das war das mit der Information – unverzüglich alle Fraktionen des Hohen Hauses am Effizienzteam!
Eine andere Möglichkeit steht Ihnen nach unserer Auffassung und der Auffassung des Gutachtens von Prof. Lang nicht zu. – Ich danke für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schiller lässt Wallenstein sagen: „Schnell fertig ist die Jugend mit dem Wort“, Herr Kollege Optendrenk. Und auch ein etwas vorgerücktes Alter schützt vor Torheit nicht, Herr Kollege Schulz.
Sie versuchen hier im Prinzip, ein Rechtsgutachten dazu zu benutzen, Dinge, die Sie offensichtlich bezogen auf die Haushalts- und Finanzpolitik selber nicht auf die Reihe kriegen,
in Zweifel zu ziehen. – Ich will gleich zur Sache kommen. – Hier wird versucht, einen ganz normalen Sachverhalt in einer Art und Weise zu skandalisieren, wie er es eigentlich nicht hergibt.
Es gibt an der Stelle einen komplexen Vorgang. Ich bin damit sofort bei der Rechtsprechung und bei dem Gutachten von Prof. Lang, das ich in einigen Punkten für durchaus ernsthaft und erwägenswert, in anderen Punkten aber eher für kritikwürdig halte
Es gibt bei der Frage der eigenverantwortlichen Tätigkeit von Regierungen in ihrem Kernbereich eine Reihe von interessanten juristischen Fragen zu klären. Nur eine, liebe Kolleginnen und Kollegen, lässt sich nicht klären: Es gibt diesen Arkanbereich. Jede Regierung macht sich diesen Bereich auch für Vorüberlegungen zu eigen. Das lässt sich in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes trefflich nachlesen.
Darüber hinaus, liebe Kolleginnen und Kollegen, führt das Bundesverfassungsgericht – ich füge da einen Hinweis aus dem Beschluss des Zweiten Senates vom 17. Juli 2009 an; man höre und passe auf! – genau das auf das Prinzip der Gewaltenteilung zurück, was unserer Rechtsordnung zugrunde liegt.
Es ergibt sich – darüber kann man dann diskutieren – ein interessantes juristisches Spannungsverhältnis zwischen den natürlichen Rechten von Abgeordneten auf der einen Seite und dem Bereich des geschützten Kernbereichs von Regierungshandeln auf der anderen Seite. Das beurteilt sich immer, liebe Kolleginnen und Kollegen, nach dem Einzelfall.
Ich bin darauf aufmerksam geworden, dass der Gutachter ganz offensichtlich – ziehen Sie einmal Seite 25 des Gutachtens zu Rate – schon mit dieser Grundüberlegung ein gewisses Problem hat. Er sagt hierin wörtlich, der Arkanbereich werde zusehends kritischer gesehen, und das Bundesverfassungsgericht meide diesen Topos.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist eine interessante Einschätzung eines Gutachters, die leider dort nicht mit einer einzigen Fundstelle hinterlegt ist und sich ganz offensichtlich nicht mit der Rechtsprechung, die ich gerade zitiert habe, in Einklang bringen lässt. Dennoch hat das Effizienzteam durch den Finanzminister relativ intensiv – ich habe mir die Kleinen Anfragen und die Antworten darauf, die Protokolle des Haushalts- und Finanzausschusses und ähnliche Unterlagen angeschaut – über Teile seiner Arbeit berichtet. Da sind Gutachten vorgelegt worden, und da ist auch umfänglich über die Arbeit des Effizienzteams diskutiert worden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist so weit gegangen, dass sich der Kollege Witzel zum Beispiel, ausweislich einer mir vorliegenden Pressemitteilung, ein abschließendes Urteil über die Arbeit dieses Effizienzteams erlaubt hat. Von daher kann es nicht so sein, dass das vollkommen ohne die Information des Parlamentes abgelaufen ist.
Ich ziehe eine kurze Zwischenbilanz: Ein Arkanbereich ist nicht nur möglich, sondern regelmäßig üblich. Darüber hinaus gibt es durchaus Gegenstände, auf die sich die Vorbereitungshandlungen der Regierung beziehen können, die nicht der unmittelbaren parlamentarischen Kontrolle unterworfen sind.
Die juristisch relevanten und wichtigen Fragen sind folgende: Gibt es abgeschlossene Teilbereiche, oder aber muss man den Vorgang insgesamt beurteilen? Hier hat die Rechtsprechung sehr deutlich differenziert. An der Stelle kann man partiell auch Herrn Prof. Dr. Lang zustimmen.
Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen, die entscheidende Frage, auf die Sie alles abstellen, lautet, ob bei der Einbeziehung von Abgeordneten in diese Beratung andere Regeln gelten. Das ist ein Punkt, bei dem stehen Herr Prof. Dr. Lang und mit ihm auch diejenigen, die seine Meinung vertreten, relativ allein in der juristischen Landschaft.
Es gibt auf der Seite 31 des Gutachtens einen Hinweis auf einen Grundgesetzkommentar. Ich empfehle allen, den Kommentar von Epping/Hillgruber dazu einmal zu lesen. Da steht genau das Gegen
teil von dem, was der Gutachter uns Glauben machen will. Er sagt nämlich: Unter dem Aspekt des Schutzes der Funktionsfähigkeit der Regierung ist die Einbeziehung von einzelnen Abgeordneten rechtmäßig. Das ist eine Fußnote aus dem Gutachten. Liebe Kolleginnen und Kollegen: Lesen bildet.
Darüber hinaus ist diese Einschätzung zwischenzeitlich absolut herrschende Meinung. Im Staat des Grundgesetzes, insbesondere bezogen auf das Verhältnis von Regierung und Parlamenten, hat sich nämlich ein Grundsatz herausgebildet – lieber Herr Kollege Schulz, ich bitte zuzuhören –, der deutlich die unterschiedlichen Einwirkungen von Mehrheitsfraktionen und Oppositionsfraktionen differenziert.
Das Bundesverfassungsgericht – ich gebe Ihnen eine Lesehilfe – hat in seiner Entscheidung 114. Band Seite 121 ff. auf Seite 150 ausdrücklich auf diesen Sachverhalt hingewiesen. Das ist jetzt die rechtstheoretische Betrachtung.
Jetzt mal eine ganz praktische: Ich habe viele Recherchen gemacht und habe festgestellt, dass es eine formalisierte Einbindung von regierungstragenden Abgeordneten in Regierungsarbeit offensichtlich schon länger gibt, und zwar hat da zum Beispiel mal ein Fraktionsvorsitzender erklärt, dass er an den Sitzungen der Koalitionsregierung regelmäßig teilnehmen wolle, denn er hätte nämlich die Absicht, nach dem Koalitionsvertrag davon Gebrauch zu machen. Das hat dann zu einer interessanten Debatte in der juristischen Fachliteratur geführt. Der Abgeordnete hieß Prof. Dr. Erich Mende und war 1961 Vorsitzender der FDP-Fraktion. Herr Adenauer hat sich dessen Mitwirkung gefallen lassen.
Insoweit kann ich nur dazu raten: Lassen Sie die Kirche im Dorf! Skandalisieren Sie nicht ganz normale Vorfälle! Wenn Sie noch einmal ein Gutachten lesen, lesen Sie bitte auch den Beipackzettel …
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Körfges, das ist ja schon ein erstaunlicher Auftritt gewesen. Wenn Sie mal einen Lehrauftrag für Verfassungsrecht angeboten bekommen, lehnen Sie ihn bitte ab.
Das im Auftrag der Landtagspräsidentin erstellte Rechtsgutachten zu Grund und Grenzen auf die Tätigkeit des Effizienzteams bezogener parlamentarischer Informationsrechte ist für die Landesregierung gleich in mehrfacher Hinsicht beschämend.
Beschämend ist es in erster Linie, weil der parlamentarische Gutachterdienst der Landesregierung bescheinigt, dass ihre bisherige Praxis, parlamentarischen Anfragen zur Tätigkeit des Effizienzteams zu begegnen, die Anforderungen der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung verfehlt.