Ganz zum Schluss: Man kann mit Blick auf die niedrigen Arbeitslosenzahlen feststellen, dass Sanktionen einen positiven Effekt auf die Motivierung und Disziplinierung der Arbeitssuchenden haben. Wir diskutieren gerne weiter über dieses Thema und stimmen der Überweisung in den Ausschuss zu. – Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung lehnt die derzeitigen gesetzlichen Sanktionsregelungen im Sozialgesetzbuch II ab. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Änderung des SGB II und des SGB XII im Jahre 2010 hat die Landesregierung zusammen mit anderen sozialdemokratisch bzw. rot-grün geführten Ländern Änderungen vorgeschlagen, die damals im Bundesrat keine Mehrheit fanden.
Insgesamt muss man feststellen, dass die derzeitigen Tatbestände für Sanktionen zu unpräzise gefasst sind. Sehr viele betroffene Hilfsbedürftige erheben daher erfolgreich Widerspruch, wenn gegen sie Sanktionen aufgrund des SGB II verhängt wurden.
Die Anzahl erfolgreicher Klagen und die damit verbundene Belastung der Sozialgerichte im Zusammenhang mit Sanktionen sind beträchtlich. Wir brauchen keinen Sanktionsmechanismus, der zu einem nicht notwendigen Beschäftigungsprogramm für unsere Gerichte führt.
Auch an mich persönlich wenden sich zahlreiche betroffene Bürgerinnen und Bürger und schildern ihre problematische Situation aufgrund verhängter Sanktionen. Welche Auswirkungen die Leistungskürzungen auf die Lebenslagen der Leistungsbezieher haben, lässt daher mein Ministerium im Rahmen einer unabhängigen wissenschaftlichen Untersuchung erforschen und feststellen. Beauftragt hiermit ist das Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik, eine renommierte Einrichtung.
Schon jetzt ist allerdings klar: Sanktionsregelungen müssen dem verfassungsrechtlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Die derzeitigen Regelungen lassen große Zweifel daran aufkommen. Die Sanktionen in Höhe von 100 % der Leistungen bei wiederholten Pflichtverletzungen von unter 25-Jährigen sind unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit verfassungsrechtlich höchst
Außerdem kann man bei allein lebenden Hilfsbedürftigen den Entzug der Leistungen für Unterkunft und Heizung für drei Monate mit einer Kündigung der Wohnung gleichsetzen.
Auch dies ist nicht nur unsozial, sondern auch nicht gerechtfertigt. Ziel muss es sein, die Sanktionsregelungen klarer als die jetzigen Gesetzesbestimmungen zu strukturieren. Insbesondere muss die restriktive Behandlung von jungen Menschen unter 25 nach der derzeitigen Rechtslage wegfallen.
Die Arbeits- und Sozialministerkonferenz hat eine Arbeitsgemeinschaft zur Rechtsvereinfachung im SGB II eingerichtet, die auch die Sanktionsregelungen in diesem Gesetz thematisieren wird. Die Arbeits- und Sozialministerkonferenz tagt im nächsten Monat und wird sich wiederum mit dieser Frage beschäftigen.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung wird sich für eine Änderung der einschlägigen Paragrafen im SGB II einsetzen, damit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit wieder Rechnung getragen wird. Natürlich müssen Gesetze immer mit Sanktionen verbunden sein, da man Gesetze durchsetzen muss. Allerdings müssen diese Sanktionen nachvollziehbar sein und dürfen das Rechtsverständnis der Betroffenen nicht verletzen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Hier gilt es auch, Einsicht in die Notwendigkeit zu schaffen.
Natürlich wird es in unserer Politik in NordrheinWestfalen bei dem richtigen Grundsatz des Förderns und Forderns bleiben. Allerdings wurde in den letzten Jahren sehr viel gefordert und zu wenig gefördert.
Hierfür gibt es auch Verantwortlichkeiten. Denken Sie an die sogenannte Instrumentenreform, an das Streichkonzert bei der Sozialen Stadt und an viele andere Dinge, die man aufrufen könnte, wenn es um Kürzungen in der Arbeitsmarktpolitik geht.
Im Übrigen sage ich Ihnen eines: Jeder Mensch hat in einer Gesellschaft Rechte und Pflichten. Aber glauben Sie nicht, dass Sie mit Druck zu besseren Menschen kommen. Hier ist ein Menschenbild vorhanden, das weder christlich noch sozial ist.
Vielen Dank, Herr Minister Schneider. – Der Minister hat die Redezeit um eine Minute überzogen, sodass Herr Sommer, der sich noch einmal für die Piratenfraktion gemeldet hat, jetzt Glück hat und nicht nur 28 Sekunden, sondern 1 Minute und 28 Sekunden reden darf, wenn er das wünscht. Die anderen Fraktionen bekommen die Minute natürlich auch. – Bitte schön, Herr Sommer.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. So lange werde ich gar nicht brauchen. – Eine Anmerkung zu den Ausführungen von Frau Jansen: Selbstverständlich haben wir uns sämtliche Auswertungen, die es bis jetzt zum SGBII-Bezug gibt, angeschaut. Allerdings finden Sie nirgendwo die Kosten im Justizbereich ausgewiesen, die Widerspruchsverfahren gerade bei Sanktionen verursachen. Diese Kosten kennen weder wir noch die Landesregierung. Bisher habe ich dazu keine Auswertungen gefunden. Wenn wir das wirklich mal vernünftig auswerten wollen, dann kommen wir nicht umhin, diese Kosten miteinzubeziehen. Dementsprechend ist das Ganze allumfassender als nur in dem Bereich zu sehen.
Zum Kollegen Alda: Selbstverständlich muss diese dämliche Halbjahresgrenze weg. Warum sollen Leute, die wir in eine ganzjährige Weiterbildung schicken, zwei Eingliederungsvereinbarungen unterschreiben? Was für ein Unsinn. Das muss ganz klar fallen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Minister Schneider, ich sage klipp und klar: Kollege Alda hat eben sehr sauber herausgearbeitet, dass es auch um die Arbeitsfähigkeit geht. Ihre Unterstellung, wir würden Leute, die nicht arbeitsfähig seien, unter Druck setzen, wir seien unsozial und nicht christlich, ist eine Unverschämtheit, die ich in aller Klarheit zurückweise.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/4162 an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Möchte jemand dagegen stimmen? – Enthaltungen? – Beides ist nicht der Fall. Damit haben wir der Überweisung zugestimmt.
Gemäß § 94 unserer Geschäftsordnung soll der Petitionsausschuss mindestens jährlich dem Landtag mündlich berichten. Entsprechend der bisher geübten Praxis erteile ich der stellvertretenden Vorsitzenden des Petitionsausschusses, Frau Kollegin Howe, zu einem Halbjahresbericht das Wort. – Frau Kollegin, das Redepult ist für die nächsten Minuten Ihres.
Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vorab eine kurze Bemerkung: Ich werde meinen Bericht aufgrund der knappen Zeit, die mir zur Verfügung steht, nur in der maskulinen Form vortragen. Die korrekte Bezeichnung finden Sie allerdings im schriftlichen Bericht.
Sie schilderte in eindringlicher Art und Weise ihr Schicksal: von ihrer Krankheit, von Behördengängen, von dort unglücklich verlaufenden Gesprächen mit Missverständnissen, von Ablehnungsbescheiden und davon, dass ihr nun die Kraft ausgegangen sei, noch weiter zu kämpfen.
Dieses Zitat stammt von Dieter Hildebrandt, dem Kabarettisten, Schauspieler und Buchautor. Es macht deutlich, dass selbst ein so soziales Land wie unseres immer noch Menschen zurücklässt. Einige dieser Menschen finden den Weg zu uns, zu ihrer Volksvertretung, zum Petitionsausschuss. Sie erhalten bei uns Gehör – ohne große Formvorschriften, ohne Formulare, ohne Kosten oder Gebühren. Dabei nehmen sie ihr Grundrecht in Anspruch; sie sind keine Bittsteller. Nach wie vor ist der Petitionsausschuss die unmittelbare Anlaufstelle für Bürger, die sich mit Sorgen und Nöten an das Parlament wenden.
Die Abgeordneten des Petitionsausschusses haben das Recht und die Pflicht, die zugrunde liegenden Vorgänge aus der öffentlichen Verwaltung noch einmal zu überprüfen. Dies tun wir, ohne Schiedsrichter zu sein und ohne einen Schuldigen zu suchen. Oft ist es schon ausreichend, dass eine weitere neutrale Institution sich einer Angelegenheit annimmt, um wieder ein Gespräch zwischen den Beteiligten in Gang zu setzen. Es ist eine besonders wichtige Arbeit, denn an keiner anderen Stelle im Parlament erhalten Sie einen so tiefen Einblick in die Sorgen und Nöte der Menschen in unserem Land.
Über diese Tätigkeit des Ausschusses berichte ich Ihnen heute und informiere Sie über unsere Arbeit im ersten Halbjahr 2013.
Zunächst eine kurze Rückschau in Zahlen: Im ersten Halbjahr 2013 haben den Ausschuss 2.466 Eingaben erreicht. Erledigt wurden in dieser Zeit 1.760 Petitionen. Davon hat der Ausschuss 253 Eingaben im Verfahren nach Art. 41 a der Landesverfassung durch Erörterungstermine behandelt.
Der Ausgang der Petitionen war Folgender: Rund 23,6 % endeten mit einem positiven Ergebnis für die Bürger; in 36,8 % der Fälle konnten wir nichts für die Petenten tun. Im Verfahren nach Art. 41 a Landesverfassung war die Erfolgsbilanz des Ausschusses gewohnt höher. Dort gab es in 52,2 % der Fälle einen positiven Ausgang.
Die thematischen Schwerpunkte der Eingaben haben sich in diesem Halbjahr verschoben und sind geprägt von einigen Sammelpetitionen.
Die meisten Petitionen erreichten uns aus dem Bereich Öffentlicher Dienst, nämlich 21,1 %. 18,7 % der Eingaben kamen aus dem Bereich Schulen und Hochschulen, unter anderem die Petitionen zu den umstrittenen Mathematikklausuren. 16,4 % betrug die Zahl der Petitionen aus dem Bereich Sozialrecht. Hier steigt die Anzahl der Eingaben stetig an. – Die ausführliche Statistik ist diesem Bericht als Anlage beigefügt.
Wie in der Vergangenheit auch, legt der Petitionsausschuss großen Wert auf gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit. Denn nur wer seine Rechte kennt, kann sie auch wahrnehmen. So gelingt uns immer
Mit zwei Bürgersprechstunden hier in Düsseldorf und einer externen Bürgersprechstunde im Kreis Warendorf war der Ausschuss vor Ort ansprechbar. An den „Tagen der Offenen Tür“ des Landtags im Juli haben wir mit unserem Informationsstand ebenfalls viele Bürger erreichen können.
Nun komme ich zu den Schwerpunkten der Arbeit. Die Arbeit im Ausschuss ist einzigartig und vielfältig. Viele Bürger vertrauen uns ihre ganz persönlichen Angelegenheiten an. Nicht selten steckt hinter dem Schreiben ein schlimmes Schicksal. Diese Briefe berühren und machen betroffen. Sie schildern finanzielle oder gesundheitliche Not, einschneidende Erlebnisse, Fragen nach der eigenen Zukunft, Fragen, wie es weitergehen soll. Oft stehen diese Menschen an Scheidewegen. Das Petitionsverfahren hilft häufig, eine Entscheidung zu treffen, in welche Richtung es weitergeht.
Der Ausschuss ist aber auch der Ansprechpartner von Menschen, die ihrem Landesparlament eine Botschaft mit auf den Weg geben wollen. Sie teilen uns ihre politische Auffassung mit, häufig auch in größeren Gruppen. So hatten wir im ersten Halbjahr einige Massen- und Sammelpetitionen zu verzeichnen, einige online und per E-Mail, andere mit klassischen Unterschriftenlisten.