Manchmal können diese Lösungen ganz einfach sein. – Ich freue mich auf einen neuen schulpolitischen Dialog.
Vielen Dank. – Die Großzügigkeit hinsichtlich der Redezeit des Kollegen Kaiser, die ich zu Beginn dieser Debatte habe walten lassen, wird natürlich auch den anderen Fraktionen zugebilligt. Es geht um eine gute Minute, die überzogen worden ist.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin Löhrmann, Sie haben zu den Ergebnissen dieses Ländervergleichs zu Recht erklärt, dass es nichts zu beschönigen gibt. Diese Ergebnisse sind für Nordrhein-Westfalen ein mittleres Desaster, weil von den in Rede stehenden Kompetenzen wesentlich die Zukunft Nordrhein-Westfalens als Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort abhängt.
Der renommierte Bildungsforscher Köller hat zutreffend formuliert – ich darf zitieren –: „NRW rutscht langsam in die Bremen-Liga ab.“
Offensichtlich gelingt uns in Nordrhein-Westfalen weder die Förderung der schwächsten noch der leistungsstärksten Schüler. Auch misslingt – wie in allen anderen Bundesländern – eine Entkoppelung der sozialen Herkunft vom Schulerfolg. Aber diese Ergebnisse sind nicht monokausal zu erklären. Jetzt mit dem Finger alleine auf Frau Löhrmann als verantwortliche Ministerin in diesem Zusammenhang zu zeigen, wäre daher zu einfach.
Die Frage stellt sich: Wie gelingt es, dass Nordrhein-Westfalen unter den Flächenländern nicht mehr die rote Laterne trägt?
Wir als FDP-Fraktion finden, dass es – als einen entscheidenden Punkt – auf den Lehrer ankommt. Entscheidend ist und bleibt – wie es Herr Kaiser schon ausgeführt hat – die Qualität des Unterrichts.
In dem Zusammenhang müssen wir zweifellos erneut einen Blick auf die Lehrerausbildung werfen und genau analysieren, was uns andere Länder voraushaben und an dieser Stelle besser machen. Das aber heißt auch: Wir müssen unsere Pädagogen stützen. Dass in Nordrhein-Westfalen ausgerechnet die Entlastungsstunden der Lehrerausbilder gekürzt werden sollen, weist in die völlig falsche Richtung.
Meine Damen und Herren von Rot-Grün, ein wirklicher Perspektivenwechsel macht einen Kurswechsel ihrer rot-grünen Schulpolitik an dieser Stelle dringend erforderlich. In den letzten drei Jahren hat Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen in der Schulpolitik falsche Schwerpunkte gesetzt. Sie konzentrieren sich nämlich nicht auf die Qualität des Unterrichts. Nein, nahezu alles wird dem Ziel des längeren gemeinsamen Lernens an dieser Stelle untergeordnet. Dorthin fließen auch die Ressourcen. Dabei hat doch die Studie erneut gezeigt, dass Länder mit einer Tradition des längeren gemeinsamen Lernens oftmals sehr schlechte Leistungsergebnisse erzielen.
Also muss doch die Frage lauten: Wohin müssen die Schwerpunkte der Bildungspolitik in NordrheinWestfalen verlagert werden, damit wir aus diesem Tal der schlechten Noten herauskommen? Millionen Euro fließen in Schulversuche wie etwa die Gemeinschaftsschule oder jetzt auch in den Schulversuch PRIMUS. Dafür senken Sie an einer ganz entscheidenden Stellschraube für guten Unterricht die Mittel, nämlich bei der Lehrerfortbildung! Sie senken diese Mittel um 4 Millionen €, weil – das stimmt – begrenzte Maßnahmen auslaufen, Frau Löhrmann. Das ist völlig richtig erkannt. Aber trotzdem sollten an der Stelle freiwerdende Mittel dazu genutzt werden, die fachspezifische Fortbildung weiter auszubauen. Das gilt insbesondere für fachfremden Unterricht.
Auch wenn der Umfang der Lernzeit alleine nur begrenzten Einfluss auf die Leistungsergebnisse hat, dürfen aus rein finanziellen Gründen heraus Vertretungsmittel an dieser Stelle nicht gestrichen werden.
Frau Ministerin Löhrmann, Herr Kaiser hat es bereits angesprochen: Es ist ein Stück weit blamabel, dass wir zwar im vierten Jahr Ihrer Regierung sind,
Meine Damen und Herren, die ostdeutschen Länder zeichnen sich durch klare Anforderungen und deutliche Wertschätzung für Mathematik und Naturwissenschaften aus. Leider ist das in NordrheinWestfalen nicht der Fall. Im Gegenteil: Hier wird man – ich muss es an dieser Stelle einmal sagen – von der Fraktion der Grünen geradezu in eine bestimmte Ecke gestellt, wenn man schwache Ergebnisse im Fach Mathematik an Gesamtschulen mit mehr als 40 % ausreichender Punktzahl thematisiert und nachfragt, welche konkreten Unterstützungsleistungen seitens der Landesregierung geplant sind. Eine Antwort hierzu gab es nicht.
Mitunter wird sogar kritisiert, dass wir als FDP einen so hohen Wert auf diese sogenannten harten Fächer legen. Aber es sind doch genau diese Kernkompetenzen, die wir dringend stärken müssen. Das hält uns die Studie ja eindeutig vor Augen.
Sie bauen schrittweise Leistungs- und Qualitätsstandards ab. Individuelle Leistungsanforderungen werden bei Ihnen – so habe ich zumindest das eine oder andere Mal den Eindruck – als Makel und nicht als Chance begriffen. Das gilt nicht nur für die leistungsschwächeren, sondern auch für die leistungsstärkeren Schüler. Denn auch deren Ergebnisse sind in Nordrhein-Westfalen leider nur unterdurchschnittlich.
Selbstverständlich gibt es noch viele weitere Bereiche, die wir uns in naher Zukunft konkret anschauen müssen. Aber ich sage auch, ohne einen wirklichen Kurswechsel, und zwar weg von den politischen Spielwiesen hin zu einer kontinuierlichen Stärkung der Unterrichtsqualität, droht Nordrhein-Westfalen im Jahre 2018 bei einer Wiederholung der Studie sogar noch weiter zurückzufallen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, hier hilft kein Beschönigen. Die Ergebnisse des bundesweiten Ländervergleichs sind für unser Land NordrheinWestfalen nicht gut ausgefallen. Das mag auch daran liegen, dass die – übrigens auch von der CDU – eingeleiteten Maßnahmen zum Thema „MINTAusbildung“ nicht gegriffen haben.
Fakt ist, untersucht wurden rund 44.000 Schüler und Schülerinnen aus 1.300 Schulen, und zum ersten Mal sind 30 Förderschulen untersucht worden. Auch die sind diesmal in den Blick genommen worden.
Aus den vorliegenden Ergebnissen müssen wir Konsequenzen ziehen. Deshalb bin ich sehr dankbar für die sachliche Diskussion, die heute Morgen – auch von den Vertretern der Oppositionsparteien – in diesem Landtag geführt worden ist.
Dass es mit dem geforderten Kurswechsel nicht so einfach ist, wird übrigens auch daran deutlich, dass auch die Ergebnisse in Hessen nicht besonders gut ausgefallen sind. Dort müsste der Kurs ein anderer sein. Die dortige Kultusministerin Nicola Beer verteidigt die Schulpolitik ihres Hauses. Wir verteidigen natürlich unsere Politik, weil wir davon überzeugt sind, dass sie richtig ist.
Die FDP fordert von uns einen Kurswechsel. Ich bin heute Morgen sehr dankbar dafür, Frau Gebauer, dass Sie sehr sachlich argumentiert haben. Ich freue mich über einen Dialog über die Fortsetzung der Entwicklung von Schulqualität in NordrheinWestfalen.
Ich bin auch Herrn Kaiser sehr dankbar, dass wir hier kein Schwarze-Peter-Spiel spielen und im Landtag keine Debatten führen wollen, die am Ende für unsere Schülerinnen und Schüler keine Konsequenzen haben.
Wie eingangs schon gesagt, sind die Ergebnisse nicht zu beschönigen. Aber auch bei den Erkenntnissen müssen wir ebenso wie bei den Kausalitäten genau hinschauen.
Die CDU fordert, dass die Qualität des Unterrichts oberste Priorität haben muss. – Ja, das sehen wir auch so, liebe Kolleginnen und Kollegen; das ist für uns selbstverständlich.
Wenn man sich die Schulleistungen anschaut, ist festzustellen, in einer Reihe von ostdeutschen Ländern ist deutlich mehr integrativer naturwissenschaftlicher Unterricht erteilt worden. Ich möchte an eine Ihrer ersten Handlungen erinnern – deshalb habe ich eingangs gesagt, dass die Maßnahmen für die naturwissenschaftliche Fächer vonseiten der CDU-Regierung nicht gegriffen haben –, nämlich: Wir heben die vorsichtigen Ansätze des integrativen naturwissenschaftlichen Unterrichts auf und sorgen dafür, dass sie sich in Nordrhein-Westfalen nicht weiter realisieren lassen. Auch auf solche Dinge muss man nach dem Vorbild der ostdeutschen Länder noch mal schauen.
Die didaktische Unterstützung durch das vorgesehene Landesinstitut bauen wir gerade aus, weil wir möchten, dass auch eine qualitätsvolle Begleitung
Herr Kaiser, Sie haben das Prä der ostdeutschen Lehrerbildung eben formuliert nach dem Motto, Frau Löhrmann habe gefordert, die Lehrerbildung wie in Ostdeutschland zu gestalten.
An dieser Stelle möchte ich auf den Hinweis des Schulforschers Hans Anand Pant aufmerksam machen, dass ein Großteil der heute in den Ostländern unterrichtenden Lehrer noch zu DDR-Zeiten ausgebildet worden ist. Das ist eine Feststellung der Wissenschaft.
Zudem – auch das hat Pant festgestellt – hätten die Naturwissenschaften auch heute noch jenseits der Stundenpläne einen besonderen Stellenwert in den Angeboten der Schulen. Das haben sowohl die FDP als auch die CDU gerade noch einmal dargestellt.
Nach den insgesamt schwachen Leistungen zeigt die Studie immer noch die extreme Abhängigkeit des Schulerfolgs von der sozialen Herkunft. Kinder aus bildungsaffinen Haushalten haben bis zu drei Jahre Vorsprung vor Kindern mit Migrationshintergrund. Am unteren Ende der Leistungsskala sind wir schlecht und am oberen sind wir nicht nennenswert besser. Besonders krass sind die Ergebnisse in Physik.
Offensichtlich spielt die Lehrerbildung eine wichtige Rolle für den Schulerfolg der jungen Generation. Aber auch Haltungen und Einstellungen von Lehrern sind ein wichtiger Teil des Schulerfolgs. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass der Unterricht in den naturwissenschaftlichen Fächern in Nordrhein-Westfalen – auch da stimmen wir Ihnen zu – zu einem Großteil fachfremd erteilt wird.
In der Studie ist aber auch festgehalten worden, dass Fortbildungen beim anschließenden Unterricht in den naturwissenschaftlichen Fächern offensichtlich keine ausreichenden Wirkungen zeigen. Auch hier ist die Kausalität nicht ohne Weiteres gegeben. Wir werden uns genau anschauen müssen, was zu tun ist, um Lehrer zu befähigen, Naturwissenschaften so zu unterrichten, dass sie junge Menschen begeistern können.
Bei den Schnellanalysen werden wir immer wieder mit dem Thema „Geld“ konfrontiert. Das ist immer eine der Analysen. Nach einer anderen Analyse ist das Hinschreiten zu G8 die Ursache für die schlechten Leistungen. – Ich will darauf hinweisen, dass in allen ostdeutschen Ländern das Abitur nach acht Jahren abgelegt wird, sodass auch dieses Argument kein Beleg sein kann, warum unsere Leistungen so sind, wie sie sind.
Allerdings, meine Damen und Herren, müssen wir uns die Ergebnisse der Schulen sorgsam anschauen. Wir müssen die Schulen auch sozialräumlich unterschiedlich unterstützen. Wir müssen weg vom Gießkannenprinzip bei der Ressourcenzuweisung
und Teile der Ressourcen nach einem Sozialindex vergeben. Nur so können wir Kindern mit einem sozial bedingt höheren Unterstützungsbedarf die Förderung zukommen lassen, die sie wirklich benötigen. Auch das ist individuelle Förderung und ein Teil präventiver Politik.
Ich würde mir wünschen, dass wir genau diesen Weg auch mit Ihnen von der Opposition gehen könnten. Denn wir werden Lösungen für die Frage finden müssen, wie wir bei endlichen Haushaltsmitteln die bestmögliche Förderung für unsere Schüler und Schülerinnen in Nordrhein-Westfalen hinbekommen können.
Noch ein kurzer Hinweis: Es gibt keine einfachen Antworten, sondern es gibt nur komplexe Herausforderungen. Das zeigt übrigens auch das Beispiel der Rütli-Schule in Berlin, die heute als Gemeinschaftsvorzeigeschule hervorragende Ergebnisse aufweist.
Lassen Sie mich schließen mit der Geschichte einer Schule in Schweden, über die die „FAZ“ gerade berichtet hat. In einer Schule in Malmö gibt es eine 9. Klasse, die von der schwedischen Presse als „Bildungselend“ bezeichnet worden ist. Man hat dort die acht besten Lehrer des Landes zusammengezogen und sie gebeten, den Unterricht für diese Schülerinnen und Schüler zu gestalten. Innerhalb eines halben Jahres ist es gelungen, diese Klasse an die Spitze zu führen.
Auch dieses Beispiel macht deutlich, dass es auf diese sehr komplexen Fragestellungen keine einfachen Antworten gibt.