Protocol of the Session on September 26, 2013

Jetzt bitte ich Herrn Kollegen Priggen, zuzuhören; denn an ihn richtet sich die nächste Bitte ganz besonders.

Herr Kollege Priggen, aus der SPD höre ich, dass in der SPD nach wie vor große Gesprächsbereitschaft besteht, was den Versuch angeht, noch für die kommende Kommunalwahl eine Sperrklausel einzuführen. Ein Weg wäre möglich. Der Weg könnte so aussehen, dass wir ganz kurzfristig – ohne fertigen Antrag – eine Anhörung durchführen, zu der wir namhafte Kommunalverfassungsrechtler einladen, damit sie uns einmal ihre Meinung vortragen, ob sie den Weg der Verankerung einer solchen Sperrklausel in der Verfassung mitgehen oder nicht. In der SPD höre ich Bereitschaft dazu.

Bei den Grünen habe ich sie bisher nur vereinzelt vernommen. Wenn auch Sie von den Grünen den Weg für richtig halten, die kommunale Arbeit zu fördern, sollten Sie sich heute hier ein Herz fassen und sagen: Ja, wir machen bei den Gesprächen mit.

Wenn wir dann Klarheit haben, wie die Mehrheit der Kommunalverfassungsrechtler einen solchen Weg sieht, wird sich vielleicht auch in den Referaten des Innenministeriums stärker etwas bewegen. – Ich habe den Eindruck, dass der Innenminister das selber für politisch richtig hält, aber seine Ministerialbeamten vielleicht nicht mitmachen.

Noch einmal: Wenn Sie wollen, dass die kommunale Arbeit effizienter wird und schlanker ablaufen kann, dann lassen Sie uns doch kurzfristig das Gespräch suchen. Dazu brauchen wir keinen großen Antrag und kein Verfahren, sondern nur Gespräche mit Verfassungsrechtlern, die uns sagen, ob das

geht oder nicht. Dann können wir kurzfristig entscheiden, ob wir gemeinsam eine solche Initiative starten oder nicht.

Das in eine Verfassungskommission zu packen und mit Anträgen zu regeln, heißt, alles bis 2020 zu verschieben. Wir und die Kommunalpolitiker aus der SPD ebenfalls – Ihre SGK will es ja auch – möchten bald eine Lösung. Wir können hier und heute einen Weg vereinbaren und finden. Ich bin wirklich ganz gespannt darauf, ob das tatsächlich gelingt. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Biesenbach. Ihr freundliches Gesprächsangebot hat gleich dazu geführt, dass Ihnen drei Abgeordnete eine Frage stellen möchten. Sind Sie damit einverstanden?

(Peter Biesenbach [CDU]: Bitte sehr!)

Eigentlich bleibt Ihnen gar nichts anderes übrig.

(Peter Biesenbach [CDU]: Wer fängt an?)

Der Erste wäre der Kollege Herrmann. Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Biesenbach. – Sie haben eingangs schon die große Übereinstimmung mit Herrn Körfges und der SPDFraktion herausgestellt. Ich habe in meinem Beitrag von einer ganz großen Koalition gesprochen.

Kann man Ihre Einlassungen richtig verstehen, dass Sie der Meinung sind, es sei besser zu regieren, wenn man unter sich ist, also nicht den Bürgerwillen berücksichtigt?

Herr Herrmann, darauf muss ich doch wohl nicht ernsthaft antworten. Ich weiß nicht, ob Sie in einem Kommunalparlament sitzen. Wahrscheinlich nicht. Zumindest in keinem, in dem das so ist. Lassen Sie sich doch einmal nach Köln, Duisburg oder Dortmund zu Ratssitzungen einladen. Hinterher sprechen wir darüber. Wenn Sie dann immer noch der Meinung sind, eine Sperrklausel sei sinnlos, haben wir über ganz andere Dinge zu sprechen.

(Beifall von der CDU und der SPD)

Zweite Frage!

Der nächste Fragesteller ist der Kollege Düngel. Bitte schön.

Ganz herzlichen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege Biesenbach, sowohl Sie als auch der Kollege Körfges hatten gerade da

von gesprochen, dass Ratssitzungen so unendlich lange dauern würden, könnten – wie auch immer.

Können Sie, der Sie im Kreistag des Oberbergischen Kreises sitzen, dem geneigten Zuhörer einmal aus Ihrer Erfahrung sagen, wie viele der letzten zehn Sitzungen tatsächlich länger als drei oder vier Stunden gedauert haben?

(Kai Abruszat [FDP]: Die haben nur vier Sit- zungen im Jahr!)

Herr Düngel, im Oberbergischen sind die Menschen so klug, dafür zu sorgen, dass wir einen vernünftigen und schlanken Kreistag haben. Deshalb dauern die Debatten dort nicht so lange. Es kommen auch alle zu Wort.

Nein, wir haben ausdrücklich davon gesprochen, dass wir keine Räte wollen, in denen bis zu 13 Gruppierungen sitzen. Ich bin noch nicht einmal beim Thema „Haushaltsberatungen“. Nehmen Sie aber einmal einen ganz simplen Bebauungsplan, der für die Bevölkerung interessant ist. Wenn dazu 13 Gruppierungen je fünf Minuten sprechen wollen, wissen Sie, wie lange solch eine Sitzung dauert. Dann hört keiner mehr zu und es kann keine Beratungen mehr geben. Das wollen wir nicht.

Wir wollen effiziente Sitzungen mit Vertretungen haben, die mit einer breiten Mehrheit von den Menschen ein Mandat bekommen haben. Das ist der Weg. Dass Sie anderer Meinung sind, akzeptieren wir doch. Nur, lassen Sie uns die Möglichkeit, unsererseits zu fragen, wer dann noch die Chance hätte, das umzusetzen. Die Verantwortung haben im Augenblick noch nicht die Piraten.

Dritter Fragesteller ist Herr Kollege Lamla. Bitte schön.

Herr Kollege, vielen Dank, dass Sie auch noch meine Frage zulassen. – Würden Sie mir zustimmen, dass es nicht unser Ziel ist, ein möglichst gleichgeschaltetes und einheitliches kommunales Parlament ohne bunte Meinungsvielfalt zu schaffen, sondern es unser Ziel sein sollte, Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Bevölkerung in einem solchen Parlament abbilden?

Das sehe ich bei Ihnen nicht und bin ehrlich gesagt ziemlich entsetzt über Ihr Demokratieverständnis.

(Beifall von den PIRATEN)

Wenn Sie entsetzt sind, Herr Kollege, hat das vielleicht den Vorteil, dass das ein bisschen wirkt. Wenn Sie über die praktischen

Auswirkungen nachdenken, werden Sie uns – dessen bin ich sicher – im Stillen sogar zustimmen.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Biesenbach. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht der Abgeordnete Krüger.

Meine Damen! Meine Herren! Herr Präsident! Herr Herrmann, ich bin schon etwas verwundert darüber, dass Sie in das Kommunalwahlgesetz eine Regelung hineinschreiben wollen, die bereits Bestandteil des Gesetzes ist. Es ist in diesem Zusammenhang keine Sperrklausel verankert. Insofern besteht überhaupt keine Notwendigkeit, sich noch einmal für ein Verbot auszusprechen.

Ansonsten könnten wir nämlich alles, was dadurch ausgeschlossen ist, im Detail auflisten. Ich weiß, dass Sie in der Richtung sehr, sehr viel Fantasie haben, aber das wäre eigentlich die Herangehensweise.

Wir wissen – ich greife die Hinweise von Herrn Körfges beziehungsweise Herrn Biesenbach auf: Wir sollten das möglichst schnell angehen –, dass zum jetzigen Zeitpunkt bereits Wahllisten eingereicht werden können. Es wäre allerdings mit Blick auf kleinere Gruppierungen zutiefst undemokratisch,

(Beifall von den PIRATEN)

wenn wir über ein Schnellverfahren eine Situation herstellen würden, die bereits 2014 greift.

Wenn man dieses Thema überhaupt anpacken will – wir sehen keinen akuten Handlungsbedarf –, kann das nur für die Kommunalwahl 2020 gelten.

Ich will der Fraktion der Piraten durchaus zugestehen, dass es – sieht man sich die Wahlergebnisse der letzten Bundestagswahl beziehungsweise Landtagswahlen an – eine gewisse Unruhe bei ihr gibt. Unsere Positionen hierzu:

Erstens. Die Einführung einer Sperrklausel ist zulässig.

Zweitens. Das hat das Landesverfassungsgericht Münster in seinen Entscheidungen 1994, 1999 und 2008 festgestellt.

Aber: Dieser unzweifelhafte Eingriff in die Wahlrechtsgleichheit ist in erheblichem Maße rechtfertigungsbedürftig. Abstrakte Hinweise auf Funktionsstörungen reichen nicht aus. Es muss vielmehr nachgewiesen werden, dass die Funktionsfähigkeit der kommunalen Selbstverwaltung in den Räten und Kreistagen nicht gewährleistet ist. Ähnliche Urteile kennen wir aus anderen Ländern.

Ich will Ihnen durchaus zugestehen, dass wir immer mehr Gruppierungen, Fraktionen und Einzelperso

nen in manchen Räten haben. Herr Körfges oder Herr Biesenbach, nennen Sie mir aber nur ein Beispiel, wo eine Haushaltssatzung deshalb nicht verabschiedet werden konnte, weil der Rat derart zersplittert war beziehungsweise sich nicht einigen konnte. Ich kenne kein Beispiel.

(Beifall von den PIRATEN)

Sie argumentieren mit Blick auf die Länge der Ratssitzungen. Ich kenne die Ratssitzungszeiten aus den 80er-Jahren, als die Grünen eingezogen sind. Die Ratssitzungen in Dortmund gingen über 24:00 Uhr hinaus. Damals waren es drei Fraktionen, nämlich Grüne, SPD und CDU.

Heute haben wir sechs Fraktionen und drei Einzelkämpfer. Ich kann Ihnen sagen: Die Sitzungen enden nicht um 24, sondern um 22 Uhr. Das ist untereinander so verabredet. Das wird um 21 Uhr noch einmal deutlich gemacht mit dem Hinweis des Sitzungsleiters: Wenn wir nicht fertig werden, machen wir morgen weiter. – Das diszipliniert unheimlich.

(Heiterkeit von Dr. Joachim Paul [PIRATEN])

Kommen wir zu dem anderslautenden Urteil des Berliner Verfassungsgerichts. Es hat entschieden, dass eine Sperrklausel von 3 % für die Berliner Bezirksverordnetenversammlung zulässig ist. In diesem Zusammenhang hat das Landesverfassungsgericht in Berlin darüber zu entscheiden gehabt, inwieweit vor dem Hintergrund konkurrierender Forderungen auf Ebene der Landesverfassung die Restriktion einer Sperrklausel mit Blick auf die Wahlrechtsgleichheit hinnehmbar ist.