Protocol of the Session on September 26, 2013

le? Kann diese Leitstelle – wenn ja, an wen – Daten weiterleiten?

Im Rahmen der Datensicherheit und des Datenschutzes gibt es viele Fragen, die geklärt werden müssen. Wir fordern, dass die Regelungen im Verordnungsvorschlag deutlich präzisiert werden und dass die Nutzung auf freiwilliger Basis geschieht. Gerade die Absicherung, dass technisch exakt dargestellt wird, dass eben keine dauerhafte Überwachung von Bewegungsprofilen möglich ist, muss in die Verordnung und gehört nicht nur in einen Begleitrechtsakt.

Ich glaube, dass das grundsätzlich begrüßenswerte Ziel, bei einem Unfall eine Übermittlung zu starten, durchaus erreicht werden kann. Aber dann müssen Systeme eben sicherstellen, dass beispielsweise die Übermittlung nur dann erfolgt, wenn das Fahrzeugäußere abrupt einer Krafteinwirkung ausgesetzt ist wie bei einem Unfall. Das kann man mit Mindestschwellen in Newtonmetern belegen. Oder bei der Abruptheit könnte die Frage der Mindestschwelle im Millisekundenbereich entscheidend dafür sein, ob eine Abweichung von der Norm erfolgt.

Sie sehen also: Hier muss genau getestet werden, in welchen Fällen tatsächlich eine Entscheidung sinnvoll ist, eine Standortübermittlung auszuführen, damit es nicht zu einer dauerhaften Überwachung kommt.

Der Bundesrat hat am 20. September das System zunächst einmal gestoppt, allerdings kein Wort zum Datenschutz gesagt. Wir sollten von diesem Parlament das Signal ausgehen lassen, dass wir den Datenschutz auch bei einem solchen System sehr ernst nehmen.

Ich würde mich sehr freuen, wenn wir zu einer gemeinsamen Entschließung kommen. Wir sind jedenfalls bereit dazu. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und Josef Hovenjürgen [CDU])

Vielen Dank, Herr Dr. Wolf. – Für die SPD-Fraktion spricht jetzt der Kollege Schlömer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren auf den Besucherrängen! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es handelt sich in der Tat um ein Thema, das nach unserem Dafürhalten sehr wichtig ist und übrigens schon seit Jahren in der europäischen Politik diskutiert wird.

Das Thema „eCall“, das mit dem Antrag der FDP heute auf dem Tisch liegt, wurde bereits Anfang der 80er-Jahre von verschiedenen Automobilherstellern getestet – letztlich mit dem Erfolg des Auslösens eines Notrufs in Köln beim TÜV Rheinland. Das zeigte, dass das System tatsächlich funktioniert. Auf

der anderen Seite wird es bereits seit mehreren Jahren in der Europäischen Union bewertet und beurteilt. Überdies gibt es bereits seit dem Jahr 2010 eine EU-Richtlinie, in der das Thema ebenfalls behandelt wird.

Die Automobilindustrie hat bereits verschiedene Lösungen präsentiert und in unterschiedlicher Weise in die eigenen Fahrzeuge integriert. Ich denke, der Sinn und Zweck eines solchen elektronischen Systems, das automatisch bei einem Unfall einen Notruf absendet und einen Rettungseinsatz auslöst, stehen völlig außer Frage. Das System wird nach den Analysen der Europäischen Union mehrere Tausend Menschenleben retten und überdies bis zu 15 % der Unfallschwere bei Straßenunfällen verhindern können, wenn das System scharf geschaltet ist.

Der Antrag der FDP und der Änderungsantrag der Piraten berücksichtigen nach meinem Dafürhalten die Diskussionen, die in den vergangenen Monaten und Jahren dazu stattgefunden haben, nicht ausreichend. Wenn man den Titel dieses Antrags liest, bekommt man den Eindruck, dass es sich bei dem zur Diskussion stehenden System um ein Überwachungssystem mit Rettungsfunktion handelt. Das ist nach meinem Dafürhalten allerdings völlig falsch. Die Beteiligten, die darüber bereits seit Jahren diskutieren, sind sich in diesem einen Punkt auch einig.

Die Begehrlichkeiten Dritter – da besteht absolute Übereinstimmung aller Fraktionen im Landtag – müssen allerdings gestoppt werden. Wir wissen, dass es zahlreiche Diskussionen der Versicherungsunternehmen und der Fahrzeughersteller gibt, wie man mit den Daten, die gesammelt werden könnten, wenn man es zulässt, zusätzliche Effekte für die Teilnehmer herausholt. Was da genannt wird, ist teilweise ganz gruselig. Vielleicht kann man auch noch Flensburg dranhängen, und nach zehn Punkten in der Verkehrssünderkartei schaltet sich automatisch der Motor aus. – Das Ganze wollen wir nicht; das ist völlig klar.

Die EU-Richtlinie zu diesem Sachverhalt gibt es mittlerweile seit August 2010. Ich glaube, dass es nachvollziehbar ist, wenn in der Europäischen Union darüber diskutiert wird, ob es sinnvoll ist, das Ganze auf freiwilliger Basis anzubieten oder nicht. Nach meinem Dafürhalten ist das nicht sinnvoll, denn zum jetzigen Zeitpunkt können wir sehen, dass die Oberklasse der Fahrzeuge hervorragend mit solchen Systemen ausgestattet wird. Die Leben ihrer Insassen könnten dann hervorragend gerettet werden. Die breite Schicht hat aber kaum einen Zugriff darauf.

Eines darf nicht sein: Wenn es ein sinnvolles System gibt, Menschenleben zu retten und Verkehrstote zu verhindern, sollte es nicht den Besitzern von Autos der Oberklasse vorbehalten bleiben. Es sollte vielmehr für alle zur Verfügung stehen. Insofern ist

es wichtig, einen verpflichtenden Einbau in die Pkw vorzusehen.

Bei diesem System soll es sich – nach Durchsicht der entsprechenden Seiten der Europäischen Union kommt man sehr schnell zu der Erkenntnis, dass das zumindest beabsichtigt ist – um ein schlafendes System handeln, also um ein System, das erst zum Unfallzeitpunkt ausgelöst wird, sich anmeldet, die Position bestimmt und entsprechende Daten übermittelt. Das geht schneller, als meinen letzten Satz auszusprechen.

Da es sich um ein schlafendes System handelt, dürften die Probleme des Datenschutzes lösbar sein. Um es ganz einfach zu machen: Eine Lampe, die ausgeschaltet ist, leuchtet nicht.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, der Bundesrat hat sich bereits in seiner Sitzung am 20. September mit dieser Thematik beschäftigt und ein entsprechendes Forderungspapier beschlossen, das unter anderem selbstverständlich alle Punkte des Datenschutzes, die in den Anträgen formuliert worden sind, beinhaltet. Insofern glaube ich, dass wir sehr wohl die Möglichkeit haben, uns im Ausschuss vielleicht auf ein gemeinsames Papier zu diesem Punkt zu verständigen.

Ob eine Umsetzung bis 2015 realistisch ist, kann ich nicht genau sagen.

Ich möchte jetzt relativ schnell zum Schluss meiner Ausführungen kommen. Einen Punkt möchte ich aber noch ansprechen, der in den Anträgen nicht genannt wird, aber trotzdem sehr wichtig ist. Es geht nicht nur um die Ausstattung der Pkw mit zusätzlicher Elektronik. Auch auf der anderen Seite, bei den Leitstellen, muss ebenfalls nachgerüstet werden.

Herr Kollege, die Redezeit.

Die Netzabdeckung muss sichergestellt werden. Da stellt sich für mich zumindest als Landespolitiker die Frage: Wer bezahlt das denn? – Nach meinem Dafürhalten muss sichergestellt sein, dass es keine finanziellen Mehrbelastungen des Landes oder der Kommunen gibt, um dieses System umzusetzen.

Herr Kollege, die Redezeit ist zu Ende.

Ich weiß.

(Heiterkeit)

Drei Punkte sind aus diesem Grund wichtig: Der erste Punkt lautet: flächendeckend und verpflichtend. Der zweite Punkt: unabhängiges Funktionie

ren von bordeigenen Computersystemen. Der dritte Punkt: keine Mehrkosten für Land und Kommunen. – Danke schön.

Vielen Dank, Herr Kollege Schlömer. – Bei uns in der Fraktion würde man sagen: Sie haben den Schulz gemacht.

(Heiterkeit und Beifall von den PIRATEN – Dietmar Schulz [PIRATEN] winkt.)

Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Kollege Rehbaum.

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit mehr als zehn Jahren sprechen wir in der EU über ein automatisches Alarmierungssystem bei schweren Autounfällen. Das Motiv, bei schweren Autounfällen ohne Zeugen schneller und gezielter retten zu können, ist unverändert aktuell. Kollege Schlömer sprach gerade von mehreren Tausend Toten, die vermieden werden könnten. 2.500 habe ich bei meiner Recherche gefunden, die man vermeiden könnte.

Betroffen ist vorrangig auch der ländliche Raum. Geschichten über Unfälle, wo jemand von der Landstraße abkommt und dann in einem Maisfeld landet und nicht gesehen wird oder im Mittelgebirge von der Straße abkommt und am Abhang hängen bleibt, kennen wir. Das ist Grund genug, dort zu agieren. Fortschritt rettet an dieser Stelle Menschenleben. Fortschritt manifestiert sich in aktiver und passiver Sicherheitsausrüstung. Airbag und Anschnallgurt sind da Stichworte. Fortschritt kann sich aber auch in besserer Alarmierung und besserer Rettung manifestieren.

Von daher ist der Plan der Europäischen Union, eCall-Systeme obligatorisch in allen Neuzulassungen vorzusehen, richtig und wird von der CDUFraktion unterstützt.

(Beifall von der CDU)

Wichtig ist uns allerdings Folgendes: Die Konnexität, die hier ausgelöst wird, muss geklärt werden. Die Kosten dürfen nicht an den Kommunen, die für den Rettungsdienst verantwortlich sind, hängen bleiben. Auch ungewollt ausgelöste Notrufe durch eCall und das dadurch ausgelöste Ausrücken der Rettungskräfte muss finanziell geregelt werden. Unseres Erachtens ist da die EU am Drücker.

Das Thema Datenschutz, Datensicherheit, das auch Anlass dieses Antrags zu sein scheint, ist für uns ebenfalls besonders wichtig. Es müssen klare Regeln für den Umgang mit den erzeugten Daten gegeben sein. Die Datenmeldungen dürfen nur im Falle eines schweren Unfalls überhaupt ausgelöst und versendet werden. Das Erzeugen von Bewegungsprofilen durch eCall lehnen wir ab, ebenso die Speicherung der ausgelösten Daten im Fahrzeug oder in der Leitstelle.

Wir dürfen bei der Einführung von eCall keine halben Sachen machen. Die Einführung muss europaweit erfolgen, denn Verkehrsbewegungen mit Kraftfahrzeugen machen mittlerweile an keiner Grenze mehr halt. Es soll vorkommen, dass ein Pkw-Fahrer aus den Niederlanden von den Straßenzuständen in Nordrhein-Westfalen überrascht wird, in einem Schlagloch hängen bleibt und einen Unfall hat. Wir wollen diesem niederländischen Pkw-Fahrer genauso gerne und genauso schnell helfen wie dem Pkw-Fahrer aus dem Kreis Borken, der die Zustände der nordrhein-westfälischen Straßen kennt, aber dennoch einen Unfall baut.

Die Einführung von eCall wird eine Herkulesaufgabe sein. Die Ausrüstung, die Infrastruktur, die ganze Organisation zu etablieren, europaweit das System in Gang zu bringen, wird nicht ganz einfach sein. Dazu muss man sagen: Dieses System könnte mit allerlei Zusatzfunktionen ausgerüstet werden. Die Industrie und auch die Forschung kennen da keine Grenzen.

Wir sind der Meinung, dass das System auf das notwendige Minimum an Funktionen beschränkt werden muss: nämlich das Absetzen eines digitalen Notrufs bei schwerem Unfall mit einer einheitlichen Datenschnittstelle europaweit, die Ansprachemöglichkeit der Unfallinsassen über dieses eCall-Gerät im Auto in der Landessprache und auf Englisch und die Aufhebungsmöglichkeit des Notrufs bei versehentlichem Auslösen oder auch die Bereinigung von versehentlich ausgelösten Notrufen.

Weitere Funktionen wie Pannenruf, Navi, Ortung, Entertainment sind alles freiwillige Dinge, möglicherweise funkdatenbasierte Dinge, die das ganze System für Datenabfang und Ausspionierung anfälliger machen. Wir sehen an dieser Stelle nur Regelungsbedarf für die Grundfunktion. Wir wollen, dass das System einfach, kostengünstig, einheitlich und datensicher ist. Luxusfunktionen, die darüber hinaus hineinkommen, liegen in der Verantwortung der Autokäufer und müssen nicht in Brüssel verordnet oder geregelt werden.

Wir geben der FDP recht: Die Verordnung muss konkretisiert werden, ganz klar. Wir sind aber entgegen der Aussage der FDP für eine verbindliche Einführung von eCall europaweit und halten an dieser Stelle fest: eCall rettet Menschenleben. Deswegen müssen wir alles tun, dass es in möglichst vielen Fahrzeugen eingesetzt werden kann.

Wir stimmen natürlich der Überweisung des Antrags in den Ausschuss zu und glauben auch, dass wir da zu einer gemeinsamen, guten Lösung kommen. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Rehbaum. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Abgeordneter Bolte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kollege Rehbaum, mir sind bisher noch nicht so viele Fälle von Niederländern, die in nordrhein-westfälischen Schlaglöchern verschwunden sind, begegnet. Vielleicht liefern Sie uns da noch etwas nach.

Wir haben heute einen ganz interessanten Antrag von der FDP zu einem Thema vorgelegt bekommen, das eine Debatte verspricht, die von Interesse sein wird. Der eCall – das haben wir gehört – hat von der Grundanlage her ein ehrenwertes Ziel, nämlich die Anzahl von Verkehrsunfallopfern zu reduzieren.

Wir haben aber auf der anderen Seite – auch das ist in Ihrer Stellungnahme schon deutlich geworden – eine Reihe von Fragen, die dabei noch geklärt werden müssen. Das ist insbesondere das Thema Datenschutz, das die antragstellende Fraktion thematisiert. Es gibt aber auch andere technische Fragen, die noch diskutiert werden müssen. Von daher, so glaube ich, fahren wir mit der allseits beliebten differenzierten Position in dieser ersten Befassung ganz gut.

Der eCall soll zu einem schnellen Erreichen des Unfallortes durch die Helferinnen und Helfer und Einsatzkräfte führen. Dabei setzt er aber auf der technischen Seite an.

Mir ist in dieser Debatte wichtig, auch noch die Seite zu beleuchten, dass wir insgesamt die Steigerung der Verkehrssicherheit im Auge behalten müssen. Das lässt sich nicht alleine durch ein technisches System herbeiführen, sondern auch das menschliche Verhalten muss dabei im Mittelpunkt unserer Bemühungen stehen. Dadurch, sich hinterher alleine auf den Hilferuf zu konzentrieren, werden Unfälle eben nicht verhindert.