Bitte? Papier, viel Papier, ja, eben nicht online. Hier im Hause wird ja eine Menge in Drucksachen verteilt. Die Drucksachen nehmen kein Ende, die Drucksachen zu einem Gesetz …
Jeden Zwischenruf finde ich großartig. Nur muss er hier vorne ankommen. Wenn Sie vielleicht ins Mikrofon sprechen wollen, Herr Kollege? Dann höre ich das nämlich auch.
Es ist auch nicht möglich, dass Abgeordnete dann ins Mikrofon sprechen, es sei denn, wir haben eine Fragestunde. Dann können sie eine Frage stellen.
Aber was das bedeuten soll mit dem ganzen Papier, muss man erkennen, wenn zwei Tage vor dieser Sitzung Änderungsanträge eingereicht werden, mit denen ganz massiv die Grundfeste dieses Vertrages, der auf der Basis dieser Eckpunktevereinbarung fußt, geändert werden sollen. Haftungsrisiken werden beleuchtet, neu und jeden Tag neu, wie es scheint, Haftungsrisiken, die das Finanzministerium offensichtlich nicht kennt, die möglicherweise aber – das ist das ganz Entscheidende – niemand in diesem Hause kennt. Niemand kennt die Haftungsrisiken, die mit diesem Gesetz verbunden sind, weder vom Grundsatz her noch vom Umfang her.
Es ist von 1 Milliarde € die Rede. Das hört sich verdammt schlank an. 1 Milliarde €, was ist das schon? Meine Güte! Der Steuerzahler wird das aufbringen können, vor allen Dingen dann, wenn man dann
Wofür die 1 Milliarde € eingespart werden soll, na ja, da kann man rätseln. Im Prinzip kann man auch sagen: rechte Tasche, linke Tasche. Aber das, liebe Kolleginnen und Kollegen, halte ich für dieses Haus nicht für sinnvoll, vor allen Dingen dann nicht, wenn wir Verantwortung zu tragen haben für die Bürger dieses Landes. Das, liebe Leute, geht nicht.
Dieses Gesetz, das „Restrukturierungsgesetz zur WestLB“ genannt ist, ist im Prinzip nichts anderes als ein Sparkassenrettungsgesetz. Das ist auch so weit in Ordnung. Wir haben ja in der letzten Debatte gehört, dass das natürlich für einige Verwirrung gesorgt hat, dass man sagen kann: Na ja, auch Sparkassen können pleitegehen. – Das ist nicht so schön. Es ist überhaupt nicht schön, wenn irgendjemand pleitegeht. Es ist natürlich auch nicht schön, wenn eine WestLB pleitegehen müsste, vor allen Dingen wenn man daran denkt, dass ungefähr 4.000 bis 5.000 Beschäftigte damit letztendlich auch ihre Existenz verlieren könnten.
Aber wie sieht es heute aus? Sie werden übergeleitet in eine sogenannte Transfergesellschaft. Nichts anderes ist ja diese Auffanggesellschaft, von der wir hier reden. Es gibt, soweit mir bekannt ist, Herr Minister, noch keine Zustimmung des Betriebsrates. Oder gibt es die in der Zwischenzeit? – Die gibt es nämlich auch noch nicht. Das heißt, es stimmt überhaupt gar nicht, wenn hier behauptet wird, die Beschäftigten hätten diesem ganzen Gesetz zugestimmt bzw. dem Prozedere. Auch das ist nicht zutreffend.
Letztendlich: Ohne die Zustimmung der Beschäftigten der WestLB und aller anderen bereits in Firmen ausgelagerten Beschäftigten wird die ganze Sache nicht funktionieren, es sei denn, die können alle darauf zurückblicken, dass sie aus dem großen Portfolio, welches hier aufgefüllt werden soll mit 1 Milliarde € und noch weiteren liquiden Mitteln, letztendlich über die Zeitdauer bis 2016 oder 2027 ein Auskommen haben.
Dann fragt man sich natürlich: Was haben die Sparkassen eigentlich davon, in diese enormen Risiken einzusteigen? – Man muss doch ganz ehrlich fragen: Wieso konnten diese ganzen werthaltigen oder nicht werthaltigen Papiere eigentlich nicht verkauft werden? Warum konnten sie nicht verkauft werden? Wer hat eigentlich auf die Bremse getreten, damit sie nicht verkauft werden konnten?
Heute sitzen wir hier zusammen und müssen Geld nachschießen in einer Höhe von 1 Milliarde €, ohne zu wissen, wie viel Risiken tatsächlich damit verbunden sind. Denn ob es möglicherweise diese in der Zeitschrift „Online der Westen“ genannten 18 Milliarden € oder 9 Milliarden € – die Hälfte da
von – sind oder 100 Milliarden € oder 45 Milliarden €, das hängt doch ganz davon ab, wie sich die Finanzmärkte entwickeln. Darauf wird selbstverständlich weder eine Portigon Einfluss nehmen können noch eine Erste Abwicklungsanstalt. Niemand wird darauf Einfluss nehmen können, wir auch nicht.
Wir müssen nur aufpassen, dass wir hier nicht ein Gesetz beschließen, welches auch überschrieben werden könnte mit dem Namen „Jack in the box“. Genau das ist es. Wir haben noch keine Verträge. Mit der Helaba wird weiter verhandelt. Mit allen möglichen Partnerinnen und Partnern wird weiter verhandelt, und vorher soll hier ein Gesetz verabschiedet werden, dessen Auswirkungen und Risiken auf das Land Nordrhein-Westfalen nicht ansatzweise klar sind. Dem kann man letztendlich nur seine Zustimmung verweigern.
Ob das jetzt mit dem Entschließungsantrag der CDU übereinstimmt, was ich hier sage, kann ich nicht beurteilen. Ich habe das Ding gerade erst auf den Tisch bekommen. Aber im Großen und Ganzen kann man nur sagen: Diesem Gesetz bei der derzeitigen Entwicklungslage und vor allen Dingen auf dem Verhandlungsstand kann man letztendlich nur die Zustimmung verweigern. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Schulz. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Dr. Walter-Borjans.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn das Land 1 Milliarde € in die Hand nehmen muss, um eine Großbank vom Markt zu nehmen, dann ist das für keinen ein schöner Anlass, Geld auszugeben – nicht für die Opposition, auch nicht für die Regierung.
Aber es ist ein Ende mit Schrecken. Was wäre die Alternative gewesen? Sie wäre ein Schrecken ohne Ende. Die Frage, die ich an Sie stelle, ist: Hätten Sie lieber die Lösung, die Bayern gewählt hat, 10 Milliarden € in eine Bank zu setzen, die dann nur am Leben erhalten wird und damit überhaupt nicht sicher ist, nicht vor dieselben Probleme zu kommen, vor die die WestLB gekommen ist und vor denen auch andere Landesbanken in Deutschland stehen? Das sind Landesbanken, die sich alle unserem Ziel einer Konsolidierung bundesweit verweigert haben.
Wenn man sich überlegt, was denn die Alternativen gewesen wären, und wenn man sich anschaut, wie Sie im letzten Jahr mit der Eckpunktevereinbarung umgegangen sind, Herr Sieveke, muss man sagen: Das ist wirklich nicht die Zeit für Legendenbildung.
Es ist nicht so, dass SPD und Grüne erst auf Sie zugekommen sind, nachdem Sie abgelehnt hatten. Sie haben schon vorher die Erwartung gehabt, in diesem Entschließungsantrag müsse gleichzeitig stehen, dass das aus dem laufenden Haushalt herausgebrochen werden muss. Das müssen Sie sich einmal überlegen! Wem hätten Sie denn erzählt, was es an Lehrern nicht gibt, was an Straßen nicht repariert wird, was an Infrastruktur vergessen wird und was an öffentlicher Sicherheit nicht mehr finanzierbar ist, weil man jetzt gerade in diesem Jahr 1 Milliarde € braucht?
Dass diese 1 Milliarde € in die Konsolidierung gehört, ist vollkommen klar – aber mit ihren Lasten, die sie verursacht. Wenn Sie anschließend Zinsen dafür zu zahlen haben, sind diese Zinsen natürlich in den Konsolidierungspfad einzubauen. Wir können 2020 nicht sagen: Wir haben aber noch ein paar Zinsen obendrauf, die von der WestLB stammen; aus diesem Grund können wir die Schuldenbremse nicht einhalten. – Das ist richtig.
Was Sie hier machen, ist aber der vollkommen durchsichtige Versuch, sich, nachdem Sie nicht mehr für die Mehrheitsbeschaffung nötig sind, zurückzulehnen, Ihre Verantwortung an der Garderobe abzugeben und zu sagen: Jetzt lasst die doch mal machen. – Da sage ich Ihnen ganz klar: Das wird dem Umbau der WestLB unmittelbar nicht schaden. Ihnen wird es in der Wahrnehmung derjenigen, die damit zu tun haben, allerdings extrem schaden.
Schauen wir uns jetzt einmal weiter die Legendenbildung an, das sei alles erst vor 2005 oder nach 2010 entstanden. Zum Zeitpunkt Ihrer Regierungsübernahme hatte die Bank einen Buchwert von 7 Milliarden €. Als wir die Regierung übernommen haben, war dieser Buchwert null. Das ist übrigens ein Teil des gesamten Aufkommens an Verlusten, das ich beschrieben habe. Sie haben 7 Milliarden € verbrannt, und zwar in einer Zeit, in der Sie die Möglichkeit gehabt hätten, die Bank an die LBBW zu verkaufen, wovon Sie aus nicht besonders sachlichen Gründen Abstand genommen haben.
In Ihrer Zeit haben Sie 5 Milliarden € Garantien für die aussortierten Phoenix-Papiere, die Schrottpapiere, übernommen und dabei den vierfachen Anteil der Garantie getragen, den die Sparkassen übernehmen mussten. Darin liegt der bisher einzige Unterschied von 3 Milliarden €, die die Sparkassen besser davongekommen sind als das Land. Das ist – ich sage es noch einmal – mit Unterstützung der damaligen Opposition erfolgt, weil man sich gemeinsam dafür verantwortlich gefühlt hat, dass aus dem WestLB-Problem nicht anschließend ein Sparkassenproblem wird, und weil wir den öffentlich-rechtlichen Kreditsektor schützen wollten.
Natürlich hat sich seit der Eckpunktevereinbarung einiges getan. Ich bin Ihnen im Übrigen dankbar dafür, dass es dann – wie auch immer sie zustande gekommen ist – eine gemeinsame Eckpunktevereinbarung gegeben hat, die Sie in den Ausschusssitzungen im Inhalt auch nicht kritisieren. Nun unternehmen Sie aber erkennbar den Versuch, dort herauszukommen, damit Sie am Ende sagen können, Sie hätten sich als Opposition aber dagegen gestellt. Jetzt argumentieren Sie damit, dass das nicht in einem einzigen Haushalt abgearbeitet wird.
Ich habe eben schon gesagt, wie es geht und wie es auch gehen muss. Dass diese 1 Milliarde € uns natürlich nicht aus der Pflicht entlässt, alle Sparbemühungen im Haushalt umzusetzen, ist doch selbstverständlich. Das hat mit der 1 Milliarde € aber nichts zu tun. Diese Sparbemühungen stellen wir unabhängig davon an, ob 1 Milliarde € draufkommt oder nicht. Diese 1 Milliarde € ist eine einmalige Angelegenheit, die noch dazu zum Abschluss dieses Verfahrens beiträgt und dafür sorgt, dass es nicht zu einem immer weiteren Verlängern des Leidensweges kommt.
Herr Sieveke, dass der Konjunktiv an dieser Stelle eine Rolle spielt, haben wir mittlerweile schon häufiger miteinander ausgetauscht. Da kann ich nur noch einmal sagen: Wenn jemand in diesem Moment nicht im Konjunktiv redet und bei der Entwicklung der Finanzmärkte in Europa meint, hier feste Zusagen machen zu können, frage ich ihn einmal: Wie konnten Sie denn dann, als Sie die Garantien für die WestLB abgegeben haben, von Tail-Risk reden? Warum gibt es denn dann Sprechklauseln, wenn in der EAA Verlustwerte überschritten werden? Daran haben wir nichts geändert. Sie sind von Ihnen eingeführt worden. Wir haben jetzt eine Lösung gefunden, die für einen …
relativ wenig weiter. Warum beantworten Sie nicht die ganz schlichte, knappe Frage, warum Sie diese 1 Milliarde €, die ja absehbar war, nicht in Ihren Haushaltsentwurf 2012 eingestellt hatten?
Die Frage habe ich schon oft beantwortet. Das ist eine ganz einfache Antwort. Die Frage war, ob die 1 Milliarde € zum Buchwert in das Eigenkapital der WestLB eingezahlt werden muss oder ob sie dem Bund abgekauft werden soll, und zwar zu einem günstigeren Preis. Es gibt in diesem Geschäft nun einmal tatsächlich die Möglichkeit, 1 Milliarde € Buchwert für weniger als 1 Milliarde € zu kaufen. Das Ende der Verhandlungen war, dass wir diese 1 Milliarde € einzahlen.
Ich bitte aber auch zu berücksichtigen, dass als Teil dieses Verhandlungsergebnisses auch zählt, dass der Bund mit der 1 Milliarde €, die er herausnimmt, zu 330 Millionen € in Form eines an den Verlusten teilnehmenden Kredites mit ins Feuer geht. Das ist ein Ergebnis der Verhandlungen gewesen.
Wenn ich das gemacht hätte, was Sie am Anfang verlangt hatten, hätten wir über diesen Punkt mit dem Bund gar nicht mehr reden müssen. Dass wir das erreicht haben, war am Ende allemal das Einzahlen von 1 Milliarde € auf der Seite der WestLB wert.