Protocol of the Session on July 11, 2013

(Zurufe von der SPD)

Mit diesem Wahlkampfgetöse, das Sie versuchen, hier anzuzetteln – Sie sehen doch, wie viele Menschen das interessiert –, ist den Eltern vor Ort nicht geholfen. Die Eltern werden durch Ihre komischen Anträge keinen zusätzlichen Betreuungsplatz bekommen, und die Bedarfe werden dadurch nicht erfüllt werden.

(Beifall von der FDP und der CDU – Zuruf von Ingrid Hack [SPD])

Ähnlich wie Frau Doppmeier möchte ich ein paar Wahrheiten anführen, um ein paar Unwahrheiten von Ihnen abzuräumen. Sie behaupten immer, der Bund würde nichts machen. Der Bund hat 2007, von SPD und CDU regiert, 4 Milliarden € zur Verfügung gestellt. Davon sind 481 Millionen € nach Nordrhein-Westfalen gegangen. Dann wurden im Fiskalpakt noch einmal 580 Millionen € für 30.000 Kindergartenplätze zur Verfügung gestellt, wovon 126 Millionen € nach Nordrhein-Westfalen gingen, weiterhin günstige Kredite über die KfW.

(Zuruf von Ingrid Hack [SPD])

Dann hat der Bund Betriebskostenzuschüsse für 30.000 Kindergartenplätze mit 75 Millionen € jährlich übernommen. Was ist eigentlich zwischen Bund und Ländern vereinbart worden? Es ist ursächliche Aufgabe des Landes Nordrhein-Westfalen, für die frühkindliche Bildung einzustehen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Jetzt ist es schon so, dass 58 % aller Investitionskosten der Bund übernimmt. Es ist Ihre Aufgabe hier in Nordrhein-Westfalen, die finanziellen Mittel dafür zur Verfügung zu stellen und nicht immer nach Berlin zu schreiben.

Herr Kollege Hafke, darf ich Sie kurz unterbrechen? – Frau Asch würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.

Sie lassen sie zu. – Frau Asch, bitte.

Danke, lieber Kollege Hafke, für die Möglichkeit der Zwischenfrage. Sie haben gesagt, wir sollten über die Fakten, über die Wahrheit sprechen. Ist Ihnen bekannt, dass der Beschluss der Kinder- und Jugendministerkonferenz nicht nur mit den Stimmen von Rot-Grün, sondern einstimmig gefasst worden ist?

Das heißt, alle Bundesländer, auch die schwarzgelben, haben die Bundesregierung aufgefordert, sich an der Finanzierung der zukünftigen Bedarfe zu beteiligen. Sie haben die Bundesregierung aufgefordert, von ihren bürokratischen Hürden abzulassen, die sie den Kommunen und den Trägern auferlegt. Ist Ihnen das bekannt?

Sehr geehrte Frau Asch, wenn man immer mit dem Finger auf Berlin zeigt, sollte man seine Hausaufgaben hier in NordrheinWestfalen gemacht haben. Solange Sie hier nicht Ihre Hausaufgaben machen, Ihre bürokratischen Hemmnisse nicht abbauen und das, was Sie auf einem Krippengipfel der schönen Worte einmal vereinbart haben, nicht umsetzen, brauchen Sie nicht mit dem Finger auf Berlin zu zeigen. Sie haben auf einem Krippengipfel in Nordrhein-Westfalen vereinbart, verbindliche Anmeldefristen festzulegen. Das ist jetzt über drei Monate her, und es ist nichts passiert.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Sie haben versprochen, bürokratische Hemmnisse abzubauen bzw. die Hürden für die Kommunen zu senken. Nichts ist dort passiert. In den letzten fünf Monaten, Frau Asch, haben Sie nichts gemacht, um die Kommunen zu unterstützen. Deswegen sind jetzt gerade die Ballungsgebiete in einem Dilemma. Das einzige, was Ihnen hier einfällt, ist, eine armselige Debatte zu führen und mit dem Finger auf Berlin zu zeigen.

(Beifall von der FDP – Andrea Asch [GRÜNE]: Das war keine Antwort auf meine Frage!)

Frau Asch, das ist peinlich. – Sie fangen jedes Mal mit der gleichen Debatte an und sagen, Sie hätten hier eine grandiose Leistung hingelegt.

(Andrea Asch [GRÜNE]: Das ist ein völlig an- deres Thema!)

Frau Asch, Sie haben mir eine Frage gestellt. Ich beantworte Ihnen die so: Solange Sie nicht Ihre Probleme hier vor Ort lösen, brauchen Sie überhaupt nicht mit dem Finger auf Berlin zu zeigen. Ich kann es mittlerweile auch nicht mehr hören, dass Sie immer sagen, was Sie in den letzten drei Jahren alles gemacht haben. Frau Doppmeier hat es vollkommen zu Recht angesprochen: In der Regie

rungszeit von 2005 bis 2010 haben wir erst einmal die Grundlagen geschaffen, weil Sie der Regierung in der frühkindlichen Bildung ein Desaster überlassen haben.

(Beifall von der FDP – Widerspruch von der SPD)

Das ist eigentlich der Fakt.

Sie haben Geld in den Haushalt eingestellt. Wir als FDP haben das auch immer anerkannt. Sie haben aber alles andere nicht gemacht, um die Ressourcen zu verbessern und die Kommunen zu unterstützen. Sie haben kein vernünftiges Controlling eingeführt, um gerade die Ballungsgebiete zu unterstützen. Das alles haben Sie nicht gemacht. Deswegen haben wir die Probleme, die es gibt.

Das Ganze kann man noch zugespitzt formulieren: Sie haben dann noch ein beitragsfreies Kindergartenjahr umgesetzt, das den Steuerzahler

150 Millionen € kostet. Jetzt haben wir im Ergebnis das Problem vor Ort, dass Tausende von Betreuungsplätzen fehlen. Ich frage mich deshalb, ob die Prioritäten da richtig gesetzt wurden.

(Beifall von der FDP)

Wenn ich mir dann die Forderungen Ihres SPDKanzlerkandidaten anschaue, wird es noch gruseliger. Der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück fordert, bundesweit die Beitragsfreiheit für Kindergärten einzuführen.

(Beifall von der FDP)

Auch das soll noch der Bund bezahlen. Das ist hier ein Wünsch-dir-was-Konzert wie auf dem Ponyhof: Jeder darf sich einmal etwas wünschen. Aber wer finanziert es?

(Widerspruch von der SPD und den GRÜNEN)

Das ist doch so! Es ist keine vernünftige, seriöse Politik.

Im Rahmen der Föderalismusreform wurde vereinbart, dass Bildung und frühkindliche Bildung Aufgabe der Länder sind. Sie regieren seit drei Jahren und haben hier so gut wie nichts gemacht. Die Kommunen und die Eltern haben die Probleme. Sprechen Sie mit den Menschen.

Wenn Sie, Frau Asch, wirklich in den Kindergärten gewesen wären, hätten Sie mitbekommen, welche Probleme die Eltern vor Ort haben und welche Qualitätsprobleme vorhanden sind. Im Ergebnis haben Sie das Qualitätsproblem nicht gelöst. Sie haben die Reform bzw. die Weiterentwicklung des KiBiz nicht in Angriff genommen. In den letzten Monaten ist einfach Stillstand eingetreten.

Machen Sie erst einmal Ihre Hausaufgaben, dann können wir vernünftig über Politik in der frühkindlichen Bildung sprechen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Hafke. – Für die Piratenfraktion spricht jetzt der Kollege Wegner.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Menschen im Stream und auf der Tribüne! „Und täglich grüßt das Murmeltier“! Haben wir doch diese Woche wieder zwei Anträge im Plenum, deren Inhalt sich kaum von dem unterscheidet, was wir aus gleichen Quellen zum Thema „U3-Ausbau“ in den vergangenen zwölf Monaten gehört und gelesen haben. Die Wahlkampfreden meiner Vorredner haben auch keine neuen Aspekte aufgezeigt.

Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und den Grünen, loben in Ihrem Antrag das bisherige Agieren der Landesregierung im Bereich U3Ausbau wieder so, als ob die Landesregierung keinen einzigen Fehler gemacht hätte und alles optimal gelaufen wäre. Ich habe einmal gelernt: Nur wer nichts macht, macht keine Fehler. Entscheiden Sie selbst, was die Landesregierung gemacht hat.

Ich bekomme immer wieder das Gefühl, dass Sie hier irgendetwas verwechseln. Wir sind hier im Landtag. Hier geht es doch um sachliche Kritik und Auseinandersetzung – dachte ich zumindest. In der Realität ist es aber so, dass sich die die regierungstragenden Fraktionen so verhalten, als wäre dies hier eine religiöse Veranstaltung, deren Sinn es ist, die Unfehlbarkeit der Landesregierung zu bejubeln. Das geht sogar so weit, dass eine alte Präsentation, die Frau Ministerin Schäfer dem Ausschuss als Bericht vom Krippengipfel vorgelegt hat, nicht die Spur beanstandet wurde und unser Hinweis darauf bei den Kolleginnen und Kollegen von der SPD und den Grünen auf Unverständnis stieß.

Nun ist bereits eine wesentliche Forderung der Piratenfraktion erfüllt: Die bestehende Taskforce für den U3-Ausbau wird um eine Beratungsstelle für Eltern erweitert. Sie ist ein konkreter Ansprechpartner für Eltern, damit schneller und vor allen Dingen unbürokratisch Hilfe und Unterstützung bei der Beschaffung von Betreuungsplätzen geleistet wird. Eltern suchen aber in der Regel nicht irgendeinen Betreuungsplatz. Nein, Sie suchen den für ihr Kind besten Betreuungsplatz. Wenn es genügend Betreuungsplätze geben würde, hätten Eltern auch die Möglichkeit, sich für die eine oder die andere Betreuungseinrichtung zu entscheiden. Nun sind die Eltern aber in die Zwangslage gebracht worden, zu nehmen, was sie kriegen können. Ob das, was sie dann kriegen, gut oder schlecht ist, spielt keine Rolle mehr.

Eltern und Kitas stehen sich dadurch nicht gleichberechtigt auf Augenhöhe gegenüber. Diese handgemachte Abhängigkeit der Eltern führt zu einer enormen Schieflage in der doch angestrebten Erziehungspartnerschaft. Von Partnerschaft kann bei einer solchen Schieflage keine Rede sein.

Von den Gewissensbissen der Eltern, die sich zwischen Beruf und Familie befinden und sich notgedrungen nicht beschweren, werden Sie nichts zu hören bekommen, wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und den Grünen, wieder Lobgesänge auf die gut funktionierende U3Betreuung in Nordrhein-Westfalen von sich geben.

Damit komme ich kurz auf die unter anderem auch in dem Antrag der FDP zu Recht benannten bestehenden Defizite im Bereich der frühkindlichen Bildung und zur Forderung, die dringend erforderlichen Qualitätsverbesserungen zu priorisieren.

So weit, so gut. Aber was heißt das in der Praxis und aus Sicht der Familien? Solche Qualitätsverbesserungen werden nicht kurzfristig umsetzbar sein. Das heißt, dass wieder eine Generation Kinder in der frühkindlichen Bildung verloren ist.

Was ist mit den Ü3-Kindern? Auch ihnen geht – vor allem durch die personelle Situation in den Einrichtungen – Bildungs- und Betreuungsqualität verloren, unter anderem deshalb, weil sich die Kitas in der Entscheidungsnot befinden, die Gruppen zu vergrößern, um mehr Plätze zu schaffen. Das ist ein Teufelskreis, in dem Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, kein Kind verloren gehen lassen wollten und doch schon so viele Verluste in Kauf nehmen mussten.

Zu Recht weisen Sie in Ihrem Antrag darauf hin, dass mit dem Stichtag 1. August der U3-Ausbau noch nicht beendet ist, sondern nur einen Abschnitt auf dem langen Weg beim U3-Ausbau kennzeichnet. Wir wissen, dass die durchschnittliche Bauzeit einer Kindertagesstätte ungefähr ein Jahr beträgt. Das bedeutet, dass die Kita-Neubauten in vielen Städten erst im Winter oder gar erst 2014 fertig werden. Also befinden sich viele der U3-Plätze noch im Bau. Die Kinder sind dann häufig in Containern, Turn- oder Ruheräumen untergebracht. Das hat mit qualitativ hochwertiger Betreuung wirklich nichts zu tun. Es wirkt sich zusätzlich negativ auf die personelle Situation in den Einrichtungen aus. Deshalb muss auch langfristig für eine ausreichende und fachlich qualifizierte Personalbesetzung in den Kitas gesorgt werden; denn diese hat auf die frühkindliche Bildung und Betreuung einen weitaus höheren Einfluss als bauliche Faktoren.

Wir Piraten begrüßen und unterstützen den einstimmigen Beschluss der Jugend- und Familienkonferenz zum U3-Ausbau. Wir Piraten unterstützen auch Ihre Aufforderung an die Landesregierung. Natürlich stimmen wir auch der Überweisung an den Ausschuss zu. Wir fragen uns aber schon, warum diese Selbstverständlichkeiten durch eine Überweisung an den Ausschuss noch einmal so aufgeblasen werden müssen, anstatt darüber heute direkt abzustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Wegner. – Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Schäfer.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Es ist schon erstaunlich, wenn man diese Debatte so verfolgt und sich an die Debatten von vor einigen Wochen erinnert. Damals wurde die FDP unter anderem nicht müde zu bezweifeln, dass wir in Nordrhein-Westfalen die Quote von 144.000 Plätzen erreicht haben, die wir mit dem Bund verabredet haben. Das habe ich heute nicht gehört. Das ist schon einmal ein Fortschritt, Herr Hafke.