Protocol of the Session on June 20, 2013

Die seit 2010 mehrfach angekündigte Dienstrechtsreform wird zugleich in drei Schritte aufgeteilt, damit man die Beantwortung der wesentlichen Fragen wieder einmal in die Zukunft vertagen kann. Man will ja am liebsten nichts entscheiden.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Die Fragen bleiben unbeantwortet, und unterdessen wird der öffentliche Dienst in Nordrhein-Westfalen immer unattraktiver. Jeder weiß: Wenn junge Menschen nicht wissen, worauf sie sich einlassen, wenn der Arbeitgeber Land als mögliche Alternative zu anderen im Raum steht, dann werden wir als Land Nordrhein-Westfalen, dann werden die Bürgerinnen und Bürger den Kampf um die besten Köpfe in den Verwaltungen verlieren. Wenn die Wertschätzung für die Beamtinnen und Beamten in Nullrunden zum Ausdruck gebracht wird, weil der Mut zu der vorher notwendigen, gemeinsam zu erarbeitenden Strukturveränderung fehlt, dann ist das Resultat völlig klar: Frust, innere Kündigung, Perspektivlosigkeit.

Und dann begründen Sie die Nullrunde mit der bösen Schuldenbremse. Dabei führt diese, Herr Minister, in einem Verfassungstext formulierte finanzpolitische Selbstverständlichkeit der Nachhaltigkeit. Und Nachhaltigkeit ist die beste Voraussetzung für Generationengerechtigkeit.

(Beifall von der CDU und Dirk Wedel [FDP])

Dieser Landtag hat bereits 2005 fraktionsübergreifend einen solchen wichtigen Beitrag zur Generationengerechtigkeit geleistet: mit dem Gesetz zur Einführung eines Versorgungsfonds für die neu einzustellenden Beamtinnen und Beamten des Landes. Diese damals gemeinsame Initiative hat dazu ge

führt, dass seit dem 1. Januar 2006 für jeden neu eingestellten Beamten monatlich 500 € in den Fonds eingezahlt wird. Zwischenzeitlich ist das über die Indexierung erhöht worden. Das Volumen dieses Fonds ist inzwischen auf fast 1,3 Milliarden € angestiegen.

Das bedeutet: Der Staat sorgt endlich wenigstens zum Teil für Zukunftslasten vor. Der alte Vorwurf, wir würden nur Versorgungslawinen produzieren, wird endlich abgemildert, irgendwann vielleicht sogar obsolet. Ein jährlich wachsender Teil unserer Mitarbeiter weiß: Wenn ich 30 oder 40 Jahre hier gearbeitet habe und dann in Pension gehe, dann ist noch Geld da, um meine versprochenen Pensionsansprüche tatsächlich zu bedienen. Deshalb gehört auch dieser Versorgungsfonds zu den richtigen Ansatzpunkten einer zukunftsorientierten Haushalts- und Finanzpolitik.

Wir erwarten dringend, Herr Minister, dass Sie nunmehr auch die Fortschreibung des Gutachtens vorlegen, auf das wir seit Januar warten, in dem die Indexierung genau beschrieben wird. Wir erwarten auch die entsprechenden Vorschläge zur Umsetzung in Ihrem Haushaltsentwurf 2014.

(Beifall von der CDU)

Denn das – ich komme zum Schluss – ist ganz wichtig: Die Beamtinnen und Beamten brauchen endlich nachhaltige, zukunftsorientierte Entscheidungen dieser Landesregierung und der sie tragenden Koalition. Wir brauchen Strukturveränderungen, um den öffentlichen Dienst dauerhaft attraktiv zu gestalten. Wir brauchen die notwendige Vorsorge, damit nicht wieder das Gleiche bei der Pensionierung passiert, wie es früher einmal der Fall war, nämlich dass kein Geld dafür da ist bzw. dass das nur über neue Schulden zu finanzieren ist. Und es gehört eine angemessene, eine motivationswahrende und eine faire Bezahlung dazu. Daran wird diese Regierung im Land gemessen: sowohl im Landtag als auch von den Menschen. Ich bin gespannt, ob Sie sich dieser Verantwortung stellen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Gebhard.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf der Tribüne! Herr Kollege Optendrenk und die Kollegen der CDU, eine Frage müssten Sie mir beantworten: Wird das jetzt eine neue Strategie, eine neue Gepflogenheit in diesem Parlament, dass Sie meinen, in laufende Gesetzgebungsverfahren – genauso wie gestern – parallel noch Anträge einbringen zu müssen, um so auch Anhörungen außerhalb des Ausschusses auszuwerten? Dieses ist schon eine

merkwürdige Usance. Die kennt das Landesparlament hier in Nordrhein-Westfalen bisher nicht. Die führen Sie hier neu ein.

Ich kann das nur so verstehen, dass Sie die geplante Auswertung der Anhörung am 2. Juli im Unterausschuss „Personal“ und am 4. Juli im Haushalts- und Finanzausschuss nicht mehr nötig haben und daran nicht teilhaben wollen und deshalb dieses hier schon eingebracht haben.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Denn zum Antrag selbst haben Sie ja eigentlich gar nicht gesprochen. Was steht in Ihrem Antrag? Sie fordern, wir sollen hier und heute beschließen: „Der Landtag erwartet von der Landesregierung, dass sie zu einer verantwortlichen Haushalts- und Finanzpolitik zurückkehrt …“

Zurückkehren! Das ist interessant. Wohin sollen wir denn zurückkehren, etwa zu der Haushalts- und Finanzpolitik von Schwarz-Gelb von 2005 bis 2010?

(Beifall von der CDU)

Ja, sollen wir tatsächlich wieder versuchen, den Landeshaushalt auf Kosten der Kommunen zu sanieren, denen 3 Milliarden wegnehmen?

(Widerspruch von Christian Möbius [CDU])

Ja, winken Sie nicht ab. Genau das haben Sie getan. Genau das haben wir korrigieren müssen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Sollen wir etwa tatsächlich auch wie Sie uns so unfair verhalten und uns Konnexitätsansprüchen der Kommunen nicht einmal stellen? Sie haben ihnen ja sogar verweigert, die Verhandlungen dazu zu führen.

(Zurufe von der CDU)

Wir haben die Verhandlungen nachholen müssen. Vor Gericht haben sie sich die erstreiten müssen. Wir haben das Geld dafür einsetzen müssen. Das nenne ich eine sehr verantwortliche Haushalts- und Finanzpolitik.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wenn ich mir dann noch anschaue, dass Sie, obwohl Sie eine solche Haushalts- und Finanzpolitik betrieben haben, uns gleichwohl nach Ihrer Amtszeit 30 Milliarden € Neuverschuldung übergeben haben, dann finde ich es schon schlichtweg unverschämt, hier einen solchen Anspruch zu erheben.

(Zurufe von der CDU)

Kommen wir doch noch einmal zurück auf Ihren tollen Haushaltsplan. Als wir 2010 die Haushaltsverantwortung von Ihnen übernommen haben, haben wir von Ihnen eine geplante Neuverschuldung für 2010 von 6,6 Milliarden € übernommen. 6,6 Milliarden! Das müssen Sie sich auf der Zunge zergehen lassen. Wir haben dies nach Plan inzwischen auf

3,3, 3,4 Milliarden gesenkt. Sie wissen, wir sind in allen Haushaltsplänen unter Plan im Ist gewesen. Das heißt, im Vollzug

(Zuruf von Christian Möbius [CDU])

waren sie immer verfassungskonform, auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen.

Entschuldigen Sie bitte, Frau Kollegin. Würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lohn zulassen?

Ja, bitte, gerne.

Dann bitte, Herr Kollege.

Vielen Dank, Frau Kollegin Gebhard. Sind Sie bei Ihren Ausführungen zur Finanzpolitik bereit, auch zur Kenntnis zu nehmen, dass bei Ihnen der Nachtragshaushalt 2010, der Haushalt 2011 und der Haushalt 2012 vom höchsten Gericht des Landes als verfassungswidrig eingestuft wurden?

(Beifall von der CDU)

Sicher sind die formalen Beschlüsse gefasst. Warum war er 2010 verfassungswidrig? Weil wir genau die Dinge, die Sie vorher nicht eingepreist hatten, in den Nachtragshaushalt reingepackt haben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Daneben sollten Sie nicht verschweigen, dass Sie selbst in Ihrer Amtszeit fünf Urteile des Verfassungsgerichts kassiert haben. Ich glaube, da müssen wir uns nicht verstecken.

Kommen wir zu Ihrem zweiten Punkt, den wir hier und heute beschließen sollen. Wir sollen beschließen, dass sich die Landesregierung „strukturellen Maßnahmen im Bereich des Landespersonals mit dem Ziel der Haushaltskonsolidierung nicht“ verweigern soll. Das haben Sie gerade auch noch einmal gesagt. Sie haben hier leider nicht ausgeführt, wie die denn aussehen könnten. Aber Sie haben ja in diesem Jahr bei der Beratung des Haushalts 2013 entsprechende Haushaltsanträge gestellt.

Ich will Ihnen nur sagen: Wir brauchen eine solche Belehrung Ihrerseits nicht. Denn wenn Sie in unseren Koalitionsvertrag geguckt haben, dann werden Sie festgestellt haben, dass wir zu diesem Vorgehen schon eindeutige Aussagen gemacht haben.

Frau Kollegin, ich muss Sie leider noch einmal unterbrechen.

Nein, jetzt würde ich gerne den Gedanken zu Ende führen.

Okay.

„Zum Konsolidierungsprozess gehört eine konsequente Aufgabenanalyse und -kritik, die ausnahmslos“ – ausnahmslos! – „alle Bereiche und Ressorts erfasst.“ Weiter heißt es im gleichen Absatz des Koalitionsvertrages:

„Ziel muss es hierbei sein, insgesamt nachhaltig Personal- und Sachkosten insbesondere Büroflächenverbrauch strukturell zu optimieren und Effizienzgewinne zu realisieren.“

Das heißt: Ja, wir haben uns da eine Menge vorgenommen.

Nur: Ihre strukturellen Vorschläge, die Sie uns 2013 präsentiert haben, sind wenig geeignet. Sie haben einfach unspezifiziert Anträge gestellt, mit denen Sie sagen, es sind in diesem Haushaltsjahr 32 Millionen € Demografiegewinne zu erzielen. Ja wie denn? Wo denn? Die Antwort sind Sie schuldig geblieben.