Vielen Dank für das Wort, Herr Präsident. – Sehr geehrter Herr Minister, es ist jetzt schon viel zu den Offshore-Geschäften gesagt worden. Trotzdem habe ich noch eine kleine gezielte Nachfrage.
Interessant ist die Frage, genau welche Zielgruppen einen Vorteil davon haben, dass die Geschäfte ausgerechnet in Offshore-Destinationen abgelaufen sind. Welches sind die potenziell begünstigten Adressatenkreise des Offshore-Engagements der WestLB, die sich schlechter stehen würden, wenn die Geschäftsaktivitäten eins zu eins in Deutschland stattgefunden hätten?
Ich will die Frage zunächst einmal negativ beantworten. Nach den Konstruktionen, die ich Ihnen eben vorgetragen habe und die ich von der WestLB kenne, sind es jedenfalls nicht direkt die, die wir immer vor Augen haben, nämlich Gesellschaften oder Privat
Vielmehr ging es im Wesentlichen darum, dass das Geschäft, das ohnehin mit der südamerikanischen Tochter in Brasilien getätigt worden ist, durch Rückgriff beispielsweise auf Cayman abgesichert worden ist. Ich sage es noch mal: Das sind Währungsrisiken. Die Handelspartner haben davon profitiert und natürlich auch die Bank. Wenn die Risiken nicht abgesichert worden wären, wäre dieses Geschäft möglicherweise mit einer anderen Bank zustande gekommen. Hier waren die Geschäftspartner diejenigen, die sich gegenseitig auf diese Weise abgesichert haben. Es ging auch gar nicht nur um Währungsrisiken. Es ging schlicht und ergreifend um die Verpflichtung durch den brasilianischen Staat, diese Geschäfte in brasilianischen Real abzuwickeln und ansonsten eben Sicherungsmechanismen einzuziehen.
Der zweite Punkt, den ich angesprochen habe, betrifft die Kapitalbeschaffung, die zunächst einmal auch dem Unternehmen WestLB gedient hat. Ich sage es noch mal: Diese Kapitalbeschaffung ist – das kann man auch an der großen Stückelung erkennen – nicht über private Anleger gelaufen, sondern über große institutionelle Anleger. Wenn aber diese institutionellen Anleger ihrerseits wieder mit Zielgruppen in Deutschland und möglicherweise sogar auf ungesetzliche Art Geschäfte gemacht haben, dann ist das das Letzte, was ich akzeptieren könnte. Ich würde auch jede Art der Bekämpfung dieser Form von Steuerkriminalität unterstützen. Das Problem ist nur: Das ist nicht im Einzelnen nachzuverfolgen. Die WestLB hat Kapital von institutionellen großen Anlegern bekommen. Das haben Sie aber bei jeder Aktiengesellschaft. Sie wissen nicht, an wen ein Aktionär seine Aktien möglicherweise verkauft, ob das jemand ist, den Sie gerne im Kreis Ihrer Aktionäre hätten.
Vielen Dank, Herr Minister. – Nun hat sich der Kollege Nückel noch mal zu der Frage gemeldet, die eben schon angekündigt war. Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Wichtig sind bisherige und zukünftige Haftungsverpflichtungen, die aus dem Offshore-Geschäft der WestLB für den Steuerzahler resultieren. Welche Haftung musste der Steuerzahler in NordrheinWestfalen bislang für Garantieverpflichtungen bei Offshore-Vehikeln, Patronatserklärungen oder
hochriskante Finanzprodukten eingehen, und welche Verpflichtungen werden zukünftig voraussichtlich noch auf das Land zukommen?
Entschuldigung, ich musste mich gerade noch mal rückversichern. – Mir war bekannt, dass es eine Patronatserklärung gegeben hat; das war die Patronatserklärung gegenüber der brasilianischen Tochter. Die Portigon hat für die Zeit des Verkaufs eine Patronatserklärung übernommen. Das ist ein normales Verfahren, weil der Käufer in der Zeit der Schwebe bis zum endgültigen Verkauf Risiken sieht, die er gerne vom Verkäufer abgesichert haben will. Es gibt allerdings keine Anzeichen dafür, dass diese Patronatserklärung gezogen hätte oder noch ziehen würde und deswegen zum Schaden der Eigentümer oder des Unternehmens führen würde. – Diese Form hat es also gegeben. Aktuelle Patronatserklärungen darüber hinaus sind mir nicht bekannt.
Vielen Dank. – Sehr geehrter Herr Minister, in Zeiten der Finanzmarktkrise sind beispielsweise durch den Ausfall des Kreditgeschäfts große finanzielle Schäden in der OffshoreWelt entstanden, da Finanzkonstrukte verschiedener Vehikel zusammengebrochen sind. In welchem Volumen sind jeweils Schrottpapiere aus OffshoreGebieten später im Phoenix-Portfolio gelandet? Kennen Sie gegebenenfalls schon Namen?
Das kann ich Ihnen im Einzelnen, hier jedenfalls, nicht beschreiben. Tatsache ist: Als Finanzminister, der Mitglied des Aufsichtsrats der WestLB ist, habe ich zur Aufspaltung der WestLB, zur Bildung der Verbundbank, zu Verkaufsbemühungen und zur Übertragung auf die EAA zahlreiche zeitaufwendige Verhandlungen geführt, bei denen immer eine Bewertung der Bank mit all ihren Risiken vorlag. Da wurde nicht nach einzelnen Risiken unterschieden, die zu bestimmten Zielregionen in der Welt gehörten. So ist am Ende die vertragliche Konstellation zustande gekommen: zu welchen Werten, in welchen Kombinationen die nullbewertete Verbundbank ausgegliedert wurde, wie Verkaufspreise, jedenfalls Verhandlungsbasen, bestimmt und auch auf die EAA übertragen wurden.
Ich weiß, dass die toxischen und schon in den Jahren 2008/2009 in ihrem Wertbestand erkennbar sehr gefährdeten Papiere bereits in Phoenix positi
Sie wissen, dass das Land – noch aus der Zeit der CDU/FDP-Regierung – zusammen mit den Sparkassen eine 5-Milliarden-Garantie übernommen hat. Etwa 4 Milliarden € werden am Ende durch das Land garantiert. Wir gehen bis heute davon aus, dass diese Garantie zieht und wir sie eines Tages – zum Teil haben wir sie schon bezahlt – bezahlen müssen. Daran hat sich aber im Laufe der Zeit, wenn überhaupt, etwas zum Besseren geändert. Papiere waren doch noch werthaltiger, als man dachte, und konnten deswegen besser verkauft werden. Der Verlust wurde damit eher in die Zukunft verschoben bzw. reduziert.
Wie viel davon genau auf einen Offshore-Platz entfällt, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich kann aber sagen, dass auch in den Bereichen, die nicht aus strategischen Gründen – gar nicht, weil sie gefährdet und toxisch sind – in den anderen Teil der EAA übertragen worden sind, mit Sicherheit Teile davon sind. Auch in dem Bereich, den wir zum Verkauf gestellt haben, sind Teile davon.
Ich sage aber noch mal: Die Tatsache, dass die WestLB do Brasil in Brasilien ist und dass ihre Tochter auf den Cayman-Inseln ist, ist noch kein Beleg dafür, dass da ein aus unserer Sicht inakzeptables oder sogar rechtswidriges Geschäft betrieben worden wäre.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Finanzminister, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Die Kollegen haben zum Teil sehr detailliert gefragt. Ich will es ein bisschen einfacher, schematischer, platter machen. Was hat das Offshore-Engagement der WestLB den Steuerzahler insgesamt gekostet, einerseits hinsichtlich der Steuerverluste hier und andererseits durch die Spekulationsverluste dort? Vielleicht können Sie eine grobe Hausnummer andeuten.
Wenn ich eine grobe Hausnummer schätzen müsste, dann würde ich vermutlich sagen, dass es den Steuerzahler eher entlastet hat, weil die Unternehmen der WestLB, über die ich hier berichte, nicht den Zweck hatten, dem deutschen Staat Steuergeld vorzuenthalten, sondern sie haben im Prinzip das Unternehmen mit Geschäft im mittel- und südamerikanischen Raum gestärkt. Über den reden wir ausschließlich. Das ist auch ein Grund, warum jetzt der
Verkauf der brasilianischen Tochter an eine japanische Bank erfolgt. Das ist das Interesse, das die Japaner in Brasilien weiterverfolgen werden.
Noch mal: Das, was ich Ihnen hier nennen kann, sind zunächst mal die Vorteile, die dadurch entstanden sind. Es ging erstens darum, die aus der Sicht des Unternehmens bestmögliche Refinanzierung zu bekommen, und zweitens darum, Geschäfte abzusichern, aber nicht darum, Angebote in Deutschland zu platzieren, um dem Staat Steuern vorzuenthalten.
Ich kann am Ende nicht ausschließen, dass das über einen indirekten Weg erfolgt ist: Wenn eine Institution, die in die WestLB investiert hat, diese Anleihe am Ende an andere veräußert hat, die damit möglicherweise unlautere Geschäfte in Deutschland gemacht haben, müsste man das gegenrechnen.
Ein Punkt, den ich immer wieder anspreche und den wir auch bei unserem Streit über das Schweizer Steuerabkommen immer wieder besprechen, ist, nicht nur zu berücksichtigen: „Was bringt es auf der einen Seite?“, sondern sich auch zu fragen: „Welche Möglichkeiten eröffnet es auf der anderen Seite, die am Ende bei uns, beim Steuerzahler, beim Staat, als Lasten und Verluste wieder auftauchen?“
Diese Lasten habe ich in der meiner Meinung nach nicht akzeptablen Art eines Abkommens mit der Schweiz gesehen. Die kann ich auch bei dem Geschäftsgebaren einer Großbank nicht ausschließen. Da ist es mir, ehrlich gesagt, ziemlich gleich, ob es sich um eine Großbank – ich will keine Namen nennen – in privatem Aktionärseigentum oder öffentlichem Eigentum handelt. Wenn die am Markt, im Wettbewerb, tätig sind und nicht klare gesetzliche Reglementierungen in Deutschland und auf der europäischen Ebene bekommen, machen die Geschäfte, die wir nicht unbedingt gut finden und deswegen mit anständigen Gesetzen verhindern sollten.
Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister Dr. Walter-Borjans, Sie haben vorhin schon über das Milliardenvolumen der WestLB in der Karibik durch begebene Anleihen gesprochen. Sie haben auch über die Laufzeit gesprochen.
Meine Frage lautet: Welche Pläne und Konzepte der Landesregierung gibt es, um früher, jedenfalls vor dem bislang planmäßigen Ende, aus diesem Finanzgeschäft auszusteigen?
Ich habe gesagt, zunächst mal ist die Begebung der Anleihen, die von der Portigon Finance Curaçao bis 2001 herausgegeben worden sind, keine ungesetzliche Angelegenheit. Man hat sich von großinstitutionellen Anlegern Geld beschafft. Dafür hat man Verträge geschlossen, die mittel- und langfristig laufen. 2041 ist die längste Laufzeit.
Das Unternehmen hat bereits 2001, also lange zurückliegend, klargestellt, sich auf diesem Weg kein Kapital mehr zu beschaffen. Es ist eine reine Abwicklungsanstalt der besonderen Art. Diese Verträge musste Portigon aus rechtlichen Gründen übernehmen und auslaufen lassen. Ich kann nicht erkennen, warum man daran etwas ändern soll. Wir sind nicht in irgendeinem Risiko. Es ist kein Geld, das die Portigon an irgendjemanden verliehen hat, sondern sie hat es sich geliehen. Es geht darum, das geliehene Geld mit Zins und Zinseszins zurückzuzahlen. Das ist kein Risiko, das uns von irgendjemandem auferlegt wird.
Das Einzige ist: Wenn Sie aus bestehenden Verträgen – aus welchen Gründen auch immer – herauswollen, müssen Sie damit leben, dass das einen Preis hat. Sie können nicht einfach sagen: Das will ich nicht mehr, weil es mir nicht mehr ins Konzept passt.
Deswegen ist das für mich jedenfalls im Moment kein Punkt – weder in meinem Amt als Finanzminister noch als Mitglied im Aufsichtsrat –, den Vorstand in irgendeiner Weise zu maßregeln und ihm in das operative Geschäft hineinzureden, wenn er als der für das operative Geschäft Zuständige entscheidet, das Halten und das Bedienen dieser vertraglichen Verpflichtungen ist der günstigere Weg, als sich etwa mit einem hohen Verlust, der den Steuerzahler am Ende treffen würde, herauszukaufen.
Danke schön, Herr Minister. – Herr Kollege Busen mit seiner zweiten und letzten Frage. Bitte schön, Herr Kollege Busen.
Herr Minister, ich will nicht noch mal auf Peer Steinbrück zurückkommen, damit Sie nicht gleich wieder Wahlkampf vermuten. Aber im Jahr 2001 hat es gegen die WestLB aufgrund von Steuerhinterziehung, einer milliardenschweren Kapitalverschiebung ins Ausland, eine Strafzahlung über 15 Millionen DM gegeben. Dadurch konnten seinerzeit rund 50 Bankbedienstete von einem Verfahren entlastet werden.
Meine Frage lautet: Welche weiteren rechtlichen Verfahren oder Entscheidungen sind Ihnen bekannt, bei denen sich die WestLB für eine angenommene Beihilfe zur Steuerflucht verantworten musste?
Ich habe keine Informationen, dass es darüber hinaus einen Fall gegeben hat, und kann nur sagen: Ich halte es für ein gutes Zeichen, dass, wenn eine im öffentlichen Eigentum befindliche Bank überführt wird, ungesetzliche Dinge getan zu haben, genauso eine Zahlung erfolgt wie etwa im letzten Jahr bei Banken wie Credit Suisse oder Julius Bär. Ein solches Verfahren muss greifen. Ich kenne keine weiteren Fälle als diesen, den Sie gerade beschrieben haben.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich wollte, Herr Finanzminister Dr. Walter-Borjans, nach den Ausführungen, die Sie eben gemacht haben, noch einmal auf die spekulative Komponente des Offshore-Geschäfts zu sprechen kommen. Wir sind uns einig, dass ein wesentlicher Teil des Problems, das wir mit Phoenix Light haben, durch riskante Offshore-Geschäfte entstanden ist, die nicht den starken regulatorischen aufsichtsrechtlichen Anforderungen des europäischen Raums bei der Kapitalbeschaffung unterlagen. Wenn man berücksichtigt – Sie haben es zu Beginn vorgetragen –, dass die dort tätigen Firmen im Wesentlichen kein eigenes Personal hatten – klassische Briefkastenfirmen –, ist es schon bemerkenswert, wenn die einen wesentlichen Beitrag zu der Schieflage der WestLB erbracht haben.
Deshalb möchte ich Sie zu dieser spekulativen Komponente Folgendes fragen: Sind Sie der Auffassung, die WestLB-Pleite wäre möglicherweise zu vermeiden gewesen, wenn es die letzten Jahre dieses Offshore-Geschäft nicht gegeben hätte?
Das ist eine sehr hypothetische Frage. Ich glaube das nicht. Sicherlich sind auch Risiken eingegangen worden und mit dem, was im Phoenix Light steckt, empfindliche Verluste verbunden gewesen.
Bei der Situation, in die die WestLB am Ende gekommen ist, haben vermutlich eine ganze Reihe von Ursachen eine Rolle gespielt und haben dazu beigetragen. Dazu gehören mit Sicherheit spekulative Fehlentscheidungen nicht nur in der reinen Kapitalanlage, sondern auch im Kreditgeschäft in Großbritannien. Das wissen wir. Dazu gehört ebenfalls, dass sich in einer schwierigen Situation die grundlegenden Bedingungen für den Betrieb durch die Aufgabe der Gewährträgerhaftung verändert haben und die allgemeine Bankenkrise dazu gekommen
ist. Wenn ich mir diese großen Komponenten ansehe, würde ich sagen: Den Teil, über den wir jetzt reden, kann man sicherlich nicht als denjenigen Teil identifizieren, an dem die Existenz oder Nichtexistenz der WestLB am Ende gehangen hat.