Protocol of the Session on May 16, 2013

Wenn Sie Ihre eigenen Worte ernst nehmen würden, dann hätten Sie diesen Antrag heute zurückgezogen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Da Sie das nicht tun, werden die Ausführungen des Kollegen Voussem, dass es sich – wie auch bei anderen Positionen nachweisbar – um Wahlkampfgetöse handelt, greifen. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Das können Sie tun, aber das ist nichts.

Meine Damen und Herren, Sie veranstalten wieder eine Schattendebatte mit Blick auf den Bund. Sie versuchen, mit der Angst der Menschen Politik zu machen, indem Sie darstellen, in NordrheinWestfalen würde es überall flächendeckend zu exorbitanten Mietpreiserhöhungen kommen. Das kommt es in einzelnen Großstädten, auch an der Rheinschiene, auch in Münster, auch in Bielefeld. Doch insgesamt haben wir in Nordrhein-Westfalen keine flächendeckende Problematik mit exorbitanten Mietpreiserhöhungen. Die von Ihnen genannten Zahlen sind sehr interessengesteuert; da gibt es ganz andere Zahlen. Lassen wir das.

Meine Damen und Herren, wir machen doch genau das Gegenteil von dem, was wir in der Enquetekommission festgestellt haben. Wir haben Probleme – jawohl –, die müssen wir lösen. Durch die öffentliche Hand sind sie nicht lösbar. Also müssen wir privates Kapital für öffentliche Aufgaben verfügbar machen. Wir müssen privates Kapital für den Wohnungsbau verfügbar machen. Wir müssen den Privaten stärken. Denn er ist derjenige, der immer noch am meisten Wohnungen vermietet. Punktum.

Da ist noch das, was Kollege Voussem eben auf die nicht so schnell nachvollziehbare Frage der Kollegin Schneckenburger gesagt hat, wie wir das machen können: Indem wir den Privaten nicht an den Pranger stellen, als Abzocker darstellen, sondern indem wir es ihm erleichtern, sein Geld hier zu investieren.

Woran liegt es, dass wir die Probleme der Wohnungsknappheit haben? Ich zitiere den Vorsitzenden eines großen Wohnungsbauunternehmens:

„Wir erleben aber eine große Nachfrage in Ballungsräumen wie Düsseldorf, mit der die Neubauaktivitäten nicht Schritt halten. Das liegt auch an den hohen Neubaukosten, die zurzeit zwischen 1.500 und 2.000 €/m2 liegen – zuzüglich Grundstückskosten.“

Dieses wird sich auch über die Miete widerspiegeln. Logisch!

Wenn Sie mit einem solchen Antrag ernsthaft an einer Lösung des Problems interessiert wären, sollten wir ihn nicht nur im Ausschuss beraten, sondern dann auch deutlich machen: Wer hat die Grunderwerbsteuer von 3,5 % auf 5 % erhöht? Wer hat die Wohnungsbauförderrichtlinien so gestaltet, dass die

privaten Mittel für Wohnungsbau nicht abgerufen werden?

Herr Minister, vielleicht ist es überzeichnet, aber wenn man die Situation betrachtet, könnte man meinen, dass Sie als Mitglied der Landesregierung als einheitliche Organisationseinheit gern noch Aufgaben des Sozialministers mit übernehmen würden. Denn das Nichtabrufen von Wohnungsbaufördermitteln wollen Sie ja in den Quartierssozialbereich überschreiben.

Ich finde es übrigens hervorragend, dass die Landesregierung hier als Einheit auftritt. Kollege Kutschaty macht nicht nur Taubenklinikbesuche in Essen oder Mietrecht. Er ist ja nicht ausgefüllt. Ich finde es gut, wenn jemand nicht genug Arbeit hat, dass er dem Bauminister hilft. Das finde ich richtig gut. Das ist eine kollegiale Handlungsweise.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, wer hat denn im Bereich der finanzschwachen Kommunen durchgesetzt, dass sich die Grundsteuern erhöhen? Wer hat denn mit einer überbordenden Energieeinsparverordnung dafür gesorgt, dass letztendlich die Warmmieten explodieren. Diesbezüglich haben wir als FDP auf Bundesebene auch gelernt, wie wir deutlich sagen müssen. Wir konnten unseren Koalitionspartner auf Bundesebene überzeugen, dass die neue Energieeinsparverordnung zu weit geht, dass wir die noch einmal überdenken müssen. Wir sind ja nicht beratungsresistent. Anderen sagt man das nach. Wir sind aber nicht beratungsresistent.

Meine Damen und Herren, Sie treiben die Baulandpreise in die Höhe, indem Sie einerseits den Kommunen vorwerfen, Sie stellten nicht rasch genug genügend Bauland zur Verfügung, andererseits aber entsprechend dem überzogenen Ansatz Innenentwicklung fordern, den Freiraum nicht zu belasten. Natürlich: Wenn wir Anschluss- und Benutzungszwang ernst nehmen, ist das ein automatisch laufendes Korrektiv.

Ich kann noch weitere Beispiele anführen. Das hätten wir im Ausschuss besprechen können. Aber das wird ja nicht gemacht. Ich habe meinem Präsidenten versprochen, die Uhr im Blick zu behalten, und komme deswegen zum Schluss.

Dieser Schauantrag ist inhaltsleer. Er bringt nichts. Wenn Sie uns gestern vorgeworfen haben, dass wir Bundespolitik in den Landtag bringen würden – aus gutem Grunde –: Bei diesem Thema machen Sie dies auf einer schwachen Basis. Im Bundesrat sind Sie gescheitert. Sie versuchen hier ein erneutes Aufkochen der gleichen Suppe „Mietrechtsänderung“. Ich stelle dazu nur Folgendes fest: In Berlin haben Sie sich nicht durchgesetzt. Hier können Sie noch einmal versuchen, die Suppe aufzukochen. Den Begriff Recycling habe ich allerdings bisher anders verstanden. Wiederverwertung heißt, dass der Ausgangsstoff inhaltsreich sein muss. Das ist bei

Ihrem Antrag leider nicht der Fall. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Für die Piratenfraktion erteile ich Herrn Kollegen Bayer das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Mieter und Eigentümer im Stream und hier im Plenarsaal! Wir teilen die Einschätzung, dass es auf den Wohnungsmärkten akute Probleme und eklatante Regelungsdefizite gibt. Stark steigende Mieten führen bereits heute zu nicht mehr vertretbaren Belastungen für private Haushalte, besonders für solche mit geringem Einkommen. Das betrifft nicht nur, aber vor allem die Ballungsräume und wachsenden Regionen in Deutschland und damit auch in NRW. Sie wurden eben genannt.

Frau Schneckenburger sagte zu Recht, dass das Thema nicht gegessen ist. Denn mittlerweile ist die Hoffnung wieder groß, mit Immobilien hohe Renditen zu erzielen. Die Menschen und Wohnungen selbst rücken dabei in den Hintergrund. Der gesetzliche Rahmen bietet unter diesen Umständen kaum noch einen effektiven Schutz vor Mietpreisexplosionen, Luxussanierungen und Verdrängungen.

Unsere Fraktion hat auf diesen Umstand bereits mehrfach aufmerksam gemacht. Wir haben auch in dieser Runde – gut, da waren ein paar mehr oder auch andere Leute hier – eigene Vorschläge unterbreitet und sinnvolle Anträge anderer Fraktionen unterstützt. Wir wollen konstruktiv und im Sinne der Mieterinnen und Mieter an einer Verbesserung der Situation arbeiten.

Deshalb werden wir uns auch dem heute von den Fraktionen von SPD und Grünen eingebrachten Antrag nicht verweigern. Wir teilen Ihre Auffassung, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stellen zudem allerdings fest, dass einige Ihrer Forderungen auch denen der Enquetekommission entsprechen und bereits ausführlich diskutiert werden konnten.

Es ist aber sehr ärgerlich – dass wurde hier von Herrn Voussem und Herrn Ellerbrock erwähnt –, dass Sie leider wieder einmal Punkte hier zur direkten Abstimmung stellen, über die noch zu reden wäre. Es gibt ja keinen unmittelbaren Zeitdruck, der es unmöglich machte, das im Ausschuss zu behandeln.

Ein Beispiel: Sie fordern die Senkung der Modernisierungsumlage von 11 auf 9 %. – Ich frage mich übrigens, warum eigentlich genau 9 % und nicht 10, 8 oder 8,9 %. – Das hört sich erst einmal gut an. Wir hätten aber gern darüber diskutiert, warum Mieterinnen und Mieter nach einer Modernisierung dauerhaft mit Mietsteigerungen leben müssen. Wieso

werden die Umlage und damit die Mietsteigerungen nicht zeitlich begrenzt, nämlich auf den Zeitpunkt, an dem sich für den Eigentümer die Kosten amortisiert haben. Herr Breuer hat eigentlich die Gründe für eine solche zeitliche Begrenzung in seiner Rede auch genannt.

Der Antrag ist ein „bunter Sammelantrag Bund“, doch fehlen darin Punkte, die ihm nicht schlecht zu Gesicht gestanden hätten. Darunter finden sich Empfehlungen aus der Enquetekommission, wie zum Beispiel die Umkehr der Beweislast bei Streitigkeiten zur Wirtschaftlichkeit von Betriebskosten. Die Betriebskosten sind vielerorts zur zweiten Miete geworden. Insofern sind eine Einsicht in die Zusammensetzung – also Transparenz – und die Pflicht des Eigentümers, besonders wirtschaftlich vorzugehen, notwendig.

Einen Punkt habe ich noch: Wie Sie den Reaktionen gerade auch von Herrn Voussem und Herrn Ellerbrock entnehmen mussten, entsteht bei Ihrem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, der Verdacht, es handele sich um ein Wahlkampfmanöver. Eine Initiative zu starten, kurz nachdem das Thema auf Bundesebene entschieden wurde, mutet ein bisschen merkwürdig an.

Ich will Ihnen da aber aus der Patsche helfen. Sie haben gleich die Möglichkeit, diesen Verdacht zu entkräften und Ihr ernsthaftes Interesse an der Sache unter Beweis zu stellen. Denn beim nächsten Tagesordnungspunkt können Sie mit uns zusammen eine Maßnahme auf den Weg bringen, die unmittelbar auf Landesebene umgesetzt werden kann. Rasante Mietsteigerungen zu verhindern, heißt nämlich auch, Zweckentfremdung zu verhindern. Nicht nur privates Kapital löst Probleme, Herr Ellerbrock, man kann auch im Land durch Handeln etwas tun. – In diesem Sinne, vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Bayer. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Kutschaty das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Ellerbrock, sehr schön, dass Sie die Verbandszeitschrift der Brieftaubenzüchter lesen. Darin steht manchmal mehr Sinnvolles als in Ihrem Parteimitteilungsblättchen. Insofern: Schauen Sie dort manchmal hinein. Davon kann man auch noch etwas lernen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland lebt in Mietwohnungen. Rund 24 Millionen Wohnungen sind im Augenblick in Deutschland vermietet. Dabei ist die Wohnung der Mittelpunkt des sozialen Lebens und der privaten Existenz.

Für die Herren von CDU und FDP mag die Wohnung vielleicht eher nur ein Wirtschaftsgut und eine Kapitalanlage sein, für uns ist eine Wohnung deutlich mehr, nämlich ein großes, wichtiges soziales Gut. Der Schutz der Wohnung ist daher auch eine zentrale Aufgabe des Gesetzgebers.

Menschen, die Angst haben müssen, ihre Wohnung zu verlieren, leiden unter Existenzängsten. Bereits heute zahlen Mieterinnen und Mieter durchschnittlich rund ein Drittel ihres Einkommens für die Wohnung. In Haushalten mit eher geringen Einkommen, beispielsweise in Haushalten mit einem zur Verfügung stehenden Einkommen von bis zu 1.300 €, werden schon 45 % des verfügbaren Einkommens für Wohnkosten aufgewendet.

Allein an diesen Zahlen merkt man schon, wie schnell Mieterhöhungen dazu führen können, dass gerade sozial schwächere Bevölkerungsschichten aus bestimmten Stadtteilen durch Mieterhöhungen regelrecht verdrängt werden, weil sie sich eine Wohnung nicht mehr leisten können. Ich glaube – das hoffe ich zumindest –, dass das ein Konsens im Parlament ist, dass wir solche Entwicklungen nicht haben wollen.

Es hilft auch nicht, einem Kölner zu sagen: Zieh doch in die Eifel, dann ist der durchschnittliche Mietzins in Nordrhein-Westfalen für dich wieder gewährleistet. – Ich glaube, das sind auch keine Lösungen, die wir den Bürgerinnen und Bürgern anbieten können. Deswegen müssen wir gemeinsam etwas tun.

Die Initiativen des Bundestages, die jetzt beschlossen wurden, sind auch keine Lösungen in dem Bereich. Auch den Ländern die Möglichkeit einzuräumen, über Verordnungen in bestimmten Gebieten die Kappungsgrenze von 20 % auf 15 % zu reduzieren, ist allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein. Was es ist? Es ist ein erheblicher Bürokratieaufwand. Zeit- und kostenaufwendige Gutachten müssen erstellt werden. Wir machen das als Landesregierung in Nordrhein-Westfalen. Aber effektiv bekämpfen können Sie Mieterhöhungen so nicht. Das reicht dazu nicht aus.

Noch deutlicher wird uns die Belastung der Mieterinnen und Mieter uns vor Augen geführt, wenn wir uns darüber Gedanken machen, was im Rahmen der energetischen Gebäudesanierung an Modernisierungsumlagen tatsächlich zu erbringen ist. Ohne Frage: Wir alle wollen energetische Gebäudesanierung. Aber es geht auch darum, die Lasten einer energetischen Gebäudesanierung, die Kosten dafür gerecht zwischen Vermieter und Mieter zu verteilen. Was kann man der einen und was der anderen Partei zumuten?

Hier 11 % Modernisierungsumlage auf die Miete aufschlagen zu können und dann auch noch klaglos die Modernisierungsmaßnahmen ohne das Recht zur Mietminderung dulden zu müssen, das ist mei

ner Meinung nach der falsche Weg. Ab dem zehnten Jahr verdient auch nur der Vermieter daran. Meine Damen und Herren, 11 % Rendite nach zehn Jahren: Das ist nicht das unseriöse Versprechen eines Hedgefonds; das ist soziales Mietrecht à la Bundesregierung in Deutschland.

(Beifall von den PIRATEN)

Herr Minister, würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ellerbrock zulassen?

Gerne.

Bitte, Herr Kollege.

Herr Kollege, ich hatte eben schon gesagt, wir müssen überlegen, welche Maßnahmen wir ergreifen können, um privates Kapital in den Wohnungsbau zu holen. Ich höre von Ihnen momentan immer nur, wie schwierig das ist.

Welche konkreten Maßnahmen schlagen Sie vor, damit Private mehr Geld in den Wohnungsbau stecken und wir zu einer weiteren Entspannung des Wohnungsmarktes kommen? Was ist bei Ihnen konkret da? Keine Publikumsbeschimpfung, sondern ein klein wenig konkretes Handeln ist gefragt. Kollege Groschek versucht ja auch, das bei solchen Sachen wahrzumachen.

Herr Ellerbrock, wir haben im Augenblick am Finanzmarkt die günstigste Situation für Investoren in Immobilien. Wir haben Kreditzinsen heutzutage, da können Sie mit 2 1/2 % über zehn Jahre Wohnungsbau finanzieren. Das war früher anders. Als die 11-%-Modernisierungsumlage kam, hatten wir Kreditzinsen von 6 % bis 8 %. Wir müssen entsprechend der aktuellen wirtschaftlichen Lage auf dem Kreditzinsmarkt reagieren. Die Bedingungen für Investitionen zur Schaffung von Wohnraum waren finanziell für Investoren zu keiner Zeit so günstig wie heute.

Das Hauptproblem, meine Damen und Herren, das wir allerdings bekämpfen und angehen müssen, das ist der rasante Anstieg der Mieten insgesamt, insbesondere wenn es um Neuvermietungen geht. Nach Schätzungen des Deutschen Mieterbundes gibt es Regionen, in denen nach einer Neuvermietung die Mieten drastisch – teilweise um 50 % – steigen. Das hat zur Folge, dass gewisse Quartiere und Viertel nicht mehr mit bezahlbarem Wohnraum für junge Familien zur Verfügung stehen.