Protocol of the Session on May 16, 2013

der, Bildung, die öffentliche Infrastruktur, unsere Kommunen – und all das bei Einhaltung der Schuldenbremse des Grundgesetzes. Das sind wirtschaftliche Voraussetzungen für einen Erfolg unseres Landes. Dafür müssen wir Geld in die Hand nehmen. Das ist übrigens auch von meinen Vorrednern so gesagt worden. Nur, Herr Kollege Lindner, wir nehmen das Geld in die Hand für die Infrastruktur, für die Bildung und nicht für soziale Geschenke, die irgendwo verteilt werden.

Allein im Bildungsbereich fehlen 20 Milliarden € pro Jahr, wenn wir auf den Durchschnitt der westlichen Industriestaaten kommen wollen. 20 Milliarden € pro Jahr! Bei der öffentlichen Infrastruktur gibt es einen gewaltigen Investitionsstau. Die Situation der Kommunen ist dramatisch – Sie wissen das genau –, und wir wollen die Investitionen nicht auf Sand bauen.

Was sind denn die Wahlversprechen von CDU und FDP? „Schulden abbauen“. Mit dieser Aussage beleidigen Sie – das sage ich ehrlich – den gesunden Menschenverstand aller Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. Wenn Sie als FDP plötzlich Sachwalter der kleinen Leute sein wollen, sage ich Ihnen: Das ist nur lächerlich.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir haben, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, in den letzten drei Jahren in Nordrhein-Westfalen Zeichen gesetzt und unsere Hausaufgaben gemacht.

(Widerspruch von der CDU)

Wir haben die Nettoneuverschuldung um über 3 Milliarden € gesenkt. Das haben Sie in den fünf Jahren unter Rüttgers nirgendwo geschafft.

(Zurufe von der CDU)

Heute besitzen die reichsten 10 % der Bevölkerung über 60 % des Vermögens. Die Mittelschicht schrumpft, und Reiche werden immer reicher. Das sagt sogar der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung trotz der Zensur von Herrn Rösler.

(Jochen Ott [SPD]: So ist es!)

80 % der Gemeinwohllasten in Deutschland, also der Ausgaben für Bildung und für soziale Sicherung, tragen die Einkommen- und Mehrwertsteuerzahler. Kapital- und Vermögensteuereinkünfte tragen weniger als 20 % zur Finanzierung bei. Wir müssen dazu kommen, dass starke Schultern wieder deutlich mehr tragen als schwache.

(Beifall von der SPD – Zuruf von der FDP: Wie denn?)

Ich freue mich, wenn Herr Lindner und Herr Laschet Prozentzahlen der steuerlichen Belastung nennen. Sie sollten sich vielleicht im Vorfeld miteinander abstimmen. Bei Herrn Laschet waren es 60 %, bei Herrn Lindner waren es 87 %. Ich freue mich, dass

Sie bei den Steuerlasten der Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht auf über 100 % kommen.

(Vorsitz: Vizepräsident Daniel Düngel)

Welches Konzept haben wir? Eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes bei einem zu versteuernden Einkommen über 100.000 und bei Verheirateten über 200.000 €. Das ist nicht das Bruttogehalt, und es trifft höchstens 10 % der gesamten deutschen Steuerpflichtigen.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Sie haben schöne Beispiele gemacht. Mit dem Internetrechner kann ich auch umgehen. Ein verheiratetes Paar mit zwei Kindern und einem Bruttogehalt von 138.000 € – das sind immerhin 11.500 € pro Monat, also mehr als die Mitglieder des Landtags an Diäten bekommen – zahlt in der Tat mehr Steuern im Monat: 17 Cent. Das ist wohl sogar für Sie ein verkraftbarer Betrag. Und dann, Herr Lindner, sagen Sie bitte nicht, dass Sie über kleine Leute reden. 11.500 € Verdienst im Monat hat mit kleinen Leuten überhaupt nichts mehr zu tun.

(Beifall von der SPD)

Noch eines zur Mär der Vermögensteuer: Wir haben immer deutlich gemacht, dass es um eine Vermögensbesteuerung der privaten Vermögen und nicht um eine Substanzbesteuerung der Unternehmen geht. Es hat eine Anhörung zum Thema „Vermögensteuer“ gegeben, in der sich Unternehmer für die Vermögensteuer eingesetzt haben, weil sie der Meinung sind: Es gibt eine soziale Verpflichtung, die auch wir Unternehmer gegenüber diesem Staat haben.

Es gibt einen Unterschied zu dem, was CDU und FDP in der Vergangenheit gemacht haben: Wir sagen wir vor der Bundestagswahl offen und ehrlich, wie unser Steuerkonzept aussieht.

(Lachen und Zurufe von der CDU)

Es geht auch darum, Steuerschlupflöcher zu schließen und endlich den Steuerhinterziehern den Garaus zu machen.

Herr Kollege Hahnen, würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schemmer, CDU-Fraktion, zulassen?

Egal von wem, immer.

Herr Schemmer, Sie haben das Wort.

Ich fand Ihre Aussage sehr löblich, dass Sie vor der Wahl sagen, was Sie nach der Wahl im Bereich der Steuer zu tun gedenken.

(Zuruf von der SPD: Sie nicht!)

Damit setzen Sie wohl eine alte Tradition fort, die Sie im Jahr 2005 schon gezeigt haben, als Sie vor der Wahl gesagt haben: Die Mehrwertsteuererhöhung, die die CDU mit 2 % vorgesehen hat, setzen wir auf null, die machen wir nicht mit. – Anschließend haben Sie sehr konsequent gehandelt und die Mehrwertsteuer um 3 % erhöht. Ist das Ihre Form, die Wahrheit zu sagen, was Sie nach der Wahl zu tun gedenken?

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN – Jochen Ott [SPD]: Das ist die CDU!)

Herr Kollege Schemmer, vielen Dank für die Zwischenfrage. – Ich kann Ihnen sagen: Wir haben mit unserem Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück deutlich gemacht, welches Steuerkonzept wir im September nach der Wahl vorhaben. Ich gehe davon aus, dass die FDP mit ihren Wünschen für die SPD-Prozente bei der Wahl nicht ganz richtig liegen wird. Das SPD-Ergebnis wird deutlich höher sein. Ich hoffe inständig, dass die Wahlergebnisse der FDP deutlich unter den derzeitigen Prognosen liegen werden,

(Beifall von der SPD)

sodass möglicherweise dann ein wenig mehr Vernunft einkehrt. Jedenfalls macht es relativ wenig Sinn, dass wir so agieren, wie es CDU und FDP in der Vergangenheit gemacht haben, nämlich dass Steuersenkungen als Klientelpolitik gemacht werden, dass sich die FDP erst von Mövenpick eine dicke Spende zukommen lassen kann, um dann anschließend …

(Christian Lindner [FDP]: Lüge!)

Sie sollten mit dem Vorwurf „Lüge“ vorsichtig sein. Bei dem Thema sollten Sie sehr, sehr vorsichtig sein. Sie sollten vielleicht erst einmal darüber nachdenken, ob Sie mit Ihrem ganz persönlichen Engagement als Unternehmer dieses Landes, der Subventionen in Millionenhöhe kassiert hat, nicht auch einen Beitrag hätten leisten können. Sie haben doch bisher in Ihrer Vergangenheit nur vom politischen Geschäft gelebt.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Ansonsten haben Sie doch nur deutlich gemacht, dass Sie als Unternehmer völlig versagen. Und hier treten Sie auf, als seien Sie Unternehmer par excellence.

Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen nur sagen: Hören Sie auf mit Ihren Steuersenkungsorgien! Das bringt nichts. Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes werden es Ihnen nicht glauben. Sie werden in Erinnerung haben, was Sie mit den Hotels gemacht haben. – Meine Damen und Herren, ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Herr Kollege Hahnen, der Kollege Lindner von der FDP und der Kollege Schmalenbach von der Piratenfraktion würden Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.

Immer.

(Christian Lindner [FDP]: Eine Kurzinterventi- on!)

Alles klar, dann machen wir das so. Das habe ich dann falsch verstanden. – Dann stellt Herr Schmalenbach erst seine Zwischenfrage.

Vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen. – Mich würde interessieren, was das Privatleben von Herrn Lindner hier im Raum zu suchen hat.

(Beifall von den PIRATEN und der FDP)

Herr Kollege Schmalenbach, das kann ich Ihnen gerne sagen. Herr Kollege Lindner ist derjenige, der sich hier immer als Besserwisser geriert, der weiß, wie Unternehmen handeln müssen. Das gehört dann auch hier in diese Diskussion.

(Robert Stein [PIRATEN]: Sie instrumentali- sieren den Hoeneß! Sie instrumentalisieren den Lindner! – Weitere Zurufe von der FDP und den PIRATEN)

Nun Herr Lindner.

Herr Präsident, vielen Dank, dass Sie die Kurzintervention zulassen. – Herr Hahnen, wenn Sie sich hier schon als mein Biograf vorstellen, dann will ich Sie wissen lassen, dass ich sieben Jahre lang erfolgreich unternehmerisch tätig war und sieben Monate an einem Unternehmen, das nicht erfolgreich war, beteiligt gewesen bin.

(Beifall von der FDP)

Ich habe kein Problem damit, Verantwortung auch für unternehmerischen Misserfolg zu übernehmen. Sie sollten sich aber fragen, welches Bild Sie hier Menschen vermitteln, die sich vielleicht selbstständig machen und ins Risiko gehen wollen.

(Beifall von der FDP, der CDU und den PIRATEN)