Protocol of the Session on April 25, 2013

Das mag ja ehrenhaft sein. Herr Stamp, wie erklären Sie sich aber bei dieser Diskussion zu diesem wichtigen Thema die Lücken im Parlament auf dieser Seite? Wie erklären Sie sich das?

(Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])

Wenn es ein Interesse an den Diskussionen gäbe, dann wären Ihre Reihen doch sicherlich gefüllter, als es zurzeit der Fall ist.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Unverschämt- heit!)

Herr Biesenbach, Sie haben ausführlich eine Mail dargelegt, die Sie erhalten haben. Ich kann Ihnen nicht ersparen, aus der heutigen „Hürriyet“ zu zitieren. Hier heißt es:

Trotz Merkel: NRW spricht mit einer Stimme. Auch Türken haben das Recht auf doppelte Staatsbürgerschaft. Alle vier Parteien im NRWLandtag haben sich am Samstag auf einer Fachtagung für die Möglichkeit einer doppelten Staatsbürgerschaft in Deutschland ausgesprochen, die auch insbesondere für türkischstämmige Bürger dienen soll.

Herr Biesenbach, ich habe Ihnen schon im Januar bei dieser Debatte gesagt, um die CDU wird es in dieser Frage wirklich einsam. Heute muss ich feststellen, um Herrn Biesenbach wird es zunehmend einsam, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN)

Herr Minister, würden Sie eine Zwischenfrage des Abgeordnetenkollegen Rasche zulassen?

Ja.

Herr Kollege, bitte.

Herr Minister, vielen Dank. – Sie haben gerade ein Bild gemalt, welche

Fraktionen sich für welche Themen interessieren. Vor gut einer Stunde haben wir über Kommunalpolitik debattiert. Von der SPD-Fraktion stand ein Redner am Pult. Von der ganzen Fraktion war ein Mitglied der SPD anwesend. Sieht so das Interesse der SPD an Kommunalpolitik aus? Das würde Ihrem Bild entsprechen.

(Beifall von der FDP)

Herr Rasche, ich habe auf Herr Stamp Bezug genommen, der eine zusätzliche Diskussion zu diesem Thema gewünscht hätte. Ich stelle nur fest, er ist da offensichtlich ziemlich alleine in seiner Fraktion.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Landesregierung will keine deutsche Staatsangehörigkeit auf Zeit. Das unterscheidet uns im Wesentlichen, Herr Biesenbach. Wir wollen eine gesetzliche Regelung ohne Wenn und Aber. Das haben wir bereits im Januar klar und deutlich gesagt.

Ob türkisch, irakisch oder chinesisch: Für Sie mag das nur ein Wort im Pass sein. Für viele Menschen in diesem Lande ist es Identität, Herkunft und ein Stück Heimat. Das wollen wir den Menschen nicht wegnehmen. Wir wollen nicht, dass junge Menschen vor die Entscheidung gestellt und in die Enge getrieben werden. Deshalb sage ich im Gegensatz zu Herrn Biesenbach, aber offensichtlich auch im Gegensatz zu Frau Merkel und zu Ihrer Partei: Wir stehen zu der Forderung nach Mehrstaatigkeit. Dafür werden wir als Landesregierung im Bundesrat eintreten.

(Vereinzelt Beifall von der SPD und den PIRATEN)

Wir wollen aber noch ein ganzes Stück weitergehen und den Menschen, die ihre Identität verloren haben, diese wieder zurückgeben. Viele möchten das übrigens, Herr Biesenbach. Wir wollen aber noch mehr. Es geht auch darum, bürokratische Hürden abzubauen, den Kreis der Berechtigten größer zu ziehen und tatsächlich eine Kultur des Willkommenseins deutlich zu machen.

Wir wollen Einbürgerung erleichtern und damit ein deutliches Signal setzen, das lautet: Ihr seid Teil dieser unserer Gesellschaft. Wir sind froh, dass ihr hier seid, und wir wollen euch ganz in diesen Staat integrieren. Wir wollen außerdem eine Verkürzung der Wartezeit auf acht Jahre.

Darüber hinaus macht eine Alternative zu dem gängigen Einbürgerungstest wirklich Sinn. Das kann man unter Umständen mit der Zurverfügungstellung von Seminaren in Staatsbürgerkunde sicherstellen.

Wir wollen die unter 23-Jährigen wieder bei der Anrechnung des Familieneinkommens privilegieren, so wie es bis 2007 war. Wir wollen die Gebühren für die Einbürgerung senken, die gerade für Familien

mit vielen Kindern ein echtes Hindernis darstellen. All diese Ansprüche, meine Damen und Herren, erfüllt dieser Antrag.

Ich würde gerne Frau Velte, wenn Sie gestatten, aus der letzten Debatte im Januar zitieren, die da Wichtiges gesagt hat. Zitat: Wir müssen ein Signal aus Nordrhein-Westfalen senden. Wir müssen es so machen, dass es auch auf Bundesebene durchsetzbar ist.

Ich teile diese Auffassung. Den Weg sollten wir jetzt gehen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir sind somit am Ende der Beratung angelangt und kommen zur Abstimmung.

Die antragstellenden Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen und die ebenfalls antragstellende Fraktion der Piraten haben direkte Abstimmung beantragt. Wir kommen somit zur Abstimmung über den Inhalt des Antrags Drucksache 16/2616. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den darf ich um das Handzeichen bitten. – Das sind die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Piraten. Wer ist gegen diesen Antrag? – Das ist die Fraktion der CDU. Wer enthält sich der Stimme? – Das sind die Abgeordneten der Fraktion der FDP und zwei Kollegen aus der CDU-Fraktion. (Siehe auch Anlage) Damit, meine Damen und Herren, ist der Antrag mit dem festgestellten Ergebnis mehrheitlich angenommen.

Ich rufe auf nunmehr die Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 4, die wir wegen der abstimmungsfreien Zeit jetzt nachholen müssen. Es handelt sich dabei um den Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/2122 „Stärkungspakt für Gymnasien – Chancen der Verkürzung des gymnasialen Bildungsgangs zur Verbesserung der individuellen Förderung nutzen“. Der Ausschuss für Schule und Weiterbildung empfiehlt in Beschlussempfehlung Drucksache 16/2321, den Antrag Drucksache 16/2122 abzulehnen. Wer dieser Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen möchte, den darf ich um sein Handzeichen bitten. – Das sind die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Wer ist gegen diese Beschlussempfehlung? – Das sind die Fraktion der FDP und einige Kollegen der CDU. Wer enthält sich der Stimme? – Das ist die Piratenfraktion. Damit ist die Ausschussempfehlung mit dem festgestellten Ergebnis mehrheitlich angenommen und der Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt

8 Bettensteuer erneut vor Gericht gescheitert –

Landesregierung muss Genehmigungen zur Erhebung der Bettensteuer zurücknehmen

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/2123

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kommunalpolitik Drucksache 16/2579

Ich darf darauf hinweisen, dass der Antrag der Fraktion der FDP gemäß § 79 Abs. 2 Buchstabe b der Geschäftsordnung vom Plenum an den Ausschuss für Kommunalpolitik überwiesen wurde mit der Maßgabe, dass eine Beratung und Abstimmung erst nach Vorlage einer Beschlussempfehlung erfolgt. Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kommunalpolitik liegt nunmehr dem Plenum vor.

Ich eröffne die Beratung und erteile zunächst für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Steinmann das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Liebe Zuschauer und Zuhörer allüberall! Als Landtagsabgeordnete aus Köln möchte ich der antragstellenden Fraktion eines kurz vorausschicken. Liebe FDP, die Überschrift „Bettensteuer erneut vor Gericht gescheitert – Landesregierung muss Genehmigungen zur Erhebung der Bettensteuern zurücknehmen“ offenbart die Polemik Ihrer Rhetorik. Es mutet ja nahezu vergnügungssteuerpflichtig an, wie Sie krampfhaft und mit allen Mitteln versuchen, eine – vermeintlich Ihre – Klientel auf gleich welchem Wege zu bedienen, ohne dabei auf das kommunale Ganze und die rechtlichen Hoheiten zu achten.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich empfehle Ihnen wirklich, sich in den betroffenen Städten und gerne auch in Köln mit den Realitäten vor Ort, der Hotellandschaft und den Übernachtungszahlen einmal auseinanderzusetzen. Die

Branche boomt, und das nicht trotz, sondern nicht zuletzt auch durch die Kulturförderabgabe.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Antrag der Fraktion der FDP zielt darauf ab, die seinerzeit vom Ministerium für Inneres und Kommunales und vom Finanzministerium erteilte Genehmigung zur Kulturförderabgabe betreffend der Satzung der Stadt Köln zurückzunehmen.

Die Kulturförderabgabe gleicht anteilig Einnahmenverluste aus, die den Städten durch die von der Mövenpick-Partei durchgesetzte Steuerschenkung an die Hoteliers entstanden sind.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Diese Abgabe ist sinnvoll, weil gerade Touristen von einem dichten kulturellen Angebot profitieren, des

sen Bereitstellung für die Kommunen erhebliche finanzielle Belastungen bedeutet. Solange die Kommunen nicht auch von Bundesseite angemessen entlastet werden, sollte das Land NordrheinWestfalen den Kommunen auf gar keinen Fall die Möglichkeit nehmen, eigene Abgaben zu erheben.

Auch in anderen europäischen Großstädten gibt es Übernachtungsabgaben, die Touristen über Hotelübernachtungen zahlen. Insbesondere Metropolen und Oberzentren brauchen entsprechende individuelle Gestaltungsspielräume und Instrumente, um ihre Versorgungsfunktion und die Attraktivität aufrechterhalten zu können.

Dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Köln von Januar 2013 zu der seinerzeit geltenden Satzung der Stadt Köln ist die Stadt Köln zwischenzeitlich nachgekommen und schließt seither eine Besteuerung von beruflich veranlassten Übernachtungen aus. Zu dieser neuerlichen Satzung gibt es meines Wissens derzeit keine obergerichtliche Befassung.

Gegenüber dem Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen hat die Stadt Dortmund Berufung eingelegt, und es bleibt abzuwarten, wie sich das OVG dazu positioniert.

Einer vergleichbaren Satzung der Stadt Lübeck wurde aktuell im Februar 2013 seitens des zuständigen OVG Rechtmäßigkeit zugesprochen und auch der organisatorische Aufwand für die Stadt im Zusammenspiel mit den Hoteliers, zwischen beruflichen und privaten Übernachtungen zu unterscheiden, wurde für leistbar erklärt.

Als Kauffrau weiß ich zum Handling aus der Praxis zu berichten: Das ist nicht bürokratischer als schon die Auflistung und die Trennung nach Übernachtungs- und Bewirtungskosten. Erfurt macht es uns vor.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, kurzum: Es gibt derzeit keinerlei Anlass, die Genehmigung der Kulturförderabgabe zurückzunehmen. Die Abgabe entspricht aktuell der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Ich empfehle Ihnen nachdrücklich, den vorliegenden Antrag abzulehnen.